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Einzelbeschäftigung bettlägeriger Bewohner (Teil 1)
Demenzpatienten sinnvoll zu beschäftigen
ist Maßarbeit, da die mentalen und körperlichen Defizite
unterschiedlich fortschreiten. Pflegekräfte müssen kreativ sein,
um für jeden Betroffenen eine individuelle Lösung zu finden. Wir
haben für Sie einige klassische und manch unkonventionelle Ideen
zusammengefasst.
Beschäftigung
und Aktivierung
Mit dieser Reihe wollen wir Anregungen geben, wie
Bewohner mal mit einfachen Mitteln und mal mit etwas
Aufwendigerem sinnvoll im Alltag beschäftigt werden
können.
Wichtig: Bei allen hier vorgeschlagenen Beschäftigungen
und Aktivierungsmöglichkeiten muss darauf geachtet
werden, dass die Bewohner nicht überfordert werden. Bei
Abwehrverhalten oder zunehmender Unruhe müssen die
Aktivitäten abgebrochen und das Verhaltensmuster
dokumentiert werden. Bei positiven Resultaten können die
Übungen in Zukunft häufiger durchgeführt werden und
selbstverständlich soll auch dieses dokumentiert werden.
Einzelbeschäftigung bettlägeriger Bewohner:
Sehen / visuelle Wahrnehmungsförderung:
Ziele:
-
Vermeidung einer Deprivation und eines Hospitalismus
des bettlägerigen Bewohners durch Zuwendung und
Abwechselung im Alltag
-
Anregung und Förderung der visuellen Wahrnehmung
-
Förderung des Gedächtnisses und der Orientierung
-
Wachhalten der eigenen Emotionen und Erinnerungen
Voraussetzungen:
Der Bewohner sollte mit oder ohne Hilfsmittel gut sehen
können. Bei einem Bewohner, der sich äußern kann, stellt
das kein Problem dar. Er kann ggf. seine Brille / Lupe
verlangen und kann diese auch gleich bei Bedarf noch
putzen oder putzen lassen. Bei einem bettlägerigen
Bewohner mit eingeschränkten oder gänzlich ohne
sprachliche Fähigkeiten sollte ein mobiler Optiker
hinzugezogen werden. Diese sind heute in der Lage, ohne
die sonst übliche Mitwirkung des Bewohners die
Sehstärken festzustellen und ein geeignetes Hilfsmittel
auszuwählen.
Beschäftigungsvorschläge:
Die nun folgenden Vorschläge haben unterschiedliche
Schwierigkeitsgrade und müssen selbstverständlich
passend für die noch vorhandenen Fähigkeiten und
Neigungen des Bewohners ausgewählt werden.
Einrichten einer Fotowand:
-
Richten Sie dem Pflegebedürftigen an der Wand, die er
gut einsehen kann, eine schön gestaltete Fotoecke ein.
Hierbei bietet es sich an, in Zusammenarbeit mit den
Angehörigen und soweit möglich mit dem Bewohner, alte
Fotoalben anzuschauen und die besten Bilder auszuwählen.
Teilen Sie die Wand in Themenbereiche auf, wie Personen,
Feste, Urlaube, Heirat, Enkelkinder usw. Schön ist es
auch, Fotos hin und wieder auszutauschen, um neue
Anregungen zu geben.
-
Ggf. ist es auch möglich, bei einem Fotografen sehr
kleine Fotos, wie sie früher üblich waren, zu
vergrößern, so dass der Bewohner sie ohne große Mühe
erkennen kann. Die Fläche darf auch nicht zu groß
werden, sie sollte vom Bewohner auf einen Blick gut
erfasst werden können. Versuchen Sie dazu möglichst
seine Perspektive einzunehmen.
-
Idealerweise entstehen durch diese Fotowand Gespräche
über die Erlebnisse im Laufe des Lebens. Der Bewohner
trainiert dabei seine sprachlichen Fähigkeiten sowie
seine Gedächtnisleistung. Er kann freudige Ereignisse
noch einmal Revue passieren lassen. Es entsteht ein
Austausch zwischen dem Bewohner und allen, die mit ihm
zu tun haben. Ganz nebenbei erhält das Zimmer eine sehr
persönliche Note.
-
Diese Fotowand eignet sich auch für Pflegebedürftige,
die verbal überhaupt nicht mehr kommunizieren können.
weitere Blickfänge:
-
Mobiles: etwa mit Puppen, Kuscheltieren, Holz- oder
Pappfiguren je nach Interessen und Neigungen
-
Wäscheleine über dem Bett mit laminierten Fotos,
befestigt etwa mit Büroklammernschlangen zum einfachen
Austauschen
-
Lichterketten an einer Wand oder alternativ in eine
große Grünpflanze gehängt. Dabei ist selbstverständlich
auf die Risiken zu achten, etwa dass die Lichterketten
überhitzen und etwas in Brand setzen, oder dass der
Bewohner sich in den Schnüren stranguliert usw.
-
Wandsticker: Diese gibt es mittlerweile in allen
Farben, Formen und Mustern; etwa Blumen, Tiere, Skylines
usw. Die Wandsticker lassen sich praktischerweise auch
ohne großen Aufwand an der Zimmerdecke befestigen und
später wieder rückstandsfrei entfernen.
-
Außerhalb des Zimmers kann im Winter im Erdgeschoss
oder auf Balkonen ein Vogelhaus aufgestellt werden, so
dass der Bewohner die Vögel beim Fressen beobachten
kann. Ist dieses nicht möglich, können etwa Meisenringe
an schön anzusehenden Zweigen an der Fensterbank
angebracht werden.
-
Im abgedunkelten Raum können eine kleine Diskokugel
oder andere Projektionsgeräte aufgestellt werden.
Speziell die Diskolampe dreht sich und zaubert schöne
verschiedenfarbige Lichteffekte an die Wände. Dabei ist
es aber wichtig, den Bewohner nicht aus den Augen zu
lassen, da auch Ängste oder Panikreaktionen auftreten
können.
-
Große Bilder oder Poster, die den Bewohner
interessieren können, etwa Kunst, Tiere, Landschaften, Skylines usw.
Diavorträge, Schmalfilme oder Multimedianutzung:
-
Vielleicht verfügen der Bewohner oder die Angehörigen
noch über alte Diasammlungen oder Schmalfilme mit
biografischem Bezug. Jeweilige Projektoren zu besorgen
ist da schon der schwierigere bzw. teurere Teil. Aber
die Anschaffung ist oft lohnenswert und die Bewohner
danken es Ihnen sicherlich. Sie können diese Technik im
Haus vielseitig nutzen. Sowohl als Gruppen- als auch in
der Einzelbetreuung.
-
Mit der heutigen Technik, Laptop und Beamer, haben Sie
ebenfalls verschiedene Möglichkeiten diese einzusetzen.
Sie können einem bettlägerigen Bewohner mal ein Heimkino
bieten und alte Ufa-Produktionen zeigen, etwa mit
Marlene Dietrich oder mit Heinz Rühmann. Der
Gesprächsstoff zwischen Bewohner und Mitarbeitern wird
damit sicherlich nicht so schnell enden.
-
Je nach Interessen und Neigungen lassen sich die
verschiedensten Vorträge gestalten: Kunst, Wissenschaft,
biografische Inhalte usw.
Handpuppen oder –Tiere:
-
In der Einzelbetreuung können auch bei manchen Bewohnern
Handpuppen zum Einsatz kommen. Oft eignen sie sich
besonders für demente Frauen, da sie den Beschützer- und
Mutterinstinkt wecken können. Die Puppe kann für
verschiedene Zwecke eingesetzt werden. So kann mit ein
oder zwei Handpuppen ein kleines Theaterstück gespielt
werden. Alternativ kann eine große Puppe mit
Kindchenschema (ca. 60 cm) einfach nur zum Liebhaben dem
Dementen mit in das Bett gelegt werden. Oft entwickelt
ein Bewohner zu der Puppe eine intensivere Beziehung als
zu einer Pflegekraft. Sie kann ggf. helfen,
Unruhezustände zu verringern oder sogar zu beseitigen.
Am Anfang muss der Mitarbeiter vorsichtig mit der Puppe
agieren, sie also nicht gleich in den Arm geben, sondern
sie erst in Sichtweite des Bewohners legen und auf die
Reaktion achten.
Tiere innerhalb einer Therapie:
-
Hier können sie sich ggf. an eine Organisation oder an
einen Verein in ihrer Nähe wenden, die einen
qualifizierten Hundebesuchsdienst anbieten. Die Halter
kommen dann mit Hunden oder auch mit anderen Tieren
regelmäßig in die Einrichtung und arbeiten dann zusammen
mit den Bewohnern. Positive Effekte auf den Menschen
sind bekannt. Schon das Ansehen eines Hundes mit einem
vor Freude wedelnden Schwanz versetzt die meisten
Menschen in gute Laune. Besonders Demenzkranke öffnen
sich und kommunizieren plötzlich wieder mit dem Hund. Es
ist auch belegt, dass Tiere Stress abbauen können und
dass ein positiver Einfluss auf den Blutdruck besteht im
Sinne einer Blutdrucksenkung. Es ist aber
empfehlenswert, dass die Tiere und deren Halter eine
therapeutische Ausbildung haben.
Fühlen / taktile / haptische Wahrnehmung:
Ziele:
-
Anregung und Förderung des Fühlens
-
Aufmerksamkeit und Konzentration steigern
-
Förderung des Gedächtnisses und der Orientierung
-
Wachhalten der eigenen Emotionen und Erinnerungen
Der Tastsinn erfüllt viele Aufgaben:
-
Schmerzwahrnehmung
-
Temperaturwahrnehmung
-
Wahrnehmung von Oberflächen
-
Tiefensensibilität also die Eigenwahrnehmung des
Körpers (Lage im Raum, Anspannung von Muskeln und
Sehnen, Erkennen von Bewegungsrichtung und -empfindung)
Beschäftigungsvorschläge:
Tastbretter:
-
Sie lassen sich relativ einfach herstellen. Ein
handliches Holzbrett wird einfach mit verschiedenen
Materialien beklebt, am besten mit einer
Heißklebepistole. Dazu eignen sich Stoffreste (Samt,
Seide) Teppichreste, Kork, Holzperlen, Felle,
Styroporchips usw. Die Herstellung dieser Bretter kann
auch von den eigenen Heimbewohnern in der Kreativgruppe
übernommen werden.
-
Der bettlägerige Bewohner kann je nach Fähigkeiten das
Tastbrett mit Hilfe einfach nur erfühlen, oder es kann
etwa ein Ratespiel mit verdeckten Augen daraus gemacht
werden. Dabei müssen die Materialien erkannt werden.
-
Oder die Tastbretter werden mit Materialien beklebt, die
einen Aufforderungscharakter haben und zum Selbermachen
einladen, etwa Klettverschluss, Reißverschluss,
Knopfloch, Haare oder Wollfäden zum Flechten.
-
Oder ein Geräuschtastbrett, das bestückt werden kann
z.B. mit einer Fahrradklingel, mit an Bändern
befestigten Glöckchen, mit einem Knackfrosch,
Mini-Drehorgel und mit
Ähnlichem. Bei dieser Variante wird der Hörsinn mit
einbezogen.
Schüssel mit verschiedenen Materialien:
Nehmen Sie eine Schüssel und befüllen Sie diese mit den
unterschiedlichsten Materialien:
Aus der Natur:
-
Herbstblätter
-
Kastanien
-
Gras
-
Schnee
-
Sand
Andere Materialien:
-
Styroporchips (Verpackungsmaterial)
-
Tischtennisbälle
-
Tennisbälle
-
Golfbälle
-
zerknülltes Zeitungspapier
Achten Sie darauf, keine spitzen oder scharfen
Gegenstände zu verwenden. Lassen Sie den Bewohner die
Materialien anfassen, spüren und ggf. wieder erraten.
Eine andere Variante für Bewohner, die mental noch nicht
sehr eingeschränkt sind: Füllen Sie eine Schüssel mit
Sand oder anderem Material. In der Schüssel können Dinge
versteckt sein, die herausgesucht werden müssen.
Fühlsäckchen:
-
Fühlsäckchen können ebenfalls relativ leicht hergestellt
werden. Sie können Stoffreste zusammennähen oder einen
Stoffbeutel vom Bäcker oder einen Schmuckbeutel mit
Kordeln nehmen. Der Vorteil der Stoffbeutel: man kann
sie immer wieder neu befüllen.
-
Zur Füllung eignen sich getrocknete Erbsen oder Mais,
Kirschkerne, Murmeln, Holzkugeln, kleine Steine usw.
-
Mit Fühlsäckchen können auch kleine Spiele durchgeführt
werden. Geistig regen Bewohnern können die Augen
verbunden werden. Sie sollen dann den Inhalt fühlen und
benennen.
Massagen:
Massagen sind (wie jeder weiß) sehr wohltuend, wenn sie
richtig ausgeführt werden. Mit ein bisschen Vorsicht
kann auch der Bewohner von den Mitarbeitern massiert
werden. Möglich sind Massagen mit den Händen und einem
guten Öl (z.B. Arnika) oder mit Hilfsmitteln wie einem
Igelball.
Fangen Sie an den Extremitäten an und arbeiten Sie sich
in leicht kreisenden Bewegungen zum Körperstamm vor und
dann wieder zurück.
Es gibt etliche Formen von Massagen. Probieren Sie auch
einfach mal eine Fußmassage, Kopfmassage oder eine
Bürstenmassage. Für die Bürstenmassage benötigen Sie
eine Körperbürste mit Naturborsten und Massageprodukte
wie etwa Luffaschwamm oder etwas mit Sisal. Beginnend an
den Unterschenkeln wird mit kreisenden Bewegungen die
trockene Bürste zum Körperstamm und zurück geführt.
Tiere innerhalb einer Therapie:
Hunde, Katzen oder Kaninchen regelmäßig anzufassen
bietet für einen bettlägerigen Senioren schon eine Menge
Abwechselung. Es bietet andere Sinneseindrücke an und
lenkt für eine zeitlang die Aufmerksamkeit nach außen,
weg vom eigenen Körper und ggf. den eigenen Schmerzen.
Darüber hinaus regt es die Kommunikationsfähigkeit des
Bewohners an.
Bobath:
Durch Lagerungen können Spürinformationen gegeben
werden, um damit die Körperwahrnehmung des Bettlägerigen
zu verbessern. Oft fallen Bewohner mit einer Störung der
Körperwahrnehmung durch große Unruhe und starke
Spastiken auf. Das Ziel der verbesserten
Körperwahrnehmung wird am besten durch eine Lagerung mit
einem höheren Auflagedruck erreicht (entgegen der
Dekubitusprophylaxe mit der Forderung einer superweichen
Lagerung). An Körperstellen, die nicht auf der Matratze
aufliegen, können zusätzliche Spürinformationen durch
weitere „härtere“ Lagerungshilfsmittel gegeben werden.
Weitere Lagerungsmöglichkeiten:
-
Bauchlagerung:
Diese Maßnahme hilft dem Bewohner, seine
Tiefensensibilität zu trainieren und seine
Körperabmessungen zu erspüren. Diese Form der Lagerung
muss selbstverständlich abgewogen werden gegen das
Dekubitusrisiko des einzelnen Bewohners.
Körperpflege:
-
Belebende Waschung oder Teilwaschung:
Führen Sie bei einem Bewohner mit einem rauen
Waschlappen entgegen der Haarwuchsrichtung mit kälterem
Wasser ca. 30 Grad eine Ganz- oder Teilwaschung durch.
Durch Zugabe von ätherischen Ölen, die als anregend
gelten (etwa Bergamotte, Rosmarin, Latschenkiefer usw.)
kann die Wirkung noch verstärkt werden. Das Abtrocknen
des Bewohners erfolgt mit einem rauen Handtuch. Bei der
Durchführung muss auf Kontraindikationen wie etwa
Bluthochdruck geachtet werden.
-
Beruhigende Waschung oder Teilwaschung:
Bei der beruhigenden Waschung wird mit einem weichen
Waschlappen mit der Haarwuchsrichtung und mit ca. 37 bis
40 Grad warmen Wasser gewaschen. Auch hier können
ätherische Öle (diesmal mit beruhigender Wirkung)
eingesetzt werden, etwa Kamille, Melisse, Vanille usw.
Abgetrocknet wird der Körper mit einem weichen Handtuch.
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Wichtig: Bei der Zugabe von ätherischen Ölen muss vorher
abgeklärt werden, ob Allergien bestehen.
Weitere Maßnahmen zur Verbesserung der
Körperwahrnehmung:
-
Nicht nur nasse Haare können gefönt werden, sondern
auch mal der Körper an sich.
-
Abfahren der Haut mit verschiedenen Materialien: raues
kleines Handtuch, mit einem Seidentuch, mit einem
Tennisball, mit Fell, mit einem warmen Kirschkernkissen
oder warmen Steinen.
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