pqsg mobil
Start Index Impressum
Diese Seiten wurden für Smartphones optimiert. Für die PC-Version klicken Sie bitte hier.

Standard "Dekubitusprophylaxe: Hautpflege"

Gepflegte Haut bietet mehr Schutz vor Dekubitus als ungepflegte Haut. Soviel hat uns schon der alte Expertenstandard verraten. Ansonsten jedoch ist auch dessen nun vorliegende Aktualisierung keine große Hilfe. Mangels verlässlicher Forschung verzichten die Autoren allzu oft auf konkrete Vorgaben. Unser Textvorschlag für Ihr QM-Handbuch zeigt, wie die Praxisumsetzung dennoch gelingt.


 Standard "Dekubitusprophylaxe: Hautpflege"


Definition:

    Bei alten Menschen sind aufgrund der sinkenden Talkproduktion die Rückfettungsmechanismen reduziert. Gleichzeitig nehmen die Belastbarkeit und die Elastizität der Haut ab. Bei gefährdeten Bewohnern ist eine sorgfältige Hautpflege ein wichtiger Eckpfeiler der Dekubitusprophylaxe. Mit Hilfe von Salben und Lotionen versuchen wir, die Haut vor äußeren schädlichen Einflüssen wie etwa Urin, Schweiß oder Stuhl zu schützen. Äußerliche Anwendungen können allerdings weder die Hautdurchblutung nachhaltig fördern noch den Druck mindern. Nur durch konsequentes Umlagern, Mobilisieren und gesunde Ernährung ist es möglich, einen Dekubitus zu verhindern.
  • Dieser Standard wird kombiniert mit allen Standards zur Körperpflege, etwa:
      Standard "Duschen" Standard "Ganzwaschung im Bett" Standard "Ganzwaschung am Waschbecken" Standard "Haarwäsche im Bett" Standard "Voll- und Teilbad"

Grundsätze:

    Eine gute Hautpflege ist eine Selbstverständlichkeit und sollte unabhängig vom Dekubitusrisiko erfolgen. Eine gezielte Hautpflege kann das Dekubitusrisiko deutlich senken. (Diese Feststellung ist umstritten, wir halten sie aber dennoch für naheliegend.) Ein Wundermittel gibt es aber nicht. Keine Salbe kann die Haut vor Druck schützen. Ungeeignete Pflegemaßnahmen können die Haut schädigen. Jeder Wasserkontakt schwächt den Säureschutzmantel. Daher muss es für jede Waschung einen hinreichenden Grund geben. Es gibt keine allgemeingültigen Vorgaben für die Hautpflege. Jeder Hauttyp erfordert eine individuelle Pflege.

Ziele:

    Ein Dekubitus wird vermieden. Die Schutzfunktion der Haut wird erhalten bzw. wiederhergestellt. Ein Wundwerden oder eine Aufweichung der Haut werden vermieden. Hautveränderungen werden schnell bemerkt. Persönliche Vorlieben des Bewohners für bestimmte Hautpflegemittel werden berücksichtigt.

Vorbereitung:

    Wir suchen den Kontakt mit dem Hausarzt und stimmen unsere Pflegemaßnahmen mit ihm ab. Wenn eine fachärztliche Untersuchung sinnvoll erscheint, bitten wir zeitnah um eine Überweisung. Wir suchen den Kontakt zu Herstellerfirmen und Lieferanten von Hautschutzmitteln. Wir stehen neuen Produkten stets offen gegenüber, sofern deren Wirkung hinreichend belegt ist. Wir bilden unsere Mitarbeiter regelmäßig weiter. Wir beteiligen uns ggf. an wissenschaftlichen Studien, um die Wirksamkeit von Pflegemitteln zu überprüfen und zu verbessern. Voraussetzung dafür ist eine umfassende Information der Bewohner und deren Zustimmung.

Durchführung:

Beseitigung von Feuchtigkeit

    Bei stark schwitzenden Bewohnern muss die Wäsche in einem kürzeren Abstand gewechselt werden. Durchnässte Vorlagen von harninkontinenten Bewohnern müssen zeitnah gewechselt werden. Ein Bewohner sollte niemals lange in einem Bett liegen, das (aus welchen Gründen auch immer) feucht ist. Der Bewohner wird ermuntert, sich bei Nässegefühl umgehend bei der Pflegekraft zu melden.
(Ein kausaler Zusammenhang zwischen Inkontinenz und einem erhöhten Dekubitusrisiko kann anhand der vorliegenden Studien zwar angenommen aber nicht bewiesen werden. Gleichwohl ist Feuchtigkeit als Risikofaktor in der Braden-Skala aufgeführt. Aus eigener Erfahrung wissen Pflegekräfte zudem, dass es einen zeitlichen Zusammenhang gibt. Wenn ein Bewohner aufgrund einer gesundheitlichen Verschlechterung inkontinent wird, ist es oftmals nur eine Frage der Zeit, bis sich auch ein Dekubitus einstellt. Folglich ist es sinnvoll, die entsprechenden Vorsorgemaßnahmen in den eigenen Standard zu übernehmen. Ohnehin sind die meisten Forderungen bereits Teil der pflegerischen Versorgung, wie etwa der zeitnahe Wechsel durchfeuchteter Vorlagen.)

Körperreinigung

    Die Körperreinigung dient nicht nur dem Entfernen von Schmutz. Bei vielen Senioren mit hohem Dekubitus-Risiko haben diese Maßnahmen auch eine hohe Bedeutung bei der Erhaltung des Körperbildes. Betroffene sind i.d.R. immobil und werden auf weichen oder gar superweichen Matratzen gelagert. In der Folge sind die Arme oder Beine oftmals aus dem Körperbild ausgeblendet. Die Ganzwaschung kann nun helfen, diese Extremitäten wieder in das Bewusstsein zu bringen. Die Haut wird nicht häufiger als notwendig gewaschen. Längere Bäder sollten unterbleiben. Sofern der Bewohner nicht sichtbar verschmutzt ist, wird dieser nur mit körperwarmem Wasser gereinigt. Nur bei sichtbarer Verschmutzung wird überhaupt in Maßen Seife zugesetzt. Bei der Körperpflege waschen wir auch gegen den Strich, um die Körperwahrnehmung zu verbessern. Dem Bewohner fällt es dann häufig leichter, Schmerzen in druckbelasteten Hautarealen richtig einzuordnen und sich selbständig umzulagern. Nach allen Reinigungsmaßnahmen muss die Haut gründlich getrocknet werden. Dabei sollte nicht "gerubbelt" sondern getupft werden. Ganzkörperwaschungen sind bei gefährdeten Bewohnern nur als Reinigungsmaßnahme sinnvoll. Als Teil der stimulierenden (basalen) Pflege sind sie zu vermeiden. Bei erfrischenden und anregenden Teilwaschungen sollte klares Wasser ohne Zusätze mit einer Temperatur von rund 25°C verwendet werden. Desinfizierende Waschungen werden ausschließlich(!) bei Bewohnern mit Immunschwäche oder MRSA durchgeführt. Für die Hautpflege nutzen wir W/O-Produkte.

Problemfall Seife

    Selbst hautfreundliche Waschzusätze sind immer eine Belastung für den Säureschutzmantel. Daher muss der Einsatz von Seife abgewogen werden. Sinnvoll ist die Nutzung etwa unter den Achseln und im Intimbereich. Alle Seifenreste müssen sorgfältig von der Haut entfernt werden. Wir verwenden keine parfümierten Seifen oder Cremes, da deren Inhaltsstoffe unerwünschte Hauteffekte auslösen können. Dies gilt vor allem für "Deo-Seifen". Flüssigseifen haben die gleiche Wirkung wie feste Seifen und werden ebenfalls besonders sparsam eingesetzt. Nach Möglichkeit verwenden wir statt Seifen Syndets (zusammen gesetzt aus den Wörtern synthetische Detergenzien. Sie sind eine Alternative zu allergieauslösenden und hautunverträglichen Seifen). Diese Reinigungsstoffe können auf jeden beliebigen pH-Wert eingestellt werden und schonen den natürlichen Säureschutzmantel. Syndets sind etwa als Waschstücke oder als Waschlotion verfügbar. Sofern nicht anders verordnet, nutzen wir Syndets mit einem hautneutralen (also leicht saurem) pH-Wert von 5,5 bis 6.

Anwendung von Langzeit-Hautschutz-Creme

    Wir nutzen Langzeit-Hautschutz-Creme (wie etwa "3M Cavilon"), um die Haut vor schädlichen Einflüssen zu schützen.
Nutzung als "Lolly":
    Die Pflegekraft stellt sicher, dass die Haut vor dem Aufbringen des Hautschutzfilms sorgfältig gereinigt und getrocknet wurde. Die Pflegekraft trägt mit dem Lolly eine gleichmäßige Schicht auf die Haut auf. Wenn ein Hautbereich ausgelassen wurde, kann dieser nachträglich mit einer Schicht überzogen werden. Allerdings muss die Pflegekraft rund 30 Sekunden abwarten, bis die erste Schicht getrocknet ist. Wir nutzen die Hautschutzcreme auch, um aufeinanderliegende Hautschichten vor dem Wundreiben zu schützen. Beim Auftragen ist es wichtig, diese Hautflächen solange voneinander zu trennen, bis der Film vollständig trocken ist. Der Film sollte alle zwei bis drei Tage sowie kurzfristig bei Bedarf erneuert werden.
Nutzung als Spray:
    Die Pflegekraft hält die Spraydüse 10 bis 15 cm von der Haut entfernt. Sie sprüht nun eine gleichmäßige und glatte Schicht auf den gesamten betroffenen Bereich auf.
Nutzung als Creme
    Die Pflegekraft trägt eine geringe Menge der Creme auf die zuvor gesäuberte und getrocknete Haut auf. Sie kann die Creme sanft einmassieren. Die Creme wird täglich auftragen. Wenn der Bewohner inkontinent ist, sollte die Schicht bei jedem dritten Waschen erneuert werden. Die Creme sollte sparsam genutzt werden. Wenn sich die Haut nach dem Trocknen der Creme ölig anfühlt, war die gewählte Menge zu groß.

Hautkontrolle

  • Die Pflegekraft sollte etwa bei der Körperpflege oder bei Mobilisierungsmaßnahmen auf Hautveränderungen achten. Bei gefährdeten Bewohnern ist ggf. auch eine eigene regelmäßige Hautinspektion sinnvoll. Wir achten auf Anzeichen für
      Rötungen Einrisse Mazerationen Austrocknung andere Veränderungen
  • Der Bewohner und seine Angehörigen werden gebeten, ebenfalls die Haut sorgfältig zu beobachten und etwaige Veränderungen sofort den Pflegekräften mitzuteilen. Wir führen regelmäßig einen Fingertest durch. Wir drücken dafür mit einem Finger auf eine bereits gerötete Stelle. Wenn sich der Hautbereich unter dem Druck wieder weißlich verfärbt, liegt eine reversible (also vergleichsweise harmlose) Minderdurchblutung vor. Falls jedoch die Rötung auch unter Druck bestehen bleibt, spricht dieses für einen beginnenden Dekubitus.
(Hinweis: Ein Zusammenhang zwischen vorhandenen Hautveränderung sowie Läsionen und dem Risiko, einen Dekubitus zu entwickeln, lässt sich aus der vorhandenen Studienlage nicht belegen. Es macht jedoch Sinn, die Suche nach solchen Schädigungen in die Prophylaxe zu integrieren. Ein zeitlicher Mehraufwand entsteht nicht, da die Pflegekraft ohnehin die Haut auf Druckschäden prüfen muss. Zudem unterscheiden sich leichte Hautschäden rein äußerlich kaum von einem Dekubitus Grad 1.)

weitere Maßnahmen

    Wir achten darauf, dass der Bewohner saubere und faltenfreie Wäsche trägt. Die Haut des Bewohners sollte nicht unnötig lang mit Gummi oder Kunststoff in Kontakt kommen.

kontraindizierte Maßnahmen

Verschiedene traditionell überlieferte Maßnahmen und Wirkstoffe kommen bei uns nicht mehr zur Anwendung.

  • Hautverschließende Salben und Cremes, wie etwa Vaseline, Zinkpaste oder Melkfett. Durch den Verschluss der Hautporen wird die Wärmeregulation gestört. Aber:
      Der Einsatz von Fettcremes ist ggf. bei rissiger Hornhaut etwa an den Füßen kurzzeitig möglich und sinnvoll. Wenn ein Bewohner unter Durchfall und unter wunder Haut im Analbereich leidet, kann Zinksalbe die Schmerzen lindern und Defekte schneller abheilen lassen. Nach jedem Stuhlgang muss die Salbe erneut aufgetragen werden. Die helle Farbe wird die Hautbeobachtung erschweren.
  • Wärme-Kälte-Anwendungen ("Eisen und Föhnen"). Diese Maßnahme ist unwirksam. Zudem verteilt der Föhn zusätzliche Keime auf der Haut. Bei nachlässiger Anwendung drohen Gewebeschäden durch Vereisung und Verbrennungen. Alkoholische Lösungen wie etwa Franzbranntwein. Diese Wirkstoffe entfetten die Haut und machen sie rissig. Durch die Verletzungen können Keime eindringen. Vor allem einwertige Alkohole sind problematisch. Wenn alkoholische Flüssigkeiten im Sitzen aufgetragen werden, können diese sogar in die Analfalte laufen und dort Hautschäden verursachen. Ätherische Öle (Fichtennadelöl) oder hyperämisierende Salben (Kampferzusätze) sowie Massagen können die Durchblutung der Haut nicht dauerhaft verbessern. Ein prophylaktischer Einsatz von Desinfektionsmitteln und Antiseptika kann die physiologische Hautflora beeinträchtigen und zu allergischen Reaktionen führen.

Nachbereitung:

    Alle Maßnahmen und deren Wirkung werden sorgfältig dokumentiert. Relevante Beobachtungen werden umgehend dem Hausarzt mitgeteilt. Ggf. wird die Pflegeplanung angepasst.

Dokumente:

    Wunddokumentation Berichtsblatt ärztliches Verordnungsblatt Kommunikationsblatt mit dem Arzt Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

     Alle Pflegekräfte