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Standard "Ernährung bei Demenz"

Seit einigen Monaten fordert der MDK immer häufiger einen separaten Standard speziell zur Ernährung von Demenzkranken. Fakt ist: Die Rechtsgrundlage für diesen Wunsch ist eher dürftig. Da es bei vielen Prüfern aber besser ist, Diskussionen zu vermeiden, haben wir ein solches Dokument für Sie vorbereitet.


Standard "Ernährung bei Demenz"


Definition:

  • Mit dem Fortschreiten einer demenziellen Erkrankung kommt es zu immer mehr Selbstversorgungsdefiziten im Bereich der Ernährung:
    • Erkrankte Senioren verlieren ihre Tischmanieren; etwa die Fähigkeit, Messer und Gabel zu nutzen. Stattdessen essen viele betroffene Senioren mit den Fingern. Es sinkt dadurch die Bereitschaft von mental nicht eingeschränkten Mitbewohnern, die Speisen gemeinsam mit dem Demenzkranken einzunehmen. Diese werden sozial mehr und mehr isoliert.
    • Bei vielen Senioren setzt als Folge der hirnorganischen Degeneration ein unstillbarer Bewegungsdrang ein, der sich in einem oft stundenlangen Umherwandern kanalisiert. Wenn der erhöhte Kalorienbedarf nicht durch eine gesteigerte Nahrungsaufnahme kompensiert wird, ist ein stetiger Gewichtsverlust bis hin zur Kachexie unvermeidlich.
    • Im Gegensatz dazu setzt bei anderen Senioren mit zunehmender Verwirrtheit eine Tendenz zum Übergewicht ein. Pflegebedürftige langweilen sich, fühlen sich überflüssig und bewegen sich zu wenig. Gleichzeitig fehlt die Disziplin und die Einsicht in die Risiken von Adipositas.
    • Die bei Demenz nachlassende Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt auch die Nahrungsaufnahme. Erkrankte lassen sich leicht ablenken. Unvermittelt stellt der Bewohner das Essen ein, da andere Tätigkeiten plötzlich wichtiger werden.

Grundsätze:

  • Angesichts der stetig zunehmenden körperlichen Einschränkungen ist das Essen oftmals eine der wenigen verbliebenen Freuden und entsprechend wichtig für die Erhaltung der Lebensqualität.
  • Bei Demenz ist die Lust am Essen stets eine wichtige Ressource, um den Bewohner zu aktivieren und die soziale Interaktion zu stärken.
  • Die Aspirationsgefahr darf niemals der alleinige Gradmesser für die Gestaltung der Nahrungsaufnahme sein. Viele Bewohner sind bereit, die Gefahr eines gelegentlichen Verschluckens in Kauf zu nehmen, wenn im Gegenzug die Ernährung nicht auf Breie und ähnliche wenig ansprechende Speisen beschränkt wird. Die Wünsche des Bewohners werden beachtet.
  • Das Körpergewicht ist ein "Quasi-Vitalzeichen", da sich viele Krankheiten durch einen Gewichtsverlust bemerkbar machen.
  • Eine angemessene Ernährung ist die Grundlage körperlicher und seelischer Gesundheit.
  • Wir berücksichtigen - soweit möglich - kulturelle Normen und persönliche Rituale, die jeder Bewohner mit dem Essen verbindet.
  • Wir ermuntern und fördern unsere Bewohner, damit diese möglichst lange eigenständig essen können.
  • Bewohnern, die aufgrund der hirnorganischen Veränderungen nicht mehr ohne Hilfe essen können, reichen wir Nahrung an. Dies geschieht stets unter Wahrung ihrer Menschenwürde.
  • Selbst wenn die Arbeitsbelastung hoch ist, wird nicht versucht, Zeit bei der Esseneingabe zu sparen. Die eingesparte Zeit steht in keinem Verhältnis zu den drohenden Komplikationen wie etwa den Folgen einer Aspirationspneumonie.
  • Auch ein demenziell erkrankter Bewohner hat das Recht, sein Leben weitgehend nach eigenen Vorstellungen zu leben. Dazu zählt insbesondere die Ernährung.
  • Soweit ein Bewohner die Konsequenzen seines Handelns abschätzen kann und kein Betreuungsverhältnis besteht, respektieren wir den Wunsch nicht zu essen, und das auch über einen längeren Zeitraum.
  • Ein Bewohner wird niemals gegen seinen Willen mit Nahrung oder mit Flüssigkeit versorgt. Insbesondere die Verabreichung einer Infusion ist eine invasive Maßnahme, die ohne vorherige Zustimmung illegal ist.
  • Wir akzeptieren insbesondere bei dementen Bewohnern "kindliche" Tischmanieren, wie etwa das Essen mit den Fingern oder das Ausschlecken von Nachtischschälchen. Für diesen Personenkreis bieten wir spezielles Fingerfood an.
  • Alle Bemühungen um eine korrekte Ernährung werden aus haftungsrechtlichen Gründen ausführlich dokumentiert.

Ziele:

  • Der Bewohner erreicht ein normales Körpergewicht. Eine Überernährung bzw. eine Mangelernährung werden vermieden.
  • Die Vorlieben des Bewohners werden beachtet.
  • Der Bewohner verschluckt sich nicht. Eine Pneumonie wird vermieden.
  • Wir arbeiten vertrauensvoll mit Angehörigen und Ärzten zusammen.
  • Der Ernährungszustand gefährdeter Bewohner ist stets bekannt.
  • Der Bewohner hat Spaß am Essen.
  • Der Bewohner ist in der Lage, sein Hungergefühl korrekt zu deuten.
  • Jeder Bewohner soll möglichst lange in der Lage sein, seine Nahrung eigenständig zu sich zu nehmen.
  • Die Würde eines Bewohners wird auch dann gewahrt, wenn ihm das Essen eingegeben werden muss.
  • Der Ernährungszustand spiegelt sich in der Pflegeplanung wider.
  • Die Pflegeeinrichtung ist sicher vor dem Vorwurf, die Senioren unangemessen zu ernähren.

Vorbereitung:

Organisation:

  • Wir sorgen dafür, dass Essensgerüche in den Wohnbereich vordringen können. Auch im Zimmer des Bewohners sollte man das Mittagessen bereits eine halbe Stunde vor der Mahlzeit riechen können.
  • Die korrekte Berechnung des BMI (Body-Mass-Index) wird regelmäßig im Team geübt.
  • Bei allen Bewohnern berechnen wir alle drei Monate den Body-Mass-Index. Bei gesundheitlichen Veränderungen sowie sichtbarem Gewichtsverlust wird diese Berechnung in kürzeren Zyklen durchgeführt.
  • Das Wiegen von Bewohnern wird stets zur gleichen Tageszeit und unter gleichen Bedingungen durchgeführt (etwa Gewicht der Bekleidung).
  • Wir führen zudem für jeden Bewohner regelmäßig eine Risiko- und Gefährdungsanalyse durch. Falls notwendig veranlassen wir eine medizinische Untersuchung und ziehen dafür den Hausarzt hinzu.
  • Der Speiseplan wird in gut lesbarer Schrift an verschiedenen Punkten der Einrichtung öffentlich gemacht. Auf dem Speiseplan werden zusätzlich die Essenszeiten angegeben.
  • Der Bewohner sollte immer zu gleichen Tageszeiten von den Pflegekräften zum Essen abgeholt werden.
  • Wenn etwas Zeit übrig ist, wird das Essenanreichen im Rollenspiel geübt. Jede Pflegekraft soll einen Eindruck davon bekommen, wie es ist, wenn andere die eigene Nahrungsaufnahme kontrollieren.
  • Wir setzen konsequent auf Bezugspflege. Durch den engen Kontakt zwischen Pflegekraft und Bewohner lassen sich Defizite schneller finden und beseitigen.

erfassen der Ernährungsgewohnheiten:

  • Wir stellen sicher, dass die Biografie bei der Ernährung des Bewohners berücksichtigt wird. Daher ist es wichtig, die Gewohnheiten frühzeitig zu erfassen. Im Idealfall ist es uns möglich, den Bewohner "in guten Tagen" entsprechend zu befragen. Ist die demenzielle Schädigung zum Zeitpunkt des Heimeinzuges schon weit fortgeschritten, suchen wir den Dialog mit den Angehörigen und befragen diese zu ihren Erinnerungen.
  • Relevant sind insbesondere folgende Kriterien:
    • Welche Körperstatur hatte der Bewohner in den vergangenen Jahren? War er über Jahrzehnte über- oder untergewichtig? War das Gewicht immer wieder starken Schwankungen unterworfen? (Hinweis: Das Vorliegen dieser Informationen ist wichtig, wenn bei einer MDK-Kontrolle Vorhaltungen hinsichtlich des Ernährungszustandes im Raum stehen.)
    • Welche Bedeutung hatten die einzelnen Mahlzeiten für den Bewohner? (Beispiel: Viele Menschen reduzieren das Mittagessen auf das Notwendige und essen dann am Abend entsprechend mehr.
    • Hat der Bewohner weltanschauliche oder religiöse Überzeugungen, die sich auch auf die Ernährung auswirken; also etwa ein Verbot von Schweine- oder von Rindfleisch; bzw. generell von tierischen Produkten? Gibt es Fastenzeiten?
    • Welche Gewohnheiten pflegte der Bewohner beim Essen? Aß er lieber in Gesellschaft, lieber allein oder etwa am liebsten vor dem Fernseher?
    • Welche Getränke bevorzugt der Bewohner? Mag er kalte, warme, verdünnte, alkoholische oder alkoholfreie Getränke? Welche Trinkbehälter nutzt der Bewohner?
  • Lieblingsgerichte der Bewohner werden soweit möglich auf der Speisekarte berücksichtigt. Wir beteiligen den Heimbeirat an der Planung.
  • Jeder Bewohner hat täglich die Wahl zwischen mindestens zwei verschiedenen Gerichten.

Zusammenarbeit mit der Hauswirtschaft:

  • Wir arbeiten eng mit der Hauswirtschaft zusammen:
    • Sofern im individuellen Fall sinnvoll nehmen Mitarbeiter der Hauswirtschaft an Fallbesprechungen teil.
    • Die Hauswirtschaft klärt im Dialog mit dem Bewohner, inwieweit dessen Lieblingsgerichte den Ernährungsvorgaben entsprechen. Ggf. ist es möglich, mit wenigen Modifikationen ein Lieblingsgericht deutlich "gesünder" zu gestalten.
    • Die Hauswirtschaft informiert den Pflegebereich über das Essverhalten des Bewohners. Relevant ist etwa, ob der Bewohner seinen Teller komplett leert oder nur Teile der Mahlzeit verspeist.

Durchführung:

Beteiligung und Aktivierung des Bewohners:

  • Im Rahmen unserer Freizeitaktivitäten bieten wir eine Kochgruppe an. Wir stellen sicher, dass demenziell erkrankte Bewohner nicht mit gefährlichen Küchenutensilien hantieren wie etwa mit Messern oder mit Scheren. Küchenmixer, Brotschneidemaschinen usw. werden nur von Pflegekräften bedient.
  • Alle Vorgaben im Standard "Kochgruppe in der Tagespflege" werden beachtet.

Adipositas als Folge eines fehlenden Sättigungsgefühls:

  • Wir erstellen gemeinsam mit der Hauswirtschaft einen Ernährungsplan. Die Kost des Bewohners wird umgestellt.
  • Der BMI des Bewohners wird regelmäßig ermittelt.
  • Gemeinsam mit dem Hausarzt prüfen wir, ob die Gewichtszunahme ggf. auch andere Gründe hat, etwa eine hormonelle Störung oder Depressionen.

Mangelernährung als Folge eines fehlenden Hungergefühls:

  • Der BMI des Bewohners wird regelmäßig ermittelt. Unter Einbeziehung des Hausarztes werden körperliche Auslöser ausgeschlossen.
  • Gemeinsam mit der Hauswirtschaft erstellen wir einen täglichen Ernährungsplan. Wir bieten ggf. hochkalorische Süßspeisen sowie Trinknahrung an.
  • Falls möglich sollte der Bewohner im Rahmen der Beschäftigungstherapie an der Herstellung der Speisen beteiligt werden.
  • Statt drei großer Mahlzeiten bieten wir dem Bewohner sechs kleinere Mahlzeiten an. Er erhält insbesondere einen Spätimbiss.
  • Wir beachten Rituale, Gewohnheiten und Vorlieben beim Essen. Etwa: Musik beim Essen, essen in Gesellschaft oder allein, lesen einer Zeitung ermöglichen usw.
  • Die Nahrung wird angenehm präsentiert, dieses auch, wenn sie zuvor zerkleinert wurde.

erhöhter Energiebedarf als Folge eines Bewegungs- und Laufzwangs:

  • Wir versorgen den Bewohner nach Absprache mit dem behandelnden Arzt mit hochkalorischer Kost.
  • Ggf. erhält der Bewohner Trinknahrung, die mit Sahne, Zucker oder Eiweißpulver angereichert wurde.
  • Wir sorgen für ausreichende Ruhepausen, z. B. durch Sitzgelegenheiten und anbieten von anderen Tätigkeiten.

Mangelernährung als Folge nachlassender Lebensfreude Verhalten bei Nahrungsverweigerung:

  • Wir prüfen, welche Kriterien für die Akzeptanz der Speisen entscheidend sind.
  • Zumeist werden süße Speisen gegenüber sauren oder stark gewürzten Nahrungsmitteln bevorzugt.
  • Der Bewohner bevorzugt gelbe, rosa oder grüne Speisen. Dunkelbraune oder schwarze Speisen weist er zurück.
  • Der Bewohner erhält ggf. keinen Salzstreuer oder Gewürzmischungen, da er damit die Speisen ungenießbar machen würde.
  • Im persönlichen Dialog mit dem Bewohner versuchen die Pflegekräfte und insbesondere die Bezugspflegekraft ein Vertrauensverhältnis aufzubauen.
  • Wir geben dem Bewohner jederzeit die Möglichkeit, Nahrung zu sich zu nehmen. Wir bieten ihm regelmäßig über den Tag verteilt Nahrungsmittel und Getränke an. Dieses ständige Anbieten führen wir in jedem Fall fort, auch wenn der Bewohner jedes Mal aufs Neue ablehnt.
  • Um dieses permanente Angebot zu ermöglichen, halten wir rund um die Uhr frisches Obst, Gebäck, Tee, Milchgetränke, Fruchtsäfte und Wasser bereit. Auch der Nachtdienst ist stets über die Problematik informiert.

Verhalten bei Weigerung des Bewohners, den Mund zu öffnen:

  • Wir berühren die Lippen des Bewohners mit der Spitze des gefüllten Löffels oder der Gabel.
  • Die Pflegekraft streicht behutsam über Mundwinkel, Lippen und Wange des Bewohners.
  • Die Pflegekraft übt einen sanften Druck auf die Kinngrübchen aus.
  • In keinem Fall darf Gewalt ausgeübt werden. Dieses selbst dann, wenn der Bewohner überhaupt nichts isst.
  • Wir prüfen, ob der Bewohner bei allen Pflegekräften in dieser Weise reagiert. Wenn der Bewohner Angst hat, vergiftet zu werden, kann ggf. ein anderer Mitarbeiter das Anreichen des Essens übernehmen.

Übelkeit und Erbrechen als Folge des hirnorganischen Abbaus:

  • Wir prüfen, ob die Übelkeit die Nebenwirkung von Medikamenten sein kann, also etwa von Abführmitteln, Schmerzmitteln oder Antibiotika. Vor allem Digitalis-Präparate können zu Erbrechen führen.

Verhalten, wenn der Bewohner den Umgang mit Messer und Gabel nicht mehr beherrscht:

  • Die Pflegekraft setzt sich auf den gegenüberliegenden Platz. Sie hat einen eigenen Teller und isst mit Messer und Gabel. Der Bewohner wird animiert, das Verhalten der Pflegekraft zu imitieren und ebenfalls zu essen.
  • Wir prüfen, ob der Bewohner statt Messer und Gabel einen Löffel nutzen kann. Die Speisen werden dann mundgerecht angerichtet. Die Pflegekraft füllt den Löffel und legt diesen dem Bewohner in die rechte (bzw. linke!) Hand. Die Pflegekraft hebt den Unterarm leicht an. Der Bewohner führt den Löffel nun eigenständig zum Mund.
  • Wir nutzen rutschfeste Untersetzer, schweres Besteck mit großen Handgriffen sowie unzerbrechliches Geschirr mit hohem Rand.
  • Wir bieten Fingerfood an, lassen also den Bewohner mit den Fingern essen. Etwa: warme Würstchen, Kroketten, Pommes frites, Hackfleischbällchen, frittierte Hähnchenfleischstücke, Brokkoli, Sellerie, Blumenkohl, Obststücke, Beeren usw.
  • Wir verteilen auf dem Wohnbereich kleine Schüsseln gefüllt mit mundgerechtem Obst.
  • Ggf. wird das Essen dem Bewohner angereicht.

enthemmtes Essverhalten:

  • Wir akzeptieren es, wenn der Bewohner aufgrund der demenziellen Erkrankung keine "Tischmanieren" mehr zeigt. Wir lassen ihn z. B. im Stehen essen oder mit dem Kopf direkt über dem Suppenteller.
  • Wir ziehen dem Bewohner ggf. eine Kittelschürze an, wenn mit Verschmutzungen der Kleidung zu rechnen ist. Wir vermeiden es, dem Bewohner eine Servierte anzustecken, da viele Senioren dieses als entwürdigend empfinden.
  • Der Bewohner wird ggf. beim Essen beaufsichtigt. Bei Übergriffen auf die Teller anderer Bewohner greifen wir umgehend ein.
  • Wir prüfen, ob das Verhalten abhängig vom jeweiligen Tischnachbarn ist. Ggf. wird die Sitzordnung angepasst.
  • Ggf. kann es sinnvoll sein, zum Essen eine homogene Gruppe von Demenzkranken zu bilden.
  • Wir versuchen dem Bewohner zu verdeutlichen, dass er ausreichend zu essen bekommen wird.

eingeben von Essen:

  • Die Pflegekraft überprüft die Temperatur der Speisen. Dieses ggf. mit einer eigenen (zusätzlichen) Gabel.
  • Bei blinden oder stark sehbehinderten Bewohnern sagen wir vor jedem Bissen an, welche Speisenkomponente als nächstes angereicht wird. Also etwa ein paar Bohnen, eine halbe Kartoffel, ein Stück Fleisch usw.
  • Die Pflegekraft überprüft den Schluckvorgang beim Bewohner. Insbesondere nach einem Schlaganfall leiden viele Betroffene unter Kau- und Schluckproblemen.
  • Der Bewohner bestimmt die Geschwindigkeit, mit der er isst. Die Pflegekraft wartet ab, bis er die vorherige Portion schlucken konnte. Erst dann führt sie den nächsten Löffel oder die nächste Gabel zum Mund des Bewohners.
  • Beim Herausziehen sollte der Löffel nicht mit den Schneidezähnen in Kontakt kommen. Dieses kann den Beißreflex auslösen.
  • Während des Schluckens sollte die Pflegekraft nicht mit dem Bewohner sprechen. Dieses könnte ihn dazu veranlassen, ebenfalls während des Essens zu reden und dabei ggf. Nahrungsbestandteile zu verschlucken.

Schluckstörungen:

  • Wir legen dem Bewohner Fruchtstücke, Gummibären, Schokoladenstückchen usw. in den Mund.
  • Wir testen, ob der Bewohner einen Schnabelbecher oder einen Trinkbecher mit Strohhalm akzeptiert.
  • Der Bewohner sollte die Speisen nach Möglichkeit nicht im Liegen, sondern in aufrechter Position zu sich nehmen. Ggf. wird dafür das Kopfteil des Bettes aufgestellt.
  • Der Kopf darf beim Essenanreichen nicht überstreckt sein.
  • Es wird sichergestellt, dass der Bewohner ausreichend Zeit zum Kauen und zum Schlucken hat.
  • Die Nahrungsmittelmenge, die mit jedem Löffel angereicht wird, sollte nicht zu groß gewählt werden.
  • Beim Essenanreichen wird es dem Bewohner ermöglicht, die angereichten Speisen kurz zu sehen und zu riechen. Das regt die Speichelproduktion und den Appetit an.
  • In jedem Fall muss sich der Bewohner auf die Konsistenz des nächsten angereichten Löffelinhaltes einstellen können. Er sollte also z. B. wissen, ob als nächstes ein Stück Fleisch oder Kartoffelbrei folgt.
  • Die Pflegekraft stellt sicher, dass der Bewohner regelmäßig eine Nachschluckbewegung durchführt. Diese dient der Reinigung des Rachens und ist bei neuronalen Schädigungen häufig verkümmert. Ggf. kann die Pflegekraft diese Bewegung mit einem sanften Druck gegen den Mundboden stimulieren oder den Bewohner gezielt zum Nachschlucken auffordern.

Störung des Saug- und des Schluckreflexes, Geschmacksanregung bei PEG:

  • Wir stellen sicher, dass auch bei einer liegenden PEG regelmäßige Geschmacksanregungen erfolgen.
  • Wir suchen den Kontakt mit dem Logopäden oder mit dem behandelnden Arzt. Es sollte geprüft werden, inwieweit der Schluckreflex sowie die Fähigkeit zum Abhusten noch vorhanden sind. Basierend auf diesen Informationen schätzen wir das Aspirationsrisiko ab. Wir wählen dann die Lebensmittel, die für die Geschmacksanregung genutzt werden.
  • Wir lassen den Bewohner auf einer Brotrinde kauen oder an einer Zuckerstange lutschen.
  • Wir wischen den Mund des Bewohners mit unterschiedlichen Geschmacksrichtungen aus.
  • Der Bewohner erhält Eiswürfel aus Orangensaft oder Cola.
  • Wir tränken Schwämmchen mit verschiedenen Flüssigkeiten und legen diese dem Bewohner in den Mund.

mangelhafte Flüssigkeitsversorgung:

  • Wir beobachten, welche Getränke der Bewohner bevorzugt. Diese bieten wir ihm wiederholt an. Die Trinkgefäße sollten dem Bewohner bekannt sein, etwa ein Lieblingsglas oder ein bevorzugter Tonkrug.
  • Wir bauen Rituale auf, die in der Biografie des Bewohners verankert sind. Etwa: Anstoßen der Gläser, die Tasse Tee beim Zeitungslesen, Orangensaft beim Verfolgen der Fernsehnachrichten usw.
  • Wenn der Bewohner gerne Tee trinkt, bieten wir ihm an, dass wir diesen gemeinsam mit ihm aufbrühen.
  • Ggf. wird ein Trinkprotokoll geführt.
  • Wir bieten dem Bewohner Wunschgetränke an, dieses auch dann, wenn der Konsum eigentlich nicht empfohlen wird (z. B. Cola oder Likör).
  • Alkoholische Getränke werden nur nach vorheriger ärztlicher Rücksprache gereicht, da der Konsum insbesondere in Kombination mit Arzneimitteln zu Nebenwirkungen führen kann.
  • Wenn der Bewohner unter Schluckbeschwerden leidet, führen wir die Flüssigkeit ggf. mit einem Teelöffel oder mit einer Pipette zu.
  • Wir nutzen eine Zerstäuberpumpe, um die Mundschleimhaut zu befeuchten. Um die gesamte Mundhöhle zu erreichen, kann ein Verlängerungsaufsatz verwendet werden.
  • Wir halten für den Bewohner kleine Stücke frischer Früchte bereit, etwa Melonen, Apfelsinen oder Ananas.
  • Ggf. nutzen wir Verdampfer oder Vernebler, um die Atemluft anzufeuchten.
  • Wir prüfen die Notwendigkeit einer Flüssigkeitszufuhr via Infusion.

horten von Nahrungsmitteln:

  • Wir hinterlegen an beliebten "Kramplätzen" haltbare und verschweißte Nahrung, z. B. in der Handtasche oder im Nachttisch.
  • Wenn der Bewohner beim Sammeln entdeckt wird, greifen wir nicht vorwurfsvoll ein, sondern weisen ihn einfühlsam auf ggf. verdorbene Nahrungsmittel hin. Wir nehmen die verdorbenen Speisen an uns und bieten dafür Ersatz an.
  • Der Bewohner wird bei den Mahlzeiten beobachtet und angeleitet. Wenn der Bewohner Speisen in sein Zimmer mitnimmt, versuchen wir im Dialog, dieses Verhalten zu korrigieren.

Nachbereitung:

  • Der Speisenkonsum wird sorgfältig dokumentiert.
  • Die Pflegeplanung wird permanent dem aktuellen Verhalten des Bewohners und seinem BMI angepasst.

Dokumente:

  • Trink- und Ernährungsprotokoll
  • Ernährungsplan
  • Vitaldatenblatt (Gewicht)
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegekräfte
  • Hauswirtschaftskräfte