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Standardpflegeplan "Multiple Sklerose"

Mehr als 100.000 Menschen in Deutschland leiden unter Multipler Sklerose. Viele von Ihnen sind auf die Hilfe von Pflegediensten angewiesen oder leben in stationären Einrichtungen. Für unser Muster haben wir die zentralen Inhalte einer Pflegeplanung für MS-Patienten zusammengefasst.


 Standardpflegeplan "Multiple Sklerose"


  • Die Multiple Sklerose (auch „MS“, Encephalomyelitis disseminata oder Polysklerose) ist eine chronisch entzündliche Entmarkungserkrankung des Nervensystems. In Mitteleuropa und Nordamerika ist jeder Tausendste betroffen. In Deutschland leiden zwischen 100.000 bis 120.000 Menschen unter Multipler Sklerose, davon ca. zwei Drittel Frauen und ein Drittel Männer. Zumeist treten die ersten Symptome zwischen dem 20. bis 40. Lebensjahr auf.
  • Die Ursache der Multiplen Sklerose ist unklar. Genetische Faktoren spielen eine Rolle. Offenbar fördern Viren und andere Erreger sowie Umwelteinflüsse die Krankheitsentwicklung.
  • Bei der multiplen Sklerose kommt es zu Entzündungen der Myelinscheiden an den Nervenzellen des zentralen Nervensystems. Dabei lösen sich die Myelinscheiden von den Axonen ab. Die körpereigene Immunabwehr greift diesen Entzündungsherd an, und es bilden sich Plaques. Diese Plaques heilen ab und hinterlassen statt intakten Nervenzellen nur noch Narbengewebe. So entstehen im zentralen Nervensystem zahllose dieser Schädigungen, die für entsprechende neurologische Ausfälle sorgen.
  • Die Erkrankung verläuft zumeist in Schüben, die bis zu acht Wochen dauern und verschiedene neuronale Ausfälle auslösen. In den folgenden Monaten bilden sich diese Beeinträchtigungen weitgehend aber nicht vollständig wieder zurück. Letztlich treten also mit jedem Schub mehr und mehr bleibende Schäden auf.
Symptome:
  • Kleinhirnsymptome:
    • Intentionstremor: Er tritt bei zielgerichteten Bewegungen auf, wobei sich das Zittern je näher das Ziel kommt, verstärkt.
    • Ataxie: Dabei handelt es sich um Koordinationsstörungen. Die verschiedenen Muskelgruppen arbeiten nicht mehr "Hand in Hand". Davon betroffen sind die Haltung, der Gang und der Stand.
    • skandierende (abgehackte) Sprache
  • motorische Störungen:
    • Lähmungen mit spastischen Paresen, rasche Ermüdbarkeit, hängen bleiben und stolpern an kleinen Hindernissen, im weiteren Verlauf bis hin zur Hemi-, Para- und Tetraplegie
    • schnelle Ermüdung und Schwere in den Beinen
  • sensible Störungen:
    • Parästhesien in Form von Kribbel-, Prickel- und Taubheitsgefühlen
    • herabgesetztes Druck-, Schmerz- oder Temperaturempfinden
  • vegetative Störungen:
    • Harninkontinenz durch neurogene Blasenstörungen
    • Darmstörungen
    • erektile Dysfunktion und Störung der Orgasmusfähigkeit
    • Störung der Vasomotorik in Form von rotbläulichen Verfärbungen an den Extremitätenenden sowie in Form von ödematösen Schwellungen
  • Hirnstammsymptome / Hirnnervenstammsymptome:
    • Doppelbilder, Nystagmus
    • Hör- und Gleichgewichtsstörungen (Dreh- und Schwankschwindel)
    • Entzündung des Sehnervs: zeigt sich etwa in Verschwommensehen, Verlust der Sehkraft, Einschränkungen des Gesichtsfeldes
    • Fazialisparese (Lähmungen der Gesichtsmuskulatur): daraus resultieren häufig eine verwaschene Sprache und Schluckbeschwerden
    • Trigeminusneuralgie (Gesichtsschmerz)
  • psychische Veränderungen:
    • Persönlichkeitsveränderungen
    • organisch verursachte depressive Verstimmung
    • Abbau der geistigen Fähigkeiten
  • Sekundärsymptome:
    • Infektion der Luft- und Harnwege
    • Thrombosen
    • Dekubitalgeschwüre
    • Ernährungsmängel
  • Verlaufsformen:
    • Die gutartige Verlaufsform; sie macht ca. 20 Prozent der Fälle aus: plötzlicher Beginn, wenige Attacken, keine dauerhafte Behinderung.
    • Die chronisch-rezidivierende Verlaufsform; sie macht ca. 20 bis 30 Prozent der Fälle aus: plötzlicher Beginn, teilweise oder vollständige Rückbildung der Symptome, keine schwere Behinderung.
    • Die chronisch-progrediente Verlaufsform; sie macht ca. 10 bis 20 Prozent der Fälle aus: langsamer Beginn mit zunehmender Verschlechterung.
    • Die Mischform; sie macht ca. 40 Prozent der Fälle aus: plötzlicher Beginn, nur anfangs u.U. vollständige Rückbildung der Symptome, später zunehmende Verschlechterung.
Anmerkung:
  • Standardpflegepläne geben für spezielle Pflegeprobleme die typischen pflegerischen Maßnahmen vor, so etwa wie in diesem Beispiel für Multiple Sklerose. Standardpflegepläne umfassen generelle und potentielle Pflegeprobleme, Pflegemaßnahmen und Pflegeziele.
  • Aus diesem Grund erleichtert ein Standardpflegeplan zwar die Pflegedokumentation, aber er ersetzt auf keinen Fall eine individuelle auf den Bewohner / Patienten bezogene Pflegeplanung.
  • Jede Pflegefachkraft ist gehalten, diese generellen Pflegeprobleme, Pflegemaßnahmen und Pflegeziele auf Relevanz zu überprüfen und auf die individuellen Einschränkungen und Ressourcen des jeweiligen Bewohners / Patienten anzupassen. Wichtig ist auch beim Einsatz von Standardpflegeplänen, diese in regelmäßigen Abständen zu überprüfen und ggf. zu überarbeiten, da sie immer auf dem aktuellen Stand sein sollten.

Pflegeproblem

Pflegemaßnahmen

Pflegeziel


Kommunizieren


  • Der Bewohner kann häufig schlecht vom Gegenüber verstanden werden, seine Stimme ist verwaschen, monoton und leise aufgrund der Dysarthrie; er ermüdet schnell.
  • Die Kommunikation ist insgesamt sehr erschwert, und der Bewohner wird rasch ungehalten, wenn er nicht gleich verstanden wird.

  • Wir veranlassen Logopädie.
  • Wir führen zusätzliche Sprechübungen neben der Logopädie durch.
  • Wir zeigen Verständnis und Geduld.
  • Wir geben Zeit zum Verstehen und Antworten.
  • Wir motivieren den Bewohner und machen ihm Mut.
  • Wir stellen ggf. Ja/Nein-Fragen.
  • Wir greifen ggf. auf spezielle Hilfsmittel zur Kommunikation zurück, wie etwa eine Sprechtafel.
  • Wir motivieren den Bewohner, an Beschäftigungsangeboten im Haus teilzunehmen.

  • Bewohner soll sich nicht isolieren und an der Kommunikation teilhaben
  • Die Selbständigkeit und Motivation werden erhalten und gefördert.
  • Wir stärken das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl.

  • Der Bewohner leidet an Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen aufgrund der Nervenschädigungen.

  • Wir spielen Spiele, die das Gedächtnis und die Konzentration fordern ohne zu überfordern.
  • Wir greifen bevorzugte Gesprächsthemen des Bewohners auf.

  • Der Bewohner hört schlecht aufgrund der Nervenschädigungen.

  • Wir sprechen den Bewohner immer von vorne an und reden langsam und deutlich.
  • weitere Maßnahmen siehe Standard "Pflege und Betreuung von schwerhörigen Senioren"

Sich bewegen


  • Der Bewohner erhält Physiotherapie, ist allerdings nur eingeschränkt motiviert, die Übungen auch eigenständig in seiner Freizeit durchzuführen.

  • Der Bewohner wird immer wieder von den Pflegekräften ermuntert, die Übungen durchzuführen.
  • Wir loben jeden Fortschritt, den der Bewohner macht.

  • Der Bewohner wird motiviert, die Übungen regelmäßig durchzuführen.

  • Der Bewohner ist nicht mehr in der Lage ohne Hilfe zu stehen. Die Immobilität erhöht das Risiko für Dekubitus, Pneumonie, Thrombosen und Kontrakturen.

  • Wir nutzen ein Stehbrett oder ein Stehbett, um den Bewohner in die Vertikale zu mobilisieren.
  • Sobald der Bewohner in der Lage ist, mit Unterstützung dieser Hilfsmittel zu stehen, wird die Zeit stetig ausgebaut. Nach Möglichkeit sollte der Bewohner jeden Tag 45 bis 60 Minuten stehen.
  • Das Stehtraining kann in verschiedene Freizeitaktivitäten eingebunden werden, insbesondere Fernsehen, Lesen oder Radiohören.
  • Wir lassen den Bewohner selbst entscheiden, an welchem Platz innerhalb der Einrichtung er stehen möchte. Sinnvoll ist etwa ein Standplatz im Aufenthaltsraum oder in belebten Fluren. Im Sommer kann der Bewohner auch auf einen schattigen Platz im Freien gestellt werden.

  • Durch das Stehen werden verschiedene Folgeerkrankungen vermieden.

  • Der Bewohner stolpert sehr häufig beim Gehen aufgrund einer Fußheberparese.

  • Wir versorgen den Bewohner mit Schuhen, die an der Spitze statt mit einer Gummisohle mit Leder ausgestattet sind.
  • Alternativ kann der Bewohner mit einer Peronaeusschiene versorgt werden. Diese verbessert deutlich das Gangbild.
  • Wir führen mit dem Bewohner in Zusammenarbeit mit der Krankengymnastin Geh- und Stehübungen durch.
  • Wir nehmen Ängste vor Stürzen ernst, sorgen aber dennoch für gezielte Aktivitäten.

  • Die Beweglichkeit, Selbständigkeit und Motivation werden erhalten und gefördert.
  • Wir stärken das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl.
  • Stürze werden vermieden.

  • Der Bewohner leidet an einer Beugespastik besonders im Bereich der Knie und der Hüften.

  • Der Bewohner wird auf dem Bauch gelagert. Um Schmerzen im Knie- und Beckenbereich durch eine schmerzhafte Überstreckung zu vermeiden, wird jeweils ein Lagerungskissen unter die Unterschenkel und das Becken gelegt. Der Kopf wird zur Seite gedreht und die Arme angewinkelt abgelegt.

  • Die Beweglichkeit, Selbständigkeit und Motivation werden erhalten und gefördert.
  • Wir stärken das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl.
  • Stürze werden vermieden.
  • Der Bewohner erleidet keine Schmerzen.

  • Der Transfer des Bewohners vom Bett in den Rollstuhl ist erschwert, da der Bewohner an einer Streckspastik im Beckenbereich leidet.

  • Bevor der Bewohner in den Rollstuhl mobilisiert wird, werden die Beine mit Hilfe eines Lagerungswürfels in einem 90°-Winkel gelagert. Das sollte etwa 20 Minuten vor dem Transfer geschehen.
  • Alternativ zum Lagerungswürfel können die Beine auch in der Seitenlage um 90° angewinkelt werden.
  • Ziel ist die Lockerung der Muskulatur, um den späteren Transfer zu erleichtern.
  • Vor dem Transfer empfiehlt es sich, dem Bewohner die Schuhe anzuziehen, da bei einer Berührung der nackten Füße mit dem Fußboden die Spastik wieder einsetzen kann.
  • Das Aufsetzen auf die Bettkante geschieht durch eine Drehung auf die Seite, wobei die Beugung der Beine beibehalten wird und der Bewohner aufgesetzt wird.
  • Zum Abschluss des Transfers sollte nun eine Drehscheibe eingesetzt werden, auf die der Bewohner seine Füße stellt.
  • Die Pflegekraft fasst mit einer Hand an den Po und mit der anderen an den Brustkorb, die Knie werden fixiert und der Bewohner legt seine Arme locker auf dem Rücken der Pflegekraft ab. Durch eine Gewichtsverlagerung der Pflegekraft nach hinten wird der Bewohner automatisch angehoben und mit Hilfe der Drehscheibe sanft in den Rollstuhl transferiert.

  • Der Transfer des Bewohners aus dem Stand vom Rollstuhl auf die Toilette und umgekehrt ist erschwert, da der Bewohner an einer Streckspastik im Beckenbereich leidet.

  • Im Stand kann dem Bewohner einfacher die Kleidung an- und ausgezogen werden.
  • Beim Hinsetzen des Bewohners wird der Streckspastik entgegengewirkt, indem die Pflegekraft die Knie fixiert und den Oberkörper des Bewohners nach vorne beugt, sodass er sich hinsetzen kann.

  • Der Bewohner leidet an einer Kombination aus einer Beuge- und Streckspastik

  • Lagern im Bett: Diagonal abwechseln zwischen linkem Bein und rechten Arm beugen und rechtem Bein und linken Arm strecken und umgekehrt. Der Bewohner liegt dabei in der Seitenlage und wird von Lagerungskissen entsprechend abgestützt. (Antispastik-Lagerung nach Bobath)

  • Die Gefahr einen Dekubitus zu erleiden, ist wesentlich erhöht, da der Bewohner an Sensibilitätsstörungen leidet. Er bemerkt ggf. keine Schmerzen und Druckstellen.

  • Wir führen den Standard "Dekubitusprophylaxe" durch.

  • Die Haut bleibt intakt.

Vitale Funktionen des Lebens aufrechterhalten


  • Der Bewohner benötigt Hilfe und Anleitung bei der Medikamenteneinnahme.

  • Wir stellen und richten die Medikamente.
  • Wir helfen dem Bewohner bei der Einnahme der Medikamente. Insbesondere achten wir auf die Regelmäßigkeit der Einnahme.
  • Wir beobachten und dokumentieren die Wirkungen und Nebenwirkungen der Medikamente.

  • Die vom Arzt angeordnete Medikation ist sichergestellt.
  • Durch eine angemessene Medikamentenversorgung wird der Verlauf der Erkrankung verzögert.

  • Der Bewohner erhält Interferone.

  • Nach Möglichkeit sollte sich der Bewohner das Medikament eigenständig s.c. oder i.m. injizieren.
  • Die grippeähnlichen Symptome werden bei Bedarf mit Paracetamol therapiert.

  • Nebenwirkungen werden rechtzeitig erkannt.

  • Der Bewohner erhält Glatirameracetat. Es ist ein in der Wirksamkeit mit Interferon vergleichbares synthetisches Polypeptid.

  • Wir achten auf Reaktionen an der Einstichstelle.
  • Wir prüfen, ob der Bewohner Reaktionen zeigt, etwa Luftnot, Herzjagen, Gefäßerweiterung.

  • Der Bewohner erhält Azathioprin. Azathioprin hemmt die zelluläre Immunantwort.

  • Wir achten auf gastrointestinale Beschwerden.
  • Wir prüfen, ob der Bewohner unter bereits bekannten Leber- oder Nierenfunktionsstörungen leidet. Dieses muss dem Arzt als Kontraindikation mitgeteilt werden.

  • Der Bewohner erhält Benzodiazepinderivate. Diese wirken muskelrelaxierend und mildern die Spastik.

  • Wir stellen sicher, dass der Bewohner keinen Alkohol konsumiert.
  • Wir achten auf die typischen Nebenwirkungen wie Apathie, Schläfrigkeit, Amnesie, Verwirrtheit. Es können aber auch paradoxe Phänomene auftreten wie Euphorie, Agitiertheit, Schlaflosigkeit und Erregung.
  • Wir sind uns bewusst, dass die Nutzung von Benzodiazepinderivaten zur Abhängigkeit führen kann.

  • Der Bewohner erhält Glukokortikoide. Diese erhöhen insbesondere im Rahmen der Akuttherapie die Infektionsgefahr; vor allem steigt das Risiko einer Pneumonie.

  • Die Pneumonieprophylaxe wird intensiviert.
  • Der Bewohner wird aufgefordert, den Kontakt mit Personen mit Infekten zu vermeiden.
  • Der Bewohner soll Atemübungen durchführen, um Spastiken im Bereich der Atemmuskulatur zu vermeiden.

  • Eine Infektion und insbesondere eine Pneumonie werden vermieden.

  • Der Bewohner hält sich im Sommer gerne im Freien auf und setzt sich der Sonneneinstrahlung aus. Die Wärme steigert das Risiko eines erneuten Krankheitsschubes.
  • Der Bewohner leidet häufig unter Infektionskrankheiten. Auf hohes Fieber folgt zumeist ein weiterer Schub.

  • Wir informieren den Bewohner darüber, dass Fieber und Wärme einen Schub auslösen können.
  • Der Bewohner wird dazu motiviert, im Sommer den Schatten aufzusuchen.
  • Der Bewohner sollte auf den Besuch einer Sauna verzichten.
  • Der Bewohner sollte heiße Bäder vermeiden.
  • Wenn es hinreichende Anzeichen für eine sich entwickelnde Infektion gibt, wird die Körpertemperatur des Bewohners engmaschig überwacht. Bereits bei subfebriler Temperatur (bis 38°C) wird der Hausarzt informiert. Wir leiten frühzeitig fiebersenkende Maßnahmen ein.

  • Der Bewohner hat eine normale Körpertemperatur.
  • Extreme fiebrige Zustände werden vermieden.

Sich pflegen


  • Der Bewohner ist durch die Ataxie und den Intentionstremor nur eingeschränkt in der Lage, die Grundpflege durchzuführen.

  • Der Bewohner soll vor dem Waschbecken sitzen und die Ellenbogen beim Waschen, Zähneputzen und Rasieren aufstützen. Das vermindert den Intentionstremor
  • Zur Ataxiehemmung sollte der Bewohner sehr körpernah arbeiten und den Körper als Ablagefläche benutzten
  • Beim Duschen ist bei einer Rumpfataxie ein Duschrollstuhl mit fester Lehne und verstellbaren Fußstützen notwendig.
  • Wir schlagen die Anschaffung einer Elektrozahnbürste vor. Der Griff ist dicker und die Bewegungen werden eigenständig von der Zahnbürste ausgeführt

  • Die Beweglichkeit, Selbständigkeit und Motivation werden erhalten und gefördert.
  • Wir stärken das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl.

  • Der Bewohner ist nicht in der Lage, die Zahnpflege selbständig durchzuführen, da er unter einer starken Rumpf- und Kopfataxie leidet. Zudem besteht eine Plegie der Arme.

  • Die Pflegekraft sorgt durch eine breite Ablagefläche dafür, dass der Bewohner sich entspannt anlehnen kann. Beim Zähneputzen kann z.B. die Pflegekraft ihr Bein über den Rollstuhl hinter den Rücken des Bewohners legen und somit Halt für den Oberkörper geben und mit dem Arm und der Hand auf der Stirn den Kopf fixieren. Diese Maßnahme erleichtert deutlich die Zahnpflege. (Die Fixierung des Oberkörpers durch das Bein der Pflegekraft entfällt bei einem Rollstuhl mit einer angepassten Sitzschale.)

  • Eine Intimpflege beim Bewohner durchzuführen ist stark erschwert, da er an einer Adduktorenspastik in Kombination mit einer Streckspastik leidet. Die Beine des Bewohners sind so sehr verkrampft, dass man sie nicht ohne weiteres voneinander weg spreizen kann.
Info: Adduktion: Bewegung eines Körperteils in die Mitte

  • Wir bringen den Bewohner in die Rückenlage.
  • Die Beine des Bewohners werden vorsichtig und ohne Gewalt angewinkelt. Zum besseren Halt kann ein großes Kissen zwischen Bettende und den Füßen platziert werden.
  • Zur Entspannung der Muskeln werden die Beine zusammen vorsichtig nach rechts und links hin und her geschaukelt.
  • Danach lassen sich die Beine leichter auseinander spreizen.
  • Ggf. kann ein Kissen zwischen den Knien die Intimpflege erleichtern.
  • Die Intimpflege wird durchgeführt.

  • Der Intimbereich wird gesäubert.

  • Der Bewohner leidet unter einer beeinträchtigten Oberflächen- und Tiefensensibilität und Parästhesien infolge der Nervenschädigungen.
  • Es besteht die Gefahr von Verbrennungen und Infektionen.

  • Wir prüfen, ob die Sensibilitätsstörungen tageszeitlich schwanken. Ggf. werden unangenehme Pflegemaßnahmen zeitlich verschoben.
  • Wir achten auf die richtige Temperatur des Wasch- und Badewassers; es besteht Verbrennungsgefahr.
  • Hohe Luftfeuchtigkeit verstärkt die Sensibilitätsstörung, wir lüften daher das Bad gut.
  • Wir lassen eine medizinische Fußpflege durchführen.
  • Wir achten auf Wunden (es kann das Schmerzempfinden beeinträchtigt sein).
  • Wir führen Berührungen der Haut vorsichtig durch, da schon minimale Berührungen als schmerzhaft empfunden werden können.
  • Wir dokumentieren, wann die Parästhesien auftreten und durch was sie ggf. ausgelöst werden.

  • Wir vermeiden Folgeschäden.
  • Der Bewohner hat keine unnötigen Schmerzen und fühlt sich wohl.

  • Die Spastiken erschweren es, den Bewohner zu duschen.

  • Wenn der Oberkörper stabil ist, wird der Bewohner beim Duschen auf einen einfachen Duschhocker gesetzt.
  • Ist der Körper instabil, sollte ein Duschrollstuhl genutzt werden. Dessen feste Rückenlehne, Armlehnen und Fußstützen bieten dem Bewohner ausreichend Halt und Sicherheit.

  • Der Bewohner wird geduscht.
  • Die Sturzgefahr wird minimiert.

Essen und trinken


  • Der Bewohner ist bei der Nahrungsaufnahme eingeschränkt aufgrund der Parese (Plegie), Schluckstörung, Ataxie, Spastik.

  • Wir versorgen den Bewohner mit entsprechenden Hilfsmitteln zur Nahrungsaufnahme, etwa Besteck mit dicken Griffen, Becher mit Strohhalmen usw.
  • Wir sorgen nach Absprache mit dem Bewohner für Kleidungsschutz.
  •  Wir bieten Besteck mit dicken Griffen und eine Schale mit hochgezogenem Rand an, um die Selbständigkeit so lange wie möglich zu erhalten.
  • Wir füllen Gläser, Tassen und Becher nur halbvoll.
  • Aufgrund der länger benötigten Zeit für die Essensaufnahme halten wir das Essen warm. Wir sorgen für ausreichend Zeit zur Nahrungsaufnahme.
  • Wir bieten einen Löffel statt einer Gabel an; der Umgang ist einfacher.
  • Wir achten auf die Konsistenz der Nahrung. Wir dokumentieren, wobei sich der Bewohner am wenigsten verschluckt.
  • Wir bieten genügend Flüssigkeit (2 bis 3 Liter) über den Tag verteilt an.
  • Wir legen ggf. ein Trinkprotokoll an.
  • Wir erhöhen ggf. den Tisch, so dass der Bewohner seine Ellenbogen beim Essen auf dem Tisch abstützen kann, der Intentionstremor verringert sich dadurch.
  • Wir achten auf eine ausgewogene und ballaststoffreiche Ernährung.
Info: Ob eine Einschränkung beim Verzehr von Fleisch, Wurst, Milch und Milchprodukten wegen der enthaltenen Arachidonsäure sinnvoll ist, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Arachidonsäure ist als Vorstufe beteiligt an der Auslösung entzündlicher Prozesse.

  • Eine Aspiration wird vermieden.
  • Die Selbständigkeit und Motivation werden erhalten und gefördert.
  • Wir stärken das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl.
  • Wir sorgen für eine ausreichende Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr.

Ausscheiden


  • Bewohner leidet unter einer Blasenentleerungsstörung aufgrund der neurogenen Blasenstörung, Gefahr des Harnweginfektes.

  • Versorgung mit angepasstem Inkontinenzmaterial.
  • Wir führen regelmäßig Urinstreifentests durch, bei Auffälligkeiten informieren wir den Arzt.
  • Restharnbildung vermeiden, beklopfen (Triggern) der Blase (Vorsicht: Beim Triggern kann es ggf. zu einem pathologischen Blasendruck kommen, nur nach Absprache mit dem Arzt.)
  • ggf. bei Restharnbildung nach Absprache mit dem Arzt regelmäßige Einmalkatheterisierung entweder vom Bewohner selbst durchgeführt oder von einer Pflegekraft
  • Wir verabreichen zusätzlich Vitamin C. Dieses hat zur Folge, dass der Urin angesäuert wird und dadurch die Keimbildung in der Blase gehemmt wird.
  • ggf. Versorgung mit einem suprapubischen Katheter
  • Wegen der Infektionsgefahr sollte kein Dauerkatheter genutzt werden.
  • Der Bewohner sollte ausreichend trinken, um damit die Gefahr einer Harnwegsinfektion zu senken.

  • Der Bewohner kann möglichst selbständig ausscheiden.
  • Harnwegsinfekte und Schmerzen werden vermieden.

  • Der Bewohner ist harninkontinent.
  • Der Bewohner klagt über erhöhten Harndrang.

  • Der Bewohner wird mit angepasstem Inkontinenzmaterial versorgt.
  • Wir führen ein individuelles Toilettentraining durch.
  • Wir führen Beckenbodentraining durch.
  • Der Bewohner wird ggf. mit einem suprapubischen Katheter versorgt.
  • Ein männlicher Bewohner kann mit einem Urinalkondom versorgt werden.
  • Wir empfehlen dem Bewohner, die Trinkmenge gleichmäßig über den Tag zu verteilen, um eine langsame Blasenfüllung zu erreichen.

  • Bewohner soll sich nicht isolieren und an der Kommunikation teilhaben
  • Die Selbständigkeit und Motivation werden erhalten und gefördert.
  • Wir stärken das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl.
  • Der Bewohner kann möglichst selbständig ausscheiden.

  • Der Bewohner leidet unter einer Obstipation aufgrund der mangelnden Motilität (Eigenbewegung) des Magen-Darm-Traktes.

  • Wir sorgen für eine hohe Flüssigkeitszufuhr.
  • Wir achten auf eine ballaststoff- und vitaminreiche Kost.
  • Wir führen ggf. Kolonmassagen durch.
  • Wir lassen den Bewohner morgens vor dem Frühstück ein lauwarmes Glas Leitungswasser trinken.
  • Wir setzen nach Absprache mit dem Arzt ggf. natürliche Abführmittel ein, wie etwa Sauerkrautsaft und Ähnliches.

  • Der Bewohner ist stuhlinkontinent.

  • Wir erstellen ein Defäkationsprotokoll. Danach streben wir eine regelmäßige Stuhlausscheidung durch ein individuelles Toilettentraining an.
  • Wir vermeiden eine Obstipation durch genügend Flüssigkeitsaufnahme und eine ballaststoffreiche Kost sowie ausreichende Bewegung.
  • Es ist wichtig, die Intimsphäre zu schützen; dieses etwa durch das Verlassen der Toilette, dabei legen wir die Klingel in Reichweite.
  • Wir wählen geeignete Hilfsmittel aus, wie etwa einen Toilettenstuhl, einen erhöhten Toilettensitz, eine wieder verschließbare Inkontinenzhose usw.
  • Wir führen eine sorgfältige Hautpflege im Intimbereich durch.
  • Wir prüfen, ob die Nutzung von Analtampons sinnvoll ist.
  • Wir stehen dem Bewohner und seinen Angehörigen immer für ein Gespräch zur Verfügung.

Sich kleiden


  • Der Bewohner ist aufgrund der motorischen Einschränkungen nicht in der Lage, sich selbständig an- und auszukleiden. Er benötigt Hilfsmittel und zeitweise personelle Unterstützung.

  • Wir verhelfen dem Bewohner über Kleidung und ggf. Make-up wieder zu mehr Selbstwertgefühl.
  • Wir wählen Haken und Knöpfe möglichst groß, am besten sind Klettverschlüsse an der Kleidung anzubringen.
  • Wir statten Reißverschlüsse mit einem Ring aus.
  • Wir stellen feste Schuhe mit Klettverschlüssen bereit und achten auf den richtigen Sitz.
  • Wir ziehen immer die am stärksten betroffenen Extremitäten zuerst an.
  • Bewohner stets im Sitzen ankleiden (lassen)
  • Wir statten Bewohner mit weiteren Hilfsmitteln aus, z.B. einem Schuhanzieher

  • Die Selbständigkeit und Motivation werden erhalten und gefördert.
  • Wir stärken das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl.

Ruhen und schlafen


  • Eine krankheitsbedingte leichte Ermüdbarkeit tritt auf.

  • Wir planen mehr Ruhepausen in die Tagestrukturierung ein.
  • Wir vermitteln dem Bewohner verschiedene Entspannungstechniken.

  • Die Kräfte des Bewohners werden nicht überfordert.

  • Der Bewohner leidet unter Spastiken. Diese erschweren eine erholsame Nachtruhe.

  • Wenn der Bewohner unter einer Beugespastik leidet, wird er häufiger in einer Streckposition gelagert.
  • Bei einer Streckspastik ist eine häufigere Beugeposition sinnvoll.
  • Vor jedem Lagewechsel versuchen wir die Spastiken vorsichtig zu lösen. In keinem Fall wenden wir Gewalt an.
  • Gemeinsam mit dem Physiotherapeuten entwickeln wir Techniken, um die Spastiken schonend zu überwinden.
  • Punktuelle Belastungen sowie Fixierungen sind zu vermeiden, da diese die Entwicklung von Spastiken fördern würden.

  • Der Bewohner hat einen erholsamen Schlaf.

Sich als Mann oder Frau fühlen und verhalten


  • Der Bewohner leidet unter einer erektilen Dysfunktion.
  • Die Libido ist reduziert.

  • Wir sorgen ggf. für eine Überweisung zu einem Urologen.
  • Wir animieren den Bewohner, Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe zu suchen.

  • Der Bewohner teilt sich mit und isoliert sich nicht.
  • Das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl werden gestärkt.

Für eine sichere Umgebung sorgen


  • Der Bewohner ist sehr sturzgefährdet aufgrund der Bewegungseinschränkung.

  • Wir beseitigen Hindernisse.
  • Wir schaffen Sitzmöglichkeiten und Abstützmöglichkeiten im Zimmer.
  • Wir bringen ggf. eine Toilettensitzerhöhung an.
  • Wir sorgen für eine gute Beleuchtung im Zimmer.
  • Wir beseitigen Schwellen, Teppichkanten und auf der Erde liegende Elektrokabel.
  • Wir sichern den Bewohner ggf. vor dem Herausfallen aus dem Bett (ggf. mit einer Genehmigung des Amtsgerichts).
  • Wir statten ggf. den Rollator mit einem Zusatzgewicht aus, um ein schnelles Umkippen zu vermeiden.

  • Der Bewohner soll sich sicher und geborgen fühlen.
  • Die Selbständigkeit und Motivation werden erhalten und gefördert.
  • Wir stärken das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl.
  • Die Bewegungsfreiheit wird ermöglicht.
  • Der Bewohner soll seine körperlichen Grenzen erkennen.

  • Der Bewohner leidet unter Trigeminusneuralgie

  • Wir sorgen für eine adäquate Schmerzbehandlung.

  • Der Bewohner hat keine unnötigen Schmerzen und fühlt sich wohl.

Mit existentiellen Erfahrungen des Lebens umgehen


  • Der Bewohner leidet unter Stimmungsschwankungen. Er ist zeitweise stark euphorisch, manchmal depressiv oder aggressiv.

  • Wir stellen auf Wunsch Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe her.
  • Wir suchen ggf. den Kontakt zur jeweiligen Kirchengemeinde.
  • Wenn der Bewohner in einer übertrieben euphorischen Stimmung ist, wird dieser nicht noch ermuntert. Wir versuchen, die Situation zu versachlichen.
  • Bei depressiver Stimmung sorgen wir für Ablenkung und Abwechselung im Alltag.

  • Der Bewohner findet den inneren Frieden und die innere Mitte wieder.