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Schon gewusst?
Direkte und indirekte Rede im Pflegebericht nutzen
Immer wieder stehen Pflegekräfte vor dem
Problem, dass sie Geschehnisse objektiv dokumentieren sollen,
die eigentlich kaum in Worte zu fassen sind. Die Qualität der
Einträge im Pflegebericht ist entsprechend dürftig. Wir zeigen
Ihnen, wie Sie dieses Problem geschickt umgehen.
Ein
Beispiel, um die Schwierigkeiten zu verdeutlichen: Frau Müller
ist dementiell erkrankt. Sie muss jeden Tag verschiedene
Medikamente nehmen. An diesem Morgen kooperiert sie nicht. Sie
schlägt die Hand der Pflegekraft mitsamt den Tropfen zur Seite
und sagt: "Ich lasse mich von Euch nicht vergiften. Lasst mich
in Ruhe. Ich will nicht mehr leben." Nicht selten werden solche
Ereignisse dokumentiert mit Einträgen wie:
-
"Fr. Müller ist aggressiv und verweigert die
Medikamenteneinnahme. Sie zeigt Wahnverhalten und ist
depressiv."
Ein
solcher Eintrag ist in doppelter Hinsicht problematisch. Der
Leser kann sich zunächst wenig unter einem Begriff wie
"aggressiv" vorstellen. Dieses Wort ist dehnbar und umfasst vom
Spucken über Bisse bis hin zum Werfen mit Gegenständen eine
breite Palette möglicher Verhaltensweisen. Zudem enthält der
Eintrag Wertungen der Pflegekraft. Sie interpretiert die Worte
der Seniorin. Vielleicht ist sie nicht depressiv, sondern
schlichtweg über etwas verärgert. Und darüber hinaus ist diese
Form des Dokumentierens oft zeitaufwendig, da die Pflegekraft
vielleicht noch einige Minuten darüber nachdenkt, wie das
Verhalten zu umschreiben und zu bewerten ist.
Die
Nutzung von indirekter Rede bietet da schon einige Vorteile. Der
Eintrag könnte dann etwa lauten:
-
"Fr. Müller schlägt während der Medikamenteneingabe mit
der Hand nach den Arzneimitteln. Sie verdächtigt uns, sie
vergiften zu wollen. Fr. Müller bittet darum, in Ruhe
gelassen zu werden. Sie äußert, nicht mehr leben zu wollen."
Dieser Eintrag lässt schon weniger Fragen offen. Es unterbleibt
jede Wertung des Verhaltens. Und zudem sollte diese Formulierung
beim Ausfüllen des Bogens deutlich schneller von der Hand gehen.
Die
Nutzung von direkter Rede ist der nächste Schritt, der für viele
Pflegekräfte allerdings oft etwas gewöhnungsbedürftig ist:
-
"Fr. Müller schlägt während der Medikamenteneingabe mit
der Hand nach den Arzneimitteln. Sie sagt: ‚Ich lasse mich
von Euch nicht vergiften. Lasst mich in Ruhe. Ich will nicht
mehr leben.'"
Das
Ergebnis: Neutrale Formulierungen, wenig Grübelei über die
richtige Ausdrucksweise und somit Zeitersparnis.
Sehr
hilfreich ist diese Form des Dokumentierens auch dann, wenn der
betreute Senior von schwer glaubhaften Geschehnissen berichtet.
Beispiel: Herr Maier klagt darüber, dass ihm seine Mitbewohnerin
Fr. Müller 20 Euro gestohlen habe. Gänzlich falsch wäre eine
Eintragung wie:
-
"Hr. Maier wurde von Fr. Müller bestohlen. Es fehlen 20
Euro."
Pflegekräfte sollten beachten, dass sie alle Aussagen, die sie
nicht durch eigene Beobachtungen bestätigen können, als
indirekte Rede oder als Zitat dokumentieren sollten. Also:
-
"Hr. Maier gibt an, von Fr. Müller bestohlen worden zu
sein. Nach seiner Aussage fehlen 20 Euro."
Noch
ein Beispiel: Die Frühschicht findet Herrn Müller. Er kauert auf
dem Boden und schimpft: "Heute Nacht um zwei musste ich pinkeln.
Aber in diesem Scheißladen kommt ja keiner, wenn ich die Klingel
drücke. Da bin ich ausgerutscht." Was findet sich prompt im
Pflegebericht?
-
"Hr. Müller ist in der Nacht auf dem Weg zur Toilette
gestürzt, da er allein aus dem Bett aufstand, weil keine
Pflegekraft der Nachtwache auf sein Klingeln reagierte."
Eine
solche Eintragung kann bei einem nun folgenden Haftungsprozess
richtig teuer werden. Sie enthält mehrere strittige Aussagen,
die die Pflegekraft darüber hinaus auch noch negativ für die
Einrichtung bewertet. Ist der Bewohner wirklich gestürzt? Wurde
das Rufsystem tatsächlich genutzt? Hat er wirklich über einen
Zeitraum von vier Stunden keine Hilfe bekommen? Ob es sinnvoll
wäre, die derbe Wortwahl als Zitat in den Pflegebericht
aufzunehmen, sei dahingestellt. Sinnvoll wäre aber etwa ein
Vermerk wie:
-
"Hr. Müller wurde um 6.15 Uhr neben seinem Bett auf dem
Boden sitzend vorgefunden. Nach seinen Angaben wäre er gegen
2 Uhr auf dem Weg zur Toilette gestürzt. Er gibt an, zuvor
nach einer Pflegekraft geklingelt zu haben, ohne dass eine
Reaktion erfolgt sei."
Über
die Frage, was wirklich passiert ist, können sich ggf. nun
Anwälte, Gutachter und Richter Gedanken machen. Zumindest aber
hat die Pflegekraft keinen Steilpass geliefert.
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