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Standard "Absaugen durch die Nase oder durch den Mund ('blindes Absaugen')"
Wer
in gängigen Pflegelexika unter "absaugen" nachschlägt, dem werden
schnell die vielen Warnungen vor möglichen medizinischen und
rechtlichen Komplikationen auffallen. Das Absaugen ist also eine
Behandlungsmaßnahme, die nachdrücklich innerhalb des Pflegeteams
vereinheitlicht werden muss.
Standard "Absaugen durch die Nase oder durch den Mund ('blindes Absaugen')"
Definition:
-
Viele Bewohner sind nicht mehr in der Lage,
selbstständig abzuhusten und somit ihre Luftwege vom Sekret oder von
Fremdkörpern zu befreien. Mit steigender Pflegebedürftigkeit kommt es
vermehrt zu Schluckstörungen. Das Aspirationsrisiko nimmt zu. In diesen
Fällen ist es notwendig, den Bewohner mittels Absauggerät vom
überschüssigen Sekret und von Fremdkörpern zu befreien.
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Das Absaugen ist eine große Belastung für den
Bewohner, da der Katheter die Atmung behindert. Viele Senioren leiden
während des Absaugens unter Würgereiz, unter Atemnot sowie unter
Erstickungsangst. Möglich ist auch eine verlangsamte Herztätigkeit
(Bradykardie).
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Dieser Standard beschreibt das orale bzw. das
nasale Absaugen ("blindes Absaugen"). Darüber hinaus kann auch
endotracheal (über einen Tubus oder über eine Trachealkanüle) abgesaugt
werden.
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Eine Pflegefachkraft darf im Nasen-Rachen-Raum
absaugen, sofern sie dieses für notwendig erachtet. Ein endotracheales
Absaugen fällt in die Kompetenz eines Arztes, der diese Aufgabe an
entsprechend weitergebildetes (Intensiv-)Pflegepersonal delegieren kann.
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Diese Maßnahme kann grundsätzlich von einer
einzelnen Pflegekraft durchgeführt werden. Besser ist es jedoch, wenn
eine zweite Pflegekraft anwesend ist. Diese kann Material anreichen und
insbesondere beruhigend auf den Bewohner einwirken.
Hinweise:
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Das für die Maßnahme notwendige Hygieneniveau
ist in der Fachliteratur strittig. Wir haben für diesen Standard
sicherheitshalber vergleichsweise strikte Vorgaben übernommen. Da auch
andere Details von Lehrbuch zu Lehrbuch teils sehr voneinander
abweichen, ist es sinnvoll, diesen Standard ggf. anzupassen. Die
Bedienung der Absauggeräte kann je nach Hersteller ebenfalls variieren.
Grundsätze:
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Wir sind uns stets bewusst, dass das Absaugen für den Bewohner eine erhebliche körperliche und mentale Belastung ist.
Ziele:
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Das Sekret wird aus der Lunge befördert. Eine
fortschreitende Verschlechterung der Lungenfunktion als Folge der
Sekretablagerung wird vermieden. Der Bewohner ist nach der Maßnahme in
der Lage, ruhig und entspannt zu atmen.
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Der Fremdkörper wird entfernt. Es kommt zu keiner Aspirationspneumonie.
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Die Schleimhaut bleibt intakt. Es kommt zu keiner Verletzung.
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Der Bewohner versteht den Sinn und die Notwendigkeit der Maßnahme.
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Die mentale Belastung wird auf ein Minimum reduziert. Der Bewohner erlebt kein Gefühl der Panik.
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Die körperlichen Stressfaktoren werden
begrenzt. Die Sauerstoffversorgung und die Herzkreislauffunktionen
werden möglichst wenig beeinträchtigt.
Vorbereitung:
Indikation
Abgesaugt
werden Pflegebedürftige, die nicht mehr in der Lage sind, das Sekret
auszuhusten. Dieses ist insbesondere der Fall bei:
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sehr zähem Sekret
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physische Schwäche
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fehlender oder zu schwacher Hustenreflex
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Störung der Schluckfunktion
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Bewusstlosigkeit
Wir saugen Bewohner unter folgenden Bedingungen ab:
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Der Bewohner hat Fremdkörper aspiriert, also etwa Nahrungsreste, Erbrochenes oder Schleim.
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Der Bewohner leidet unter Pneumonie oder unter Bronchitis
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Es hat sich eine erhebliche Sekretmenge angesammelt, die zu rasselnden Atemgeräuschen führt.
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Wir haben zuvor Maßnahmen durchgeführt, um das Sekret zu lösen; also etwa Inhalationen.
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Das Absaugen erfolgt regelmäßig, also etwa einmal pro Schicht.
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Orales Absaugen kann einen Brechreiz auslösen,
falls der Katheter zu tief eingeführt wird. Daher sollte damit nur die
Mundhöhle abgesaugt werden. Wenn der Rachenraum gesäubert werden soll,
ist das transnasale Absaugen die bessere Alternative.
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Das Absaugen sollte dosiert genutzt werden.
Häufiges Absaugen fördert die Schleimproduktion. Je öfter ein Bewohner
abgesaugt wird, umso mehr Sekret wird gebildet. Es entsteht ein
Teufelskreis.
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Bewohner im Sterbeprozess, die das sog. "Todesrasseln" zeigen, werden nicht abgesaugt.
Material
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Die korrekte Kathetergröße wird gewählt.
Achtung: Absaugen mit einem zu großen Katheter kann zu Verletzungen
führen. Beim oralen Absaugen sind 14 bis 20 Charrière sinnvoll. Beim
nasalen Absaugen liegt die Größe zwischen 12 bis 14 Charrière.
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Wir bereiten folgendes Material vor:
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Absauggerät
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Aqua destillata
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ggf. Gleitmittel für das nasale Absaugen (z.B. Bepanthen-Salbe)
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sterile und unsterile Handschuhe
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Sekretglas mit Wasser und Desinfektionsmittel
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mehrere steril verpackte Einmalabsaugkatheter
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Zwischenstück Fingertip
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Set zur Mund- und zur Nasenpflege
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ggf. Mundkeil und Stethoskop
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Abfallbehälter
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Nierenschale und Taschentücher (falls sich der Bewohner übergeben muss)
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Handtücher als Bekleidungs- und Bettschutz
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Taschenlampe
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Behälter zum Aufnehmen einer Zahnprothese
Organisation
-
Sofern es sich nicht um eine Notsituation
handelt, ist es ggf. sinnvoll, vor dem Absaugen Sekret lösende
Maßnahmen durchzuführen.
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Zwischen dem Essen und dem Absaugen sollte
mindestens eine Pause von 30 Minuten eingehalten werden. Ansonsten
steigt die Aspirationsgefahr.
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Wir informieren den Bewohner darüber, dass wir
ihn absaugen möchten. Wir sagen ihm, dass diese Maßnahme mitunter sehr
unangenehm ist und Hustenattacken, Erstickungsangst und Würgegefühle
auslösen kann. Wir versprechen ihm, dass wir die Maßnahme so kurz wie
irgend möglich halten werden. Auch bewusstlose Bewohner werden
informiert.
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Zusätzlich werden folgende Maßnahmen getroffen:
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Das Zimmer wird ggf. gelüftet und danach auf eine angenehme Raumtemperatur beheizt.
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Das Absauggerät wird ggf. per
Verlängerungskabel an die Steckdose angeschlossen. Das Kabel wird so
verlegt, dass keine Stolpergefahr besteht.
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Das Absauggerät wird auf Funktionsfähigkeit überprüft. Es sollte maximal ein Sog von - 0,2 bar genutzt werden.
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Ein von beiden Seiten freier Zugang zum Bett wird ermöglicht.
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Die Pflegekraft stellt sicher, dass sie ausreichend Licht für die Maßnahme hat.
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Es werden Maßnahmen zur Wahrung der
Intimsphäre getroffen (die Zimmertür wird geschlossen, Besucher werden
kurz vor die Tür gebeten usw.).
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Der Bewohner wird in eine Oberkörperhochlagerung gebracht. Die Lage sollte stabil und bequem sein.
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Die Kleidung des Bewohners wird mit einem Tuch vor Verschmutzungen geschützt.
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Eine ggf. vorhandene Zahnprothese wird entfernt.
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Der Oberkörper und das Bett werden zum Schutz mit Handtüchern abgedeckt.
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Die Pflegekraft trifft Vorbereitungen zum Infektionsschutz:
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Schutzhandschuhe werden bereitgelegt, zusätzlich dazu sterile Handschuhe für die Führungshand.
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Schutzkleidung für die Pflegekraft wird
angelegt, ggf. inkl. Mund-Nasen-Schutz, Kopfhaube und Schutzbrille z.B.
bei MRSA-Besiedelung im Nasen-Rachen-Raum.
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Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch und zieht Schutzhandschuhe an.
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Wir führen eine Mund- und Nasenpflege durch.
Wir vermeiden damit eine Verschleppung von Keimen sowie von Sekret und
von Borken in die Atemwege. Falls dieses nicht möglich sein sollte,
werden zunächst der Mund und die Nase abgesaugt. Danach wird das
Material verworfen. Jeder Katheter wird nur einmal genutzt.
Durchführung:
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Jeder Absaugkatheter wird noch in der sterilen
Verpackung überprüft. Es muss sichergestellt sein, dass er nicht
fehlerhaft oder beschädigt ist. Durch Beschädigungen oder Verformungen
können sich scharfe Spitzen bilden.
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Der Katheterbeutel wird geöffnet und der
Katheter mit dem Absaugsystem verbunden. Dabei verbleibt das längste
Stück des Katheters in der Verpackung. Die vordere Hälfte des Katheters
muss nach dem Öffnen so steril wie möglich bleiben. Falls die Spitze
des Katheters versehentlich mit einem unsterilen Gegenstand oder mit
einer anderen Oberfläche in Kontakt kommt, muss der Katheter entsorgt
werden.
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Über die Hand, die den Katheter führen soll, wird ein steriler Handschuh gezogen.
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Der Katheter wird vollständig aus der
Verpackung genommen. Die Katheter führende Hand nimmt den Katheter auf.
Dank des sterilen Handschuhs wird dieser nicht kontaminiert.
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Die Gleitfähigkeit der Spitze des
Absaugkatheters wird mit sterilem Aquadest oder mit Bepanthen-Salbe
erhöht. Alternativ kann ein Gel als Gleitmittel genommen werden, das
gleichzeitig die Schleimhaut betäubt.
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Das Gerät wird eingeschaltet.
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Der Bewohner soll mehrmals tief einatmen, damit
er die folgenden Sekunden ohne Sauerstoffmangel gut überstehen kann.
Alternativ wird nach ärztlicher Verordnung Sauerstoff verabreicht.
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Der Fingertip ist offen, um einen Sog zu verhindern.
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Wenn die Gefahr besteht, dass der Bewohner als
Abwehrreaktion die Pflegekraft in die Finger beißen könnte, wird ggf.
ein Mundkeil eingesetzt.
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Der Katheter wird vorsichtig in den Mund oder in ein Nasenloch eingeführt.
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Beim Absaugen durch die Nase wird der
Katheter 10 bis 12 cm tief eingeführt. Richtmaß für die maximale
Einführtiefe ist der Abstand zwischen Ohrläppchen und Nasenspitze.
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Beim Absaugen durch den Mund wird der Katheter 3 bis 5 cm tief eingeführt.
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Bei einem Widerstand wird der Katheter einen
Zentimeter zurückgezogen. Der Katheter wird nie mit Gewalt
vorgeschoben. Es besteht sonst die Gefahr, den Bewohner zu verletzen.
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Sobald der Katheter die gewünschte Stelle erreicht hat, wird der Fingertip verschlossen und so ein Sog erzeugt.
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Unter einer gleichmäßigen Drehbewegung wird der Absaugkatheter nun zurückgezogen.
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Die Pflegekraft beobachtet die Atmung des
Bewohners. Das Absaugen sollte zügig erfolgen und nicht länger als 15
Sekunden dauern. Wenn nur der Mundraum abgesaugt werden soll, kann das
Absaugen bis zu drei Minuten dauern.
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Falls sich der Katheter an der Schleimhaut
festsaugt, kann durch rhythmisches Öffnen und Schließen des Fingertips
ein intermittierender Sog erzeugt werden.
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Der Absaugkatheter wird vollständig aus dem
Mund bzw. aus der Nase gezogen und um die Führungshand mit dem sterilen
Handschuh gewickelt. Der (ehemals) sterile Handschuh der Führungshand
wird über den benutzten und um die Hand gewickelten Katheter gestülpt
und entsorgt.
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Wenn ein zweites Absaugen notwendig ist, wird
dem Bewohner eine Pause von mindestens einer Minute gelassen. Danach
wird die gesamte Prozedur mit sterilem Material wiederholt.
Nachbereitung:
weitere Maßnahmen
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Der Absaugschlauch wird mit Aquadest gespült. (Hinweis: Oftmals wird auch einfach Leitungswasser genutzt.)
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Die Pflegekraft kontrolliert das Befinden des
Bewohners. Die Vitalfunktionen werden ggf. ermittelt, also vor allem
Blutdruck und Puls. Als Folge der Reizung des Nervus Vagus kann es zu
Bradykardie sowie zu Herzrhythmusstörungen kommen.
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Die Pflegekraft achtet auch auf die
Hautfärbung. Ein wichtiges Signal ist insbesondere eine Zyanose. Ggf.
erhält der Bewohner Sauerstoff.
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Beim Bewohner werden ggf. eine Mundpflege und eine Nasenpflege durchgeführt.
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Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
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Das Sekretsammelgefäß wird falls nötig entleert
und ebenso wie das Zwischenstück gereinigt und desinfiziert. Ggf. wird
der Bakterienfilter erneuert.
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Das Gerät wird ausgeschaltet. Falls es an diesem Tag nicht mehr benötigt wird, erfolgt eine Reinigung.
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Bei möglicherweise bedrohlichen Zustandsveränderungen wird umgehend ein Arzt gerufen.
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Ggf. wird der Bewohner umgelagert.
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Die Rufanlage wird in Reichweite des Bewohners
abgelegt. Wir bitten den Bewohner, sich bei uns zu melden, falls er
sich unwohl fühlen sollte.
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Das Absaugen wird im Leistungsnachweis dokumentiert.
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Ggf. wird das verbrauchte Material wieder aufgefüllt.
Dokumentation
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Die Maßnahme wird dokumentiert. Relevant sind insbesondere:
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Zeitpunkt und Häufigkeit des Absaugens
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Reaktionen des Bewohners
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mentaler Zustand des Bewohners nach der Maßnahme
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Menge, Farbe und Beschaffenheit des Sekrets
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aufgetretene Komplikationen
Dokumente:
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Leistungsnachweise
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Pflegebericht
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
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Pflegefachkraft
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Assistenz: Pflegehilfskraft
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