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Pflegestandard "Einsatz von Alginaten"

In vielen Fachbüchern werden Alginate als Wundermittel gegen infizierte und stark exsudierende Wunden gefeiert. Völlig risikolos ist die Nutzung dieser Auflagen indes nicht. Die Liste der Kontraindikationen ist lang.


Pflegestandard "Einsatz von Alginaten"


Definition:

  • Alginate bestehen hauptsächlich aus Alginsäuren, also zelluloseähnlichen Polysacchariden, die aus Braunalgen gewonnen werden. Diese Ausgangssubstanz wird zu einem lockeren Faserverbund aus Kalziumalginat weiterverarbeitet. Alginate werden als Kompresse oder Tamponade angeboten.
  • Wenn diese Fasern mit Wundsekret in Kontakt kommen, quellen sie stark auf und füllen die Wunde aus. Diese Fähigkeit macht es auch möglich, Alginate in tiefen und zerklüfteten Wunden anzuwenden.
  • Beim Aufquellen nehmen die Alginate Keime und Zelltrümmer auf und verschließen diese in der Gelstruktur.
  • Bei verschiedenen Produkten sind Zink und Mangan zugesetzt. Beide Stoffe stimulieren die Zellaktivität und fördern die Gewebeneubildung.
  • Alginate haben verschiedene Vorzüge:
    • Alginate können sich an die Wundform anschmiegen.
    • Sie verkleben nicht mit dem Wundgrund.
    • Die Wundauflagen besitzen eine hämostyptische (blutstillende) Wirkung.
    • Alginate fördern die körpereigenen autolytischen Prozesse und unterstützen die Granulation
    • Durch die Gelbildung kann der Verband atraumatisch gewechselt werden.
    • Alginate schaffen ein günstiges Mikroklima ohne dass ein Okklusionseffekt auftritt.
    • Alginate können große Mengen Wundexsudat aufnehmen. Die Aufnahmekapazität liegt beim zehn- bis zwanzigfachen des Eigengewichts.
    • Alginate besitzen eine große Reinigungskraft.
    • Die Wundauflagen sind luftdurchlässig und keimabweisend.
    • Die Wundauflagen können auch mit zugesetztem Silber bei infizierten Wunden genutzt werden.
    • Alginate sind immunologisch und toxikologisch inaktiv. Auch nach langer Nutzung tritt keine sensibilisierende Wirkung auf.
  • Alginate haben verschiedene Nachteile
    • Alginate geben unter Druck die absorbierte Flüssigkeit fast vollständig wieder ab, also etwa bei Kompressionsmaßnahmen oder durch eine Lagerung. In der Folge kann es zu einer Mazeration des Wundrandes kommen.
    • Durch die Aufnahme der Abfallprodukte einer Wunde kann es zu einer Geruchsbelästigung kommen.
    • Der Einsatz sollte nur an solchen Körperstellen erfolgen, die gut einsehbar sind. Nur dann ist es möglich, Alginate beim Verbandswechsel vollständig aus der Wunde zu entfernen.

Grundsätze:

  • Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Arzt zusammen.
  • Wir sind uns bewusst, dass Alginate die Chancen auf eine Ausheilung deutlich steigern. Dennoch können diese Wundtherapeutika nur eine Komponente einer komplexen Behandlungsstrategie sein.

Ziele:

  • Ziel der Wundtherapie mit Alginaten ist die Schaffung eines idealfeuchten Wundklimas. Dieses ermöglicht eine autolytische Wundreinigung. Gefördert werden auch die Bildung von Granulationsgewebe und die Epithelisierung.
  • Komplikationen werden vermieden.

Vorbereitung:

Indikationen

Wir wenden Alginate bei verschiedenen Wundtypen an:

  • Wunden mit schmierigen Belägen
  • Wunden mit mittlerer bis starker Exsudation
  • verschmutzte Wunden
  • infizierte Wunden
  • Wunden mit zerklüftetem Wundgrund
  • stark blutende Wunden, etwa Schnitt- oder Risswunden oder zum Abstillen blutender Katheterstichstellen
  • Wunden in allen Wundheilungsphasen, vor allem jedoch in der Reinigungsphase
  • leichte und mittlere Verbrennungen
  • Blutstillung nach einer chirurgischen Wundreinigung
  • sekundäre Wundheilung bei Hautnahtinsuffizienz (z.B. „Platzbauch“)
  • Abszesse (umkapselte Eiteransammlung)
  • Wunden mit Höhlen- und Taschenbildung, unterminierte Wunden usw. (Hinweis: Indikation umstritten, s.u.)

Kontraindikationen

Wir wenden Alginate bei verschiedenen Wundtypen nicht an:

  • trockene Wunden und verkrustete Beläge (Hinweis: Unter diesen Bedingungen kann sich kein Gel bilden, da die Feuchtigkeit fehlt.)
  • Verbrennungen 3. Grades
  • Allergien auf verschiedene Komponenten (sehr selten)
  • bei freiliegenden Sehnen, Muskeln und Knochen
(Hinweis: Bei oberflächlichen, granulierenden Wunden werden Alginate zunehmend durch Schaumstoffverbände ersetzt.)

Durchführung:

allgemeine Durchführung

  • Die Vorgaben des Standards "Verbandswechsel bei septischen und aseptischen Wunden" werden beachtet.

Vorbereitung der Alginate und der Wunde

  • Die Wundauflage wird an die Größe der Wunde angepasst. Ggf. kann die Pflegekraft die Auflage zurecht schneiden. Das Alginat sollte die Wundfläche nicht überlappen, da es ansonsten zu einer Mazeration der Wundumgebung kommen kann.
  • Die Alginate werden locker auf die Wunde gelegt. Wenn die Wunde zu fest austamponiert wird, behindert dieses den Abfluss von Wundexsudat.
  • Bei der Nutzung von Alginaten ist die Wundspülung besonders wichtig. Erst wenn die Wunde gesäubert wurde, kann sie zuverlässig beurteilt werden. Das in der Wunde entstandene Gel sieht nicht nur aus wie Eiter, es hat auch einen vergleichbaren Geruch (unangenehm süßlich). Ggf. vorhandene Reste können mit Ringerlösung oder mit NaCl 0,9% ausgespült werden.

Auflegen auf die Wunde

  • Wenn sich schmierige Beläge, Nekrosen oder Fibrinbeläge in der Wunde befinden, können diese durch ein zusätzlich aufgebrachtes Hydrogel aufgeweicht werden. Dieses fördert das autolytische Debridement. Wenn die Wunde einen starken Exsudatausfluss aufweist, wird die Wundauflage trocken aufgebracht.
  • Ist die Exsudation gering, kann die Alginatauflage mit Ringerlösung oder NaCl 0,9% angefeuchtet („aktiviert“) werden. Alternativ kann der Wundgrund mit einem Hydrogel angefeuchtet werden. Wenn das Anfeuchten unterbleibt, kann die Auflage mit dem Wundgrund verkleben (sog. „Wundpeeling“).
  • Falls die Wunde sehr tief ist oder Wundtaschen aufweist, kann die Kompresse mehrfach gefaltet werden. (Hinweis: Die Nutzung von Alginaten bei Wundtaschen ist umstritten. Die großen Ausdehnungsfähigkeiten des Stoffes in der Wunde können zu Komplikationen führen. Bei einer derartigen Anwendung ist in jedem Fall wichtig, die Alginate sehr locker in die Wundhöhlen und Wundtaschen einzutamponieren. Werden die Alginate in die Hohlräume hinein gepresst, wird sich der Druck nach dem Ausquellen noch einmal steigern. Die Folge wäre die Bildung weiterer Nekrosen.)

Sekundärverband

  • Bei der Nutzung von Alginaten als Kompresse oder Tamponade ist fast immer ein Sekundärverband erforderlich. Dafür können z.B. Saugkompressen genutzt werden.
  • Wenn die Exsudation bereits nachlässt, eignen sich auch Hydrokolloidverbände oder Hydropolymerschäume als Sekundärverband.
  • Möglich ist auch die Nutzung von selbstklebenden Folien.

Verweildauer

  • Die Wundauflage wird nach ein bis vier Tagen gewechselt, also spätestens dann, wenn das Alginat vollständig aufgequollen ist und kein Wundexsudat mehr aufnehmen kann.
  • Verschiedene Produkte können bis zu sieben Tage auf der Wunde verbleiben.
  • Wenn die Wunde infiziert ist, muss die Auflage täglich gewechselt werden.
  • Ggf. vorhandene Alginatreste in der Wunde können mit Ringerlösung oder NaCl 0,9% ausgespült werden. Falls kleinere Rückstände in der Wunde verbleiben, ist dieses unbedenklich. Die Fasern sind biologisch abbaubar und werden vom Körper resorbiert. Größere Rückstände jedoch, besonders in Taschen und Wundhöhlen, können bei Verbleib zu weiteren Infektionen führen.

Nachbereitung:

Komplikationen

Abhängig vom Schädigungsgrad, dem verwendeten Präparat und der individuellen Konstitution kann es zu verschiedenen Komplikationen kommen, etwa:

  • allergische Reaktionen
  • Gewebeschäden durch zu festes Tamponieren
  • Mazeration der umliegenden Hautregionen

Dokumente:

  • Wunddokumentation
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkräfte