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Standard
"Pflege von Senioren
mit Allergien"
Wenn im Frühjahr die Gräser blühen, beginnt für Millionen
Menschen eine mehrmonatige Leidenszeit. Bei der Pflege von Allergikern
geht es aber um wesentlich mehr als tränende Augen und laufende Nasen.
Sondern etwa darum zu verhindern, dass einem Betroffenen in der
täglichen Hektik ein Medikament verabreicht wird, auf das er allergisch
reagiert.
Standard "Pflege von Senioren mit Allergien"
Definition:
Eine
Allergie ist eine übertriebene Abwehrreaktion des Immunsystems auf den
Kontakt mit körperfremden und eigentlich harmlosen Substanzen wie etwa
Pollen, Pilzsporen, tierischen Hautzellen, Federstaub, Speichel,
Schweiß, Harn und Stuhlproteinen, Milbenkot, Insektenschüppchen, Holz-
oder Mehlstaub.
Der Auslöser für eine
Allergie ist ein zunächst symptomfreier Kontakt mit dem Allergen.
(Allergen = körperfremde Substanz, die eine allergische Immunantwort
auslöst.) Dem schließt sich eine Sensibilisierungsphase an, die
zwischen fünf Tage und mehreren Jahren dauern kann. Kommt der
Betroffene mit dem Stoff erneut in Kontakt, reagiert der Körper mit
einer allergischen Reaktion.
Grundsätze:
-
Wir nehmen alle Symptome
einer Allergie stets ernst. Eine Allergie kann die Gesundheit und sogar
das Leben eines Bewohners gefährden.
-
Wir arbeiten eng mit dem
Hausarzt und dem Allergologen zusammen.
Ziele:
-
Der Bewohner kennt die
Allergene und vermeidet den Kontakt.
-
Der Bewohner kennt die
Symptome und ist in der Lage, diese präzise zu beschreiben.
-
Der Bewohner hat einen
Allergiepass und trägt diesen stets bei sich.
Vorbereitung:
allgemeine
Maßnahmen
-
Unsere Mitarbeiter werden
regelmäßig zu diesem Thema fortgebildet und insbesondere für die
häufigsten Symptome sensibilisiert.
-
Wir halten stets aktuelle
Fachliteratur bereit.
Einordnung
der Allergie
Wir stellen
Informationen zusammen, die auf die Art der Allergie schließen lassen.
Hinsichtlich der allergischen Reaktion sind verschiedene Beobachtungen
wichtig:
-
Wie schnell erfolgt die
Reaktion auf das Antigen? Sofort, nach Stunden oder nach Tagen?
-
Hat der Bewohner
Hautausschlag, Risse oder Blasen? Ist die Reaktion auf ein Hautareal
begrenzt?
-
Klagt der Bewohner über
Juckreiz oder Schmerzen?
-
Leidet der Bewohner unter
Neurodermitis?
-
Sind Ödeme sichtbar?
-
Ist der Bewohner kurzatmig?
Leidet er an Atemnot?
-
Sind Herzrhythmusstörungen,
insbesondere Herzrasen, feststellbar?
-
Leidet der Bewohner an
Fieber oder an Hitzegefühl?
-
Ist der Bewohner sehr
unruhig?
-
Tränen die Augen? Ist die
Bindehaut entzündet?
Inhalationsallergie
-
Zufuhr: Das Allergen wird
eingeatmet.
-
Auslöser: Pollen von
Pflanzen und Gräsern, Schimmelsporen, Tierhaare, Hausstaub, Bettfedern,
Lacke, Farbstoffe
-
Symptome:
Bindehautentzündung, wässriger Schnupfen, Asthma
Nahrungsmittelallergie
-
Zufuhr: Das Allergen wird
mit der Nahrung aufgenommen.
-
Auslöser: Arzneimittel in
Tabletten- oder Tropfenform, Nüsse, Erdbeeren, Fisch, Eier, Milch
-
Symptome: Hautrötungen,
Fieber, Gelenkbeschwerden, Durchfall, Übelkeit
Kontaktallergie
-
Zufuhr: Das Allergen gelangt
über die Haut in den Körper.
-
Auslöser: Hautpflegemittel,
Modeschmuck
-
Symptome: lokale Rötungen
und Schwellungen, Juckreiz
Injektionsallergie
-
Zufuhr: Das Allergen wird in
die Blutbahn gespritzt.
-
Auslöser: Insektengift,
unverträgliche Medikamenteninjektion
-
Symptome: anaphylaktischer
Schock (lebensbedrohliche Schocksymptomatik), Hypotonie,
Bewusstlosigkeit
-
Wenn es relevante Hinweise
für eine Allergie gibt, regen wir den Besuch bei einem Allergologen an.
Durchführung:
Medikation
Je nach
Allergieform regen wir beim Hausarzt / Allergologen eine angemessene
Medikation an.
-
Antihistaminika. Diese
schwächen oder blockieren die Wirkung von Histamin.
-
Kortison. Dieses schwächt
die Antigen-Antikörper-Reaktionen.
-
Hyposensibilisierung. Durch
regelmäßige subkutane Injektionen stark verdünnter Antigene wird die
Reaktionsbereitschaft des Körpers reduziert.
-
Notfallausrüstung,
insbesondere mit Adrenalin oder Glukokortikoiden
Allergenkarenz
(Expositionsprophylaxe)
Die wirksamste
Strategie zur Vermeidung von allergischen Reaktionen besteht darin,
dass der Bewohner mit dem Antigen möglichst nicht mehr in Kontakt
kommt. Abhängig vom individuellen Krankheitsbild kommt eine Vielzahl
von Maßnahmen in Betracht. Etwa:
-
Daunenbettdecken werden
durch Synthetikbettdecken ersetzt.
-
Fenstervorhänge,
Bettvorleger und Badezimmergarnituren werden aus einem gut waschbaren
Material gewählt.
-
Wir wählen Möbel, die sich
leicht reinigen lassen.
-
Der Bewohner verzichtet auf
Zimmerpflanzen und meidet den Kontakt mit Tieren.
Nebenwirkungen,
Wechselwirkungen
-
Einige Antihistaminika
können die Reaktionsfähigkeit mindern und den Bewohner müde machen. Die
Sturzgefahr ist erhöht.
-
Viele Antihistaminika dürfen
nicht mit Sedativa, Psychopharmaka oder Alkohol kombiniert werden.
-
Bei Kortison drohen
verschiedene Komplikationen:
-
Cushing-Syndrom
(Anreicherung von Cortisol im Plasma)
-
Ulcus ventriculi (Läsion
der Magenschleimhaut)
-
Ödeme (schmerzlose,
nicht gerötete Schwellungen ausgelöst durch die Ansammlung von
Flüssigkeit im Gewebe)
-
Hypertonie
(Bluthochdruck)
-
Petechien (kleinste
punktförmige Kapillarblutungen in der Haut)
-
Steroidakne
-
Steroiddiabetes
(Entwicklung von Glukosurie oder Diabetes mellitus)
-
Steroidkatarakt (Trübung
der Augenlinse)
-
Myopathie (entzündliche
oder degenerative Muskelerkrankung)
-
Osteoporose
(Skeletterkrankung mit Verminderung der Knochenmasse)
-
erhöhtes
Infektionsrisiko
weitere Maßnahmen
-
Wir halten stets einen
Pollenflugkalender bereit. Pollen sind die häufigsten Auslöser von
Allergien.
-
Im Dialog mit dem Bewohner
wird diesem verdeutlicht, wie wichtig die disziplinierte Vermeidung des
Allergens ist.
-
Wir suchen den Kontakt zu
Angehörigen und fragen diese, ob Allergien beim Bewohner bekannt sind.
-
Nahrungsmittelallergien
werden bei der individuellen Speisenplanung berücksichtigt. Wir
arbeiten dafür eng mit der Hauswirtschaft zusammen.
-
Wir sorgen dafür, dass jeder
Allergiker seinen Allergiepass stets bei sich trägt, wenn er das Haus
verlässt.
Notfall
anaphylaktischer Schock
Ein
anaphylaktischer Schock ist die gravierendste Form einer allergischen
Reaktion. Er kann binnen weniger Minuten zum Tod des Bewohners führen.
Wenn etwa eine Allergie gegen Bienengift besteht, kann schon ein
einziger Stich diesen Schock auslösen.
Wir achten daher auf Symptome,
die für einen anaphylaktischen Schock sprechen:
-
Kapillardilatation
(Erweiterung der Haargefäße)
-
Hypotonie (zu niedriger
Blutdruck / herabgesetzte Muskelspannung)
-
hypovolämischer Schock
(Verminderung des zirkulierenden Blut- oder Plasmavolumens)
-
Bronchospasmus (Krampf der
Bronchialmuskulatur)
-
Angioödem (großflächiges
subkutanes Anschwellen von Haut und Schleimhaut)
-
Kehlkopfödem (Schwellung in
diesem Bereich)
-
Konvulsionen
(Schüttelkrämpfe)
-
Herzversagen und
Atemstillstand
Wir ergreifen umgehend
entsprechende Maßnahmen:
-
Der Notarzt wird gerufen. Er
entscheidet über das weitere Vorgehen.
-
Trendelenburg-Lagerung
(Kopftieflagerung, Schocklagerung)
-
ggf. venösen Zugang legen
-
Kontakt mit dem Allergen
verhindern
-
ggf. bei Insektenstich:
abbinden der Extremität
-
ggf. Adrenalin-Injektion
-
ggf. Gabe von Antihistaminika
-
ggf. Gabe von
Glukokortikoiden
-
ggf. Ringer-Lösung als
Volumenersatz
-
ggf. Sauerstoffgabe
(mindestens 8 Liter pro Minute)
-
ggf. Intubation
-
Kontrolle und Sicherung der
Vitalfunktionen, also ggf. insbesondere Wiederbelebung
Nachbereitung:
-
Alle Maßnahmen und
Beobachtungen werden sorgfältig dokumentiert.
-
Aufgetretene Probleme bei
der Pflege von Allergikern werden im Qualitätszirkel thematisiert.
-
Die Pflegeplanung des
Bewohners wird regelmäßig aktualisiert.
-
Relevante Beobachtungen
werden umgehend dem Hausarzt mitgeteilt.
Dokumente:
-
Berichtsblatt
-
Vitalzeichenblatt
-
Allergiepass
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
|