pqsg mobil
Start Index Impressum
Diese Seiten wurden für Smartphones optimiert. Für die PC-Version klicken Sie bitte hier.

Standard "Pflege von Senioren mit Arteriosklerose"

Eine Pille morgens und eine abends - schon ist Arteriosklerose kein Thema mehr. Die Fernsehwerbung für angeblich durchblutungsfördernde Medikamente lügt das Blaue vom Himmel herunter und erschwert Pflegekräften ihre Arbeit. Denn die müssen dem Senioren erklären, dass er von vielen liebgewonnenen Lastern Abschied nehmen muss, wenn er einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall vermeiden will.


Standard "Pflege von Senioren mit Arteriosklerose"


Definition:

  • Arteriosklerose (auch "Arterienverkalkung" und "Schlagaderverkalkung") ist eine in der westlichen Welt zunehmend verbreitete Erkrankung der Arterien. 50 Prozent aller Todesfälle sind auf die Folgen der Arteriosklerose zurückzuführen. Frauen sind seltener betroffen, da die Geschlechtshormone bis zur Menopause einen begrenzten Schutz bieten.
  • Zum Krankheitsbild zählen eine Verdickung und eine Verkalkung der Blutgefäße, deren Elastizität nachlässt. Ursache ist die Ablagerung von Kalk, Fett und Thromben an den Gefäßwänden. Diskutiert wird zurzeit, ob bestimmte Bakterien (Chlamydien) an der Entstehung beteiligt sind.
  • In der Folge reduziert sich die Fähigkeit des Gefäßsystems, alle Körperbereiche mit Blut zu versorgen, insbesondere den Kopf und die Beine. Letztlich kann es sogar zur Verstopfung von Gefäßen kommen. Ein Verschluss der Halsschlagader oder der Hirngefäße führt zum Schlaganfall. Sind die Herzkranzgefäße betroffen, kommt es zum Myokardinfarkt.
  • Die frühzeitige Erkennung einer Arteriosklerose wird durch den schleichenden Krankheitsverlauf erschwert. Zudem lassen sich viele Symptome nicht eindeutig diesem degenerativen Prozess zuordnen. Insbesondere kognitive und körperliche Ausfallerscheinungen treten im hohen Alter auch unabhängig von einer Arteriosklerose auf.
  • Das Risiko, an Arteriosklerose zu erkranken, ist nur zu einem kleinen Teil abhängig von einer etwaigen genetischen Disposition. Ansonsten sind alle weiteren Risikofaktoren die Folge von unangepasstem Konsumverhalten sowie von körperlicher Inaktivität. Betroffene haben also die Möglichkeit, entscheidend auf den Krankheitsverlauf einzuwirken und Risiken zu senken. Eine Veränderung der Lebensgewohnheiten ist daher auch im fortgeschrittenen Alter sinnvoll.
  • Typisch für eine Arteriosklerose ist die Risikopotenzierung durch die Kombination verschiedener ungesunder Lebensgewohnheiten. Jeder zusätzliche Gefahrenfaktor multipliziert das individuelle Gesamtrisiko. Ein vereinfachtes Beispiel: Ein Bewohner leidet an Bluthochdruck, Adipositas und Diabetes mellitus. Würde er jetzt noch zusätzlich rauchen oder Alkohol trinken, addiert sich das Risiko nicht um ein weiteres Viertel, sondern wächst um einen deutlich höheren Faktor.

Grundsätze:

  • Wir verdeutlichen dem Bewohner eindringlich, welche Folgen ein ungesunder Lebenswandel hat. Allerdings bevormunden wir den Bewohner nicht. Er hat das Recht, ungesund zu leben, wenn er dieses wünscht.
  • Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Hausarzt zusammen. Oftmals ist der Mediziner die einzige Respektsperson, die entsprechend auf den Betroffenen einwirken kann.

Ziele:

  • Durchblutungsstörungen werden schnell erkannt und fachgerecht behandelt.
  • Der Bewohner kennt die Ursachen der Arteriosklerose und vermeidet diese.
  • Vorhandene Symptome werden gelindert.
  • Der Bewohner hat keine Schmerzen.
  • Die typischen Folgen werden vermieden, insbesondere:
    • arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) , inkl. Verschluss der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit, KHK) sowie Verschluss der Hirngefäße (Zerebralsklerose)
    • Apoplexie (Schlaganfall)
    • koronare Herzkrankheit (Angina pectoris, Herzinfarkt)
    • Angina abdominalis
    • Aortenaneurysma
(Hinweis: Wenn ein Bewohner an einem der o.a. Krankheitsbilder leidet, wird er über kurz oder lang auch an weiteren erkranken. Es handelt sich bei der Arteriosklerose um ein generalisiertes Gefäßleiden.)

Vorbereitung:

Risikofaktoren

Wir prüfen, welche Risikofaktoren bestehen.

  • Hypertonie
  • Hyperlipidämie (etwa erhöhte Konzentration des Cholesterins)
  • Hyperfibrinogenämie (erhöhter Fibrinogengehalt des Blutes)
  • Diabetes mellitus
  • regelmäßiger Nikotingenuss
  • Toxine (etwa durch Drogenkonsum)
  • Hypoxie (Verminderung des Sauerstoffpartialdrucks im arteriellen Blut)
  • psychischer Stress
  • Bewegungsmangel, insbesondere plötzlich eingetretene Immobilität
  • Vorliebe für kalorienreiche und fettreiche Ernährung
  • Übergewicht
  • jahrelange Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln
  • ungenügende Flüssigkeitsversorgung
  • hohes Alter
  • familiäre Belastung
  • männliches Geschlecht

Symptome

Wir prüfen, ob der Bewohner typische Symptome einer Arteriosklerose zeigt:

  • Sklerose der Hirnarterien:
    • Kopfschmerzen, einseitiges Druckgefühl
    • Schwindelgefühl
    • Gedächtnislücken
    • "klopfende" Arterien im Kopf und am Hals
    • deutliches Ohrensausen
    • schnelle Ermüdung der Augen, Flimmern
    • Apoplexie
  • Hinweise:
    • Eine Spätkomplikation von Arteriosklerose ist die Multiinfarkt-Demenz. Als Folge der Gefäßverlegung kommt es im Hirn des Betroffenen zu einer Reihe kleinerer Schlaganfälle. Mit steigender Zahl dieser Insulte erleidet der Betroffene einen schubweise fortschreitenden Verlust an mentalen Ressourcen. Die Symptomatik erinnert an Morbus Alzheimer.
    • Die Minderdurchblutung im Hirn äußert sich zunächst ggf. durch Wesensveränderungen. Insbesondere ist mit depressiven Verstimmungen sowie mit Affektlabilität zu rechnen. Im weiteren Verlauf kann es zu epileptischen Anfällen kommen.
  • andere Sklerosen
    • sog. "Schaufensterkrankheit" (Hinweis: Betroffene Senioren müssen bei längeren Wegstrecken immer wieder eine Pause einlegen und stehen bleiben. Bei anderen Erkrankten kommt es zu einem periodisch auftretenden Hinken.)
    • Schmerzen in den Beinen bei Belastung, später auch bei Ruhe
    • kalte Füße
    • Veränderung der Hautfarbe, blasse oder bläuliche Haut
    • blutarme Venen
    • Pulsabschwächung in den Beinen
    • schlechte Wundheilung
    • Wenn es hinreichende Anzeichen für eine fortschreitende Arteriosklerose  gibt, raten wir dem Bewohner, seinen Hausarzt bzw. einen Facharzt aufzusuchen. Durch spezielle Ultraschalluntersuchungen (sog. "Duplex-Sonografie") und durch Gefäßdarstellung mittels Röntgengerät und Kontrastmittel kann die Durchgängigkeit der Blutgefäße bestimmt werden.

Durchführung:

ärztliche Behandlung

Gemeinsam mit dem Hausarzt prüfen wir die Notwendigkeit einer medikamentösen Behandlung:

  • Der Einsatz von Lipidsenkern kann zur Normalisierung der Blutfettwerte beitragen.
  • Ggf. kann die tägliche Einnahme von 100 mg Acetylsalicylsäure das Fortschreiten der Krankheit verlangsamen. Marcumar wird nur bei einem hohen Embolierisiko verabreicht, wenn die zuverlässige Applikation sowie eine regelmäßige Gerinnungskontrolle gewährleistet ist.
  • Ein vorhandener Diabetes mellitus  muss konsequent behandelt werden.  Der Bewohner erhält Diabetes-Kost und Zwischenmahlzeiten, um einen gleichmäßigen Blutzuckerspiegel zu gewährleisten.
  • Bluthochdruck wird ggf. mit Betablockern behandelt.
  • Wir raten dem Bewohner, einer Operation zuzustimmen, sofern diese vom Arzt empfohlen wurde. Dazu zählen etwa eine Ballondilatation, eine Bypassoperation, die Implantation von künstlichen Gefäßen oder eine Amputation bei fortgeschrittenen Nekrosen.
  • Wir raten dem Bewohner von durchblutungsfördernden Mitteln aus der Fernsehwerbung ab. Diese sind unwirksam und eine Verschwendung von finanziellen Ressourcen.

Pflegemaßnahmen

  • Der Bewohner wird umfassend über die Krankheit und die Bedrohung seines Lebens informiert. Wir dringen darauf, dass er sein Verhalten entsprechend überdenkt.
  • Der Bewohner sollte sich ausreichend bewegen. Wir empfehlen insbesondere die Teilnahme am Sportprogramm in unserer Einrichtung.
  • Wir raten dem Bewohner zu Spaziergängen. Ggf. prüfen wir, ob er mit einer Gehhilfe versorgt werden sollte.
  • Wenn aufgrund eines schlechten Allgemeinzustands keine aktiven Bewegungsübungen möglich sind, werden die Extremitäten mehrfach täglich passiv durchbewegt. Dieses ist gleichzeitig im Rahmen der Kontrakturenprophylaxe erforderlich.
  • Verletzungen an den Extremitäten sollten vermieden werden. Vor allem das Schneiden der Nägel ist risikobehaftet.
  • Wenn es dennoch zu Blessuren kommt, muss die Wundheilung lückenlos überwacht werden.
  • Einengende Schuhe und Strümpfe sollten vermieden werden.
  • An den Füßen werden keine Wärmebehandlungen durchgeführt.
  • Im Winter werden die Füße, Arme und Hände konsequent vor Auskühlung geschützt.
  • Falls erforderlich werden die Beine und die Füße mit Bettschuhen und mit zusätzlicher Kleidung warmgehalten.
  • Die Haut des Bewohners wird regelmäßig inspiziert.
  • Der Bewohner sollte Stress konsequent meiden.
  • Durch kontinuierliches Gedächtnistraining ("Gehirnjogging") versuchen wir die Folgen einer Sklerose der Hirngefäße abzumildern.

Ernährung

  • Der Bewohner soll sich fettarm ernähren. Ideal ist eine "leichte" Küche mit frischem Gemüse und Obst. Insbesondere muss der Konsum von tierischen Lebensmitteln wie Eiern, Fleisch, Wurst und fettreichen Milchprodukten reduziert werden.
  • Der Bewohner sollte zudem ballaststoffreiche Nahrung konsumieren, also etwa auch Vollkornprodukte oder Hülsenfrüchte.
  • Sofern der Bewohner dieses toleriert , erhält er mehr ungesättigte Fettsäuren, etwa durch den Genuss von Olivenöl, Nüssen oder Seefisch.
  • Wir achten auf eine vitaminreiche Kost. Insbesondere sollte ausreichend Vitamin E (etwa in Nüssen) sowie Vitamin C (etwa in Obst, vor allem in Zitrusfrüchten) zugeführt werden.
  • Bei vielen Betroffenen ist eine Reduktion des Salzkonsums sinnvoll. Sofern sich diese über den faden Geschmack der Speisen beklagen, können alternativ zum Salz herkömmliche Kräuter genutzt werden.
  • Ggf. wird eine Ernährungsberatung durchgeführt. Die Hauswirtschaft wird in die Ernährungsumstellung einbezogen.
  • Der BMI wird regelmäßig ermittelt.
  • Der Bewohner wird animiert, ausreichend zu trinken. Notwendig sind zwei Liter Flüssigkeitsaufnahme pro Tag. Ggf. wird ein Trinkprotokoll geführt.
  • Der Bewohner sollte den Alkoholkonsum auf ein Minimum reduzieren.
  • Unverzichtbar ist eine schnelle Rauchentwöhnung oder zumindest eine signifikante Reduktion des Nikotinkonsums. Wir bitten den behandelnden Arzt ggf. um die Verschreibung entsprechender therapeutischer Arzneimittel wie etwa Nikotinpflaster. Sofern der Bewohner für derartige Therapieformen empfänglich ist, kann auch Akkupunktur genutzt werden.

Nachbereitung:

Prognose

  • Die Aussichten sind primär abhängig vom Willen des Bewohners zur Veränderung seines Lebensstils. Die individuelle Bedrohung steigt mit jedem zusätzlichen Risikofaktor exponentiell  an. Daher kann schon der Verzicht auf eine oder zwei größere Gefahrenquellen die langfristige Prognose signifikant verbessern.
  • Die Schädigungen an den Gefäßen sind bis auf das Frühstadium irreversibel. Sie bleiben also auch dann bestehen, wenn die Krankheit behandelt wird und der Betroffene seine Lebensgewohnheiten ändert. Immerhin bedeutet das aber auch, dass eine Multi-Infarkt-Demenz (anders als etwa eine Alzheimer-Demenz) zum Stillstand gebracht werden kann.

Dokumente:

  • Pflegeplanung
  • Berichtsblatt
  • ärztliche Verordnungen / Fragen an den Arzt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte