Diese Seiten wurden für Smartphones optimiert.
Für die PC-Version
klicken Sie bitte hier.
Standard "Pflege
von Senioren mit chronischer und akuter Atemnot"
Chronische Atemnot beeinträchtigt nicht
nur die Lebensqualität, sie ist als primäres Symptom mehrerer
Grunderkrankungen auch ein wichtiges Warnsignal. Mit unserem
Standard können Sie innerhalb Ihres Teams langfristige
Pflegestrategien entwickeln - und gleichzeitig festlegen, wann
bei akuten Anfällen der Notarzt gerufen wird.
Standard "Pflege
von Senioren mit chronischer und akuter Atemnot"
Definition:
-
Atemnot ist ein vom Bewohner bedrohlich
empfundener Luftmangel. Viele Betroffene leben seit vielen Jahren
mit dieser Gesundheitseinschränkung und erhalten ggf. Sauerstoff
etwa über mobile Sauerstoffsysteme.
-
Als Fachbegriffe für Atemnot sind üblich:
-
Dyspnoe: Das subjektive Empfinden von
Atemnot bei erschwerter Atmung
-
Belastungsdyspnoe: Atemnot bei
körperlicher Anstrengung
-
Ruhedyspnoe: Atemnot auch im Ruhezustand
-
Orthopnoe: Höchste Stufe der Atemnot. Die
Atemnot kann gerade nur so in aufrechter Körperhaltung und unter
Zuhilfenahme der Atemhilfsmuskulatur ausgeglichen werden.
-
Apnoe: Atemstillstand. Dieser erfordert
sofortige Wiederbelebungsmaßnahmen.
-
Atemnot wird abhängig von der Schwere der
Symptome in vier Grade eingeteilt:
-
Grad 1: Die Atemnot tritt nur bei
entsprechender körperlicher Belastung auf, also etwa beim
Treppensteigen, beim Tragen schwerer Lasten oder beim schnellen
Gehen.
-
Grad 2: Die Atemnot tritt schon bei
mittlerer körperlicher Beanspruchung auf. Also etwa beim
Spazierengehen auf ebener Strecke
-
Grad 3: Hier ist schon geringe Belastung
(etwa: An- und Ausziehen von Bekleidung) ausreichend, um eine
Atemnot auszulösen.
-
Grad 4: Die Atemnot tritt selbst in Ruhe
auf, also etwa beim Fernsehen oder im Liegen
-
Atemnot tritt insbesondere bei schweren
Grunderkrankungen häufig auf. Betroffen von Atemnot sind:
-
50 Prozent aller Bewohner mit einem
fortgeschrittenen Tumorleiden
-
70 Prozent aller Bewohner mit
Lungentumoren
-
80 Prozent aller sterbenden Bewohner in den
letzten 24 Lebensstunden
Grundsätze:
-
Wir sind uns bewusst, dass Atemnot in
doppelter Weise zu einer Abwärtsspirale führen kann:
-
Atemnot löst Angst aus, Angst verstärkt
die Atemnot.
-
Atemnot führt zu Bewegungsmangel,
Bewegungsmangel wiederum lässt die Atemnot fortschreiten.
-
Es gibt kein objektives Messsystem für
Atemnot. Nur der Bewohner kann einschätzen, wie sehr er darunter
leidet.
-
Der Anfall wird von dem Betroffenen mitunter
als lebensgefährlich empfunden. Daher ist ruhiges und besonnenes
Handeln der Pflegekräfte ebenso wichtig wie die Wahl der richtigen
Notfallmaßnahmen.
-
Die Pflegekraft bewahrt stets Ruhe. Nur so
kann sie auch selbst Ruhe vermitteln.
-
Wenn eine Atemnot erstmals auftritt oder sich
eine bereits bestehende Atemnot deutlich verschlechtert, ist dieses
immer ein ausreichender Grund für einen Notruf.
Ziele:
-
Der Bewohner atmet normal.
-
Der Bewohner ist entspannt und angstfrei.
-
Der Bewohner weiß, dass ihm bei Atemnot
schnell und professionell geholfen wird.
-
Der Bewohner kennt atemunterstützende
Körperhaltungen und Techniken. Er wendet diese bei einer Attacke an.
Vorbereitung:
Symptome
Wir achten auf Symptome, die auf
eine Atemnot schließen lassen:
-
Der Bewohner atmet sehr schnell und
oberflächlich.
-
Es kommt zum Nasenflügelatmen (heftige
Bewegung der Nasenflügel)
-
Es sind Atemgeräusche hörbar, also etwa ein
Brummen, Giemen, Ziehen oder Pfeifen. Ggf. hustet der Bewohner.
-
Der Puls des Bewohners ist erhöht.
-
Es bildet sich eine Zyanose, etwa an den
Lippen oder den Nägeln.
-
Der Bewohner klagt über ein
Erstickungsgefühl, ein Beklemmungsgefühl oder Schmerzen im
Brustkorb.
-
Der Bewohner klagt über ein Kältegefühl.
-
Der Bewohner hat offenbar extreme Angst, der
Gesichtsausdruck ist verzerrt.
-
Der Bewohner schwitzt stark.
-
Der Körper des Bewohners ist angespannt oder
verkrampft.
-
Der liegende Bewohner richtet den Oberkörper
auf und nutzt die Atemhilfsmuskulatur. Ggf. stützt der Bewohner die
Arme auf.
-
Der stehende Bewohner geht in die
"Torwartstellung". Er stützt die gestreckten Arme auf die
Oberschenkel. Alternativ stemmt der Bewohner eine Hand in die Hüften
und stützt sich mit einer Hand an der Wand ab.
-
Der Bewohner hustet, ggf. mit Auswurf.
Ursachen
Wir prüfen, welche Ursachen die
Dyspnoe ausgelöst haben könnten.
-
Es tritt ein pfeifendes, gepresstes
Atemgeräusch beim Einatmen auf. Dieses kann von der Verengung der
Atemwege etwa durch einen Fremdkörper verursacht werden. In Frage
kommt auch eine allergische Reaktion.
-
Die Ausatmung des Bewohners wird von einem
Pfeifen begleitet. Dieses Symptom weist auf Asthma bronchiale oder
eine chronisch, obstruktive Lungenerkrankung hin.
-
Beim Ein- und Ausatmen treten Rasselgeräusche
auf. Als Auslöser sind denkbar: Asthma bronchiale, Lungenödem,
Aspiration, Herzinsuffizienz oder eine neurologische Erkrankung.
Weitere Ursachen können sein:
-
Stoffwechselentgleisungen
-
Anämie
-
chronische Blutungen
-
Vergiftungen
-
Adipositas
-
psychische Erkrankungen
Durchführung:
Maßnahmen bei akuter Atemnot
-
Wenn es hinreichende Anzeichen für eine
Gesundheitsgefährdung gibt, wird sofort der Arzt oder Notarzt
gerufen. Ein zentrales Kriterium dafür ist das Auftreten einer
Zyanose etwa an den Lippen.
-
Der Bewohner wird nicht allein gelassen.
Zumindest eine Pflegekraft bleibt stets beim Bewohner und versucht
diesem, ein Gefühl von Sicherheit zu geben. Angst verschlimmert die
Symptome, die wiederum noch mehr Angst auslösen.
-
Die Vitalwerte werden ermittelt. Insbesondere
erfasst die Pflegekraft den Blutdruck, den Puls, die Atemfrequenz
sowie die Hautfarbe (blässlich, bläulich oder gräulich).
-
Sofern eine Bedarfsmedikation vorliegt, wird
diese dem Bewohner verabreicht, etwa ein Dosieraerosol, Zäpfchen
oder Spray.
-
Sofern eine ärztliche Anweisung vorliegt,
erhält der Bewohner Sauerstoff. Zumeist werden zwei Liter pro Minute
für eine Dauer von maximal zehn Minuten verabreicht.
-
Bei vielen Bewohnern können körperliche
Berührungen mit den Händen beruhigend wirken.
-
Ggf. wird das Fenster geöffnet.
-
Ggf. wird der Bewohner abgesaugt.
-
Sofern der Bewohner dieses toleriert, wird er
in einer atemerleichternden Position gelagert.
-
Einengende Kleidung wird gelockert oder
entfernt.
-
Wenn es der Bewohner wünscht, werden Besucher
aus dem Zimmer gebeten.
-
Ggf. führt die Pflegekraft ein ablenkendes
Gespräch und wählt dabei ein Thema, das für den Bewohner angenehm
ist und ihn beruhigt. Die Pflegekraft achtet darauf, dass der
Bewohner nicht zu viel redet.
-
Die Pflegekraft "atmet dem Bewohner vor" und
überträgt ihren Atemrhythmus auf den Bewohner. Sie sollte durch die
Nase einatmen und mit der Lippenbremse ausatmen.
-
Bei Atemstillstand wird der Bewohner sofort
wiederbelebt.
Schmerzen
Wir lassen uns vom Bewohner
schildern, ob er Schmerzen hat. Wir dokumentieren die Beschreibungen.
Relevant sind folgende Fragen:
-
Wo genau tritt der Schmerz auf?
-
Welche Faktoren lösen den Schmerz aus oder
verstärken ihn? Etwa: beim Essen, körperliche Bewegung, tiefes Einatmen
oder Husten.
-
Wie lange dauert der Schmerz an? Minuten,
Stunden oder Tage?
-
Welcher Art ist der Schmerz? Ziehend,
pochend, stechend, schneidend usw.?
Lagerung
Wir nutzen verschiedene
Lagerungsarten, um dem Bewohner die Atmung zu erleichtern.
-
Die Oberkörperhochlagerung wird vor allem von
Senioren mit Linksherzinsuffizienz bevorzugt. Oftmals ruhen und
schlafen Betroffene sogar mit erhöhtem Oberkörper.
-
Die Halbmondlage bewirkt eine Dehnung des
oberen Lungenbereiches. In der Folge wird diese Sektion besser
belüftet.
-
V- und A-Lagerung. Wenn der Bewohner in eine
V-Lagerung gebracht wird, werden die unteren Lungenbereiche gedehnt,
in der A-Lagerung die oberen Abschnitte. Beides kann dem Betroffenen
die Atmung deutlich erleichtern.
-
Die T-Lagerung führt zu einer sehr weit
reichenden Dehnung aller Lungenbereiche. Allerdings ist diese
Position für viele Senioren ungewohnt und unangenehm. Daher sollte
die Pflegekraft in den ersten Minuten in der Nähe bleiben und den
Zustand des Bewohners beobachten.
-
30°-Seitenlage und 90°-Seitenlage: Bei der
Lagerung auf einer Seite wird die jeweils freiliegende
Brustkorbseite besser belüftet. Wenn auch der obere Arm in
Freilagerung gebracht wird, verstärkt sich der Effekt zusätzlich.
langfristige Maßnahmen
Wir entwickeln langfristige
Strategien, um der Atemnot vorzubeugen. Die einzelnen Maßnahmen werden
mit dem behandelnden Hausarzt koordiniert.
-
Der Bewohner soll gegen einen Widerstand
ausatmen.
-
Wir nutzen Atemtrainer, etwa ein "Tri-flow-meter".
-
Wir nutzen einen Totraumvergrößerer
("Giebelrohr").
-
Wir unterstützen die Sekretentleerung, etwa
durch Einreibungen.
-
Wir raten dem Bewohner, das Rauchen
einzustellen.
-
Der Bewohner soll sich im Rahmen seiner
Fähigkeiten körperlich bewegen. Übermäßige Aufregung und Anstrengung
soll er vermeiden.
Nachbereitung:
weitere Maßnahmen
-
Die Wirksamkeit der gewählten Maßnahmen wird
bewertet. Maßnahmen, mit denen die Atemnot erfolgreich gelindert
wurde, werden bei der nächsten Attacke bevorzugt eingesetzt.
-
Wenn sich die Attacken häufen, wird der
Bewohner in der Anwendung von Entspannungstechniken eingewiesen,
etwa Yoga oder Autogenes Training. Dem Bewohner wird ebenfalls die
richtige Atemtechnik vermittelt.
-
Häufig vermeidet der Bewohner in Zukunft
körperliche Anstrengung, um nicht erneut eine Atemnotattacke zu
erleiden. Damit setzt eine Abwärtsspirale ein. Das
Vermeidungsverhalten reduziert die Mobilität und die körperliche
Belastbarkeit. Letztlich setzt die Atemnot bei immer leichterer
Belastung ein.
-
Falls die Atemnot die Folge einer
allergischen Reaktion ist, reduzieren wir den Kontakt des Bewohners
mit dem Allergen auf ein Minimum.
-
Sofern die Atemnot die Folge einer Pneumonie
ist, wird der entsprechende Standard umgesetzt. Unverzichtbar ist
insbesondere eine konsequente Fortführung der Antibiotikatherapie.
-
Durch den Sauerstoffmangel kann es zu
Verwirrtheitszuständen und insbesondere zu einer Desorientierung
kommen. Diese Symptomatik darf nicht mit einer Demenz verwechselt
werden.
-
Die Atemnot schränkt die verbale
Kommunikationsfähigkeit ein. Sprechen wird für den Bewohner zu
anstrengend. In der Folge reduzieren sich die sozialen Kontakte bis
hin zu einer sozialen Isolation.
Dokumentation
Die Attacke wird genau dokumentiert.
Die Kriterien:
-
Wie lange dauerte der Anfall?
-
Wie empfand der Bewohner den Anfall
subjektiv? Klagte er über Erstickungsangst?
-
Welche Vitalwerte wurden gemessen,
insbesondere Pulsfrequenz?
-
War die Atmung "pfeifend"?
-
Wie war die Hautfarbe? War der Bewohner
zyanotisch?
-
War die Atemfrequenz erhöht, verlangsamt oder
unregelmäßig?
-
War der Bewohner kaltschweißig?
-
Ist der Bewohner kooperationsbereit?
-
Kam es zu einer Bewusstseinsstörung? War der
Bewohner desorientiert?
Prognose:
-
Bei konsequenter Behandlung der auslösenden
Grunderkrankung wird sich die Atemnot zurückbilden. Wenn etwa eine
Schwäche des Herz-Kreislauf-Systems die Atemnot auslöst, können mit
herzmuskelstärkenden Medikamenten in Kombination mit entwässernden
Präparaten gute Erfolge erzielt werden.
-
Oftmals sind die Schädigungen irreversibel.
Ziel der Pflege kann also nur sein, das Fortschreiten der
Grunderkrankung zu verlangsamen. Dieses ist etwa bei Lungenemphysem
oder Lungenfibrose der Fall.
Dokumente:
-
Pflegeplanung
-
ärztliches Verordnungsblatt
-
Vitaldatenblatt
-
Berichtsblatt
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
|