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Standard "Beobachtung der Atmung"

Abweichungen von der normalen Atmung können auf verschiedene Krankheiten hinweisen. Daher sollten alle Pflegekräfte in der Lage sein, die Atmung eines Senioren anhand einheitlicher Kriterien zu beschreiben und Gesundheitsgefahren rechtzeitig zu erkennen.


Standard "Beobachtung der Atmung"


Definition:

  • Gemeinsam mit dem Puls, dem Blutdruck und der Körpertemperatur zählt die Atmung zu den wichtigsten Vitalzeichen jedes Menschen. Sie muss sorgfältig überwacht werden, da Abweichungen vom Normzustand Rückschlüsse auf krankhafte Veränderungen erlauben.
  • Ein gesunder Mensch atmet in einem regelmäßigen Rhythmus. Die Atemtiefe ist gleichmäßig. Die Geräuschentwicklung ist gering. Ein Geruch ist nicht feststellbar.
  • Die Beobachtung der Atmung umfasst verschiedene Kriterien, insbesondere Atemfrequenz, Atemvolumina, Atemintensität, Atemrhythmus, Atemgeräusche und Atemgeruch.

Grundsätze:

  • Wir arbeiten eng mit dem Hausarzt zusammen. Dieser kann die Atmung des Bewohners nur für jeweils wenige Minuten beobachten. Da nur wir den Bewohner im alltäglichen Umfeld erleben, sind unsere Beobachtungen unverzichtbar für eine wirksame Therapie.

Ziele:

  • Krankhafte Veränderungen der Atmung werden rechtzeitig erkannt.
  • Die Veränderungen werden korrekt vermittelt, beschrieben und dokumentiert.
  • Der behandelnde Arzt erhält Informationen, die ihm die Auswahl der Therapie erleichtern. Er ist in der Lage, den Therapieerfolg zu beurteilen.

Vorbereitung:

Indikation

Wir führen eine gezielte Atembeobachtung unter verschiedenen Bedingungen durch:

  • direkt nach dem Einzug eines neuen Bewohners im Rahmen der Pflegevisite
  • einmal wöchentlich bei allen Bewohnern, die unter Erkrankungen oder sonstigen Schäden im Bereich der Lunge oder des Herzkreislaufsystems leiden
  • täglich bei allen Bewohnern, die mit zusätzlichem Sauerstoff versorgt werden
  • täglich bei allen Bewohnern, die Medikamente mit potentiell atemdepressiven Nebenwirkungen erhalten. Insbesondere Opioide können die Atmung dämpfen.
  • täglich bei komatösen oder beatmeten Bewohnern

Informationssammlung

Wir stellen im Dialog mit dem Bewohner alle Informationen zusammen, die Auswirkungen auf die Atmung haben könnten.

  • Leidet der Bewohner unter chronisch-obstruktiven Lungenerkrankungen, Asthma bronchiale oder einem Lungenemphysem? Hat der Bewohner bereits eine Lungenembolie erlitten? Litt er bereits einmal unter einer Pneumonie oder einem Lungenkarzinom?
  • Nimmt der Bewohner Medikamente ein, die die Atmung beeinflussen? Führt er Inhalationen durch?
  • Muss der Bewohner Bettruhe halten?
  • Hat der Bewohner ein Tracheostoma?
  • War der Bewohner in seinem beruflichen Leben Giftstoffen ausgesetzt?
  • Raucht der Bewohner oder hat er in der Vergangenheit geraucht? Wie groß ist oder war der Tabakkonsum?
  • Welche Strategien hat der Bewohner entwickelt, um Atemnot zu überwinden?
  • Sind Allergien bekannt, die auch zur Atemnot führen können?
  • Leidet der Bewohner unter Übergewicht?
  • Erleidet der Bewohner Atemnot? Wenn ja, unter welchen Umständen?
  • Berichtet der Bewohner über Atemgeräusche? Wenn ja, unter welchen Umständen?
  • Klagt der Bewohner über Schmerzen beim Atmen?

Durchführung:

Atemfrequenz

Die Atemfrequenz ist die Anzahl der Atemzüge, die der Bewohner innerhalb einer Minute durchführt. Erwachsene atmen 16 bis 20 Mal pro Minute.

  • Tachypnoe
    • Wenn die Frequenz über 20 Atemzüge pro Minute beträgt, liegt eine beschleunigte Atmung vor (sog. "Tachypnoe). Im Extremfall kann die Frequenz auf über 100 ansteigen.
    • Eine Tachypnoe kann unbedenkliche Ursachen haben, etwa körperliche Aktivität oder eine warme Umgebung (Sommerhitze, heißes Bad oder Sauna). Sie tritt auch auf bei großer Freude, Angst oder Aufregung.
    • Eine beschleunigte Atmung ist oftmals aber auch die Folge einer körperlichen Schädigung oder Erkrankung. Beispiele: Schmerzen, Fieber, Herzerkrankungen, Lungenerkrankungen oder Anämie (Mangel an roten Blutkörperchen). Sie tritt auch auf bei Schock etwa als Folge eines hohen Blutverlustes.
  • Bradypnoe
    • Wenn ein Bewohner weniger als 12 Atemzüge pro Minute ausführt, liegt eine verlangsamte Atmung vor (sog. "Bradypnoe").
    • Verschiedene unbedenkliche Faktoren können die Atemfrequenz absenken, etwa Schlaf, tiefe Entspannung, Meditation oder autogenes Training.
    • Eine verlangsamte Atmung kann aber auch auf ernstzunehmende Krankheiten hinweisen, etwa eine Schädigung des Zentralen Nervensystems (etwa durch einen Tumor, eine Blutung, eine Entzündung oder ein Schädel-Hirntrauma), Vergiftungen (etwa mit Benzodiazepinen) oder Stoffwechselerkrankungen (etwa einer Schilddrüsenunterfunktion).
  • Die Messung der Atemfrequenz erfolgt unbemerkt vom Bewohner. Wenn der Bewohner weiß, dass seine Atemzüge gezählt werden, wird sich dieses bewusst oder unbewusst auf seine Atmung auswirken. Wir integrieren daher diese Maßnahme in die Pulsmessung. In der ersten Minute wird der Puls ermittelt. Danach hält die Pflegekraft die Hand des Bewohners eine weitere Minute, zählt aber innerhalb dieser Zeitspanne nicht die Pulsschläge sondern die Atemzüge.
  • Bei komatösen Bewohnern ist die Atmung oftmals so flach, dass diese nicht zuverlässig beobachtet werden kann. Daher legt die Pflegekraft eine Hand an das Brustbein und den Rippenrand oder auf die Flanke.

Atemtiefe

  • Eine oberflächliche Atmung ist als Schonatmung oft die Folge von Schmerzen im Brustkorb.
  • Eine vertiefte Atmung resultiert z.B. aus einer Bewusstlosigkeit oder der Einnahme von Schlafmitteln.
  • Die Steigerung der Luftmenge pro Atemzug ist eine zusätzliche Möglichkeit des Körpers, um einen erhöhten Sauerstoffbedarf zu decken.
  • Ein gesunder Mensch im Ruhezustand atmet pro Atemzug ca. einen halben Liter Luft ein und wieder aus, bei 14 bis 16 Atemzügen pro Minute also rund siebeneinhalb Liter.
  • Falls nötig kann der Körper das Volumen auf zwei Wegen steigern. Eine tiefere Einatmung erhöht das Volumen um zwei bis drei Liter pro Minute. Zudem kann der Körper die Lunge beim Ausatmen stärker komprimieren, also mehr verbrauchte Luft auswerfen. Dieses steigert das Volumen um einen weiteren Liter.

Atemrhythmus

  • Ein gesunder Mensch atmet in einem gleichmäßigen Rhythmus. Die Ausatmungsphase dauert rund zweimal so lange wie die Einatmungsphase.

  • Die Kussmaul-Atmung (auch "Azidose-Atmung") ist die Reaktion des Körpers auf eine stoffwechselbedingte Azidose, die wiederum als Folge eines urämischen oder diabetischen Komas auftreten kann. Die Atmung ist zwar regelmäßig, aber abnormal vertieft. Der Körper wirft damit verstärkt CO2 aus und stabilisiert den zu niedrigen pH-Wert.

  • Die Cheyne-Stokes-Atmung tritt bei schweren Störungen des Atemzentrums auf. Sie wird als periodisches An- und Abschwellen der Atmung mit anschließenden Pausen definiert. Der Bewohner atmet also zunächst flach, steigert dann die Atemtiefe deutlich und senkt sie wieder ab. Anschließend pausiert die Atmung für bis zu zehn oder mehr Sekunden. Nach dieser Unterbrechung setzt die Atmung (zunächst flach) wieder ein.

  • Die Schnappatmung tritt zumeist in der Sterbephase auf, kann aber auch die Folge schwerer Schädigungen des Atemzentrums sein. Oftmals tritt zuvor eine Cheyne-Stokes-Atmung auf. Der Bewohner schnappt einmal nach Luft, danach pausiert die Atmung.

  • Bei einer Biot-Atmung atmet ein Bewohner zunächst tief, kräftig und gleichmäßig. Dann pausiert die Atmung. Diese Atemform tritt auf bei einer Hirndrucksteigerung etwa als Folge einer Meningitis oder nach einem Schädel-Hirn-Trauma.


Atemintensität

  • Bei einer Hyperventilation ist die Atemintensität gemessen am tatsächlich erforderlichen Gasaustausch zu hoch. Es wird zu viel Kohlendioxid abgeatmet. Dieses lässt den pH-Wert im Blut steigen und bindet vermehrt die Kalziumionen im Blut . Bewohner berichten dann häufig über ein "Kribbeln um den Mund". Im weiteren Verlauf kommt es zu einer Verkrampfung der Muskulatur. Die Hände befinden sich in der typischen "Pfötchenstellung".
  • Hyperventilation ist häufig die Folge von Stoffwechselerkrankungen, Schädigungen des ZNS, Herz- und Lungenerkrankungen, oft auch psychischer Angst und Erregung sowie von Fieber.
  • Bei einer Hypoventilation ist die Atmung zu flach und/oder die Atemfrequenz zu gering. Der Kohlendioxidspiegel im Blut steigt, während der Sauerstoffgehalt abnimmt. Die Lungenbläschen werden nicht mehr ausreichend belüftet. Ggf. bilden sich in der Lunge Bereiche, die nicht mehr belüftet werden. Diese sog. "Atelektasen" sind häufig der Ausgangspunkt für eine Pneumonie.
  • Hypoventilation wird ausgelöst durch Schonatmung bei Bauch- oder Brustschmerzen, etwa nach operativen Eingriffen. Weitere Auslöser sind Störungen des Atemzentrums, der Atemmuskulatur, der Atemwege oder der Lunge. Bei hochbetagten Senioren ist eine Hypoventilation oft die unvermeidliche Folge des körperlichen Abbaus.

Atemtyp

  • Ein Mensch kann zwei Muskelgruppen für die Atmung nutzen. Es werden daher auch zwei Atemtypen unterschieden.
  • Bei der Brustatmung (auch "Kostal-" oder "Thorakalatmung") wird die Lunge hauptsächlich von Zwischenrippenmuskeln gedehnt und komprimiert. In der Folge hebt und senkt sich der Brustkorb sichtbar. Die meisten Frauen atmen auf diese Weise. Die Brustatmung kann aber auch als Schonatmung nach einer Bauchverletzung oder einem operativen Eingriff in diesem Körperbereich genutzt werden.
  • Bei der Bauchatmung (auch "Abdominal-" oder "Zwerchfellatmung") kommt hauptsächlich das Zwerchfell zum Einsatz. Dieses spannt sich beim Einatmen an und weitet den Brustkorb. Beim Ausatmen entspannt sich das Zwerchfell und verengt den Brustkorb. Vor allem Männer nutzen diese Atemform. Als Schonatmung kommt sie zum Tragen bei Verletzungen im Brustraum.
  • Bei körperlicher Anstrengung kann es auch zur Mischatmung kommen. Hierbei werden beide Muskulaturgruppen gleichzeitig eingesetzt.
  • Bei schwerer Atemnot kann der Körper zusätzlich die Atemhilfsmuskulatur nutzen. Es kommt zur sog. "Auxiliaratmung". Der Bewohner sitzt dann aufrecht im Bett und stützt sich mit beiden Armen ab.

Atemgeruch

  • Der Atem ist normalerweise geruchsarm. Auffälligkeiten sind oftmals Anzeichen für Erkrankungen.
  • Übler Mundgeruch kann durch mangelhafte Mundhygiene zurückzuführen sein. Es handelt sich um die Folgen des bakteriellen Zerfalls von Nahrungsresten oder Erkrankungen der Mundhöhle, etwa Karies.
  • Obst- oder Azetongeruch ("faule Äpfel") tritt auf bei langen Hungerphasen oder beim diabetischen Koma.
  • Uringeruch kann bei Nierenversagen wahrgenommen werden. Allerdings unterlaufen Pflegekräften hier schnell Fehleinschätzungen, etwa wenn der Uringeruch tatsächlich auf eine Inkontinenz zurückzuführen ist.
  • Erdiger Geruch ("nach Leber") ist wahrzunehmen, wenn Lebergewebe zerfällt. Dieses etwa als Folge einer Leberzirrhose.
  • Ammoniakgeruch ("faule Eier") tritt auf, wenn die Leberfunktion eingeschränkt ist.
  • Ein eitriger, fauler, süßlicher oder jauchiger Geruch weist auf eine Eiteransammlung in der Lunge hin, wie dieses etwa bei einem Abszess auftritt. Weitere mögliche Auslöser sind Zerfallsprozesse (etwa bei einem Bronchialkarzinom) oder bei Bronchiektasen, also Aussackungen der Bronchien.

Atemgeräusche

  • Bei gesunden Menschen sind Atemgeräusche nur bei körperlicher Belastung wahrnehmbar, dann etwa als ein Keuchen.
  • Ein hörbares Pfeifen während des Einatmens (sog. "inspiratorischer Stridor") tritt bei einer Blockierung der Luftwege auf, etwa durch einen Fremdkörper oder durch Schleimablagerungen. Dieser Effekt tritt häufig in Kombination mit Atemnot auf.
  • Ein hörbares Pfeifen während des Ausatmens (sog. "exspiratorischer Stridor") geht häufig auf eine Verengung der Bronchien zurück. Diese wird z.B. von COPD oder Asthma bronchiale ausgelöst.
  • Flüssigkeitsansammlungen in den Lungenbläschen können zu einem Rasseln oder Brodeln führen, den sog. "feuchten Rasselgeräuschen". Auslöser sind häufig ein Lungenödem oder Pneumonie.
  • Zu den sog. "trockenen Rasselgeräuschen" werden das Giemen, Pfeifen und Brummen gezählt. Sie werden durch schwingende Schleimfäden in den Bronchien ausgelöst, die in der Folge etwa einer Bronchitis, COPD oder bei Asthma gebildet werden.

Nachbereitung:

  • Bei gravierenden Abweichungen wird umgehend ein Arzt gerufen.
  • Die Ergebnisse der Atembeobachtung und alle weiteren relevanten Auffälligkeiten werden dokumentiert. Notiert werden immer auch die Begleitumstände der Messung, also etwa "Messung im Liegen, Bewohner ist aufgeregt usw."

Dokumente:

  • Vitaldatenblatt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte