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Standard "Backgruppe" in der Tagespflege

Nach 50 oder mehr Jahren Erfahrung als Hausfrau fällt es vielen Seniorinnen schwer, sich versorgen zu lassen. Eine fundiert geführte Backgruppe kann bis ins hohe Alter auf diesen Fähigkeiten aufbauen. Denn die Handgriffe und Abläufe sind oft so tief in den Erinnerungen verwurzelt, dass sie selbst durch eine dementielle Erkrankung nicht ausgelöscht werden.


Standard "Backgruppe" in der Tagespflege


Definition:

  • Wir bieten in unserer Tagespflegeeinrichtung eine Backgruppe an. Einmal in der Woche stellen unsere Tagesgäste unter Anleitung der dafür geschulten Mitarbeiter Kuchen und Torten her.
  • Das Backen weckt bei Seniorinnen andere Erinnerungen als etwa das Kochen. Kochen zählt zu den alltäglichen Routineaufgaben, die insbesondere werktags unter Zeitdruck erfüllt werden mussten. Das Backen hingegen assoziieren die meisten unserer Tagesgäste mit Sonn- und Feiertagen, an denen die Familie gemütlich und entspannt zusammenkommt.
  • Backen eignet sich insbesondere auch für die Betreuung von dementiell veränderten Senioren. Die einzelnen Schritte lassen sich gut voneinander abgrenzen und entsprechend den individuellen Fähigkeiten zuteilen. Zudem führt Backen zu schnellen Erfolgen; die Senioren können ihre Produkte zumeist noch am gleichen Tag probieren.

Grundsätze:

  • Backen ist ein wirksames Element der Wahrnehmungs- und Erinnerungspflege.
  • Die Backgruppe richtet sich vornehmlich aber nicht ausschließlich an weibliche Tagesgäste. Auch Männer können daran teilnehmen. Wir respektieren es aber, wenn diese ihrem Rollenbild entsprechend daran kein Interesse zeigen.
  • Die Hygienevorschriften werden streng beachtet. Überkommene Zubereitungstechniken werden nicht eingesetzt, vor allem nicht die Nutzung von rohen Eiern. Wir nutzen stattdessen Ersatzprodukte, etwa Vollei aus dem Tetrapack.
  • Der spielerische Faktor hat Vorrang vor therapeutischen Zielen. Die Backgruppe soll unseren Tagesgästen Spaß machen und nicht zur Pflicht werden.
  • Tagesgäste sollen für gute Leistungen gelobt werden.
  • Wir legen Wert auf einen freundschaftlichen Umgang unter den Senioren. Der Übungsleiter wird daher Tagesgäste mit geringen hauswirtschaftlichen Fähigkeiten vor Spott in Schutz nehmen.

Ziele:

  • Hauswirtschaftliche Kompetenzen werden erhalten und gefördert.
  • Erinnerungen werden wachgerufen.
  • Das Gemeinschaftsgefühl der Tagesgäste wird gefördert.
  • Das Selbstvertrauen wird durch Erfolgserlebnisse gestärkt.
  • Die Wahrnehmungsfähigkeiten werden gefördert.
  • Die feinmotorischen Fähigkeiten werden erhalten und gefördert.

Vorbereitung:

  • Als Übungsleiter setzen wir erfahrene Pflegekräfte, Ergotherapeuten oder Sozialpädagogen ein. Qualifikation:
    • Erfahrungen in Gruppenarbeit
    • umfangreiche hauswirtschaftliche Fähigkeiten
    • Kommunikationsfähigkeit
    • Kenntnisse über Lehrmethoden in der Erwachsenenbildung
    • Kenntnisse über gerontopsychiatrische Krankheitsbilder
  • Die Backgruppe findet einmal in der Woche statt. Die Planung wird mit der Hauswirtschaft abgestimmt.
  • Die genauen Termine für die Backgruppe werden regelmäßig am schwarzen Brett und in Kundenrundschreiben bekannt gegeben. Terminverschiebungen werden allen teilnehmenden Tagesgästen rechtzeitig mitgeteilt. Die Teilnehmer werden aufgefordert, geeignete Kleidung, ihr Hörgerät mit geladenen Batterien und ihre Brille mitzubringen.
  • Verschiedene Krankheitsbilder machen die Teilnahme von Tagesgästen unmöglich:
    • mangelhafte Körperhygiene
    • aggressives Verhalten und suizidale Tendenzen (Umgang mit gefährlichen Küchenutensilien)
    • Erbrechen und Durchfall (Infektionsgefahr!)
  • Die Gruppenleiterin stellt geeignete Rezepte zusammen.
    • Die Rezepte sollten den Teilnehmern bekannt und insbesondere regional verwurzelt sein.
    • Bei der Auswahl der Zutaten sollte die jeweilige Jahreszeit maßgeblich berücksichtigt werden. Sobald etwa die Zeit der Erdbeer-, der Kirsch- oder etwa der Apfelernte ansteht, sollten entsprechende Rezepte gewählt werden.
    • In der Weihnachtszeit backen wir Plätzchen, Kekse usw.
    • Rezepte, die auf exotischen Früchten basieren, sind zumeist eher ungeeignet. Dieses gilt auch für „Moderezepte“ („After-Eight-Torte“ u.Ä.)
    • Wichtig ist auch, dass sich die Abläufe in mehrere einzelne klar abgegrenzte Arbeitsschritte aufteilen lassen.
    • Verschiedene Rezepte sehen längere Wartezeiten vor, etwa für das Abkühlen von Zutaten, für das Aufgehen von Teigen oder notwendige Ruhezeiten. Diese Rezepte kommen nicht in unsere erste Wahl.
    • Problematisch sind auch Rezepte mit harten Krusten oder harten Zutaten, wie etwa Nüsse, Mandeln, Trockenobst usw. Diese können bei Senioren mit schlechtem Gebisszustand zu Kauproblemen führen.
    • Die Pflegekraft informiert sich über individuelle Diätvorschriften sowie ggf. vorhandene Allergien etwa gegen Steinobst.
  • Ideal ist eine Teilnehmerzahl von 5 bis 8 Tagesgästen. Wenn diese Größe deutlich überschritten wird, teilen wir die Tagesgäste in zwei Gruppen auf, um eine individuelle Betreuung sicherzustellen. Eine Gruppenteilung ist ebenfalls notwendig, wenn das mentale Leistungsniveau innerhalb der Gruppe stark variiert.
  • Ggf. kann ein Praktikant, ein Zivildienstleistender oder ein Pflegeschüler bei der Durchführung der Backgruppe mithelfen.
  • Die Übungsleiterin stellt die Einkaufsliste zusammen. Die Zutaten können über die zentrale Küche beschafft werden. Alternativ kann die Übungsleiterin mit ausgewählten Tagesgästen die Komponenten selbständig einkaufen.
  • Alle notwendigen Kücheninstrumente werden (gut sichtbar für alle Tagesgäste) auf dem Tisch in der Küche abgelegt.
  • Die Übungsleiterin stellt sicher, dass der Verbandskasten gefüllt ist und bereit steht.
  • Butter und Margarine werden rechtzeitig warm gestellt.
  • Wir prüfen, ob unsere Tagesgäste lieber elektrische Geräte nutzen, etwa einen elektrischen Mixer. Ansonsten bieten wir ihnen die herkömmlichen Hilfsmittel an, etwa ein Handrührgerät.

Durchführung:

Allgemeines

  • Wenn die Teilnehmergruppe aus vielen dementiell erkrankten Senioren besteht, sollten alle Mitarbeiter an nur einer Kuchensorte arbeiten. Falls gleichzeitig verschiedene Kuchensorten hergestellt werden, würde dass viele Tagesgäste überfordern.
  • Vor dem Backen müssen sich alle Tagesgäste sorgfältig die Hände waschen und desinfizieren. Die Übungsleiterin überwacht die Reinigung und unterstützt ggf. die Tagesgäste. Die Reinigung ist zu wiederholen, wenn ein Tagesgast die Hände verschmutzt, etwa durch das Berühren von Müll oder anderen kontaminierten Flächen.
  • Die Kleidung der Tagesgäste wird durch eine Schürze vor Verschmutzungen geschützt.
  • Die Gruppenleiterin liest das Rezept laut vor. Gemeinsam werden die Arbeitsschritte geplant und besprochen.
  • Bei Schlaganfallpatienten sollte der betroffene Arm so weit wie möglich in das Geschehen eingebunden werden. So kann die betroffene Hand eine Zutat halten, die mit der anderen Hand geschnitten wird.
  • Wir nutzen die vorhandenen Hilfsmittel, also etwa spezielle Schneidebretter bei Apoplexie-Patienten, Griffvergrößerungen bei Arthrosepatienten usw.
  • Die Übungsleiterin bremst Tagesgäste, die ihre Fähigkeiten überschätzen. Dieses insbesondere, wenn die Senioren mit heißem Wasser, Messern oder anderen potentiell gefährlichen Gegenständen hantieren.
  • Den Tagesgästen wird während des Backens regelmäßig ein Getränk angeboten.
  • Die Übungsleiterin versucht stets, beim Kochen an die Biografie des Tagesgastes anzuknüpfen. Sie regt an, dass der Tagesgast über seine Erlebnisse spricht.

Nutzung eines Waffeleisens

  • Die Nutzung eines Waffeleisens durch Tagesgäste erfordert besondere Aufmerksamkeit durch die Gruppenleiterin.
    • Die Gruppenleiterin prüft vor jeder Nutzung, ob die Geräte technisch einwandfrei sind. Insbesondere dürfen keine Kabel beschädigt sein.
    • Die Waffeleisen dürfen nur auf einer hitzebeständigen Unterlage genutzt werden.
    • Die Gruppenleiterin ermahnt die Tagesgäste stets zu einem vorsichtigen Umgang mit dem Waffeleisen. Dementiell erkrankte Senioren sollten kein Waffeleisen bedienen.
    • Die Gruppenleiterin achtet auf eine ausreichende Belüftung. Waffeleisen sollten nicht in der Nähe von Rauchmeldern betrieben werden.

Nachbereitung:

  • Die Tagesgäste können Rezepte für die nächste Backstunde vorschlagen.
  • Die Gruppe spült das Geschirr, trocknet es ab und räumt die Küche auf.
  • Die Maßnahme wird dokumentiert.
  • Die Backwaren werden je nach Haltbarkeit in den folgenden Tagen gemeinsam verspeist.

Dokumente:

  • Tagesberichte

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Mitarbeiter