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Standard "Pflege
von Senioren mit einem Bandscheibenvorfall"
Ein
Bandscheibenvorfall kann zu Schmerzen führen, die man seinem
ärgsten Feind nicht wünscht. Daher zieht sich die
Schmerzvermeidung wie ein roter Faden durch alle
Pflegetätigkeiten. Wir zeigen Ihnen, wie Sie den aktuellen Stand
der Forschung in Ihrem QM-Handbuch abbilden.
Standard "Pflege von Senioren
mit einem Bandscheibenvorfall"
Definition:
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Ein lumbaler Bandscheibenvorfall (auch
Bandscheibenprolaps, Diskushernie, Diskusprolaps) ist eine Schädigung
des Knorpelgewebes, das die Bandscheiben ummantelt. In der Folge
verwölbt sich das Gewebe oder tritt gar in die Zwischenwirbellöcher
oder in den Wirbelkanal aus. Es entsteht ein Druck auf die
Rückenmarksnervenwurzeln, was zu einem erheblichen Schmerzempfinden des
Bewohners führt. Am häufigsten tritt ein Bandscheibenvorfall in der
Lendenwirbelsäule auf. Die Halswirbelsäule ist seltener betroffen, die
Brustwirbelsäule praktisch nie.
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Die möglichen Auslöser für einen Bandscheibenvorfall sind:
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Abnutzung des Knorpels bis zum völligen Verfall der Knorpelschicht bei Senioren
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dauerhafte Fehlbelastung
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hormonelle Einflüsse
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angeborene Knorpelschwäche
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Übergewicht
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sportliche Überbelastung
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ungenügend ausgeprägte, verhärtete oder verkrampfte Muskulatur
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plötzliche schädigende Bewegungen, wie etwa schweres Heben, Bücken oder Drehen
Grundsätze:
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Das entscheidende Element zur Gesundung des
Bewohners ist die Physiotherapie. Wir stellen sicher, dass der Bewohner
ein systematisches und regelmäßiges Training erhält.
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Ebenso wichtig ist die Motivation des
Bewohners, seine Lebensführung zu ändern. Dazu zählen insbesondere eine
Reduktion von etwaigem Übergewicht sowie eine intensivierte körperliche
Aktivität.
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Alle Maßnahmen werden umfassend mit dem behandelnden Hausarzt abgesprochen.
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Die Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Therapieform liegt einzig beim Bewohner bzw. bei dessen Betreuer.
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Jeder Bewohner hat das Recht auf eine optimale Schmerzmittelversorgung und eine angemessene Versorgung mit Hilfsmitteln.
Ziele:
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Eine akute Gesundheitsgefahr wird schnell erkannt und abgewendet.
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Der Bewohner wird vor dauerhaften Schädigungen geschützt.
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Der Bewohner erleidet keine unnötigen Schmerzen.
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Der Heilungsprozess wird unterstützt.
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Die Beweglichkeit, die Koordinationsfähigkeit und die Kraft des Bewohners werden wieder hergestellt.
Vorbereitung:
allgemeine Maßnahmen
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Die korrekte Pflege von Senioren mit einem Bandscheibenvorfall wird regelmäßig per Pflegevisite überprüft.
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Wir bilden unsere Mitarbeiter regelmäßig weiter und halten aktuelle Fachliteratur bereit.
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Wir halten insbesondere folgende Hilfsmittel bereit:
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Sitz- und Stehhilfen
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Stehpult
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ausreichend hoher Arbeitstisch
achten auf Symptome
Wir achten auf Symptome, die für einen Bandscheibenvorfall sprechen:
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plötzlich auftretende Schmerzen und Bewegungseinschränkungen etwa im Bereich der unteren Wirbelsäule
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der Bewohner klagt über einen "Hexenschuss"
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ausstrahlende Schmerzen bis in die unteren Extremitäten
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beim Husten, Pressen oder Niesen Zunahme der Schmerzen
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weit reichende Sensibilitätsstörungen, die vom Bewohner selbst oft nicht bemerkt werden
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schwache oder fehlende Reflexe, insbesondere Knie- oder Achillessehnenreflex
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Schonhaltung, insbesondere Liegen im Bett mit angezogenen Beinen
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ggf. Lähmungen
achten auf das Kaudasyndrom
Wir achten auf Symptome, die für eine
Schädigung des Cauda equina (ein Nervenfaserbündel im Bereich der
unteren Lendenwurzeln) sprechen. In einem solchen Fall ist eine
unverzügliche Einweisung in ein Krankenhaus notwendig. Ein nicht
erkanntes oder zu spät operiertes Kaudasyndrom kann eine Blasenlähmung
zur Folge haben.
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heftige Schmerzen
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schlaffe Lähmung mit Schmerzen und Sensibilitätsstörungen ("Reithosenanästhesie") an den unteren Extremitäten
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oft Blasen- und Mastdarmstörungen
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Potenzstörung
achten auf einen medialen Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule
Wir achten auf Symptome, die auf einen
Bandscheibenvorfall im Halswirbelsäulenbereich schließen lassen. Dieser
erfordert eine sofortige klinische Behandlung:
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Schmerzen in der Schulter und im Arm, die sich beim Drehen des Kopfes verstärken
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Empfindungsstörungen
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Muskelschwäche in Schulter und Arm
Diagnostik
Wenn hinreichende Anzeichen für einen
Bandscheibenvorfall bestehen, leiten wir (ggf. unverzüglich) eine
umfassende ärztliche Untersuchung ein:
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Röntgen
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Computertomographie
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Kernspintomographie
Durchführung:
allgemeine Maßnahmen
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Der Bewohner sollte eine hochwertige und harte
Matratze bevorzugen. Ggf. kann das Durchhängen der Wirbelsäule mit
einem Brett unter der Matratze vermieden werden. Ggf. nutzen wir ein
weiteres Kissen unter dem Rücken, um den Auflagedruck besser zu
verteilen.
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Die Pflegekraft beobachtet den Bewohner und macht ihn auf schädliche Bewegungsabläufe aufmerksam.
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Die Pflegekraft demonstriert dem Bewohner, wie
er sich rückenschonend im Bett drehen kann. Auch das Aufstehen aus dem
Bett kann geübt werden.
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Dem Bewohner wird eine entspannende Atemtechnik demonstriert.
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Der Bewohner sollte lange Spaziergänge auf
hartem Untergrund vermeiden. Eine Wanderung im Wald ist besser als ein
Marsch über Asphalt.
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Die Pflegekraft leitet den Bewohner an, beim Sitzen auf einen geraden Rücken zu achten.
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Der Bewohner sollte das Sitzen in weichen
Sesseln vermeiden und eine Bank oder einen Stuhl bevorzugen. Ggf. kann
geprüft werden, ob ein keilförmiges Sitzkissen den Sitzkomfort steigert.
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Die Körperhaltung und die Bewegungen des
Bewohners werden überwacht. Für den Rücken ungünstige Abläufe werden
angesprochen und korrigiert.
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Der Bewohner erhält eine angemessene medikamentöse Behandlung. Diese umfasst
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Schmerzmittel mit entzündungshemmender Wirkung (nichtsteroidale Antiphlogistika wie etwa Diclofenac)
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muskelentspannende Wirkstoffe (etwa Musaril oder Diazepam)
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allgemeine Schmerzmittel (wie etwa Paracetamol)
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lokale Schmerzanästhesie
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Wir bitten um eine ausreichend bemessene Bedarfsmedikation.
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Wir stehen alternativen Behandlungsmethoden
neutral gegenüber, wenn der Bewohner diese wünscht. Dazu zählen
insbesondere Entspannungstechniken, fernöstliche Heilmethoden,
Homöopathie, Osteopathie sowie Chiropraktik.
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Der Bewohner sollte einen normalen BMI anstreben und sein Ernährungsverhalten entsprechend umstellen.
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Der Bewohner sollte keine engen Jeans oder unnötig im Rücken wärmende Kleidung tragen.
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Der Bewohner sollte gute Schuhe mit elastischer
Sohle und gutem Sitz tragen. Hohe Absätze sollten vermieden werden. Die
Schuhe sollten am Vormittag gekauft werden, da die Füße im Laufe des
Tages anschwellen können. Auch die Druckempfindlichkeit ist am Abend
größer.
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Der Bewohner darf in der Badewanne nicht allein
gelassen werden. Eine unerwartete Schmerzattacke könnte ihn am
Aussteigen hindern und in Panik versetzen. Eine Pflegekraft darf den
Bewohner nur dann baden, wenn sie körperlich in der Lage ist, den
Senioren im Notfall aus der Wanne zu mobilisieren. Dieses ist ggf. auch
mittels eines Lifters möglich.
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Wenn der Bewohner plötzlich keinerlei Schmerzen
mehr hat und gleichzeitig Lähmungen auftreten, ist dieses ein Anzeichen
für einen "Wurzeltod". Es wird umgehend der Arzt alarmiert.
Pflege während einer ambulanten konservativen Behandlung
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Der Bewohner sollte zunächst Bettruhe einhalten.
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Häufig bringt eine durchgängige Stufenlagerung
eine deutliche Entlastung. Ansonsten wird der Bewohner flach
druckentlastend gelagert.
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Es werden keine Massagen durchgeführt.
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Wärme- und Kältebehandlungen der betroffenen
Rückenregion können das Schmerzempfinden deutlich senken, vor allem
Heublumensack, Fango, Aconit-Öl-Wickel, Arnikawickel usw. (Achtung: Bei
Wärmeanwendungen drohen aufgrund der Sensibilitätsstörungen
Verbrennungen.)
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In vielen Fällen können eine Elektrotherapie, Hydrotherapie oder lokale Salbenanwendungen den Zustand des Bewohners verbessern.
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Ggf. prüfen wir die Wirksamkeit alternativer Heilmethoden wie Akupunktur, Shiatsu oder Schröpfen.
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Wir prüfen, ob eine Extension per Glisson-Schlinge sinnvoll ist.
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Alle Prophylaxen werden sorgfältig umgesetzt,
insbesondere die Kontrakturen-, Dekubitus- und Thromboseprophylaxen.
Beim Einsatz von Muskelrelaxanzien wird auch der Standard
"Sturzprophylaxe" ausgeführt.
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Wir regen die Durchführung der Rückenschule an.
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Wir stellen auf Wunsch den Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe her.
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Aufgrund der Sensibilitätsstörung können sich leichter Verbrennungen ereignen, etwa durch eine heiße Wärmflasche.
Pflege nach einer Bandscheibenoperation
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Es ist mit einem zeitweiligen Kontrollverlust
der Blasenfunktion zu rechnen. Dieses erfordert eine umfassende
Inkontinenzversorgung.
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Der Bewohner wird für einige Wochen nicht
sitzen dürfen. Er wird daher ggf. im Stehen oder Liegen essen
müssen. Wir prüfen, ob der Bewohner stehend am hochgefahrenen
Nachttisch essen kann.
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Das Pflegebett wird auf eine Höhe gefahren, die ein besonders einfaches Ein- und Aussteigen ermöglicht.
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Der Bewohner wird für einige Wochen in seiner
Beweglichkeit stark eingeschränkt und auf zusätzliche Hilfe angewiesen
sein. Dieses betrifft vor allem die Fähigkeit, sich selbständig an- und
auszuziehen, sich zu waschen usw.
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Wir sorgen für eine gute Zusammenarbeit mit der
Krankengymnastin. Insbesondere ist es unverzichtbar, dass der Bewohner
die vorgegebenen Übungen jeden Tag sorgfältig ausführt.
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Der Bewohner sollte Autofahrten in den ersten zwei Monaten nach der Operation vermeiden.
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Der Bewohner sollte es vermeiden, größere
Lasten zu heben. Dieses ist i.d.R. erst nach drei Monaten möglich. Die
Last sollte auch dann ein Gewicht von fünf Kilogramm nicht
überschreiten.
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Der Bewohner sollte sich angemessen bewegen.
Wir empfehlen ihm Sportarten wie Schwimmen oder ruhiges Radfahren auf
ebenem Boden. Alle Sportarten, die abrupte Bewegungen erfordern, sollte
der Bewohner meiden. Etwa: Kegeln, Fußball, Tennis usw.
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Die Operationswunde wird regelmäßig inspiziert.
Nachbereitung:
Organisation
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Wenn sich der Zustand des Bewohners bessert, werden die Maßnahmen reduziert.
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Der Bewohner wird wieder mobilisiert.
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Die Stufenbettlagerung wird reduziert.
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Die Rücken- und Bauchmuskulatur wird gestärkt.
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Die Bewegungsübungen werden intensiviert.
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Die Schmerzmitteldosierungen werden zurückgefahren, Injektionen werden zugunsten von oraler Applikation reduziert.
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Die physikalischen Maßnahmen werden auf das Normalmaß reduziert.
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Alle Maßnahmen werden sorgfältig dokumentiert:
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Wie äußert sich der Bewohner zu seinen Beschwerden?
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Welche Wirkung zeigen die Medikamente, welche Nebenwirkungen werden verzeichnet?
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Wie gut spricht der Bewohner auf die Wärme- und Kältebehandlungen an?
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Welche "alternativen" Therapien nutzt der Bewohner?
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Welche Einschränkungen treten auf? Inwieweit lassen sich diese mit Hilfsmitteln kompensieren?
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Ggf. wird die Pflegeplanung angepasst.
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Wir informieren die zuständigen Ärzte über alle relevanten Gesundheitsveränderungen.
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Die Versorgung von Bewohnern mit Bandscheibenvorfall wird regelmäßig im Qualitätszirkel diskutiert.
Prognose
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Die Prognose ist gut. Bei neun von zehn
Patienten führt bereits eine nichtoperative Therapie zu einer
weitgehenden oder zu einer vollständigen Schmerzfreiheit.
Dokumente:
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Pflegebericht
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Durchführungsnachweis / Leistungsnachweis
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Medikamentenblatt
-
ärztliches Verordnungsblatt
-
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
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