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Standard "Beckenbodentraining ohne unterstützende Technik"

Bei der Lektüre des Expertenstandards zur "Förderung der Harnkontinenz" wird sich manch Pflegekraft die Augen gerieben haben. Gleich dutzendfach haben die Autoren "alte Zöpfe" abgeschnitten und die gesamte Inkontinenzprophylaxe deutlich modernisiert. Wir zeigen Ihnen, wie ein Beckenbodentraining heute aussehen sollte.


Standard "Beckenbodentraining ohne unterstützende Technik"


Definition:

  • Die Beckenbodenmuskulatur befindet sich unterhalb der Harnblase. Sie kann bewusst angespannt werden, um die Blase zu verschließen. Gleichzeitig kann ein Mensch die Beckenbodenmuskulatur erschlaffen lassen, um die Blasenentleerung einzuleiten.
  • Verschiedene Faktoren können die Beckenbodenmuskulatur schwächen, wie etwa Geburten, operative Eingriffe oder hohes Lebensalter. In der Folge verlieren insbesondere Frauen häufig zunächst die Harn- und später ggf. auch die Stuhlkontinenz.
  • Die Bewahrung und die Wiederherstellung der Kontinenz zählen zu den primären pflegerischen Zielen. Dafür stehen uns zwei Varianten des Beckenbodentrainings zur Verfügung:
  • Das "Beckenbodentraining ohne unterstützende Technik" (hier beschrieben) basiert auf Bewegungsübungen. Diese fördern die Sensibilität der Bewohnerin für die eigene Beckenbodenmuskulatur. Zudem kräftigen die Übungen die Muskulatur. Die Übungen werden ohne Hilfsmittel durchgeführt.
  • Beim "Beckenbodentraining mit unterstützender Technik" kommen zusätzliche Trainingsgeräte zum Einsatz, also etwa Vaginalkonen, Biofeedback-Geräte oder Systeme zur Elektrostimulation.

Grundsätze:

  • Inkontinenz ist kein schicksalhaftes Leiden. Mit sorgfältigem Training lässt sich das Problem lindern und ggf. sogar ganz beseitigen.
  • Beckenbodentraining ist auch im fortgeschrittenen Alter sinnvoll.
  • Beckenbodentraining ist ein elementarer Bestandteil jeder Gymnastikstunde; dieses ggf. auch bei Bewohnerinnen, die noch nicht unter Inkontinenz leiden.

Ziele:

  • Die Blasen- und Darmschließmuskulatur und der Beckenboden werden gestärkt.
  • Harn- und Stuhlinkontinenz werden vermieden oder gelindert.
  • Der Bewohner hat ein positives Körpergefühl.

Vorbereitung:

Indikation

  • Wir prüfen, ob die Bewohnerin an einer Gesundheitsstörung leidet, die durch Beckenbodentraining beeinflusst werden kann. Dieses ist insbesondere der Fall bei Stressinkontinenz und bei Dranginkontinenz.
  • Wir stellen sicher, dass die Bewohnerin über die erforderlichen Ressourcen verfügt. Verschiedene Übungen sind körperlich anstrengend und werden im Sitzen durchgeführt. Der Kreislauf der Bewohnerin muss also so weit belastbar sein, dass ihr dabei nicht schwindelig wird.
  • Die Bewohnerin darf nicht unter Harnwegsinfekten oder unter sonstigen entzündlichen Prozessen im Unterbauch leiden.
  • Nach operativen Eingriffen muss der Heilungsprozess so weit fortgeschritten sein, dass durch die Übungen kein weiterer Schaden entsteht.
  • Ein wichtiges Kriterium ist die Motivation. Ein Training macht nur dann Sinn, wenn es konsequent über Wochen und Monate hinweg mehrmals täglich durchgeführt wird. Wenn die Bewohnerin trotz umfassender Beratung (siehe unten) nicht im ausreichenden Maße zur Kooperation bereit ist, wird kein Beckenbodentraining durchgeführt.
  • Ganz Ähnliches gilt für die mentale Leistungsfähigkeit. Die Bewohnerin muss den Sinn und Zweck der Übungen verstehen, um für die Durchführung dauerhaft motiviert zu sein. Bei einer fortgeschrittenen Demenz ist dieses i.d.R. nicht mehr der Fall. Ein Beckenbodentraining ist dann sinnlos.

Organisation

  • Gemeinsam mit der Bewohnerin prüfen wir, wie die Übungen am besten in den Tagesablauf eingebunden werden. Wir berücksichtigen, dass die mentalen und körperlichen Ressourcen oftmals tageszeitlichen Schwankungen unterworfen sind. Zudem müssen viele Senioren Medikamente nehmen, die z.B. die Konzentrationsfähigkeit oder den Gleichgewichtssinn beeinflussen.
  • Viele der hier beschriebenen Übungen lassen sich auch "nebenbei" etwa während des Fernsehens durchführen. Pflegekräfte sollten die betroffenen Bewohnerinnen daher regelmäßig an die Übungen erinnern.
  • Wir suchen den Dialog mit dem behandelnden Arzt und der Physiotherapeutin. Wir teilen diesen externen Partnern genau mit, welche Pflegeprobleme und Ressourcen beachtet werden müssen.
  • Wir lassen uns von der Physiotherapeutin sorgfältig in die richtige Durchführung der Übungen einweisen.  
  • Vor Beginn des Trainings wird der Bewohnerin ein Toilettengang angeboten. Die Blase sollte weitgehend entleert werden.

Durchführung:

Beckenbodentraining im Liegen

  • Die folgenden Übungen können im Pflegebett oder auf einer Bodenmatte durchgeführt werden. Sie haben den Vorteil, dass keine Sturzgefahr besteht.

  • Die Bewohnerin ist in Rückenlage. Sie soll ausatmen und dann das Becken anheben. Während des Einatmens legt sie das Becken wieder auf dem Boden ab.

  • Die Bewohnerin soll das Becken vom Bett abheben. Nun hebt sie zusätzlich im Wechsel jeweils einen Fuß vom Boden ab und stellt ihn danach wieder auf dem Boden ab.

  • Die Bewohnerin soll die linke Hand zum rechten Knie führen. Sie atmet nun aus und drückt das Knie kräftig gegen die Hand. Dann atmet die Bewohnerin wieder ein und reduziert dabei gleichzeitig die Spannung. Danach wiederholt sie die Übung mit der rechten Hand und dem linken Knie.

  • Die Bewohnerin ist in Seitenlage. Sie soll ausatmen und die Fersen zusammenpressen. Gleichzeitig hebt sie das oben liegende Knie ab. Nun soll sie wieder ausatmen und dabei gleichzeitig die Knie schließen. Danach dreht sich die Bewohnerin auf die gegenüberliegende Seite und wiederholt die Übung.

Beckenbodentraining im Sitzen und im Stehen

  • Die folgenden Bewegungsabläufe sind häufig in einschlägigen Beratungsbroschüren zu finden. Für die Altenpflege sind diese Übungen jedoch in vielen Fällen ungeeignet, da sie bei Kreislaufdefiziten zum Sturz führen können.
  • Die Bewohnerin sitzt am Rand der Sitzfläche eines stabilen Stuhles. Der Rücken wird in eine Hohlkreuzstellung gebracht, da die Bewohnerin nun die Muskulatur um die Harnröhre und die Scheide besser spüren kann. Sie soll die Muskulatur nun im Wechsel anspannen und lösen.
  • Der Bewohnerin wird eine Handtuchrolle oder ein vergleichbares Lagerungshilfsmittel untergeschoben. Dadurch wird die Anspannung erleichtert und besser für die Bewohnerin spürbar.

Nachbereitung:

  • Die Bewohnerin wird für ihr Engagement gelobt und zum Durchhalten motiviert. Es wird i.d.R. mehrere Wochen dauern, bis die Übungen zu spürbaren Resultaten führen.
  • Die Pflegekraft fragt nach dem Befinden der Bewohnerin.
  • Alle Beobachtungen werden dokumentiert. Maßnahmen, auf die die Bewohnerin negativ reagiert, werden in den nächsten Sitzungen nicht mehr genutzt.
  • Relevante Beobachtungen werden dem Hausarzt und der Pflegedienstleitung weitergemeldet.
  • Die Ergebnisse und Erfahrungen werden regelmäßig in Fallbesprechungen und in der Dienstübergabe diskutiert.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung aktualisiert.

Dokumente:

  • Pflegeplanung
  • Berichtsblatt
  • Leistungsnachweise

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte