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Standard
"Gebärmuttersenkung"
Drei, vier oder mehr Geburten ohne spätere
Rückbildungsgymnastik, dazu jahrzehntelange körperliche Arbeit.
Nicht ohne Grund leiden viele Seniorinnen unter einer
Gebärmuttersenkung. Mit einer ganzen Reihe interessanter
Therapieansätze können Pflegekräfte dabei helfen, dass
Betroffenen eine Radikaloperation erspart bleibt.
Standard "Gebärmuttersenkung"
Definition:
Bei einer
Gebärmuttersenkung kommt es zu einem Absacken des Uterus und der
Vagina. Wenn Teile der Gebärmutter und der Scheide im
Scheideneingang sichtbar werden, handelt es sich um einen
"partiellen Uterusprolaps". Bei einem "totalen Prolaps" kommt es zu
einem Vorfall der gesamten Gebärmutter.
Wenn sich die
vordere Scheidenwand absenkt, kommt es zum Blasenvorfall
("Zystozele"). Durch die Senkung der hinteren Scheidenwand tritt der
Enddarm tiefer ("Rektozele"). In der Praxis sind Zystozelen häufiger
vertreten als Rektozelen.
Der Uterus,
die Vagina, die Harnblase und das Rektum sind miteinander verbunden.
Daher kann eine Gebärmuttersenkung auch die Lage der anderen Organe
krankhaft verändern und deren Funktionsfähigkeit beeinträchtigen.
Die
Gebärmuttersenkung schreitet i.d.R. so langsam fort, dass sie von
der Bewohnerin zunächst unbemerkt bleibt. Das erste Symptom ist
oftmals ein unfreiwilliger Harnabgang.
Grundsätze:
Eine mäßige
Scheiden- oder Gebärmuttersenkung ist die unvermeidliche Folge von
Schwangerschaften. Eine Behandlung ist aber nur dann erforderlich,
wenn Beschwerden auftreten.
Eine aus
diesen körperlichen Veränderungen resultierende Inkontinenz hingegen
kann oftmals abgewendet werden. Auch im hohen Alter werden wir daher
immer nach Therapien und Pflegemaßnahmen suchen, um das
Fortschreiten der Schädigung zu stoppen.
Wir sind uns
immer bewusst, dass eine Senkung der Gebärmutter für viele
Betroffene so peinlich ist, dass sie es selbst mit der
Bezugspflegekraft nicht besprechen werden. Wir thematisieren dieses
Krankheitsbild daher stets taktvoll und unter vier Augen.
Der
entscheidende Faktor bei der Beckenbodengymnastik ist die Motivation
der Bewohnerin. Wir müssen der Betroffenen stets verdeutlichen, dass
mit einem spürbaren Erfolg erst nach Wochen oder Monaten zu rechnen
ist.
Ziele:
Eine
Gebärmuttersenkung wird frühzeitig erkannt.
Durch
konsequent angewandte Prophylaxemaßnahmen wird das Fortschreiten der
Erkrankung gestoppt.
Eine
Inkontinenz wird vermieden.
Die
Lebensqualität und das Selbstwertgefühl des Bewohners bleiben
erhalten.
Vorbereitung:
Risikoermittlung
Wir prüfen im
Rahmen der Erstanamnese sowie bei der Biografiearbeit, welche
individuellen Risiken bei der Bewohnerin vorliegen. Etwa:
Übergewicht
Berufsleben,
das mit harter körperlicher Arbeit verbunden ist (Handwerk,
Landwirtschaft usw.)
Bindegewebeschwäche als Folge einer genetischen Disposition oder der
Alterung
mehrere
Geburten, insbesondere ohne dass danach Maßnahmen zur Rückbildung
durchgeführt wurden (insbesondere Gymnastik)
Geburt sehr
großer Kinder, Mehrlingsgeburten sowie Geburtsverletzungen
umfangreiche
gynäkologische Operationen
lang
anhaltender Husten (z.B. chronische Bronchitis)
Gebärmuttersenkungen in der direkten Verwandtschaft; insbesondere
bei der Mutter
Symptome
Wir achten auf
Symptome, die auf eine sich entwickelnde Gebärmuttersenkung hindeuten:
Druck- oder
Fremdkörpergefühl in der Scheide, dieses insbesondere, wenn die
Bewohnerin sitzt
sichtbare
Störungen im Gangbild, Probleme beim Sitzen
diffuse Kreuz-
und Unterbauchschmerzen, die sich durch körperliche Arbeit, beim
Pressen und beim Heben intensivieren
Blasenbeschwerden, insbesondere Stressinkontinenz (Harnabgang beim
Niesen und Husten oder bei körperlicher Anstrengung)
Harnentleerungsstörungen
unvollständige
Stuhlentleerung, Obstipation
gehäuft
auftretende Harnwegsinfektionen
vaginaler
Ausfluss, teils auch blutig durch Infektionen und Druckgeschwüre
Durchführung:
allgemeine Maßnahmen
In frühen
Krankheitsphasen ist eine konservative Therapie i.d.R. ausreichend.
Wir führen
gemeinsam mit der Bewohnerin regelmäßiges Beckenbodentraining durch.
Durch eine
Ernährungsumstellung sowie durch körperliche Aktivität versuchen
wir, ein ggf. vorhandenes Übergewicht abzubauen.
Wir prüfen, ob
eine lokale Östrogenbehandlung die Symptomatik lindert. Oftmals
werden die Wirkstoffe mittels Suppositorium oder als Salbe
appliziert. Vaginal applizierte Suppositorien erhält die Bewohnerin
zumeist direkt vor der nächtlichen Bettruhe. Das Medikament kann
dann optimal einwirken und fließt nicht aus der Scheide wieder aus.
Ausscheidung
Beim
Harnlassen soll sich die Bewohnerin Zeit lassen. Sie soll sich
aufrecht auf die Toilettenbrille setzen. Das Becken wird leicht nach
vorne geneigt. Sie soll weder die Bauchpresse nutzen, noch den
Harnstrahl bewusst unterbrechen.
Beim Stuhlgang
soll die Bewohnerin den Oberkörper etwas nach hinten kippen lassen.
Das Becken wird leicht nach vorne geneigt. In dieser Position wirkt
ein kurzer und gezielter Einsatz der Bauchmuskulatur direkt auf den
Enddarm. Die Bewohnerin soll sich nicht nach vorne vorbeugen und
stark pressen. Eine solche Körperhaltung würde zur Dehnung und zur
Absenkung des Beckenbodens führen. Wichtig ist auch, normal zu atmen
und nicht den Atem zum Pressen anzuhalten.
Nutzung von Pessaren
In
Ausnahmefällen kann ein Pessar aus Porzellan oder aus Hartgummi in
die Scheide eingeführt werden. Damit wird der Uterus in Position
gehalten.
Ein Pessar
wird von der Bewohnerin, von dem behandelnden Gynäkologen oder von
der Pflegekraft eingeführt.
Schalen- und
Ringpessare werden i.d.R. alle drei bis vier Wochen gewechselt.
Würfelpessare werden alle ein bis drei Tage getauscht.
Das Einführen
in die Scheide kann erleichtert werden, wenn das Pessar zuvor mit
einer östrogenhaltigen Creme bestrichen wird. Dafür ist eine
Arztanordnung erforderlich.
Die erhöhte
Gefahr von Druckgeschwüren sowie von Entzündungen der Scheide
sprechen gegen die Nutzung von Pessaren.
Elektrostimulation
Bei der
Elektrostimulation wird eine Sonde in die Scheide eingeführt. Sie
gibt elektrische Impulse ab, um die Beckenbodenmuskulatur zu
stimulieren.
Die Muskulatur
reagiert darauf mit Anspannung und wird so trainiert. Zusätzlich
lernt die Bewohnerin dabei, die Muskelgruppen bewusster zu erspüren.
Die
Stromstärke kann über den Regler des Elektrostimulationsgeräts
individuell justiert werden.
Ohne
zusätzliches Beckenbodentraining lässt der Erfolg der Behandlung
schnell wieder nach.
Biofeedback
Die
Biofeedbackmethode erleichtert es einer Bewohnerin, gezielt die
richtigen Muskeln mit der richtigen Intensität anzuspannen.
Durch das
visuelle oder akustische Signal des Biofeedback-Geräts erhält die
Bewohnerin eine Rückmeldung, ob sie die Übung korrekt durchführt.
Dafür wird in
die Scheide eine Elektrode eingeführt, die mit dem Hauptgerät
verbunden ist.
Die Übung
sollte zweimal täglich für jeweils rund 15 Minuten durchgeführt
werden.
Nutzung von Vaginalkonen
Die Bewohnerin
soll Scheidenkegel (sog. "Konen") nutzen. Es handelt sich dabei um
kleine Kegel aus Kunststoff. Das Gewicht der Konen ist abgestuft von
20 Gramm bis 70 Gramm. Diese werden wie ein Tampon eingeführt und
helfen Betroffenen, die Beckenbodenmuskulatur anzusprechen.
Nach dem
Einführen in die Scheide würden die Konen durch ihr Eigengewicht
wieder herausfallen. Die Bewohnerin muss dieses durch ein Anspannen
der Beckenbodenmuskulatur verhindern. Sie sollte dabei stehen oder
in ihrem Zimmer auf- und abgehen.
Die Übung
sollte zweimal täglich für jeweils rund 15 Minuten durchgeführt
werden. Zunächst erfolgt die Anspannung nur bewusst. Wenn diese
Maßnahme aber über Monate hinweg konsequent durchgeführt wird,
erfolgt die Beckenbodenanspannung auch unbewusst.
Je nach Erfolg
oder Misserfolg wird ein Konus mit einem höheren bzw. niedrigerem
Gewicht gewählt. Wichtig ist auch, dass der Konus beim Husten,
Niesen oder Lachen sicher gehalten wird. Nach Möglichkeit sollte
sich das Gewicht des Konus im Laufe der Monate stetig steigern, bis
die Beckenbodenmuskulaturschwäche überwunden ist.
Die Konen
können mit Wasser und Seife sowie ggf. mit Desinfektionsmittel
keimarm gehalten werden.
Konen dürfen
nicht eingesetzt werden, wenn im Bereich der Vagina eine Entzündung
vorliegt oder vermutet wird.
operative Therapie
Abhängig
davon, ob die Blase oder der Darm von der Senkung betroffen ist,
wird die vordere oder die hintere Scheidenwand abgelöst. Der Chirurg
entnimmt überflüssige Haut und vernäht die Wunde wieder (sog.
"Scheidenplastik"). In vielen Fällen ist es möglich, den Blasen- und
Beckenboden durch die Vagina und somit ohne Unterbauchschnitt zu
raffen. Ist jedoch eine Anhebung der Blase notwendig oder muss der
Harnweg korrigiert werden, erfolgt der Eingriff durch die
Bauchdecke.
Da bei älteren
Bewohnerinnen keine Schwangerschaft mehr möglich ist, kann
gleichzeitig die Gebärmutter entnommen werden (sog.
"Hysterektomie"). Der Scheidenblindsack muss bei dieser Variante
durch einen speziellen Gewebestreifen in der Beckenhöhle fixiert
werden (sog. "Vaginosakropexie"), um einen Vorfall zu vermeiden.
Bei vielen
Betroffenen hat der Eingriff Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl,
da mit der Gebärmutter ein wichtiger Bestandteil weiblicher
Identität entfernt wird. Wir rechnen mit depressiven Verstimmungen,
Ängsten und Niedergeschlagenheit.
In den ersten
Wochen nach der Operation sollte sich die Bewohnerin schonen. Sie
sollte es vermeiden, längere Zeit zu stehen oder schwere Lasten zu
tragen.
Wir achten auf
Anzeichen von Komplikationen, also insbesondere auf Blutungen und
auf Schmerzbelastung.
Nachbereitung:
Alle
durchgeführten Maßnahmen, sowie die Reaktionen der Bewohnerin werden
sorgfältig in der Pflegedokumentation vermerkt.
Die
Pflegeplanung wird regelmäßig an den sich verändernden
Gesundheitszustand der Bewohnerin angepasst.
Bei relevanten
Beobachtungen wird umgehend der behandelnde Gynäkologe informiert.
Dokumente:
-
Pflegeplanung
-
Berichtsblatt
-
Leistungsnachweise
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
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