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Standard
"Blasentraining"
Trotz einer erstaunlich dürftigen
Studienlage hat es das Blasentraining sowohl in den
Expertenstandard als auch auf die MDK-Prüfliste geschafft.
Folglich führt bei der Inkontinenz-Therapie kein Weg mehr an
dieser Schinderei vorbei. Wir zeigen Ihnen, wie Sie das
Konzept umsetzen können.
Standard "Blasentraining"
Definition:
Viele Senioren
vermeiden einen ungewollten Harnverlust, indem sie in immer kürzeren
Zeitabständen eine Toilette aufsuchen. Die Blasenkapazität nimmt in
der Folge beständig ab, wodurch die Symptomatik weiter verstärkt
wird.
Betroffene
klagen über eine massive Beeinträchtigung ihrer Lebensqualität,
insbesondere werden soziale Kontakte und Freizeitaktivitäten durch
die vielen Toilettengänge beeinträchtigt.
Das
Blasentraining (auch bekannt als "Bladder drill") basiert auf einer
schrittweisen Verlängerung dieser Intervalle. Die Toilettengänge
erfolgen nach einem zuvor festgelegten Zeitplan. Wenn der Bewohner
schon vor dem nächsten geplanten Termin Harndrang verspürt, soll er
den Harn so lange wie möglich zurückhalten. Je nach Erfolg oder
Misserfolg werden die Zeitabstände letztlich verkürzt oder
verlängert.
Das gezielte
Unterdrücken des Entleerungsimpulses unterscheidet das
Blasentraining vom Toilettentraining. Beim Toilettentraining wird
der Bewohner zum Wasserlassen aufgefordert, bevor der Harndrang
einsetzt.
Die
Wirksamkeit des Blasentrainings gilt bei Frauen als weitgehend
gesichert. Bei Männern gibt es derzeit noch keine entsprechenden
Studien.
Grundsätze:
Das
Blasentraining kann nur dann erfolgreich sein, wenn der Bewohner zur
Teilnahme motiviert ist. Falls der Bewohner entscheidet, dass er
dieses Training nicht durchführen will, wird seine Entscheidung
respektiert. Wir prüfen dann, ob andere Strategien genutzt werden
können.
Der Aufwand
und der Nutzen des Blasentrainings werden stets kritisch
hinterfragt. Häufig sind die Resultate selbst eines mehrmonatigen
Trainings gering. Bewohner, deren Lebensqualität durch die Maßnahme
über einen längeren Zeitraum deutlich eingeschränkt wurde, sind dann
verständlicherweise unzufrieden und enttäuscht.
Uns ist
bewusst, dass das Blasentraining die Angst vor dem Einnässen
verstärken kann. Es ist daher wichtig, dem Senioren ein Gefühl der
Sicherheit zu vermitteln und ihn zu unterstützen.
Ziele:
Die
Blasenkapazität wird gesteigert.
Der Bewohner
erhält die Kontrolle über den Zeitpunkt der Ausscheidung zurück.
Dadurch steigt auch sein Selbstvertrauen. Die Angst vor Inkontinenz
wird abgebaut.
Im Idealfall
ist der Bewohner wieder kontinent.
Falsche
Ausscheidungsgewohnheiten werden korrigiert, insbesondere also der
routinemäßige Toilettengang in unnötig kurzen Zeitabständen.
Vorbereitung:
Indikation
-
Der
Bewohner leidet unter
häufigem
Wasserlassen in kleinen Mengen
einer
Überfunktion der für die Entleerung zuständigen Muskulatur
Mischinkontinenz
Der Bewohner
ist körperlich mobil und kann insbesondere ohne fremde Hilfe eine
Toilette aufsuchen.
Der Bewohner
ist zur Teilnahme motiviert. Er ist emotional soweit gefestigt, dass
er mit den zu erwartenden Rückschlägen umgehen kann.
Kontraindikation
Wenn der
Bewohner unter Demenz oder unter anderen hirnorganischen
Veränderungen leidet, wird kein Blasentraining durchgeführt. Dann
ist i.d.R. das Toilettentraining sinnvoller.
Schulung des Bewohners
Der Bewohner
wird über die Ursachen der Inkontinenz informiert. Wir nutzen dafür
auch Schaubilder und anderes Schulungsmaterial.
Der Bewohner
wird über die geplanten Maßnahmen und ihre Wirkungsweise informiert.
Er versteht insbesondere, warum kein schneller Erfolg zu erwarten
ist.
-
Wir
erarbeiten gemeinsam mit dem Bewohner Strategien, um sich bei
Harndrang abzulenken. Beispiele:
Spazieren
gehen oder eine andere körperliche Aktivität
Lösen von
Kreuzwort- oder Sudoku-Rätseln
lautes
Aufsagen von Gedichten
Gespräche
mit anderen Mitbewohnern führen oder telefonieren
Nutzung
von Atemtechnik, insbesondere tiefes Aus- und Einatmen
Nutzung
von Übungen aus dem Beckenbodentraining, insbesondere gesteuerte
Kontrakturen der Beckenbodenmuskulatur zur Unterdrückung des
Harndrangs
Wir erstellen
gemeinsam mit dem Bewohner einen Miktionsplan. Bei der Auswertung
prüfen wir, welche Ereignisse zu einem unfreiwilligen Harnverlust
führen. Gleichzeitig arbeiten wir heraus, welche Faktoren zu einer
längeren Kontinenzphase geführt haben.
Durchführung:
Erstellung und stetige Modifikation des Ausscheidungsplanes
Gemeinsam mit
dem Bewohner erstellen wir einen Ausscheidungsplan. Auf diesem wird
festgelegt, zu welchen Uhrzeiten der Bewohner die Toilette aufsuchen
soll.
Wenn der
Harndrang vorher einsetzt, soll der Bewohner diesen unterdrücken und
dafür auf die in der Schulung vermittelten Strategien zurückgreifen.
Der Bewohner
geht auch dann nicht vorzeitig zur Toilette, wenn er bereits kleine
Mengen Urin unfreiwillig verliert. Ein vorzeitiges Wasserlassen
sollte nur dann erfolgen, wenn der Bewohner den Harn insgesamt nicht
mehr zurückhalten kann.
Der Bewohner
dokumentiert, ob er den Harn erfolgreich bis zum vorher festgelegten
Toilettengang zurückhalten konnte oder ob es zu einem ungewollten
Harnverlust gekommen ist. Wenn der Bewohner über mehrere Wochen den
Harn bis zu den geplanten Toilettengängen halten konnte, wird das
Intervall um 15 bis 30 Minuten verlängert. Dem Bewohner wird
erklärt, dass es vor allem in den ersten Tagen nach der Verlängerung
zum unfreiwilligen Harnverlust kommen kann.
Bei
anhaltenden Misserfolgen wird das Intervall vorübergehend um 15
Minuten verringert.
Das
Blasentraining ist erfolgreich beendet, wenn eine Zeitspanne von
drei bis vier Stunden zwischen den Toilettengängen erreicht wird.
weitere Maßnahmen
Der Bewohner
muss regelmäßig bestärkt und bei Erfolgen gelobt werden.
Gemeinsam mit
dem behandelnden Arzt prüfen wir, ob der Bewohner vorübergehend
Medikamente erhalten sollte, die die Kontraktion der
Blasenschließmuskulatur unterstützen. Derartige Applikationen können
insbesondere dann sinnvoll sein, wenn der Therapiefortschritt
stockt. Sobald das Therapieziel erreicht ist, sollten die
Medikamente wieder kontrolliert abgesetzt werden.
Das
Blasentraining sollte durch andere Maßnahmen wie vor allem durch das
Beckenbodentraining ergänzt werden.
Der Bewohner
sollte mit Inkontinenzmaterial versorgt werden. Es gehört zum
Konzept des Blasentrainings, dass es immer wieder zum Harnverlust
kommen kann.
Das Training
wird erleichtert, wenn der Bewohner die Flüssigkeitsaufnahme
möglichst gleichmäßig über den Tag verteilt.
Nachbereitung:
Prognose
Es kann Wochen
oder sogar Monate dauern, bis eine signifikante Verbesserung des
Symptombildes auftritt.
Je nach Studie
schwanken die Angaben zu den Erfolgsaussichten. Jedoch zeichnet sich
ab, dass bei der Mehrzahl der Teilnehmer eine Verbesserung der
Kontinenz festgestellt wurde.
Weiteres
Alle Maßnahmen
werden dokumentiert.
Die
Pflegeplanung wird stets den aktuellen Beeinträchtigungen und
Ressourcen angepasst.
Relevante
Veränderungen der Ausscheidung werden zeitnah dem behandelnden Arzt
mitgeteilt.
Dokumente:
Miktionsprotokoll
Zeitplan für
die Toilettengänge
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
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