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Standard "Pflege von blinden und stark sehbehinderten Senioren"

90 Prozent aller Informationen über seine Umwelt gewinnt der Mensch über die Augen. Entsprechend große Einschränkungen bringt eine Blindheit oder eine starke Sehbehinderung mit sich. Die Pflege von Betroffenen ist anspruchsvoll und sollte daher für das QM-Handbuch schriftlich fixiert werden.


Standard "Pflege von blinden und stark sehbehinderten Senioren"


Definition:

Blindheit ist ein Fehlen des Sehvermögens, das entweder angeboren ist oder erworben wurde. Als "blind" werden auch Menschen bezeichnet, die unter einer so starken Sehschwäche oder Gesichtsfeldeinschränkung leiden, dass sie sich in unvertrauter Umgebung nicht zurechtfinden können. Eine Blindheit liegt vor, wenn die Sehstärke auf zwei Prozent des Normalwertes gesunken ist. In solchen Fällen sind Betroffene nur noch in der Lage, hell und dunkel zu unterscheiden. Die wichtigsten Ursachen für Blindheit sind Schädigungen der Netzhaut, Erkrankungen des Sehnervs, Glaukom ("grüner Star"), Katarakt ("grauer Star") sowie Beschädigungen des Sehzentrums im Hirn etwa durch Durchblutungsstörungen, Tumore oder entzündliche Prozesse.


Grundsätze:

  • Es ist uns bewusst, dass insbesondere eine frisch eingetretene Blindheit zu Zorn, Verzweifelung, Hoffnungslosigkeit und Aggressivität führen kann. Wir lassen diese Gefühle soweit möglich zu.
  • Alle Tätigkeiten, die ein sehbehinderter oder blinder Bewohner selbständig oder mit Unterstützung erledigen kann, sollten nicht voreilig von den Pflegekräften übernommen werden.
  • Sehbehinderte oder blinde Bewohner haben das Recht auf vollständige Teilhabe am sozialen Leben. Der Kontakt mit sehenden Bewohnern wird von uns nach Kräften gefördert.
  • Sehbehinderte oder blinde Bewohner haben das Recht auf eine optimale Versorgung mit technischen Hilfsmitteln und auf eine optimale Pflege.

Ziele:

  • Der Bewohner wird vor Isolation und Einsamkeit geschützt.
  • Restliche Sehfähigkeiten werden gefördert.
  • Der Bewohner erhält die beste mögliche medizinische Versorgung und eine optimale Versorgung mit Hilfsmitteln.
  • Die Sicherheit des Bewohners ist gewährleistet, insbesondere die vor Stürzen oder im Straßenverkehr.
  • Der Bewohner wird mit der Lebenskrise, die eine unlängst erfolgte Blindheit auslöst, nicht allein gelassen.

Vorbereitung:

  • Die korrekte Pflege von blinden und stark sehbehinderten Senioren wird regelmäßig per Pflegevisite überprüft.
  • Wir bilden unsere Mitarbeiter regelmäßig weiter und halten aktuelle Fachliteratur bereit.
  • Pflegekräfte sind aufgefordert, sich mit Selbstexperimenten in die Lage des Bewohners einzufühlen, sich also etwa mit geschlossenen Augen von einem Kollegen führen zu lassen.
  • Betroffene Bewohner erhalten eine geschulte und erfahrene Bezugspflegekraft. Diese sollte nach Möglichkeit nicht wechseln.

Durchführung:

Kommunikation

  • Bei Begegnungen auf dem Flur oder in Gemeinschaftsräumen nennt die Pflegekraft stets ihren Namen.
  • Beim Betreten des Zimmers stellt sich die Pflegekraft mit Namen vor und erklärt den Zweck ihres Besuches.
  • Der Bewohner wird immer mit seinem Namen begrüßt.
  • Während des Aufenthaltes im Zimmer beschreibt die Pflegekraft, welche Tätigkeiten sie aktuell durchführt.
  • Wenn die Pflegekraft das Zimmer verlässt, informiert sie den Bewohner.
  • Auf Wunsch erhält der Blinde die Möglichkeit, das Gesicht der Pflegekraft abzutasten, um sich ein Bild von seinem Gegenüber machen zu können.
  • Die Pflegekräfte müssen sich bewusst sein, dass der nonverbale Teil der Kommunikation (Mimik, Gestik usw.) bei der Kommunikation mit einem Blinden ausgeblendet ist.
  • Mitbewohner werden gebeten, im Kontakt mit dem erblindeten Senior stets kurz ihren Namen zu nennen.
  • Alle Erklärungen sollten möglichst konkret und sachlich erfolgen, etwa: "Ihre Brille liegt auf dem Tisch gleich rechts neben Ihrer Pfeife und dem Tabak."
  • Hinweise wie "hier", "da" oder "dort" sind für Betroffene wertlos, da sie die richtungsweisende Geste nicht sehen können.

Gestaltung der Umwelt

  • Beim Heimeinzug wird der Bewohner in sein Zimmer begleitet. Die Pflegekraft erklärt dem Bewohner die Funktion aller hier befindlichen Gegenstände. Der Bewohner erhält ausreichend Zeit, sich per Fühlen und Ertasten mit jedem Objekt vertraut zu machen. Besonders wichtig ist es, den Bewohner in die Rufanlage einzuweisen.
  • " Das persönliche Ordnungssystem des Bewohners wird beachtet, auch wenn es auf die Pflegekräfte konfus wirkt. Ohne vorherige Absprache mit dem Bewohner werden keine Veränderungen im Zimmer vorgenommen. Dazu zählt das Verrücken von Möbeln ebenso wie die Änderung der Position von wichtigen Gegenständen. Auf diese Vorgabe machen wir insbesondere auch die Reinigungskräfte aufmerksam.
  • Wichtig ist ein kurzer und unverstellter Weg zum Badezimmer.
  • Treppenabsätze, Geländer und Haltegriffe werden mit kontrastreichen Farben versehen.
  • Wir achten auf eine gute Beleuchtung.
  • Die Zimmertür des Bewohners wird mit einem eindeutig fühlbaren Symbol gekennzeichnet.
  • Zimmertüren werden entweder geöffnet oder geschlossen. Halb offene Türen sind ein Kollisionsrisiko.
  • Schranktüren werden ebenfalls immer wieder geschlossen.

Hilfsmittel

  • Wenn der Bewohner das Haus verlässt, statten wir ihn mit einem weißen Stock und der gelben Armbinde mit drei schwarzen Punkten aus.
  • Wir prüfen, ob ein Blindenführhund notwendig ist und beantragt werden sollte.
  • Wir testen, ob der Bewohner eine computergestützte Lesehilfe benötigt. Diese kann auf Kosten der Krankenkasse ausgeliehen werden. Alternativ kann der Einsatz von Lupen oder Prismenfernrohrbrillen sinnvoll sein.
  • Wir stellen den Kontakt zur Arbeitsgemeinschaft der Blindenhörbüchereien her. Auf Wunsch kann der Betroffene von dort verschiedene literarische Werke als Hörbuch beziehen. Bei Sehbehinderten prüfen wir, ob Bücher im Großdruck für den Betroffenen interessant sein könnten.
  • Wir halten ggf. Bücher und Zeitschriften in Brailleschrift bereit.
  • Ggf. statten wir den Bewohner mit einer Uhr zum Ertasten aus.
  • Die Brille eines Sehbehinderten sollte immer sauber und griffbereit sein.

soziale Kontakte

  • Wir stehen dem Bewohner jederzeit für ein persönliches Gespräch zur Verfügung. Insbesondere wenn die Erblindung erst vor kurzer Zeit eintrat, ist menschliche Zuwendung sehr wichtig.
  • In unseren Freizeiträumen halten wir auch Brettspiele für Blinde bereit.
  • Wir stellen ggf. den Kontakt zu Selbsthilfegruppen her.
  • Wir regen an, Kontakte zu Freunden und Verwandten weiter zu pflegen.
  • Wir ermutigen den Bewohner, Sportarten auszuüben, die seinem individuellen Restsehvermögen angepasst sind.
  • Wir prüfen, ob in unserer Stadt ein ehrenamtlicher Vorleser verfügbar ist.

Vorlesen der Post

  • Briefe werden dem Bewohner ungeöffnet übergeben. Die Pflegekraft nennt lediglich den Absender des Briefes. Der Senior kann selbst entscheiden, welche Pflegekraft oder welcher Angehörige das Vorlesen übernehmen soll.
  • Die Pflegekraft liest langsam und deutlich.
  • Kommentare zum Gelesenen sind zu unterlassen.
  • Der Inhalt des vorgelesenen Briefes ist streng vertraulich.

Pflegemaßnahmen

  • Alle Pflegemaßnahmen, die zu einem Körperkontakt führen, werden angekündigt.
  • Zum Führen bietet die Pflegekraft dem Bewohner den Arm an und lässt diesen einhaken. Sie geht dem Senior einen Schritt voran. Der Bewohner wird nicht geschoben.
  • Beim Treppensteigen kündigt ihm die Pflegekraft die erste und die letzte Stufe verbal an.
  • Wenn die Pflegekraft dem Senioren einen Sitzplatz anbieten möchte, führt sie dessen Hand zunächst zur Rückenlehne, damit sich der Bewohner orientieren kann.
  • Der Bewohner wird gefragt, was er anziehen möchte. Die Pflegekraft beschreibt daher die Kleidungsstücke und äußert ggf. ihre Einschätzung, ob das Gewählte optisch zueinander passt. Alternativ kann eine Kennzeichnung eingenäht werden, auf der die Farbe etwa in Braille-Schrift vermerkt ist.
  • Der Bewohner wird darauf aufmerksam gemacht, wenn die Kleidung verschmutzt oder beschädigt ist.
  • Wir stellen das Radio des Bewohners nach dessen Wünschen ein.
  • Der Bewohner sollte täglich einen kurzen Spaziergang an der frischen Luft machen können.

Ernährung

  • Die Speisen des Bewohners werden falls möglich gut strukturiert auf dem Teller abgelegt, damit der Senior gezielt wählen kann, etwa zwischen dem Fleisch und dem Gemüse. Dem Bewohner wird die Position der Bestandteile erläutert, z.B. die Kartoffeln liegen auf 9 Uhr, das Fleisch auf 12 Uhr usw.
  • Gläser und Tassen werden nur zur Hälfte gefüllt. Empfehlenswert sind schwere und bunte Gläser, diese können ggf. noch erkannt werden und können nicht so leicht umgestoßen werden.
  • Wir achten darauf, dass insbesondere kürzlich erblindete Bewohner genug essen. Da der optische Eindruck fehlt, lässt häufig der Appetit nach.
  • Wir halten große Servierten und Teller bereit.
  • Auf Wunsch wird das Essen mundgerecht vorbereitet.

ärztliche und medikamentöse Versorgung

  • Wir sorgen dafür, dass der Bewohner alle augenärztlichen Termine wahrnimmt.
  • Fremdkörper im Auge werden durch einen sanften Druck auf die Lider in Richtung Nase verschoben und dann mit einem Wattestäbchen vorsichtig entfernt.
  • Die Verabreichungszeiten von Augentropfen werden so gewählt, dass das soziale Leben des Bewohners möglichst wenig darunter leidet.
  • Falls die Gefahr besteht, dass der Bewohner einzelne Medikamente miteinander verwechselt, legen wir dem Bewohner nahe, dass die Pflegekräfte seine Medikamente stellen.

Nachbereitung:

  • Alle Beobachtungen werden genau dokumentiert. Die Beschreibung erfolgt wertfrei. Wir achten insbesondere auf Veränderungen im Verhalten des Bewohners.
  • Wir bieten unseren Pflegekräften regelmäßig Supervision an.
  • Wenn sich das Sehvermögen eines Bewohners verändert hat, wird die Pflegeplanung entsprechend angepasst.
  • Die Betreuungsqualität für betroffene Bewohner wird regelmäßig im Qualitätszirkel thematisiert.

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte