Diese Seiten wurden für Smartphones optimiert.
Für die PC-Version
klicken Sie bitte hier.
Standard
"Blutzuckerbestimmung"
Die korrekte Blutzuckermessung ist
prinzipiell eine kinderleichte Maßnahme, die eigentlich jede
Pflegeschülerin sicher beherrschen sollte. Andererseits können
Fehlmessungen gravierende Folgen nach sich ziehen. Es ist also
in jedem Fall besser, auch diesen Vorgang zu standardisieren.
Unser Textmuster können Sie mit wenigen Anpassungen in Ihr
QM-Handbuch übernehmen.
Standard "Blutzuckerbestimmung"
Definition
-
Blutuntersuchungen zählen zu
den zentralen diagnostischen Mitteln der modernen
Pflege und Medizin. Da die Entnahme von venösem oder
arteriellem Blut für den betroffenen Bewohner häufig
unangenehm ist, nutzen wir wann immer möglich
Kapillarblut. Dieses entnehmen wir aus dem
Ohrläppchen oder der Fingerbeere. (Hinweis: Bei
Säuglingen wird das Blut aus der Ferse entnommen.)
-
Das so gewonnene Blut
ermöglicht insbesondere die Beurteilung des
Blutzuckers, der Blutgerinnung, der Elektrolyte, des
Hämoglobins und der Thrombozyten.
-
Grundsätzlich zählt die
Blutabnahme zu den ärztlichen Aufgaben. Sie kann
aber an eine Pflegekraft delegiert werden, sofern
deren Qualifikation dafür nachgewiesen wurde. Als
invasive Maßnahme ist stets die Zustimmung des
Bewohners erforderlich.
-
Bei Senioren mit
Kreislaufzentralisation (nach einem Schock, einem
starken Blutverlust oder nach einer Unterkühlung)
kann die kapillare Untersuchungstechnik nicht
genutzt werden.
-
Die Blutzuckerkontrolle ist
eine Messung des Zuckergehaltes im Blut durch eine
kapillare Blutentnahme. Die Überprüfung ist
regelmäßig durchzuführen insbesondere bei Patienten
mit Diabetes mellitus.
-
Der Blutzucker ist eine
Gruppe von chemisch ähnlichen Substanzen wie etwa
Glukose, Fruktose oder Galaktose. Diese sind normale
Komponenten des Blutes und für den Stoffwechsel
unverzichtbar. Die Blutzuckerkonzentration wird
gemessen in Milligramm pro Deziliter.
-
Der Blutzuckerspiegel (also
die Menge Glukose, die sich im Blut befindet) liegt
normalerweise zwischen 70 bis 120 mg/dl
(Nüchternwert). Erhöhte Werte sind ein Anzeichen für
verschiedene Krankheiten wie etwa Diabetes mellitus
oder ein Pankreaskarzinom.
-
Die Schmerzintensität ist
abhängig von der Einstichtiefe. Je tiefer der Stich
erfolgt, umso unangenehmer wird die Punktion für den
Bewohner. Gleichzeitig gilt aber auch, dass für die
Gewinnung einer ausreichenden Blutmenge eine gewisse
Einstichtiefe erforderlich ist. Da insbesondere
Diabetiker ihr ganzes Leben lang den Blutzucker
engmaschig überwachen müssen, ist es sehr wichtig,
hier die richtige Balance zu finden.
Grundsätze
-
Blutzuckerkontrollen können
im Rahmen von Notfallsituationen Leben retten. Es
ist daher zwingend darauf zu achten, dass das
Messgerät permanent funktionsfähig ist und dass
jederzeit Teststreifen verfügbar sind.
-
Bei der Blutzuckerbestimmung
besteht stets Infektionsgefahr durch
Stichverletzungen. Eine verwendete Lanzette muss
immer mit größter Vorsicht entsorgt werden.
-
Nach Möglichkeit sollte der
Bewohner die Messung selbständig oder unter
Anleitung durchführen. Die korrekte Handhabung des
Geräts wird ihm ggf. von der Bezugspflegekraft
demonstriert.
-
Jede Pflegekraft hat sich mit
der Funktion des Messgerätes sorgfältig vertraut zu
machen. Dazu zählt insbesondere das Lesen der
Betriebsanleitung.
-
Wir sind uns bewusst, dass
die Erforderlichkeit einer Hautdesinfektion vor der
Punktion in der Wissenschaft kontrovers diskutiert
wird. Wir haben uns nach sorgfältiger Abwägung dazu
entschlossen, den betroffenen Hautbereich
grundsätzlich vor jeder kapillaren Blutentnahme zu
desinfizieren.
Ziele
-
Der Blutzuckerwert wird
korrekt ermittelt.
-
Kritische Blutzuckerwerte
werden schnell und korrekt erkannt, insbesondere
reagieren wir angemessen auf eine Hypo- oder
Hyperglykämie.
-
Die Blutentnahme ist so
schmerzarm wie möglich.
-
Die Fähigkeit des Bewohners,
mit Daumen und Zeigefinger Tastinformationen zu
gewinnen, bleibt auch langfristig erhalten.
Vorbereitung
Indikation
-
Der behandelnde Arzt gibt
mittels einer ärztlichen Verordnung vor, nach
welchem zeitlichen Schema der Blutzucker ermittelt
wird. Davon wird nur unter zwingenden Umständen
abgewichen, insbesondere etwa bei einem Notfall.
-
Bei Diabetikern, denen
Insulin nach einem festen Schema injiziert wird,
kann der Blutzuckerwert Rückschlüsse auf eine
erforderliche Anpassung der Dosis geben.
-
Bei Diabetikern mit einem
stark schwankenden Blutzuckerwert schützt diese
Kontrolle vor hypoglykämischen Krisen nach der
Insulingabe.
-
Wird Insulin nach dem
Basis-Bolus-Prinzip gespritzt, wird anhand der
Höhe des Blutzuckers die erforderliche
Insulinmenge für die nächste Mahlzeit bestimmt.
-
Bei
Bewusstseinsveränderungen ermöglicht es die
Blutzuckerbestimmung, eine Hypo- oder
Hyperglykämie auszuschließen.
Auswahl des Entnahmepunktes
-
Die Entnahme aus dem
Ohrläppchen ist nicht nur vergleichsweise
schmerzarm, sondern erspart empfindlichen Bewohnern
den Anblick des eigenen Blutes. Die Infektionsgefahr
ist geringer als bei einem Einstich in die
Fingerbeere, da ein Ohrläppchen seltener mit
verkeimten Gegenständen in Kontakt kommt. Nachteilig
hingegen ist die geringe Blutmenge, die auf diese
Weise entnommen werden kann. Auch ein Selbsttest ist
zumeist nicht möglich; die Maßnahme muss also von
einer Pflegekraft übernommen werden. Es droht zudem
eine Verschmutzung der Oberkleidung durch
Blutstropfen.
-
Bei vielen Diabetikern
verschlechtert die Blutentnahme aus dem Ohrläppchen
die Genauigkeit des Messergebnisses. Schwankungen im
Blutzuckerspiegel können abhängig vom Punktionsort
auftreten. Die Finger als Teil der Körperperipherie
sind zumeist stärker betroffen als das Ohrläppchen.
Daher können zeitgleich gewonnene Blutstropfen aus
dem Ohrläppchen und der Fingerspitze
unterschiedliche Blutzuckerwerte aufweisen.
notwendiges Material
-
digitales Messgerät
-
passende Messstreifen
-
ggf. Kodierungsstreifen oder
Kodierungschip für das Gerät
-
2 sterile Lanzetten oder
Lanzettengerät (Die Einstichtiefe muss regelbar sein
zwischen einem halben und zwei Millimetern)
-
Einmalhandschuhe
-
mehrere keimarme Tupfer
-
Abwurfbehälter
-
stichsicherer Abwurfbehälter
für Lanzetten
-
alkoholfreies
Hautdesinfektionsmittel
-
Pflaster
weitere Maßnahmen
-
Der Bewohner wird über die
anstehende Maßnahme informiert und um Zustimmung
gebeten. Auch bewusstlose Patienten werden
informiert.
-
Nach Möglichkeit sollte sich
der Bewohner bequem auf einen Stuhl setzen. Bei
einem stehenden Bewohner besteht die Gefahr, dass
dieser kollabiert und sich beim Sturz verletzt.
-
Die Arbeitsfläche, also etwa
das Spritzentablett, wird desinfiziert. Wir nutzen
dafür 70%igen Alkohol.
-
Die Pflegekraft führt eine
hygienische Händedesinfektion durch und zieht die
Einmalhandschuhe über.
Durchführung:
Nutzung des Messgerätes
-
Die Pflegekraft schaltet das
Gerät ein und überprüft die Funktionsfähigkeit.
-
Die Pflegekraft stellt
sicher, dass die Codenummer des Gerätes mit dem der
Teststreifencodenummer übereinstimmt. Der Code
erscheint beim Einschalten des Gerätes.
-
Die Pflegekraft prüft, ob das
Verfallsdatum der Teststreifen überschritten wurde.
-
Der Teststreifen mit dem
Applikationsfeld wird bis zum "Klickpunkt" in das
Messgerät eingeführt. Das Gerät zeigt an, dass die
Blutaufnahme jetzt erfolgen kann.
Einstich in die Fingerbeere
-
Der Bewohner wird
aufgefordert, sich die Hände zu waschen. Seifenreste
werden sorgfältig mit klarem Wasser entfernt. Danach
sollte sich der Bewohner die Hände mit einem
sauberen Handtuch gründlich abtrocknen. (Hinweis:
Unsichtbare Speisereste wie etwa Marmelade oder
getrockneter Schweiß an den Fingern können das
Messergebnis nach oben verfälschen. Wasserrückstände
können dazu führen, dass das Messergebnis zu niedrig
ausfällt.)
-
Die Pflegekraft erfragt,
welche Punktionsstelle der Bewohner bevorzugt, bzw.
welche Stelle zuletzt besonders ergiebig war.
-
Falls der Bewohner exsikkiert
ist, kann sich die Blutentnahme als schwierig
erweisen. Häufig lässt sich die Ergiebigkeit der
Entnahmestelle steigern, wenn diese zuvor massiert
oder mit warmem Wasser erwärmt wird. Auch ein
Ausstreichen des Fingers in Richtung Fingerkuppe
kann den Blutfluss verbessern. Sinnvoll kann es auch
sein, den Arm einige Minuten nach unten hängen zu
lassen.
-
Die Pflegekraft inspiziert
die geplante Einstichstelle und achtet auf
eventuelle Hautveränderungen. (Hinweis: Ständige
Blutentnahmen schädigen das Gewebe der Fingerkuppen.
Wir verwenden für die Blutentnahme bevorzugt den
kleinen Finger, den Ringfinger und den Mittelfinger.
Diese sind für das Ertasten von Gegenständen weniger
wichtig als der Daumen und der Zeigefinger. Dieses
insbesondere bei der rechten Hand von Rechtshändern,
bzw. der linken Hand von Linkshändern.
-
Die Punktionsstelle wird
desinfiziert. Die Pflegekraft wartet die Einwirkzeit
von zumeist 30 Sekunden ab. Das Desinfektionsmittel
muss nun vollständig verflogen sein. (Hinweis:
Alkoholrückstände beeinflussen die enzymatische
Reaktion und verfälschen damit das Messergebnis.)
-
Oftmals ist es möglich, eine
bereits vorhandene Einstichstelle erneut zu nutzen.
Die Pflegekraft inspiziert dafür die Einstichstelle.
Mit minimalem Druck lässt sich bei guter
Durchblutung ein Blutstropfen gewinnen. Dem Bewohner
bleibt damit der Einstich mit der Lanzette erspart.
(Hinweis: Dieser Punkt ist in der Fachliteratur
umstritten.)
-
Die Pflegekraft sticht
seitlich in die Fingerkuppe ein. Die vordere
Fingerkuppe ist sehr schmerzempfindlich.
-
Der Stich sollte nicht zu
zaghaft erfolgen, da er ansonsten wiederholt werden
muss.
Einstich in das Ohrläppchen
-
Der Bewohner wird
aufgefordert, sich die Haare ausreichend
zurückzustreifen.
-
Die Punktionsstelle wird
desinfiziert (siehe oben).
-
Die Pflegekraft ergreift mit
der linken Hand das rechte Ohrläppchen. Sie fixiert
gleichzeitig zwischen den Fingern und der Unterseite
des Ohrläppchens einen Tupfer. Dieser ragt soweit
über das Ohrläppchen hinaus, dass ein ungewollt
abgehender Blutstropfen aufgefangen wird.
-
Die Pflegekraft übt moderaten
Druck auf das Ohrläppchen aus, um die Haut zu
spannen.
-
Mit der rechten Hand ergreift
die Pflegekraft die Einstichhilfe. Sie setzt das
Gerät auf der Oberseite des Ohrläppchens auf und
löst es aus.
weiteres Vorgehen
-
Anwendung von Stechhilfen:
-
Die Lanzette wird in das
Gerät eingelegt, bis die Einrastposition mit
einem Klicken erreicht ist.
-
Der Lanzettenverschluss
wird von der Stechhilfe abgedreht.
-
Die Stechhilfe wird
oberhalb der gewählten Einstichstelle aufgesetzt
und ausgelöst.
-
Hinweis: Wir beginnen
stets mit einer geringen Einstichtiefe. Falls
die gewonnene Blutmenge nicht reicht, muss
dieser Wert erhöht werden. Zu beachten ist, dass
moderne Messgeräte nur sehr wenig Blut
benötigen.
-
Wenn manuell mit der Lanzette
punktiert wird, sollte die Einstichtiefe bis maximal
3,5 Millimeter erfolgen.
-
Die Stichlanzette wird in
einer Kanülensicherheitsbox abgelegt.
-
Das Blut darf nicht aus der
Wunde herausgedrückt werden, da ansonsten zu viel
Gewebsflüssigkeit die Messung verfälschen könnte.
-
Der erste Blutstropfen wird
mit dem Tupfer weggewischt, da er zu viel
interstitielle Flüssigkeit enthält. Vor allem bei
Senioren mit Wassereinlagerungen etwa als Folge
einer Herz- oder Niereninsuffizienz ist dieses
Vorgehen unverzichtbar. Hier ist oftmals gut zu
sehen, dass der erste Tropfen vergleichsweise
wässrig ist.
-
Wenn kein Blut austritt,
fordern wir den Bewohner ggf. dazu auf, mit den
Armen zu kreisen. Falls nötig wird die Entnahme
wiederholt, nachdem sich der Bewohner die Hände in
warmem Wasser gewaschen hat.
-
Der zweite Tropfen wird unter
Beachtung der Betriebsanleitung auf dem Teststreifen
aufgebracht. Die Testfläche darf die Haut nicht
berühren. Idealerweise sollte der Blutstropfen also
frei auf das Testfeld fallen.
-
Das Ergebnis wird mit einem
Signalton angezeigt. Der Wert wird abgelesen. Der
Bewohner wird über das Messergebnis informiert.
-
Die Einstichstelle wird mit
einem Tupfer komprimiert und ggf. mit einem Pflaster
versorgt.
Nachbereitung:
-
Das Material wird entsorgt
bzw. desinfiziert und weggeräumt.
-
Der alte Teststreifen wird
aus dem Gerät entnommen.
-
Die Pflegekraft stellt
sicher, dass die Batterie einen ausreichenden
Ladestand hat. Wird dieser unterschritten, schaltet
das Gerät noch vor der Anzeige des Messergebnisses
wieder ab. Ggf. wird dann die Batterie gewechselt.
-
Die Pflegekraft führt eine
hygienische Händedesinfektion durch.
-
Der Klingelknopf wird in
Reichweite abgelegt.
-
Der Bewohner wird befragt, ob
er weitere Wünsche hat. Insbesondere wird ihm ein
Getränk angeboten.
-
Das Messergebnis wird
dokumentiert. Wichtige Faktoren dabei sind:
-
Uhrzeit
-
Datum
-
Messwert
-
relevante Faktoren, die
die Messung beeinflusst haben könnten
-
Handzeichen
-
Falls notwendig wird der
Hausarzt informiert. Dieses ist insbesondere
notwendig, wenn der Wert des Bewohners sehr niedrig
oder sehr hoch ist. Jedes Ergebnis muss aber stets
auch in Relation mit den bisher üblichen Werten
betrachtet werden.
-
Falls das Messergebnis sehr
ungewöhnlich ist, wird die Messung wiederholt, ggf.
mit einem anderen Gerät.
-
Falls notwendig werden neue
Teststreifen bestellt.
-
Ggf. bei Anbruch einer neuen
Teststreifenpackung neuen Code in das Gerät
eingeben.
-
Die Messstreifen müssen kühl
und trocken gelagert werden (nicht über 30°C und
nicht unter dem Gefrierpunkt). Sie dürfen keinem
direkten Sonnenlicht ausgesetzt werden. Sie können
also nicht in einem PKW gelagert werden.
-
Das Gerät muss einmal pro
Woche kontrolliert werden. Dazu zählt insbesondere
eine Prüfmessung mit einer Kontrolllösung. Die
Ergebnisse dieser Überprüfung werden dokumentiert
und müssen 10 Jahre aufbewahrt werden. Bei Geräten,
die sich im Besitz eines Bewohners befinden, ist
dieses nicht erforderlich. (Hinweis für die
ambulante Pflege: Ein privates Gerät sollte alle
drei Monate beim Hausarzt überprüft werden.)
Dokumente:
-
Vitaldatenblatt
-
Pflegeplanung
-
Durchführungsnachweis
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
-
examinierte Pflegekräfte,
ggf. mit entsprechender Weiterbildung
|