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Standard "Verbrennungswunden"

Wegen einer Verbrennung zum Arzt? Viele Senioren sparen sich die Praxisgebühr und vertrauen lieber auf Hausmittel. Doch oft richten Butter, Mehl oder Leinöl mehr Schaden an als jede Herdplatte. Eine moderne Wundversorgung setzt auf imprägnierte Gaze oder Hydrokolloide.


Standard "Verbrennungswunden"


Definition:

  • Bei einer Schädigung durch Feuer, chemische Prozesse oder Stromstöße liegt eine Verbrennung vor. Wird die Haut durch eine heiße Flüssigkeit (z.B. kochendes Wasser) geschädigt, spricht man von einer Verbrühung. Das weitere Vorgehen ist jedoch bei beiden Formen gleich.
  • Je nach Ausmaß der Verbrennung werden mehrere Schweregrade unterschieden.
    • Grad 1: Es kommt zu einer Hautrötung. Der betroffene Bereich ist geschwollen und schmerzt. Die Symptome ähneln einem Sonnenbrand. Eine solche Verbrennung verheilt ohne Narbenbildung. Die Haut schuppt einfach ab.
    • Grad 2a: Die Haut ist gerötet und schmerzt. Es bilden sich Blasen. Es liegt eine oberflächliche dermale Läsion vor. Es ist sehr schmerzhaft. Grad 2b: Die Haut wirft Blasen und schmerzt weniger. Der Hautbereich ist anämisch. Es liegt eine tiefe dermale Läsion vor. Verbrennungen der Grade 2a und 2b heilen zwar ab, lassen aber oftmals Narben zurück. Grad 3: Nekrosen werden gebildet. Die Haut ist weiß, grau oder schwarz verfärbt. Die Schmerzbelastung ist gering. Derartig schwere Schädigungen heilen spontan nicht mehr ab. Es kommt zu einer ausgeprägten Narbenbildung. Grad 4: Auch Knochen, Sehnen und Muskulatur sind betroffen. Es liegt eine Verkohlung vor.

Grundsätze:

  • Verbrennungen im Alter sind in doppelter Hinsicht gefährlich. Das Ausmaß wird häufig unterschätzt, da die Symptome verzögert auftauchen. Zudem sind Senioren deutlich anfälliger für Komplikationen; dieses insbesondere bei weiteren Grunderkrankungen.
  • Bei Verbrennungen sind Schmerzen ein "gutes Zeichen", da sie auf eine nur mäßige Hautschädigung hindeuten. Eine geringe Schmerzbelastung hingegen ist ein Indiz für eine massive Verbrennung.

Ziele:

  • Durch eine umfassende Strategie zur Unfallvermeidung werden Verbrennungen schon im Vorfeld vermieden.
  • Kommt es dennoch zu einer Verbrennung, wird das Ausmaß korrekt erfasst.
  • Bagatellverbrennungen werden korrekt erkannt. Sie werden auch ohne ärztliche Therapie zur Abheilung gebracht.
  • Bei mittleren Verbrennungen wird der Bewohner motiviert, einen Arzt aufzusuchen. Durch eine umfassende ärztliche Behandlung und darauf abgestimmte Pflegemaßnahmen heilt die Wunde möglichst schnell und komplikationsarm ab.
  • Bei schweren Verbrennungen wird der Bewohner so schnell wie möglich in ein Krankenhaus eingeliefert. Das Leben des Bewohners wird gerettet.
  • Die Schmerzbelastung wird auf ein Minimum reduziert.
  • Eine Wundinfektion wird vermieden.
  • Nach der Abheilung der Wunde wird eine Funktionseinschränkung insbesondere von Gelenken vermieden. Die Ausbildung von Kontrakturen wird abgewendet.

Vorbereitung:

Organisation

  • Bei dementiell erkrankten Senioren gelten die gleichen Sicherheitsregeln, wie sie auch für kleine Kinder anzuwenden sind. Der Bewohner wird nicht mit offenem Feuer (z.B. Kerzen) allein gelassen. Im hauswirtschaftlichen Bereich sollte er nicht mit heißen Töpfen, Wasserkochern usw. hantieren.
  • Wir stellen sicher, dass rauchende Senioren verantwortungsvoll handeln. Insbesondere muss  vermieden werden, dass Senioren mit brennender Zigarette einschlafen.
  • Wir stellen sicher, dass geeignete Wundauflagen verfügbar sind.
  • Wir arbeiten eng mit der Feuerwehr zusammen. Im Rahmen regelmäßiger Übungen lassen wir uns demonstrieren, wie in einem Brandfall eine betroffene Person gelöscht und gerettet werden kann.

Durchführung:

Erstversorgung

  • Der Bewohner wird von der Hitzequelle entfernt. Etwaige Kleidungsbrände werden gelöscht. Wenn der Bewohner in Panik flieht, wird er für das Löschen der Kleidung aufgehalten. Der Bewohner sollte mit Wasser oder mit einer Decke abgelöscht werden. Alternativ kann er auf dem Boden gerollt werden, um die Flammen zu ersticken. Die Nutzung eines Feuerlöschers sollte nur als letztes Mittel in Betracht gezogen werden, da die Chemikalien das Wundgebiet kontaminieren. Das Löschmittel darf dem Bewohner nicht ins Gesicht gespritzt werden.
  • Wenn die Kleidung noch brennt, schwelt oder mit heißer Flüssigkeit durchtränkt ist, wird sie ausgezogen.
  • Die Pflegekraft achtet darauf, dass sie sich nicht selbst unnötig gefährdet.
  • Wenn Materialien mit der Haut verschmolzen sind, wie etwa Kleidung oder Teer, werden diese auf der Haut belassen.
  • Bei Schockzeichen erfolgt die Lagerung mit erhöhten Beinen.
  • Bei Ausfall der Atmung oder der Herzfunktion wird eine Reanimation durchgeführt.
  • Die Pflegekraft kühlt die Wunde mit fließendem handwarmen Wasser für rund zwei Minuten. Damit wird die Hitze aus dem Gewebe abgeleitet. Das sog. "Nachbrennen" wird vermieden. Extremitäten können in kühles Wasser eingetaucht werden.
  • Eiskaltes Wasser (unter 8°C.) schädigt das Gewebe zusätzlich. Der Einsatz von Eis oder Eisbeuteln ist also zu unterlassen.
  • Ein längerer Kontakt mit kühlem Wasser dient primär der Schmerzreduktion. Daher ist eine solche Maßnahme bei bewusstlosen Senioren oder bei großflächigen Verbrennungen gefährlich, weil eine Unterkühlung gefördert wird.
  • In keinem Fall wird der Bewohner in eine Badewanne gelegt, um großflächige Wunden zu kühlen. Es könnte zu einem Schock kommen.
  • Die Wunde wird steril verbunden. Wir nutzen sekretaufnehmende Wundauflagen, die nicht mit der Wunde verkleben.
  • Sinnvoll sind ggf. Metallinefolien oder -kompressen. (Hinweis: Im häuslichen Bereich kann zur Not auch Alufolie genutzt werden.)
  • Der Betroffene wird zugedeckt. Wir achten darauf, dass die Decke nicht mit der Brandwunde in Kontakt kommt.
  • Ringe, Schmuck und Armbanduhren sollten frühzeitig entfernt werden, bevor dieses durch die einsetzende Schwellung unmöglich wird. Zudem speichert das Metall die Hitze und führt ebenfalls zum Nachbrennen.

Einschätzung der Wunde

  • Nach der Erstversorgung prüfen wir, ob die Schwere der Wunde eine ärztliche Versorgung erfordert. Viele Verbrennungen werden unterschätzt, da die Schädigung anfangs einen undramatischen Eindruck macht. Blasen bilden sich erst nach zeitlicher Verzögerung. Es gelten folgende Parameter:

  • Wir nutzen die sog. "Neunerregel", um den Umfang der verbrannten Körperfläche einzuschätzen. Folgende Körperbereiche bilden jeweils einen bestimmten Prozentsatz der gesamten Hautoberfläche ab: Kopf (9 Prozent), rechter Arm (9 Prozent), linker Arm (9 Prozent), Rumpf hinten (18 Prozent), Rumpf vorne (18 Prozent), rechtes Bein (18 Prozent), linkes Bein (18 Prozent), Genitalbereich (1 Prozent).
  • Kleinere Wunden können durch einen Vergleich mit der Handfläche eingeschätzt werden. Ein Handteller repräsentiert rund ein Prozent der gesamten Hautoberfläche. (Wichtig: Gemeint ist der Handteller des Bewohners, nicht der der Pflegekraft.)
  • Bei einer Verbrennung ersten Grades auf einer relativ kleinen Fläche kann ggf. auf eine Vorstellung beim Hausarzt verzichtet werden. Es ist dann wichtig, dass der betroffene Hautbereich in den folgenden Tagen engmaschig auf Veränderungen überwacht wird.
  • Ab einer Verbrennung zweiten Grades sollte in jedem Fall die Hautschädigung von einem Arzt inspiziert werden. Wenn der Bewohner dieses nicht für notwendig hält, machen wir ihn nachdrücklich auf die Risiken aufmerksam. Falls der Bewohner aufgrund einer dementiellen Erkrankung die Gefährdung nicht korrekt einschätzen kann, erfolgt die Benachrichtigung des Arztes ggf. auch ohne vorherige Zustimmung.
  • Bei Erwachsenen gilt, dass eine Krankenhauseinweisung erforderlich ist, wenn die Hautschädigung zehn Prozent der Körperoberfläche betrifft. Da der Allgemeinzustand vieler Senioren erheblich beeinträchtigt ist, orientieren wir uns am Schwellenwert für Kinder. Das bedeutet, dass ab einem Flächenanteil von fünf Prozent die Therapie in einer Klinik durchzuführen ist. Ab diesem Schwellenwert steigt auch das Risiko für einen Kreislaufschock.
  • Wenn die Verbrennung an problematischen Hautbereichen erfolgt ist, ist ebenfalls eine stationäre Aufnahme sinnvoll. Insbesondere: Gesicht, Hals, Hände, Füße, Intimbereich, Achselhöhlen sowie Hautabschnitte über großen Gelenken.

Versorgung von Bagatellverbrennungen (Grad 1)

  • Kleine Verbrennungen, von denen offensichtlich kein Risiko ausgeht, werden von uns versorgt. Eine ärztliche Konsultierung ist i.d.R. nicht notwendig.
  • Der Hautbereich wird gekühlt. Wir nutzen dafür Gel oder Lotionen, also etwa ein Brand- und Wundgel. Alternativ verwenden wir feuchte Umschläge, etwa mit Jogurt oder Quark.
  • Im weiteren Heilungsprozess wird die Haut mit fetthaltigen Salben versorgt. Es können auch rückfettende Lotionen oder Cremes genutzt werden. Diese Präparate kühlen nicht nur, sondern lindern auch den später auftretenden Juckreiz.
  • Nach einigen Tagen wird die Rötung nachlassen. Die Haut schuppt sich ab. Wir schützen die Haut konsequent vor Hitze. Im Sommer soll der Bewohner im Schatten bleiben.

Versorgung von mittleren Verbrennungen (Grad 2a)

Gemeinsam mit dem behandelnden Arzt sorgen wir für die rasche Abheilung der Wunde. Sofern der Arzt keine abweichenden Anordnungen gegeben hat, gelten diese Maßgaben:

  • Wundblasen werden nicht geöffnet, sondern mit einer Mullkompresse oder mit Vlies trocken abgedeckt. Alternativ nutzen wir Hydrokolloide, semipermeable Folien oder Hydrogele.
  • Falls die Gefahr besteht, dass die Wundauflage mit der Wunde verklebt, nutzen wir eine entsprechende Alternative. In Frage kommt z.B. imprägnierte Wundgaze.
  • Hautareale mit zerstörten (also offenen) Blasen werden mit physiologischer Kochsalzlösung gesäubert. Danach nutzen wir ein Wundantiseptikum für die Desinfektion des geschädigten Bereiches.
  • Es gilt das Prinzip der feuchten Wundbehandlung. Das Austrocknen der Wunde muss unter allen Umständen vermieden werden.
  • Eine Brandwunde ist sehr infektionsgefährdet. Daher ist bei der Versorgung auf eine sterile Arbeitsweise zu achten.
  • Nach zwei Wochen sollte der Defekt abgeheilt sein.
Hinweis: Viele Betroffene bagatellisieren eine Verbrennungswunde. Oftmals versuchen Bewohner den Hautdefekt mit "Hausmitteln" wie Mehl oder Butter zu versorgen. Wir raten dem Bewohner dringend von einer solchen Form der Wundversorgung ab. (Hinweis: Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass Honig die Heilung von Brandwunden fördert.)

Versorgung von mittleren Verbrennungen (Grad 2b) und schweren Verbrennungen

  • Die Versorgung von derartigen Wunden kann von uns nicht geleistet werden. Der Bewohner wird i.d.R. stationär in einem Krankenhaus versorgt.

Nachbereitung:

Prognose / langfristige Pflegeprobleme

  • Die Prognose ist abhängig von mehreren Faktoren. Eine langsame Heilung ist zu erwarten bei folgenden Bedingungen:
  • großflächige Wunden
  • schwere ("tiefe") Wunden (siehe Gradeinteilung oben)
  • hohes Lebensalter, schlechter Allgemeinzustand
  • Grunderkrankungen wie etwa Diabetes mellitus
  • Großflächige Brandnarben fördern ggf. die Ausbildung von Kontrakturen. Dieses muss durch geeignete Prophylaxemaßnahmen verhindert werden.
  • Die Bildung hypertropher Narben wird ggf. durch Kompressionsbandagen verhindert. Diese liegen sehr eng an. Sie dürfen nur für die Körperpflege entfernt werden. Diese Therapie erfolgt i.d.R. über einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren.
  • Entstellende Narbenflächen haben negative Auswirkungen auf das Körperbild und auf das Selbstwertgefühl. Wir intensivieren ggf. die psychosoziale Betreuung und achten auf Anzeichen einer Depression.
  • Wenn der Bewohner wegen schwerer Verbrennungen im Krankenhaus behandelt wird, bereiten wir Freunde, Mitbewohner und Angehörige auf ein ggf. verändertes Aussehen des Betroffenen vor. Wir bitten sie, einfühlsam mit dem Bewohner umzugehen und ihn sozial nicht zu meiden.
  • Viele Betroffene leiden unter einem erhöhten Hauttonus. Dieses Symptom kann mit Wärmeanwendungen gemildert werden.

Dokumente:

  • Wunddokumentation
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkräfte