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Standard "Pflege
von Senioren mit einem diabetischen Fußsyndrom"
In Deutschland werden jedes Jahr 28.000
Amputationen infolge eines diabetischen Fußes durchgeführt - die
meisten davon ließen sich mit einer guten Prophylaxe und simplen
Verhaltensregeln vermeiden. Doch genauso wichtig wie eine
professionelle Pflege ist die rechtliche Absicherung.
Schließlich weiß man nie, wann die Krankenkasse mal wieder
versucht, eine Pflegeeinrichtung an den üppigen
Behandlungskosten zu beteiligen.
Standard "Pflege von Senioren mit
einem diabetischen Fußsyndrom"
Definition:
Eine langjährige
Diabeteserkrankung verursacht an den Extremitäten und insbesondere an
den Füßen verschiedene krankhafte Veränderungen. Es kommt häufig zu
einer arteriellen Verschlusskrankheit der Mikroangiopathie (Verschluss
kleiner arterieller Gefäße) und / oder zu einer Makroangiopathie
(Erkrankung der größeren Gefäße). Dieses führt zu einer verschlechterten
Durchblutung (Ischämie).
Zusätzlich leiden
viele Betroffene unter einer peripheren Polyneuropathie (Nervenschäden,
deren Ursache bis heute nicht genau geklärt ist). Sie können also
etwaige kleine Verletzungen am Fuß oder einen Fremdkörper im Schuh nicht
spüren. Die daraus entstehenden Läsionen heilen nur langsam ab und
infizieren sich leicht.
Fast jeder fünfte Diabetespatient erleidet im
Verlauf der Erkrankung Fußläsionen. Wenn diese kleineren Verletzungen
nicht behandelt werden, können daraus Ulzerationen, Infektionen oder ein
Gangrän (Form der Nekrose) entstehen. Bei rund jedem zwanzigsten
Diabetiker entwickelt sich ein diabetisches Fußsyndrom, das in der
Mehrzahl der Fälle zur Amputation führt.
Die Schwere eines diabetischen Fußgeschwürs wird
in fünf Grade eingeteilt (Skala "nach Wagner"). Grad 0 steht für einen
Fuß, der zwar gefährdet aber unverletzt ist. Grad 5 ist definiert als
Nekrose des gesamten Fußes.
Typisch für eine solche Wunde ist das "Mal
perforans", also ein Geschwür das so aussieht, als wäre ein ganzer
Hautbereich komplett herausgestanzt worden. Diese Hautschädigung
entsteht vor allem in den Fußarealen, die großen mechanischen
Belastungen ausgesetzt sind, also etwa dem Vorfuß.
Grundsätze:
-
Selbst kleinste Fußläsionen sind bei
Diabetikern keine Bagatellen, die verharmlost werden können.
-
Mit einer lückenlosen Früherkennung lassen
sich die Beschwerden in vielen Fällen lindern und eine Amputation
vermeiden.
-
Die Normalisierung der Blutwerte ist der
beste Schutz gegen das diabetische Fußsyndrom.
Ziele:
-
Schon kleinste Hautschädigungen werden
frühzeitig erkannt.
-
Die Hautläsionen werden fachgerecht versorgt,
bevor es zu einer Infektion kommt.
-
Der Bewohner hat keine unnötigen Schmerzen
und bleibt so mobil wie möglich.
-
Eine Amputation wird (wann immer es geht!)
vermieden.
-
Der Bewohner beteiligt sich aktiv an seiner
Gesunderhaltung.
-
Es gibt eine gute Zusammenarbeit zwischen
unserem Pflegeteam und den Hausärzten.
-
Unsere Einrichtung wird vor
ungerechtfertigten finanziellen Forderungen geschützt.
Vorbereitung:
Organisation
-
Wir bilden unsere Fachkräfte regelmäßig zum
Thema Wundversorgung fort und halten aktuelle Fachliteratur bereit.
-
Wir benennen einen Wundbeauftragten, der eine
entsprechende Weiterbildung erhält.
-
Wir bitten ggf. den Hausarzt um eine
Bedarfsmedikation zur Schmerzbehandlung.
Frühwarnzeichen
Wir achten auf Symptome, die auf ein
erhöhtes Risiko hinweisen:
Ischämischer Fuß:
-
Der Fuß ist kalt, blass oder fahl marmoriert
-
Der Fuß weist eine pergamentartige Haut auf
-
Es fehlt die Behaarung an den Zehen / dem
Unterschenkel
-
Der Bewohner hat trophisch gestörte Fußnägel
-
Es sind keine Fußpulse tastbar
Neuropathischer Fuß:
-
trockene warme Haut, gut durchblutet
-
Die Fußpulse sind regelmäßig und gut tastbar
-
Unempfindlichkeit gegen Schmerzen
-
abgeschwächte Fähigkeit, Wärme oder
Kälteimpulse zu spüren
-
Der Achillessehnenreflex und der
Patellarsehnenreflex sind nur schwach oder gar nicht mehr auslösbar.
-
Der Bewohner klagt über Missempfindungen wie
brennen, stechen, kribbeln oder Taubheit in den Füßen und Beinen das
sog. Burning-feet-Syndrom.
-
Gangunsicherheit
-
asymmetrische und ungewöhnliche Abnutzung der
Schuhsohlen
-
Fußdeformation
-
abnorme Zehenstellung
-
Muskelschwund
-
Kallus (Schwielen)- und Rhagadenbildung
(spaltförmiger Einriss der Haut)
Bei ca. einem Drittel der Betroffenen liegt ein
Mischform vor.
allgemeine
Vorsichtsmaßnahmen
-
Der Bewohner wird aufgefordert, den Alkohol-
und Nikotinkonsum einzustellen oder zumindest drastisch zu
verringern.
-
Der Bewohner sollte beim Gehen stets Schuhe
tragen. Barfüßiges Laufen oder Laufen in Socken erhöht die
Verletzungsgefahr.
-
Der Bewohner sollte einen normalen BMI
anstreben, insbesondere also Übergewicht abbauen.
-
Wärmflaschen und Heizkissen werden nur mit
höchster Vorsicht genutzt, da es schnell zu Verbrennungen kommen
kann.
-
Bei vielen Betroffenen ist die Sturzgefahr
erhöht. Wir setzen daher ggf. die im entsprechenden
Prophylaxestandard beschriebenen Maßnahmen um.
-
Wir raten dem Bewohner, die vierteljährlichen
ärztlichen Kontrolluntersuchungen wahrzunehmen.
-
Wir machen den Bewohner eindringlich auf
einen wichtigen Faktor aufmerksam: Dass die Wunde nicht schmerzt,
bedeutet nicht, dass diese weniger behandlungsbedürftig wäre.
-
Im Sommer sollte der Bewohner einen
Sonnenbrand an den Füßen konsequent vermeiden. Auch barfuss laufen
im Sand ist nicht ratsam.
Durchführung:
Reinigung
-
Die Füße werden einmal täglich mit handwarmen
Wasser und neutraler Seife gewaschen.
-
Nach dem Waschen werden die Füße sorgfältig
getrocknet, insbesondere zwischen den Zehen.
-
Die Füße werden mit einem geeigneten
Hautpflegemittel eingecremt. Die Zehenzwischenräume werden davon
ausgenommen, da sich dort sonst feuchte Kammern bilden könnten.
-
Ein Fußbad sollte nicht länger als fünf
Minuten dauern. Wir stellen sorgfältig sicher, dass die Temperatur
nicht zu hoch ist.
Fußpflege
-
Hühneraugen und Hornhaut werden vom Podologen
oder vom Hautarzt entfernt.
-
Die Fußpflege wird - soweit finanziell
machbar - nur von speziell geschulten Fußpflegern geleistet.
-
Bei der Fußpflege sollte bevorzugt gefeilt
und nicht geschnitten werden, da dieses die Verletzungsgefahr senkt.
-
Die Zehennägel werden gerade geschnitten bzw.
gefeilt.
-
Der Nagelfalz wird nicht eingeschnitten.
-
Um eine Austrocknung der Haut zu vermeiden,
nutzen wir weder Puder noch Fußspray.
-
Wenn es bei der Fußpflege zu einer Verletzung
kommt, wird diese mit einer sterilen Kompresse oder einem Pflaster
abgedeckt. Der Fuß wird sofort druckentlastet und umgehend eine
ärztliche Untersuchung angesetzt.
Schuhe und Socken
-
Der Bewohner sollte Socken aus Naturfasern
tragen, die den Fuß warm halten, ohne ihn einzuschnüren. Die Socken
sollten keine spürbaren Nähte aufweisen. Sie sollten zudem
täglich gewechselt werden.
-
Der Bewohner sollte Schuhe tragen, die nicht
einschnüren. Nach Möglichkeit sollte er orthopädische Schuhe kaufen,
die mit einem diabetesgerechtem Fußbett ausgestattet sind. Das
bevorzugte Material sollte echtes Leder sein.
-
Ggf. werden Schuhe und Socken regelmäßig
desinfiziert.
-
Schuhe sollte der Bewohner am Nachmittag
anprobieren und kaufen, da zu diesem Zeitpunkt die Füße den
maximalen Umfang haben.
-
Bewohnerinnen sollten keine hohen Absätze
tragen.
-
Der Bewohner sollte in der Nacht weiche
Bettsocken tragen.
Fußinspektion
-
Der gesamte Fuß wird regelmäßig kontrolliert.
Die Häufigkeit der Untersuchung ist abhängig vom individuellen
Risiko.
-
Bei Diabetikern mit guter
Empfindungsfähigkeit wird einmal in der Woche kontrolliert.
-
Wenn der Bewohner unter Missempfindungen
leidet, erfolgt diese Inspektion täglich.
-
Wichtige Kriterien bei diesen Inspektionen
sind:
-
Rötungen
-
Druckstellen
-
Verletzungen
-
Hinweise auf Pilzinfektionen
-
übermäßige Hornhautbildung
-
Wir prüfen, ob der Bewohner noch in der Lage
ist, seine Füße selbst zu untersuchen. Maßgebliche Faktoren bei
dieser Einschätzung sind die Beweglichkeit des Bewohners, sein
mentaler Zustand sowie die Kooperationsbereitschaft.
-
Bei der Fußinspektion gehen wir wie folgt
vor:
-
Der Fuß mitsamt dem angezogenen Schuh
wird kontrolliert. Am Oberleder dürfen sich keine Zehen
abzeichnen. Die Fersenkappe darf nicht einschneiden.
-
Nach dem Ausziehen des Schuhs werden die
Strümpfe auf Blutverschmutzungen kontrolliert. Die Schuhe des
Bewohners werden ebenfalls inspiziert. Wichtig sind insbesondere
in den Innenraum ragende Nagelspitzen, Unebenheiten des Leders
oder der Schuhsohle.
-
Der nackte Fuß wird auf Hornstellen,
Schwellungen und Verletzungen kontrolliert.
-
Die Zehen und die Zehenzwischenräume
werden auf Pilzinfektionen überprüft. Diese verraten sich etwa
durch nässende Hautstellen.
-
Die Fußnägel werden kontrolliert.
Relevant sind insbesondere Verletzungen, die bei der letzten
Pediküre aufgetreten sind.
Wundbehandlung
Bei der Wundbehandlung setzen wir
die Vorgaben um, die in unserem Pflegestandard für die Versorgung von
chronischen Wunden beschrieben sind. Zusätzlich achten wir auf einige
spezifische Kriterien:
-
Ggf. erhält der Bewohner 30 Minuten vor dem
Verbandswechsel ein Schmerzmittel.
-
Wir sorgen für eine konsequente
Druckentlastung des betroffenen Areals. Für den Bewohner bedeutet
das zumeist Bettruhe.
-
Nekrosen werden nur vom Arzt abgetragen.
-
Wir setzen bei infizierten Wunden moderne
Auflagen ein, insbesondere
-
Alginate
-
silberhaltige Wundauflagen
-
Nasstherapeutika
-
Soweit nicht anders verordnet erfolgt der
Verbandswechsel bei infizierten Wunden einmal täglich. Dabei wird
gleichzeitig die Wunde inspiziert. Bei einer nicht infizierten Wunde
erfolgt der Wechsel seltener, um die Wundruhe zu gewährleisten. Die
Wechselhäufigkeit ist abhängig vom Risiko einer einsetzenden
Infektion.
-
Bei einer Infektion ist eine Therapie mit
Antibiotika erforderlich.
-
Pilzinfektionen sollten mit einem
Breitspektrumantimykotikum bekämpft werden. Zwischen den Zehen
verwenden wir keine Salben, sondern schnell trocknende Lösungen.
-
Bei Diabetikern können die typischen
Infektionszeichen ausbleiben. Es kann sich also eine tiefgehende
Wundinfektion entwickeln, ohne dass der Betroffene an Fieber,
Schüttelfrost oder Leukozytose (krankhafte Vermehrung der weißen
Blutkörperchen) leidet.
-
Bei einer Fußulzeration muss jederzeit mit
einer Besiedelung durch MRSA gerechnet werden. Der entsprechende
Standard ist zu berücksichtigen.
Nachbereitung:
allgemeine Maßnahmen
-
Alle Maßnahmen und Beobachtungen werden
lückenlos dokumentiert.
-
Die Pflegeplanung wird ggf. aktualisiert.
-
Nicht heilende Wunden oder andere krankhafte
Veränderungen werden umgehend dem Arzt gemeldet.
-
Der Zustand einer Wunde wird in kurzen
Intervallen sowie bei jeder Änderung sorgfältig dokumentiert. Der
entsprechende Standard ist sorgfältig umzusetzen.
Prognose
-
Diabetische Fußläsionen heilen zumeist sehr
langsam. Sofern der Bewohner diszipliniert und kooperativ ist,
bestehen jedoch gute Chancen auf eine deutliche
Gesundheitsverbesserung.
-
Wenn keine konsequente Druckentlastung des
geschädigten Fußes erfolgt, wird sich selbst bei bester Pflege und
medizinischer Versorgung der Zustand stetig weiter verschlechtern.
-
Wenn eine Amputation durchgeführt werden
muss, steigert dieses deutlich die Gefahr, dass der Betroffene in
absehbarer Zeit versterben wird.
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Infizierte tiefgehende Läsionen lösen häufig
eine Sepsis aus. Wenn der Bewohner ohnehin abwehrgeschwächt ist,
besteht Lebensgefahr.
Dokumente:
-
Wunddokumentation
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Berichtsblatt
-
ärztliches Verordnungsblatt
-
Kommunikationsblatt mit dem Arzt
-
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
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