Diese Seiten wurden für Smartphones optimiert.
Für die PC-Version
klicken Sie bitte hier.
Standard
"Verhalten bei Diebstahlsverdacht (ambulante Pflege)
Den
Vorwurf eines Diebstahls sollte kein ambulanter Dienst auf die leichte
Schulter nehmen. Schnell ist das Verhältnis zum Klienten und zu seinen
Angehörigen vergiftet. Und irgendwann macht das Gerücht im Ort die
Runde, dass Ihr Pflegeteam gerne mal lange Finger macht.
Standard "Verhalten bei
Diebstahlsverdacht" (ambulante Pflege)
Definition:
-
Der degenerative Prozess einer Demenz
äußert sich insbesondere in einem reduzierten Kurzzeitgedächtnis. In
der Folge sind Betroffene oft nicht mehr in der Lage, wichtige
Gegenstände wiederzufinden. Viele Erkrankte verdächtigen dann
Pflegekräfte des Diebstahls.
-
Der mentale Abbau kann dazu führen, dass
sich bei schon zuvor misstrauischen Personen diese Charaktereigenschaft
weiter verstärkt. Gleichzeitig können auch solche Senioren großes
Misstrauen entwickeln, die diese Eigenart zuvor nicht zeigten.
-
Oftmals tritt dieses Verhalten nur
vorübergehend auf und reduziert sich innerhalb einiger Monate.
-
Bei manchen Demenz-Patienten entwickeln
sich gravierende psychische Störungen, wie etwa ein Bestehlungswahn.
Der Klient lebt in der Überzeugung, dass er regelmäßig von anderen
Menschen bestohlen wird.
(Hinweis: Der Vollständigkeit halber muss angemerkt werden, dass
Klienten mitunter tatsächlich von Pflegekräften bestohlen werden. Der
Verdacht sollte also nicht generell ignoriert werden.)
Grundsätze:
-
Jeder Diebstahlsverdacht bringt uns in
einen moralischen Zwiespalt. Einerseits ist es unsere Pflicht, das
Eigentum unserer Klienten zu schützen und dem Diebstahl nachzugehen.
Gleichzeitig jedoch werden wir unsere Mitarbeiter vor
ungerechtfertigten Verdächtigungen schützen.
-
Die Situation ist für beide Seiten sehr
belastend. Die Pflegekraft sieht sich einem ernsten Verdacht
ausgesetzt, obwohl sie ggf. den Klienten seit Jahren versorgt. Der
Klient steht unter Stress, weil er der festen Überzeugung ist, dass er
bestohlen wurde und ihm keiner glauben möchte.
-
Die Vorwürfe dürfen von der Pflegekraft
nicht als persönlicher Angriff gewertet werden. Das übersteigerte
Misstrauen ist Symptom einer Krankheit.
Ziele:
-
Das Verhältnis zwischen Pflegekraft,
Angehörigen und Klienten wird nicht unnötig beeinträchtigt.
-
Der Arbeits- und Suchaufwand beim
Verschwinden eines Gegenstandes wird begrenzt. Der vermisste Gegenstand
wird schnell wiedergefunden.
-
Der finanzielle Schaden wird begrenzt,
falls der Klient einen Gegenstand verliert und dieser nicht mehr
gefunden wird.
-
Der gute Ruf der Pflegekraft und des
Pflegedienstes wird geschützt.
Vorbereitung:
-
Im Rahmen von Teambesprechungen führen
wir Rollenspiele durch. Wir üben die angemessene Reaktion auf Vorwürfe
von Klienten oder von Angehörigen.
-
Wenn wir feststellen, dass die
demenzielle Erkrankung des Bewohners zu einem übersteigerten Misstrauen
führt, suchen wir frühzeitig den Dialog mit den Angehörigen; also noch
bevor die ersten Vorwürfe im Raum stehen. Wir verdeutlichen ihnen, dass
dieses Misstrauen ein Ausdruck der degenerativen Schädigung ist und
dass sich entsprechende Vorhaltungen häufen können.
-
Von wichtigen Gebrauchsgegenständen, die
der Klient häufig vermisst, sollten Duplikate hergestellt oder
beschafft werden. Also etwa Lesebrillen, Schlüssel usw.
-
Wir empfehlen den Angehörigen,
Wertgegenstände sicher zu verwahren und gegen Duplikate zu ersetzen.
Wenn eine Klientin z. B. teuren Schmuck besitzt, sollte sie stattdessen
Modeschmuck erhalten. Voraussetzung dafür ist, dass der mentale Verfall
soweit fortgeschritten ist, dass die Klientin den Unterschied nicht
bemerkt.
-
Es ist wichtig zu prüfen, ob das
Verhalten die Folge der Demenz ist oder ob es der Ausdruck einer
Wahnkrankheit ist. Falls wir den Verdacht haben, dass der Klient
wahnkrank ist, wird der Arzt über unsere Beobachtungen informiert.
-
Bei einer Demenz richtet sich das Misstrauen
gegen Menschen aus der näheren Umgebung. Der Verdacht könnte also bei
rationaler Betrachtung durchaus glaubhaft erscheinen.
-
Wahnkranke hingegen verdächtigen fremde
Mächte, Gruppen oder Einzelpersonen, die keinen Zugriff auf das
Eigentum des Klienten haben und deshalb nicht als Diebe in Betracht
kommen. Also etwa der geschiedene Ex-Ehepartner, der längst in einer
anderen Stadt lebt.
-
Wir achten darauf, dass Mülleimer,
Wertstoffsäcke und Wäschekörbe vor dem Entleeren durchsucht werden. Der
Demenzkranke könnte dort Gegenstände versteckt haben.
-
Schränke und Schubladen, die nicht mehr
benötigt werden, sollten ggf. verschlossen werden. Dadurch wird die
Anzahl der möglichen Verstecke reduziert und die Suche nach vermissten
Gegenständen beschleunigt.
-
Die häufigen Vorwürfe sind oftmals
Ausdruck einer emotionalen Unsicherheit. Der Klient spürt den Zerfall
seiner geistigen Kräfte. Er versucht unbewusst, sein Selbstbild
aufrechtzuerhalten. Auf der Suche nach einem Schuldigen für das
Verschwinden eines Gegenstandes richtet sich sein Misstrauen gegen die
erstbeste Person; also ggf. gegen die Pflegekraft. Im Umgang mit sehr
misstrauischen Personen bevorzugen wir daher den Ansatz der
validierenden Kommunikation. Wir versuchen, ihn auf der Gefühlsebene zu
erreichen und das Selbstwertgefühl zu erhalten. Maßnahmen aus dem
Umfeld des Realitäts-Orientierungs-Trainings (ROT) sind nicht sinnvoll.
Die meisten Betroffenen reagieren auf Korrekturen mit noch mehr
Misstrauen und Aggressionen.
Durchführung:
Verhalten beim
Verschwinden eines wichtigen Gegenstandes
-
Wir hören dem Angehörigen und dem
Klienten zu und lassen sie ausreden. Wir versichern, den Sachverhalt
schnellstmöglich aufzuklären. Insbesondere bieten wir an, den
vermissten Gegenstand zu suchen.
-
Es ist besser, den Gegenstand gemeinsam
mit dem Klienten zu suchen. Falls ihn die Pflegekraft allein findet und
dem Klienten wiedergibt, wird sich dieser in seinem Verdacht bestätigt
sehen.
-
Wir prüfen, ob der Klient einen real
existierenden Gegenstand sucht. Viele Demenzkranke vermissen
Gegenstände, die sie schon vor Jahren verkauft oder verschenkt haben.
Reaktion auf den
Vorwurf eines Diebstahls durch Angehörige
-
Falls der Angehörige den Anschuldigungen
Glauben schenkt, nehmen wir den Verdacht ernst. Wird die Pflegekraft
selbst beschuldigt, informiert sie die Pflegedienstleitung und bittet
um zeitnahe Anwesenheit. Die Pflegekraft verteidigt sich also nicht
selbst.
-
Ggf. erstattet ein Angehöriger oder ein
Betreuer Anzeige gegen eine Pflegekraft oder "gegen unbekannt", um den
Diebstahl aufzuklären. Wir arbeiten dann mit der Behörde zusammen und
händigen insbesondere die Tourenpläne aus.
Nachbereitung:
-
Jeder derartige Vorfall muss sorgfältig
dokumentiert werden. Also sowohl die Art des Vorwurfes, ggf. der
spätere Fundort des Gegenstandes und auch alle anwesenden Personen.
Sollte es polizeiliche Ermittlungen oder gar juristische
Auseinandersetzungen geben, sind derartige Aufzeichnungen sehr wichtig.
-
Klienten bevorzugen oft bestimmte
Verstecke. Diese werden dokumentiert. Bei einem erneuten Verschwinden
von wichtigen Gegenständen werden diese als erstes durchsucht.
-
Wir prüfen, ob der Klient Gegenstände
bewusst versteckt, um sie vor einem Diebstahl zu schützen.
Dokumente:
Verantwortlichkeit
/ Qualifikation:
|