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Pflegestandard "Betreuung von Senioren mit exulzerierenden Tumoren"

Die Versorgung von Senioren mit exulzerierenden Tumoren ist selbst für gestandene Pflegekräfte belastend. Der Geruch und der Anblick der Wunde sind nahezu unerträglich, Aussicht auf Heilung besteht zumeist nicht. Unser Standard beschreibt neben modernen Wundversorgungstechniken insbesondere auch die notwendige Integration der medizinischen und der seelsorgerischen Betreuung.


Pflegestandard "Betreuung von Senioren mit exulzerierenden Tumoren"


Definition:

  • (exulzerieren = "sich geschwürartig verändern"). Exulzerierende Tumore treten vor allem bei älteren Menschen im Endstadium einer Tumorerkrankung auf. Sie resultieren aus dem Zerfall eines Geschwürs. Rund 60 Prozent dieser Tumore treten im Brustbereich auf. Jede vierte dieser chronischen Wunden ist am Kopf oder am Hals zu finden. Sie können verschiedene Ursachen haben.
    • Sie resultieren aus einem primären Hauttumor, wie etwa einem Plattenepithelkarzinom oder einem Melanom.
    • Sie werden von einem Tumor ausgelöst, der direkt unter der Haut liegt, etwa von einem Mamma-Karzinom oder von einem kutanen T-Zell-Lymphom ("direkte Tumorinfiltration").
    • Sie sind die Folge eines entfernt liegenden Primärtumors, der metastatisch aussäht.
  • Für Betroffene sind exulzerierende Tumore seelisch sehr belastend. Die nach außen sichtbar werdende Entstellung und Veränderung samt Geruchsbelästigung führen oftmals zu einer Stigmatisierung und letztlich zur sozialen Isolation.

Grundsätze:

  • Die Pflege von betroffenen Senioren erfordert ein hohes Maß an Empathie und fachlicher Kompetenz.
  • Wir arbeiten eng mit externen Partnern zusammen, insbesondere mit den behandelnden Ärzten, Psychologen und Seelsorgern.

Ziele:

  • Der Allgemeinzustand des Bewohners wird verbessert.
  • Die Lebensqualität des Bewohners bleibt erhalten.
  • Sekundärinfektionen insbesondere durch anaerobe Erreger werden vermieden.
  • Es kommt zu keiner Sepsis durch Tumorzerfall.
  • Die mit exulzerierenden Wunden verbundene Symptomatik wird gelindert:
    • Die Geruchsbelästigung wird minimiert.
    • Der Bewohner hat keine unnötigen Schmerzen.
    • Das Austreten von Exsudat wird minimiert.
    • Es kommt zu keinen Blutungen.

Vorbereitung:

Organisation  

  • Wir bilden unsere Fachkräfte regelmäßig zum Thema Wundversorgung fort und halten aktuelle Fachliteratur bereit.
  • Wir benennen einen Wundbeauftragten, der eine entsprechende Weiterbildung erhält.

Anamnese

  • Die Wundart und der Zustand des Bewohners werden korrekt bestimmt und dokumentiert. Kriterien des Wundzustandes sind etwa Lokalisation, Größe, Farbe und Tiefe der Wunde. Wir erfassen zudem Informationen über Fisteln, Exsudat, nekrotisches Gewebe, Blutungen, Schmerzen sowie üblen Geruch. Wichtig ist ebenfalls die Beschaffenheit der Wundränder.w
  • Wir sammeln Informationen darüber, wie die Wunde bislang versorgt wurde. Dieses insbesondere, wenn der Bewohner erst kurze Zeit bei uns lebt und bereits mit dieser chronischen Wunde in unser Haus kam.

Durchführung:

Bekämpfung des üblen Geruchs (insbesondere bei infizierten Wunden)

  • Wundinfektionen können mit silberhaltigen Wundauflagen zur Abheilung gebracht werden. Werden zusätzlich dazu Wundauflagen mit Aktivkohle genutzt, kann das Austreten von üblen Gerüchen minimiert werden.
  • Sofern die Wunde nicht infiziert ist, können Okklusivverbände genutzt werden. Wichtig ist dann jedoch ein täglicher Wechsel.
  • Wir prüfen, ob Chlorophylllösungen oder auf den Verband aufgebrachte Kräuterkissen die Geruchsbelästigung reduzieren können.
  • Wir verbessern die Raumluft mittels Duftlampen oder nutzen künstliche Geruchsbinder (z.B. Nilodor).
  • Gemeinsam mit dem behandelnden Hausarzt prüfen wir die Notwendigkeit eines Debridements, also der Entfernung des nekrotischen Gewebes. Ein chirurgisches oder scharfes Debridement sollte vermieden werden, da diese Maßnahmen das Risiko von Blutungen erhöhen. Vorzugsweise sollten Hydrogele im Rahmen eines autolytischen Debridements genutzt werden.

Schmerzbekämpfung

  • Wir bitten den behandelnden Arzt um eine wirksame Bedarfsmedikation. Der Bewohner sollte dreißig Minuten vor dem Verbandswechsel eine ausreichende Dosis an Schmerzmitteln erhalten.
  • Wir nutzen Verbandsstoffe, die nicht kleben und die Wunde feucht halten. Damit kann die Schmerzbelastung während des Verbandswechsels reduziert werden.
  • Die Wunde kann während des Verbandswechsels mit körperwarmer Spüllösung angefeuchtet werden.

Minimierung des Exsudats

  • Wenn die Wundsekretion niedrig ist, sollten Wundauflagen mit geringer Flüssigkeitsabsorption gewählt werden, etwa Hydrokolloide oder semipermeable Folien. Wundauflagen mit hoher Flüssigkeitsabsorption können dazu führen, dass solche Wunden austrocknen.
  • Bei erhöhtem Flüssigkeitsaustritt sollten saugstarke Wundauflagen gewählt werden, etwa Hydropolymerverbände sowie Auflagen auf Basis von Alginaten oder Hydrofasern. Der Einsatz von Silikongittern ist nur in Kombination mit einem saugstarken Sekundärverband sinnvoll.
  • Extreme Mengen Wundexsudat können ggf. über einen Stomabeutel abgeleitet werden, wenn die Wundöffnung selbst klein genug ist. Dieses ist insbesondere wichtig, um eine Mazeration der Wunde zu vermeiden.
  • Die Wundränder können mit Zinkpaste oder Cavilon geschützt werden.

trockene nekrotische Wunden

  • Wir nutzen einen trockenen und sterilen Verband.
  • Nach Absprache mit dem Arzt können Nekrosen mit enzymatischen Wundreinigern abgetragen werden.
  • Hinweis: Bei vielen Betroffenen ist eine Abheilung kein realistisches Ziel mehr. Pflegekräfte sollten dann vor allem eine Mazeration vermeiden und die Nekroseplatte möglichst trocken belassen.

Blutung

  • Wir prüfen, aus welchem Bereich das Blut austritt; also aus den Wundrändern oder aus dem Tumor selbst.
  • Wir versuchen Blutungen insbesondere beim Verbandswechsel zu vermeiden. Wir nutzen schonende Techniken sowie Spülflüssigkeit zur Wundreinigung. Wir prüfen mit dem behandelnden Arzt, ob Mepitel den Wechsel der Wundauflagen erleichtern kann. Das Ablösen des Verbandes kann verträglicher verlaufen, wenn zuvor Kompressen mit kaltem Salbeitee aufgelegt werden.
  • Ggf. kann die Blutung durch Kompression gestoppt werden.
  • Sofern eine ärztliche Anordnung vorliegt, nutzen wir geeignete Produkte zur Blutungsstillung, etwa: mit Adrenalin getränkte Kompressen, Kompressen mit Privin, Claudengaze oder Tabotamp.
  • Wenn die Blutungen zu stark sind, wird der behandelnde Hausarzt informiert.

psychologische Betreuung

  • Wir stehen dem Bewohner und seinen Angehörigen jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung. Wir sind uns bewusst, dass exulzerierende Tumore Ängste, Ekelgefühle sowie Hilflosigkeit hervorrufen. Wir sprechen diese Aspekte offen an.

Nachbereitung:

allgemeine Maßnahmen

  • Alle Maßnahmen und Beobachtungen werden lückenlos dokumentiert.
  • Die Pflegeplanung wird ggf. aktualisiert.
  • Krankhafte Veränderungen werden umgehend dem Arzt gemeldet.
  • Der Zustand einer Wunde wird in kurzen Intervallen sowie bei jeder Änderung sorgfältig dokumentiert. Der entsprechende Standard ist sorgfältig umzusetzen.

Prognose

  • Die Heilungschancen sind davon abhängig, ob die Krebstherapie Wirkung zeigt (Radiotherapie, Chemotherapie oder Exzision). Ist dieses nicht der Fall, wird sich die Wunde trotz aller pflegerischen Maßnahmen vergrößern.

Dokumente:

  • Wunddokumentation
  • Berichtsblatt
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

Pflegefachkräfte