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Standard "Pflege
von Senioren mit Fazialisparese"
Schlaganfall! Wenn eine Gesichtshälfte
plötzlich schlaff "nach unten hängt", ist dieser Verdacht
durchaus nahe liegend. Allerdings kann eine einseitige
Gesichtslähmung auch weniger dramatische Ursachen haben. Mit
einem Standard können Sie die Versorgung von Betroffenen
vereinheitlichen.
Standard "Pflege
von Senioren mit Fazialisparese"
Definition:
-
Bei der Fazialisparese handelt es sich um
eine Lähmung der Gesichtsmuskulatur, die sowohl einseitig wie
zweiseitig auftreten kann. Die Muskulatur in diesem Bereich wird
durch den Gesichtsnerv („Nervus facialis“) kontrolliert, der aber
durch verschiedene Faktoren in seiner Funktion gestört werden kann.
-
Häufig handelt es sich um zentrale Störungen,
wie etwa Apoplexie, Tumore oder Hirntraumata. Diese Krankheitsbilder
sind häufig mit Hemiplegie oder Hemiparese verbunden.
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Oftmals ist die Symptomatik auch die Folge
einer peripheren Fazialisparese. Diese wird ausgelöst durch
entzündliche Prozesse wie z.B. eine Mittelohrentzündung. Bei drei
von vier peripheren Fazialisparesen bleibt der Auslöser unklar (sog.
„idiopathische periphere Fazialisparese“). Als mögliche Auslöser
werden Virusinfektionen oder eine Mangeldurchblutung diskutiert.
-
Eine ursächliche Therapie gibt es nicht. Es
ist allerdings wichtig, mögliche Komplikationen zu verhindern und zu
minimieren.
Grundsätze:
-
Ein wichtiger Teil der nonverbalen
Kommunikation erfolgt über die Mimik. Ein Ausfall der Muskulatur im
Bereich des Mundes und des Gesichts ist daher nicht nur ein
medizinisches Problem, sondern hindert den Bewohner auch daran,
seine Gedanken und Emotionen auszudrücken.
Ziele:
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Eine akute Gesundheitsbedrohung wird schnell
und korrekt erkannt. Eine medizinische Versorgung erfolgt zeitnah.
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Die Gesichtslähmung bildet sich so weit wie
möglich wieder zurück. Bleibende Schäden werden vermieden.
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Die Mimik wird verbessert.
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Die Gefühlsstörungen im Gesicht werden
reduziert.
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Der Bewohner fühlt sich wieder als kompletter
Mensch. Eine Störung des Körperbildes wird vermieden.
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Die soziale Einbindung des Bewohners bleibt
erhalten. Insbesondere kann der Bewohner mit seinem Umfeld verbal
und nonverbal kommunizieren.
Vorbereitung:
-
Wir achten auf die typischen Symptome einer
Fazialisparese.
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Erste Anzeichen sind manchmal Schmerzen im
Bereich des Ohres und der Wange.
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Der Bewohner klagt darüber, dass sein Gesicht
„verzogen“ oder „schief“ sei. Häufig macht der Bewohner diese
Entdeckung morgens nach dem Aufstehen beim Blick in den Spiegel.
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Der Bewohner gibt an, dass die
Sinneseindrücke von der Gesichtshaut gedämpft wirken, sich also etwa
das Rasieren seltsam anfühlt.
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Der Bewohner ist nicht in der Lage, seine
Stirn in Falten zu legen.
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Die Mundwinkel hängen nach unten. Der
Bewohner ist nicht mehr in der Lage, seinen Mund vollständig zu
verschließen. Aus dem Mundwinkel treten Speichel und Speisereste
(bei der Nahrungsaufnahme) aus.
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Der Bewohner kann nur noch eingeschränkt
kauen. Er klagt über einen eingeschränkten Geschmackssinn.
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Das Hörempfinden kann sich verändern; oftmals
hört der Betroffene ungewöhnlich gut.
-
Das Unterlid hängt herab. Der Bewohner ist
nicht mehr in der Lage, sein Auge vollständig zu verschließen. Es
kann zu einer Hornhautaustrocknung kommen. Ggf. ist die
Tränensekretion gestört. Der Bewohner klagt über ein „tränendes
Auge“.
Hinweise:
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Eine Lähmung des Gesichtsnervs entwickelt
sich innerhalb weniger Minuten, kann sich aber auch binnen 48
Stunden ausbilden.
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Wenn die Symptomatik erstmals beobachtet
wird, handelt es sich um einen potentiellen Notfall. Die Vorgaben
des Notfallstandards Schlaganfall (apoplektischer Insult) sind dann
umzusetzen.
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Auch wenn ein Schlaganfall ausgeschlossen
werden kann, sollte der Bewohner einem HNO-Arzt vorgestellt werden,
um eine Erkrankung im Bereich des Mittelohres und der
Ohrspeicheldrüse sowie Herpes Zoster (genauer: „Zoster oticus“) und
Borreliose auszuschließen.
Durchführung:
medikamentöse Therapie
-
Bei einer idiopathischen Fazialisparese
erhält der Bewohner Kortison-Infusionen. (Hinweis: Der Nutzen einer
Glukokortikoidtherapie ist umstritten.)
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Ggf. kann die Gabe von Antirheumatika das
Symptombild bessern.
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Bei einer zentralen Fazialisparese erfolgt
die medikamentöse Therapie abhängig von der auslösenden
Grunderkrankung. Bei einer Apoplexie erhält der Bewohner i.d.R.
Thrombozytenaggregationshemmer.
Aktivierung des Gesichts und des
Mundes
Gemeinsam mit dem Physiotherapeuten
stellen wir Übungen zusammen. Wir sorgen dafür, dass der Bewohner diese
Übungen regelmäßig und selbständig durchführt. Der Bewohner soll z.B.
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die Augenbrauen zusammenziehen („böse
gucken“)
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die Augen fest schließen und danach wieder
weit öffnen
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den Mund schließen und die Wangen aufblasen,
danach die Luft von der gelähmten Seite in die gesunde Seite pressen
-
die Augenbrauen hochziehen und die Stirn in
Falten legen („erstaunt gucken“)
-
die Nase rümpfen („Hier stinkt‘s!“)
-
den Mund spitzen („Kussmund“), danach Luft
aus der Lunge drücken, um z.B. eine Kerze auszupusten
-
die Lippen weit auseinander ziehen („Zähne
zeigen“)
-
den zum Kussmund geschlossenen Mund nach
rechts und nach links ziehen
-
den Mundwinkel hochziehen („lächeln“).
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die Unterlippe über die Oberlippe stülpen
-
die Oberlippe über die Unterlippe ziehen
Hinweise:
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Die Übungen gelingen leichter, wenn der
Bewohner vor einem Spiegel sitzt.
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Bei einer Hemiplegie und ausgeprägtem
„Pusher-Syndrom“ ist es zudem wichtig, dass der Bewohner den Kopf
gerade hält.
-
Die Therapeutin kann durch das Auflegen der
Hand auf das Gesicht die gelähmten Areale mit bewegen und somit
sicherstellen, dass die Bewegung symmetrisch ist.
Pflege bei fehlendem Lidschluss
Gemeinsam mit dem behandelnden
Augenarzt stellen wir sicher, dass das Auge nicht austrocknet.
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Wir nutzen filmbildende Augentropfen oder
Augensalben.
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In der Nacht wird das Auge durch einen
Uhrglasverband geschützt.
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Ggf. wird die Raumluft angefeuchtet.
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Wir achten darauf, dass das Zimmer nicht zu
stark beheizt wird.
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Der Bewohner soll das Rauchen einstellen und
auf den Besuch des Raucherzimmers verzichten.
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Bewohnerinnen sollten auf augenreizende
Kosmetika verzichten.
weitere Maßnahmen
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Bei Betroffenen ist häufig eine intensivierte
Mundpflege erforderlich. Diese ist im Standard "Mundpflege"
beschrieben. Außerdem ist der Standard "Soor- und
Parotitisprophylaxe" zu beachten.
-
Bei der Nahrungseingabe ist besondere
Sorgfalt erforderlich. Die Vorgaben des Standards "Essen und Trinken
anreichen" sind zu beachten.
-
Alle Pflegekräfte müssen sich der reduzierten
Mimik bewusst sein. Es ist wichtig, entsprechend sensibler auf
andere nonverbale Signale zu achten. Beispiel: Der Bewohner leidet
unter Kontrakturen und hat bei passiven Bewegungsübungen Schmerzen.
Die Pflegekraft bemerkt dieses nicht, da das Gesicht des Bewohners
bei Schmerz nicht zuckt. Der Bewohner könnte sich verbal mitteilen,
unterlässt dieses aber, da klagen über Schmerzen seinem Rollenbild
nicht entspricht.
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Wir klären Angehörige darüber auf, dass die
Mimik des Bewohners reduziert ist. Insbesondere sollen sie das
maskenhafte Gesicht nicht missverstehen und eine Gleichgültigkeit
des Bewohners vermuten.
Nachbereitung:
Prognose
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Bei der idiopathischen peripheren
Fazialisparese ist die Prognose gut. Bei vier von fünf Betroffenen
gehen die Lähmungen innerhalb von sechs Wochen ohne bleibende
Schäden zurück.
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Manchmal ist die Gesichtsmuskulatur dauerhaft
geschwächt. Die Mimik kehrt dann nur teilweise und angedeutet
zurück.
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Oftmals kommt es zu Fehlinnervationen.
Beispiel: Beim Zähne zeigen wird ein Auge unwillkürlich zugekniffen.
weitere Maßnahmen
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Alle Maßnahmen werden dokumentiert.
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Die Pflegeplanung wird an die aktuellen
Pflegeprobleme und Ressourcen angepasst.
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Der behandelnde Arzt wird über alle
relevanten Veränderungen informiert.
Dokumente:
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Pflegeplanung
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ärztliche Verordnungen
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Durchführungsnachweis
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
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