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Standard "Pflege von Senioren mit akuter / chronischer Gastritis"
Das
Leben ist mitunter ungerecht: Manch ein Magen verkraftet klaglos selbst
langjährigen Alkohol-, Nikotin- und Kaffeekonsum. Bei anderen Senioren
hingegen wird schon ein hastig gegessener Eisbecher mit einer akuten
Gastritis quittiert.
Standard "Pflege von Senioren mit akuter / chronischer Gastritis"
Definition:
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Die Magenschleimhaut bildet die innere
Auskleidung des Magens. Sie produziert einerseits die für die Verdauung
notwendige Magensäure. Gleichzeitig schützt Sie den Magen davor, von
eben dieser Säure selbst verdaut zu werden.
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Verschiedene Infektionen oder Umwelteinflüsse
können zu einer Entzündung der Magenschleimhaut ("Gastritis") führen.
Diese kann einmalig auftreten oder permanent vorliegen.
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Die Entzündung beeinträchtigt die Fähigkeit der
Magenschleimhaut, das darunter liegende Gewebe vor der Magensäure zu
schützen. Es kommt dann zu Erosionen, also zu fleckförmigen und
oberflächlichen Defekten des Magengewebes. Bei weiterer
Verschlechterung kann sich ein Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür
entwickeln.
akute Gastritis:
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Eine zentrale Ursache für eine Gastritis sind
Lebensmittelvergiftungen, also der Konsum von kontaminierten Speisen
und Getränken.
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Wenn Lebensmittel nicht ausreichend
durcherhitzt werden, nimmt der Betroffene die Krankheitserreger durch
die Nahrung auf. Die Keime vermehren sich im Körper und befallen die
Magenschleimhaut. Es liegt also eine Infektion vor.
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Andere Keime schädigen die Schleimhaut
indirekt. Hier lösen nicht die Bakterien selbst die Entzündung aus,
sondern die von ihnen produzierten und ausgeschiedenen Toxine. Die
Erhitzung der verdorbenen Lebensmittel bietet davor keinen Schutz. Zwar
werden die Keime abgetötet, deren Giftstoffe jedoch bleiben intakt. Der
Betroffene konsumiert die Toxine über die Nahrung und bringt sie mit
der Magenschleimhaut in Kontakt.
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Häufige Erreger sind Salmonellen, Shigellen und
Staphylokokken. Die Übertragung erfolgt primär über Lebensmittel (rohe
Eierspeisen, Mayonnaise, Geflügel, Speiseeis) oder fäkal-oral als Folge
mangelnder Händehygiene.
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Auch Stress kann eine Gastritis auslösen, also etwa die Angst vor einer anstehenden Operation.
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Das hastige Essen von zu heißen oder zu kalten
Speisen kann ebenfalls eine akute Gastritis verursachen. Einen
vergleichbaren Effekt hat der übermäßige Alkohol- und Nikotinkonsum.
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Auslöser können auch Arzneimittel sein, hier
vor allem Schmerzmedikamente wie Acetylsalicylsäure,
entzündungshemmende Wirkstoffe wie Diclofenac oder Ibuprofen sowie
Kortison.
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Wenn die Ursachen konsequent beseitigt werden
und der Bewohner keine relevanten Zusatzerkrankungen hat, heilt eine
akute Gastritis zumeist innerhalb weniger Tage ohne Folgeschäden aus.
chronische Gastritis:
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Es werden drei Formen der chronischen Gastritis unterschieden:
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Typ A, Autoimmungastritis: Bei dieser
seltenen Variante (Häufigkeit: 5 Prozent) bilden sich Antikörper gegen
Zellen, die die Salzsäure produzieren. In der Folge sinkt die
Salzsäurekonzentration im Magensaft. Das Risiko für die Bildung eines
Magenkarzinoms ist erhöht.
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Typ B, bakterielle Gastritis: Bei dieser mit
85 Prozent häufigsten Form besiedeln Bakterien (Helicobacter pylori)
den Magen. Diese Infektion kann über Jahre mangels Krankheitszeichen
unentdeckt bleiben.
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Typ C, chemisch-toxische Gastritis. Hier
führt z.B. ein Gallensaftrückfluss oder die langjährige Einnahme von
Medikamenten zu Beschwerden. Die Häufigkeit liegt bei rund 10 Prozent.
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Eine chronische Gastritis ist im Alter sehr
häufig. Jeder Zweite über 50-Jährige ist betroffen, oft allerdings ohne
Beschwerden oder mit nur geringen Symptomen.
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Überproportional oft erkranken auch
intensivpflegebedürftige Senioren; also etwa Langzeitbeatmete, Bewohner
mit Schädel-Hirn-Trauma, Patienten mit schweren Verbrennungen usw.
(Hinweis: Die Symptome und die pflegerischen Maßnahmen ähneln in weiten
Teilen dem Vorgehen bei einem Magengeschwür. Daher ist es sinnvoll,
beide Themen parallel für das QM-Handbuch umzusetzen.)
Grundsätze:
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Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Hausarzt
zusammen. Auch eine Kooperation mit einer Diätberaterin ist bei einer
Gastritis sinnvoll.
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Wir werden stets frühzeitig einen Arzt hinzuziehen, wenn potenziell bedrohliche Symptome auftreten.
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Demente Bewohner können sich häufig nicht
verständlich machen. Folglich ist es notwendig, das Verhalten der
Bewohner sehr aufmerksam zu beobachten. Es ist besser, eine ärztliche
Untersuchung ohne Befund durchzuführen, als eine mögliche Infektion
über Jahre zu ignorieren.
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Verfahren der Naturheilkunde kommen als Ergänzung (nicht als Ersatz!) konventioneller Therapien in Betracht.
Ziele:
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Der Bewohner ist beschwerdefrei.
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Die Ursache der Gastritis wird korrekt erkannt.
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Der Bewohner entwickelt kein Geschwür.
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Dem Bewohner ist die Wichtigkeit der Diät bekannt. Er richtet sich nach den Vorschriften.
Vorbereitung:
Informationssammlung
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Wir stellen alle Informationen zusammen, die für die Diagnose und für die Behandlung relevant sein könnten. Etwa:
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Seit wann leidet der Bewohner unter den Beschwerden?
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Wurde der Bewohner bereits einmal wegen Gastritis behandelt?
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Welche Medikamente nimmt der Bewohner ein, die Auswirkungen auf die Magenschleimhaut haben könnten?
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Tritt die Gastritis akut auf? Ist der Verlauf bereits chronisch?
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Viele Senioren leiden bereits seit Jahren an
einer Gastritis. Sie haben eigene Strategien entwickelt, um mit den
Symptomen umzugehen. Sie sind also gewissermaßen Experten für die
eigene Krankheit. Wir befragen den Bewohner bzw. seine Angehörigen dazu
und prüfen, inwieweit wir diese Strategien weiterhin nutzen können.
Prophylaxemaßnahmen:
Durch gezielte Prophylaxemaßnahmen versuchen wir, die Entstehung einer Gastritis zu vermeiden.
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Eine allgemeingültige "Gastritisdiät" gibt es
nicht. Der Bewohner soll sich gesund ernähren. In vielen Fällen
entwickeln Senioren mit den Jahren eine eigene "Diät", um eine
Gastritis zu vermeiden oder zu kontrollieren. Diese Einschränkungen
können zu einer einseitigen Ernährung führen.
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Dem Bewohner wird nahegelegt, dass er die Speisen nicht mit Salz und mit Pfeffer nachwürzen sollte.
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Der Bewohner sollte einen normalen BMI anstreben.
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Der Bewohner sollte den Nikotin- und den
Alkoholkonsum komplett einstellen. Beide Genussgifte regen die
Magensäureproduktion an. (Hinweis: Vor allem hochprozentige Spirituosen
sind eine erhebliche Belastung.)
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Der Kaffeekonsum sollte auf ein Mindestmaß
reduziert werden. Insbesondere sollte der Bewohner den Kaffee nicht auf
nüchternen Magen trinken.
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Wir sorgen dafür, dass in der Einrichtung
Laugen und Säuren stets gut unter Verschluss sind, dieses insbesondere
bei depressiven oder bei demenziell veränderten Bewohnern.
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Wir sorgen für eine lückenlose Hygiene
insbesondere im hauswirtschaftlichen Bereich. Eine
Lebensmittelvergiftung muss vermieden werden.
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Übermäßiger Stress ist schädlich. Wir sprechen
Bewohner direkt an, wenn wir vermuten, dass diese etwas bedrückt. Zudem
sollte der Bewohner Entspannungsübungen durchführen.
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Eine Herzinsuffizienz wird konsequent behandelt, um eine Stauungsgastritis zu vermeiden.
achten auf Symptome:
Bei
vielen Betroffenen treten keinerlei Beschwerden auf. Nur gelegentlich
klagen diese Bewohner über Völlegefühl oder über Unverträglichkeiten
von schwer verdaulichen Speisen. Darüber hinaus kann es zu folgenden
Symptomen kommen:
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Magenschmerzen, ggf. auch Rückenschmerzen
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Völle- und Druckgefühl im Oberbauch
-
ggf. Schmerzen im Oberbauch
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Übelkeit und Erbrechen
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Blähungen
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Appetitlosigkeit
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fauliger Mundgeruch
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weißlicher Zungenbelag
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ggf. Bluterbrechen (Ulkuszeichen)
-
ggf. Teerstuhl (Ulkuszeichen)
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ggf. Fieber
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Schwächegefühl
-
Unverträglichkeit von bestimmten Nahrungsmitteln, insbesondere bei fetthaltigen Speisen
Durchführung:
allgemeine Maßnahmen
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Bei einer nur leichten Gastritis erhält der Bewohner leichte Kost wie Kamillentee und Zwieback.
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In vielen Fällen sind die Beschwerden jedoch so
erheblich, dass der Bewohner in den ersten 24 bis 36 Stunden auf
Nahrungsmittel verzichten sollte.
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Der Bewohner sollte seinen Flüssigkeitsbedarf
primär mit Tee decken. Kamillentee wirkt krampflösend. Pfefferminztee
lindert Schmerzen.
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Es kann zu gravierenden Flüssigkeitsverlusten
sowie zu lang anhaltender Nahrungskarenz als Folge etwa von Erbrechen
kommen. Wir prüfen dann gemeinsam mit dem behandelnden Arzt die
Notwendigkeit einer parenteralen Ernährung und Flüssigkeitsversorgung.
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Der Bewohner sollte während des Kostaufbaus komplett auf den Konsum von Kaffee, Nikotin und Alkohol verzichten.
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Einengende Kleidung wird gelockert.
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Der Bewohner sollte Bettruhe halten, wenn der Kreislauf instabil ist.
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Ggf. erhält der Bewohner eine lokale Wärmebehandlung. Eine Wärmflasche kann krampfartige Magenschmerzen lindern.
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Sobald die Nahrungskarenz endet, sollte der
Bewohner fünf bis sechs kleine und leichte Mahlzeiten pro Tag zu sich
nehmen. Der Bewohner sollte dabei sorgfältig kauen und langsam essen.
Wir erläutern dem Bewohner, dass der Speichel als natürliches Antazidum
wirkt.
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Der Kostaufbau erfolgt mit leicht verdaulichen
Kohlenhydraten wie etwa Haferschleim oder Weißbrot. Im weiteren Verlauf
der Gesundung können eiweißhaltige und fettarme Lebensmittel gegeben
werden, also etwa Milchprodukte, fettarmes und leicht verdauliches
Fleisch sowie Fisch.
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Ggf. erhält der Bewohner eine geeignete Wunschkost, da er seinen Zustand oftmals am besten einschätzen kann.
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Der Bewohner wird engmaschig zu etwaigen Schmerzen befragt.
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Die Ausscheidungen des Bewohners werden kontrolliert; insbesondere hinsichtlich von Blutbeimengungen.
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Die Vitaldaten werden regelmäßig überprüft.
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Eine infektiös ausgelöste Gastritis ist eine
Gefahr für abwehrgeschwächte Bewohner. Es besteht ein erhöhtes Risiko
für Blutvergiftung, Hirnhautentzündung und Knocheninfektionen.
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Alle (nach Ansicht des Arztes) nicht zwingend
erforderlichen Medikamente werden abgesetzt, um den Magen nicht weiter
zu belasten.
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Die Pflegekraft muss bei jedem Kontakt mit
Erbrochenem Schutzkleidung tragen, um eine Keimverschleppung etwa von
Salmonellen zu vermeiden.
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Nach jedem Erbrechen führt die Pflegekraft eine Mundpflege durch.
medikamentöse Therapie:
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In vielen Fällen bessert sich das Symptombild durch die Applikation von Antazida oder von H2-Blockern.
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Eine Autoimmungastritis kann durch eine
regelmäßige intramuskuläre Substitution von Vitamin B12 gelindert
werden. Die Applikation erfolgt lebenslang.
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Eine Besiedelung mit Helicobacter Pylori kann
vollständig beseitigt werden (sog. "Eradikation"). Dafür wird eine
Kombination von verschiedenen Antibiotika sowie von Säurehemmern
gewählt. Die Frage, ob bei symptomfreien Senioren eine Eradikation
erfolgen sollte, ist strittig.
-
Bei starker Übelkeit erhält der Bewohner ein geeignetes Antiemetikum.
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Durch ein Magenschutzpräparat kann eine
chemische Gastritis gelindert werden. Diese Wirkstoffe sind notwendig,
wenn auf die Einnahme des auslösenden Medikaments nicht verzichtet
werden kann.
zusätzliche Maßnahmen bei einer chronischen Gastritis
Wir regen eine ärztliche Untersuchung an. Diese umfasst zumeist:
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Endoskopie und Biopsie
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Nachweis oder Ausschluss von Helicobakter Pylori
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weitere serologische und immunologische Untersuchungen
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bei Typ A: ggf. Therapie mit Vitamin-B12
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jährliche Kontrollendoskopie aufgrund der erhöhten Gefahr durch maligne Entartungen.
Nachbereitung:
Prognose
-
Eine einfache Gastritis heilt zumeist folgenlos
aus, ohne dass eine genaue Diagnostik und eine medikamentöse Therapie
notwendig wären. Oberflächliche Zerstörungen der Magenschleimhaut (sog.
"Erosionen") heilen narbenlos ab.
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Wenn eine fundierte Rezidivprophylaxe erfolgt
und die auslösenden Ursachen beseitigt werden, kann i.d.R. ein
Wiederauftreten vermieden werden. Allerdings sind viele Senioren
erfahrungsgemäß nicht bereit, auf Kaffee, auf Nikotin oder auf Alkohol
dauerhaft zu verzichten.
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Bei gravierenderen Verlaufsformen kann es durch
Verletzungen der Schleimhaut zum Blutaustritt ins Mageninnere kommen
(sog. "Hämorrhagische Gastritis").
-
Eine Autoimmungastritis kann derzeit nur
symptomatisch behandelt werden. Oftmals bilden sich
Schleimhautatrophien (Schleimhautverminderungen), die die Entwicklung
eines Karzinoms begünstigen. Eine regelmäßige endoskopische
Untersuchung ist erforderlich.
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Wenn keine vollständige Eradikation von
Helicobacter Pylori gelingt, kann es zu einem Magengeschwür sowie zu
einem Magenkarzinom kommen.
weitere Maßnahmen
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Dem Bewohner wird die Gelegenheit gegeben, Schlaf nachzuholen.
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Ggf. wird die Pflegeplanung aktualisiert.
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Der Zeitpunkt für die Mobilisierung sollte
sorgfältig gewählt werden. Der Bewohner darf erst dann körperlich
belastet werden, wenn er wieder Kräfte gesammelt hat und insbesondere
Flüssigkeitsverluste ausgeglichen sind.
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Alle Beobachtungen werden sorgfältig dokumentiert.
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Bei relevanten Krankheitszeichen wird umgehend ein Arzt gerufen.
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Die Ergebnisse der Maßnahmen werden geprüft. Wichtige Kriterien sind:
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subjektives Befinden des Bewohners
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Gewicht
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Vitalzeichen
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Krankheitsverständnis und Compliance
Dokumente:
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Berichtsblatt
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Vitalzeichenkontrollblatt
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ggf. Fieberkurve
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Trinkprotokoll / Bilanzierungsbogen
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Durchführungsnachweis
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Leistungsnachweis medizinische Pflege
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Fragen an den Arzt
-
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
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