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Standard
"Pflege von Senioren
mit Hyperurikämie und Gicht"
Fettsucht,
Diabetes, Bluthochdruck und erhöhte Blutfette werden gerne als
"tödliches Quartett" bezeichnet. Mit der Gicht gesellt sich eine
weitere Wohlstandskrankheit dazu, die zwar nicht lebensbedrohlich ist,
dafür aber sehr schmerzhaft. Die Kooperationsbereitschaft vieler
Betroffener geht trotzdem gegen Null.
Pflege von Senioren mit
Hyperurikämie und Gicht
Definition:
-
"Hyperurikämie" ist eine Krankheit, die in
Verbindung mit einer angeborenen Störung des Harnsäurestoffwechsels
auftritt. Diese führt dazu, dass die Produktion der Harnsäure erhöht
ist oder deren Ausscheidung vermindert wird. Die überschüssige
Harnsäure bildet Kristalle, die im Blut ausfällen und sich im Körper
ablagern, vor allem in den Gelenken. Das daraus entstehende
Krankheitsbild wird "Gicht" genannt. Weitere Bezeichnungen sind
"Urikopathie", "Arthritis urica" oder "Zipperlein".
-
Der betroffene Bewohner leidet unter
schmerzhaften Schwellungen sowie unter Schüttelfrost und Fieber. Die
Beweglichkeit der betroffenen Extremitäten ist stark eingeschränkt.
-
Die Krankheit befällt fast durchweg Männer und
tritt zumeist um das 50. Lebensjahr auf. Betroffene sind zumeist
übergewichtig und leiden unter Fettstoffwechselstörungen, Diabetes
mellitus oder erhöhtem Blutdruck. Gicht tritt häufig an den
Großzehengrundgelenken auf und wird dann auch als "Podagra" bezeichnet.
Seltener sind Knie-, Sprung- und Daumengrundgelenke betroffen.
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Die Krankheit verläuft lange symptomarm, bis es
nach Jahren und meist nachts zu einem akuten Gichtanfall kommt. Schon
das Gewicht der Bettdecke oder sanfte Berührungen können dann
unerträgliche Beschwerden auslösen. Ein akuter Gichtanfall klingt
innerhalb einiger Tage bis Wochen wieder ab.
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Im weiteren Verlauf der Erkrankung wechseln
sich akute Anfälle und längere schmerzfreie Zeiträume ab.
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Bei einer chronischen Gicht kommt es zu
destruktiven Gelenksveränderungen. Harnsäuresteine in der Niere können
deren Funktionsfähigkeit einschränken ("Gichtniere"). Schwere
chronische Verläufe sind selten, da heute eine wirksame medikamentöse
Therapie zur Verfügung steht.
Grundsätze:
Hyperurikämie ist eine ernstzunehmende
Krankheit, die in jedem Alter adäquat behandelt werden muss.
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Der Bewohner hat das Recht, sein Leben selbst
zu bestimmen. Das gilt auch dafür, welchen Risikofaktoren er sich mit
seinem Lebensstil aussetzen will. Wir unterlassen jede Form der
Bevormundung.
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In vielen Fällen ist es nicht möglich, die
Gicht zu heilen und Folgeschäden ganz zu vermeiden. Wir betrachten es
daher bereits als Erfolg, wenn die gesundheitlichen Folgen verzögert
oder abgemildert werden können.
Ziele:
Die Schmerzbelastung wird minimiert.
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Der Bewohner weiß um die Zusammenhänge zwischen
seiner Ernährung, seinem Alkoholkonsum und dem Fortschreiten der Gicht.
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Der Bewohner stellt sein Konsumverhalten um. Er
ernährt sich nahezu vegetarisch, meidet Hülsenfrüchte und verzichtet
auf Alkoholgenuss.
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Der Bewohner erhält wirksame Medikamente und
nimmt diese regelmäßig ein.
Vorbereitung:
Informationssammlung:
Wir stellen alle
relevanten Informationen zusammen.
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Seit wann leidet der Bewohner unter den
Symptomen?
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Wie wurde seine Gicht in der Vergangenheit
behandelt? Welche Medikamente wurden eingesetzt? Wie wirksam war die
Behandlung bislang?
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Welche alternativen Therapien wendet der
Bewohner an? Welche Strategien zur Schmerzreduktion hat er entwickelt?
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Welche Hilfsmittel nutzt der Bewohner?
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Welche Gelenke sind betroffen? In welchem Maß
ist deren Beweglichkeit eingeschränkt? Sind Fehlhaltungen der
betroffenen Gelenke erkennbar?
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Klagt der Bewohner über Schmerzen in den
betroffenen Gelenken? Ist der Bereich geschwollen oder druckempfindlich?
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Klagt der Bewohner über Kopfschmerzen?
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Leidet der Bewohner bei akuten Anfällen unter
Tachykardie?
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Gibt es Anzeichen für Entzündungen in den
betroffenen Gelenken?
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Haben sich Gichtknoten ausgebildet, etwa in der
Nähe der Gelenkkapseln oder am Rand des Ohrknorpels?
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Hat sich die Urinausscheidung verändert, etwa
hinsichtlich der Menge, Farbe oder Beimengungen?
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Wie oft leidet der Bewohner unter Anfällen?
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Treten die Anfälle gehäuft nach Alkoholgenuss
auf?
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Kommt es vermehrt zu Anfällen nach
umfangreicheren Mahlzeiten (etwa Festessen)?
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Gehen den Anfällen häufig Kältereize voraus,
etwa bei einem Winterspaziergang?
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Häufen sich die Anfälle zu bestimmten
Tageszeiten?
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Treten die Anfälle nach körperlicher Belastung
auf, etwa nach Spaziergängen oder der Bewegungsgruppe?
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Gibt es Hinweise auf Funktionseinschränkungen
der Nieren, etwa Nierensteine oder Niereninfektionen? Leidet der
Bewohner gehäuft unter Harnwegsinfektionen?
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Schwankt das Körpergewicht des Bewohners?
weitere Maßnahmen
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Wir machen im persönlichen Gespräch dem
Bewohner deutlich, dass es keine Alternative zu einer
Nahrungsumstellung gibt. Ansonsten läuft er Gefahr, dass die Gicht
einen chronischen Verlauf nimmt.
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Wir bitten den Hausarzt um die Verschreibung
eines geeigneten Schmerzmedikaments als Bedarfsmedikation.
Durchführung:
Akuttherapie
Bei einem akutem
Anfall steht die Linderung der Symptomatik im Mittelpunkt:
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Wir verabreichen die Medikamente, die als
Bedarfsmedikation vorgesehen sind.
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Der
Bewohner erhält Colchicin, bis die
Symptome abgeklungen sind. Colchicin wird aus den Knollen und Samen der
Herbstzeitlose gewonnen. Es setzt die Aktivität der Leukozyten herab.
(Hinweis: Kein Colchicin anwenden bei Nierenfunktions- und
Blutbildungsstörungen sowie bei Magen-, Darm- und Lebererkrankungen und
eingeschränkter Herz-Kreislauffunktion. Neue Studien
zeigen, dass hoch dosierte nichtsteroidale Antirheumatika ebenso
wirksam sind, aber weniger Nebenwirkungen auslösen.)
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Der Bewohner erhält bei sehr schweren
Gichtanfällen Kortison (ein zu den Glukokortikoiden zählendes
Steroidhormon).
-
Das Gelenk wird ruhig gestellt. In einigen
Fällen können allerdings auch vorsichtige Bewegungsübungen sinnvoll
sein.
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Der Bewohner erhält kalte Umschläge. Ggf.
können Eisbeutel oder Quarkumschläge genutzt werden. In vielen Fällen
lindern Heilerde, Senfpulver, Alkohol-Umschläge und kalte örtliche
Güsse die
Beschwerden.
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Der Bewohner soll seine Kräfte schonen und sich
ausruhen. Er wird bei allen Tätigkeiten unterstützt, die er aufgrund
der Schmerzbelastung nicht mehr selbst leisten kann.
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Wir nutzen bei Podagra leichte Bettdecken und
ggf. auch einen Bettbogen.
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Der Bewohner soll viel Flüssigkeit zu sich
nehmen, aber keinesfalls Alkohol. Drei Liter pro Tag sind bei akuten
Anfällen der Idealwert. Der Bewohner sollte vor allem ungesüßten Tee,
verdünnte Fruchtsäfte sowie Heil- und Mineralwasser zu sich nehmen.
-
Ggf. führen wir eine Flüssigkeitsbilanzierung
durch.
Dauertherapie
-
In anfallsfreien Zeiten führen wir eine
Dauertherapie durch. Diese greift an zwei Punkten:
-
Mit Urikosurika steigern wir die
Harnsäureausscheidung, indem die Reabsorption in den Nieren gehemmt
wird.
-
Mittels Urikostatika reduzieren wir die
Bildung von Harnsäure, indem die Xanthinoxidase gehemmt wird. Dieses
Enzym ist entscheidend an der Harnsäureproduktion beteiligt.
-
Der Bewohner soll etwaiges Übergewicht abbauen
und seinen BMI normalisieren.
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Der Bewohner soll ausreichend Flüssigkeit zu
sich nehmen. Sofern keine Trinkmengenbeschränkung vorliegt, ist eine
Zufuhr von mindestens zwei Litern pro Tag angemessen.
-
Der Bewohner soll seinen Alkoholkonsum
einstellen.
-
Der Umstieg von Bier auf alkoholfreies Bier ist
sinnlos, da auch dieses Purin enthält.
-
Wein ist zwar purinfrei, allerdings hemmt der
enthaltene Alkohol die Harnsäureausscheidung in der Niere.
-
Der Bewohner sollte sich möglichst gesund und
bedarfsdeckend ernähren (sog. "ovo-lakto-vegetabile Ernährung").
-
Der Bewohner soll purinhaltige Nahrungsmittel
meiden. Die maximale Purinzufuhr sollte nicht höher als 125 mg sein.
Problematisch sind:
-
Fleischextrakt
-
Ölsardinen
-
Lachs
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Leber
-
Bohnen
-
getrocknete Linsen
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Geflügel
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Erbsen
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Kohl und Rosenkohl
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geröstete Erdnüsse
-
Hase
-
Hirsch
-
Spinat
-
Der Eiweißbedarf des Bewohners sollte durch
Milch, Milchprodukte und Eier gedeckt werden.
-
Der Bewohner sollte hauptsächlich gekochte
Lebensmittel zu sich nehmen.
-
Der Konsum von Zucker und zuckerhaltigen
Lebensmitteln sollte deutlich reduziert werden.
-
Der Bewohner sollte konsequent vor Auskühlung
geschützt werden, da Kältereize einen akuten Anfall auslösen können.
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Der Bewohner sollte keine Acetylsalicylsäure
oder Thiaziddiuretika einnehmen.
Nebenwirkungen
Wir achten auf die
häufigsten Nebenwirkungen der medikamentösen Behandlung:
-
Bei Colchizin können Durchfälle, Übelkeit,
Erbrechen, Knochenmarksdepressionen und Haarausfall auftreten.
-
Indometacin kann gastrointestinale Beschwerden,
Ulzerationen im Magen-Darm-Trakt sowie allergische Reaktionen auslösen.
-
Die Einnahme von Glukokortikoiden kann etwa das
Cushing-Syndrom, Ulcus ventriculi, Ödeme, Hypertonie, Petechien,
Steroidakne, Steroiddiabetes oder Steroidkatarakt zur Folge haben.
-
Regelmäßige Blutbildkontrollen durchführen
lassen.
achten auf weitere
Krankheiten
Wir achten auf
Krankheiten, die häufig in Verbindung mit Gicht auftreten. Etwa:
-
Übergewicht
-
Nierenleistungsschwäche
-
Bluthochdruck
-
Fettstoffwechselstörung
-
Fettleber
-
Diabetes mellitus Typ 2
-
Arteriosklerose
Nachbereitung:
-
Wenn der Bewohner unter nicht akzeptablen
Nebenwirkungen leidet, regen wir eine Umstellung der Medikamente an.
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Alle Beobachtungen werden im Berichtsblatt
dokumentiert.
-
Alle relevanten Veränderungen werden umgehend
dem Hausarzt mitgeteilt.
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Die Pflegeplanung wird regelmäßig aktualisiert
und auf Umsetzbarkeit kontrolliert.
Dokumente:
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Berichtsblatt
-
Fragen an den Arzt / ärztliche Verordnungen
-
Vitaldatenblatt
-
Pflegenachweis
-
Flüssigkeitsbilanzierung / Trinkprotokoll
-
Mobilisierungs- und Bewegungsplan
-
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit
/ Qualifikation:
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