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Standard
"Dekubitusprophylaxe: Hautbeobachtung"
Ein beginnender Dekubitus kündigt sich mit
vielen Frühsymptomen an, die bei einer sorgfältigen Beobachtung
kaum übersehen werden können. Dumm nur, wenn der MDK auf ein
fortgeschrittenes Druckgeschwür stößt, das laut Dokumentation
plötzlich und offenbar aus dem Nichts entstanden sein muss.
Nicht selten addieren sich das Schmerzensgeld und der
Schadenersatz zu einer Summe, für die man auch einen
Mittelklassewagen kaufen könnte.
Standard "Dekubitusprophylaxe:
Hautbeobachtung"
Definition:
Eine konsequente
Hautbeobachtung ist ein unverzichtbarer Bestandteil jeder
Dekubitusprophylaxe. Daher erwarten wir von jeder Pflegekraft, dass sie
in der Lage ist, krankhafte Veränderungen zu erkennen und angemessen zu
reagieren. Dieses kann nur gelingen, wenn der Mitarbeiter ausreichende
Kenntnisse über Druckgeschwüre und deren Symptomatik hat.
Von entscheidender Bedeutung ist eine gute
Zusammenarbeit mit dem Hausarzt. Dieser sieht den Bewohner und dessen
Haut nur wenige Minuten. Für ein umfassendes Bild des
Gesundheitszustandes seines Patienten ist der Arzt auf die Beobachtungen
der Pflegekräfte angewiesen.
Grundsätze:
-
Eine konsequente Beobachtung der Haut
ermöglicht es uns, Pflegemaßnahmen fachgerecht zu planen und deren
Wirkung korrekt zu erfassen.
-
Je früher ein Dekubitus erkannt wird, umso
geringer ist der Pflegeaufwand, der für die Heilung geleistet werden
muss.
-
Jede Hautveränderung hat eine Ursache. Daher
versuchen wir stets, den Auslöser zu finden und dessen
Gefährdungspotential einzuschätzen.
-
Es ist nicht Aufgabe von Pflegekräften,
medizinische Diagnosen zu stellen.
Ziele:
-
Veränderungen der Haut und insbesondere ein
einsetzender Dekubitus werden rechtzeitig erkannt.
-
Ggf. werden zeitnah eine ärztliche
Untersuchung und eine Therapie eingeleitet.
-
Die Wirksamkeit von Therapien und
Pflegemitteln wird beurteilt.
-
Dem Bewohner wird ein fortschreitender
Dekubitus erspart.
-
Alle Maßnahmen und Beobachtungen werden
sorgfältig dokumentiert.
-
Unsere Einrichtung wird vor
ungerechtfertigten finanziellen Forderungen geschützt.
Vorbereitung:
Organisation
-
Aus unserem Team werden zwei Pflegefachkräfte
zu Wundbeauftragten weitergebildet. Diese stehen allen Mitarbeitern
beratend zur Seite. Beide vertreten sich jeweils gegenseitig wie
etwa in der Urlaubszeit.
-
Unsere Pflegekräfte werden regelmäßig zu
diesem Thema fortgebildet.
-
Wir erweitern unsere Bibliothek regelmäßig um
aktuelle Fachbücher zu diesem Thema. Wir ermuntern unsere
Pflegekräfte, diese Bücher zu lesen.
-
Wir setzen konsequent auf Bezugspflege. Durch
den engen Kontakt zwischen Pflegekraft und Bewohner lassen sich
Hautschäden schneller finden und beseitigen.
-
Wir suchen den Kontakt mit dem Hausarzt und
stimmen unsere Pflegemaßnahmen mit ihm ab.
-
In jeden Mobilisationsplan wird der Punkt
"Fingertest" aufgenommen (siehe unten).
-
Wir führen regelmäßig eine Pflegevisite
"Dekubitusprophylaxe und -behandlung" durch.
weitere Maßnahmen
-
Die Angehörigen werden entsprechend
sensibilisiert. Sie sollen insbesondere jede verdächtige Hautrötung
den Pflegekräften umgehend melden.
-
Schmerzäußerungen des Bewohners sind ein
wichtiger Indikator. Es ist uns aber bewusst, dass viele Bewohner
Schmerzen nicht mehr spüren können und somit unbemerkt einen
Dekubitus erleiden. Dieses ist insbesondere bei Diabetikern und
Polyneuropathie-Patienten der Fall.
Durchführung:
allgemeine Maßnahmen
-
Die Hautbeobachtung wird in die tägliche
Pflege integriert, insbesondere bei der Körperpflege und bei der
Mobilisierung eines Bewohners.
-
Die
Häufigkeit der Hautbeobachtungen ist abhängig vom individuell
ermittelten Risiko. (Anmerkung: Die Festlegung erfolgt anhand der
Norton-, Braden-, Waterlow- oder Medley-Skala. Wir raten weiterhin dazu
die Risikoskalen zu benutzen, obwohl der Expertenstandard keine
ausdrückliche Empfehlung zur Benutzung abgibt). Bei einem geringen
Risiko ist eine einmal tägliche Kontrolle sinnvoll. Bei einem hohen
Risiko ist ggf. eine Kontrolle alle drei Stunden notwendig.
-
Wenn der Bewohner anhand eines
Bewegungsplans regelmäßig umgelagert wird, erfolgt eine
Hautbeobachtung bei jedem Lagerungswechsel. Anhand der
dokumentierten Ergebnisse kann später abgeschätzt werden, ob das
Lagerungsintervall dem Risiko angemessen ist. In der Folge wird der
Bewohner in Zukunft in anderen Zeitabständen oder in anderen
Positionen gelagert.
beobachtbare
Veränderungen
Bei der Hautbeobachtung registrieren
wir jede Abweichung von der Norm und dokumentieren die Beobachtung:
Normalzustand Hautstruktur:
-
Die Haut ist glatt und elastisch.
-
Es zeigen sich keine Blasen.
-
Es gibt keine Verdünnung der Haut.
Insbesondere schimmern keine Blutgefäße durch.
-
Vor allem an den Fußsohlen bilden sich keine
weiß gefärbten Hornhautwälle.
Normalzustand Hautfarbe:
-
Die Haut hat eine rosige Färbung. Es gibt
keine Rötung.
-
Es zeigt sich keine Pigmentanhäufung.
-
Es zeigt sich keine Zyanose (Blaufärbung).
Normalzustand Hautfeuchtigkeit:
-
Es zeigt sich keine Trockenheit oder Rauheit
der Haut. Es gibt keine Schuppenbildung.
-
Es zeigt sich keine übersteigerte
Schweißsekretion. Formen:
-
generell, also am gesamten Körper
-
lokal, also etwa an den Händen, Füßen
oder Achselhöhlen
-
einseitig, etwa bei Hemiplegie
Normalzustand Hautturgor:
-
Wenn die Haut eingedrückt wird, entsteht
keine langanhaltende zurückbleibende Delle.
-
Es sind keine stehenden Hautfalten sichtbar.
Palpation
Soweit sinnvoll tasten wir die Haut
des Bewohners ab. Wir nutzen dabei die unterschiedlich ausgebildeten
Empfindungsfähigkeiten der jeweiligen Handregionen:
-
Die Temperatur, also insbesondere
Überwärmungen, lassen sich am besten mit dem Handrücken erspüren.
-
Die Feuchtigkeit der Haut sowie deren
Oberflächenbeschaffenheit kann man zumeist mit den Fingerspitzen
erfühlen.
-
Ödeme und Verhärtungen können mit der
Handinnenfläche erspürt werden.
-
Die Gewebestruktur in tiefer gelegenen
Hautbereichen können mit dem Daumen ertastet werden.
Einschränkungen:
-
Bei Verdacht auf eine übertragbare Krankheit
wird keine Palpation durchgeführt. In solchen Fälle müssten
Einmalhandschuhe getragen werden, die die Sensibilität der Hände
beeinträchtigen würden.
-
Eine Palpation wird nur durchgeführt, wenn
diese beim Bewohner keine Schmerzen auslöst.
Fingertest
Per Fingertest stellen wir fest, ob
es sich bei einer aufgetretenen Hautrötung bereits um einen Dekubitus
handelt.
-
Die Pflegekraft drückt dafür mit einem Finger
auf die gerötete Hautstelle.
-
Nun löst sie den Finger. Wenn sich das Areal
weißlich verfärbt, liegt zumeist kein Dekubitus vor, sondern eine
lokale Minderdurchblutung.
-
Wenn nach der Wegnahme des Fingers die Rötung
bleibt, ist davon auszugehen, dass sich bereits ein Dekubitus
1.Grades gebildet hat.
Abgrenzung zu ähnlichen
Hautveränderungen
Anhand der vorliegenden
Informationen und Hautbeobachtungen versuchen wir festzustellen, ob ein
Dekubitus vorliegt. Wir sind uns bewusst, dass es viele Krankheiten
gibt, die zu ähnlichen Symptomen führen. Die Diagnose wird in jedem Fall
vom Hausarzt gestellt.
persistierende Rötung
-
Wenn sich die Rötung eines Hautareals nicht
per Fingertest wegdrücken lässt, liegt eine persistierende Rötung
vor. Diese ist die Vorstufe sowohl für einen Dekubitus wie auch für
eine Hautirritation.
-
Die Unterscheidung erfolgt durch die
Abschätzung der vermuteten Ursache. Wenn die Rötung in einem
Körperareal liegt, der einem hohem Auflagedruck ausgesetzt ist, dann
ist mit einiger Wahrscheinlichkeit von einem einsetzenden Dekubitus
auszugehen. Beispiel: Die Rötung befindet sich am Kreuzbein eines
immobilen Bewohners.
-
Falls die Rötung in einem Körperbereich
liegt, der keinem Druck dafür aber dem Kontakt mit
Urin und Stuhl ausgesetzt ist, ist eine Hautirritation
wahrscheinlicher.
Hautirritation
-
Wenn die Haut starken mechanischen oder
chemischen Einwirkungen ausgesetzt ist, kann dieses zu einer
Hautirritation führen.
-
Diese macht sich bemerkbar durch eine
Hautrötung oder den Verlust der obersten Epidermisschichten. Wenn
seröse Flüssigkeit austritt, kann diese die Haut feucht glänzen
lassen.
Mazeration
-
Körperregionen mit einem ungünstigen
Mikroklima, etwa Zehenzwischenräume oder große Hautfalten, können
leicht aufweichen.
-
Vor allem bei inkontinenten Bewohnern kann
der ständige Kontakt mit Urin die Haut schädigen.
-
Bei einer Mazeration kommt es zu Blutungen,
Schmerzen und Hautnässen. Die Hautschädigung kann sich bis in tiefe
Hautschichten ausweiten.
-
Eine Mazeration kann zusätzlich zu einem
Dekubitus auftreten.
Intertrigo
-
Zwischen aneinander liegenden Hautbereichen
kann es schnell zur Reizung kommen, etwa als Folge ständiger
Reibung, Feuchtigkeit und Wärme. Dieses ist vor allem in den
Achselhöhlen, unter den Brüsten sowie zwischen den Oberschenkeln der
Fall.
-
Es bilden sich zumeist keine Borken oder
Krusten. Allerdings können Bläschen sichtbar werden.
-
Bewohner berichten häufig über ein brennendes
Missempfinden an den betroffenen Arealen.
Schuppenflechte
-
Diese häufig verbreitete chronische
Hauterkrankung zeigt sich durch klar abgegrenzte rote Flecke. Diese
sind bedeckt mit trockenen, silberweißen Schuppen.
-
Werden die Schuppen entfernt, kann es zu
punktförmigen Blutungen kommen.
-
Die Erkrankung tritt auf an den Streckseiten
der Extremitäten, knochigen Vorsprüngen, der Kopfhaut, den Ohren,
den Genitalien und im Analbereich.
Hauterosion
-
Verschiedene äußere Einflüsse können die Haut
allmählich abtragen oder zerstören, etwa entzündliche Prozesse oder
Kratzwunden.
-
Die Schäden sind zumeist nur oberflächlich
und führen zu keinen Blutungen.
Candidose
-
Eine Pilzinfektion mit Candida albicans kann
vor allem in der Haut und auf Schleimhäuten auftreten. Dieses führt
zu Juckreiz und zur Bildung von weißem Exsudat. Es kann zu
Hautschuppungen und Blutungen kommen.
-
Bei abwehrgeschwächten Bewohnern kann die
Infektion auf innere Organe übergreifen und zu einer Pilzsepsis
führen.
Verbrennung
-
Der Kontakt mit Hitze, Elektrizität,
Chemikalien oder Strahlung kann zu Verbrennungen führen.
-
Bei einer leichten Verbrennung kommt es zu
Schwellungen, Schmerzen und Rötungen. Schwere Schädigungen führen
dazu, dass sich Blasen bilden und sich die Epidermis von der Dermis
abhebt.
allergisches Kontaktekzem
-
Wenn ein Bewohner mit einem Stoff in Kontakt
kommt, auf den er allergisch reagiert, kann es zur Bildung eines
Ekzems kommen.
-
Ein bis zwei Tage nach dem Kontakt zeigen
sich Rötungen oder Ödeme. Häufig entstehen auch Bläschen, die
platzen und nässen können.
-
Schließlich verkrusten die Herde oder bilden
Schuppen.
-
Bei akuten Verläufen bildet sich das Ekzem
nur an der Hautstelle, die mit dem Allergen in Berührung gekommen
ist. Bei chronischen Verläufen können auch weitere Hautbereiche
diese Symptomatik zeigen.
Nachbereitung:
-
Alle Beobachtungen der Haut werden sorgfältig
dokumentiert.
-
Im Zweifel wird unsere Wundbeauftragte um
eine Einschätzung gebeten.
-
Falls notwendig wird der Bewegungs- und Lagerungsplan
angepasst.
-
Wenn relevante Hautveränderungen bemerkt
werden oder bereits ein Dekubitus vorliegt, wird umgehend der
Hausarzt gerufen.
Dokumente:
-
Wunddokumentation
-
Berichtsblatt
-
ärztliches Verordnungsblatt
-
Kommunikationsblatt mit dem Arzt
-
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
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