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Standard "Myokardinfarkt (Herzinfarkt)"

In Deutschland erleiden jedes Jahr rund 280.000 Menschen einen Herzinfarkt. 65.000 davon, vor allem Senioren, überleben nicht. Die Chancen wären bedeutend besser, wenn von der ersten Minute an die richtigen Entscheidungen getroffen werden.


Standard "Myokardinfarkt (Herzinfarkt)"


Definition:

  • Ein Myokardinfarkt wird i.d.R. ausgelöst durch den Verschluss einer Koronararterie durch einen Thrombus (Blutpfropf). Diese Gefäßverlegung hat zur Folge, dass Teile des Herzmuskels nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt werden. Bereits nach 20 bis 30 Minuten Unterbrechung des Blutstroms beginnen die Herzmuskelzellen abzusterben. Nach drei bis sechs Stunden ist die Nekrotisierung so weit fortgeschritten, dass bleibende Schädigungen zurückbleiben.
  • Die Nekrose kann alle Herzwandschichten erfassen oder auf Teilbereiche begrenzt bleiben. Je nach Lokalisation des Geschehens wird zwischen Vorderwand-, Seitenwand- und Hinterwandinfarkt unterschieden. Am häufigsten ist ein Infarkt in der linken Kammerwand.
  • Die Anfälle treten häufig bei körperlicher oder bei psychischer Belastung auf. Die Beschwerden eines Angina-pectoris-Anfalls können sehr leicht mit denen eines Herzinfarktes verwechselt werden.
  • Ein kardiogener Schock ist ein lebensgefährliches Kreislaufversagen, das zu gravierendem Sauerstoffmangel in den Organen führt. Auslöser ist ein "Pumpversagen" (primäres Herzversagen).
  • Ein Herzinfarkt ist die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Insgesamt erleiden pro Jahr ca. 280 000 Menschen einen Herzinfarkt. Davon versterben rund 65.000 Menschen.

Grundsätze:

  • Hinweise und Äußerungen zu Schmerzen im Brustkorb werden immer ernst genommen.
  • Wenn hinreichende Anzeichen für einen Herzinfarkt sprechen, wird immer ein Notarzt gerufen. Die Folgen eines oder ggf. auch mehrerer Fehlalarme wiegen weniger schwer als eine verzögerte Behandlung bei einem echten Notfall.
  • Der Notruf erfolgt auch dann, wenn der Bewohner diesen nicht wünscht, etwa weil er die Gefährdung nicht korrekt einschätzt.
  • Zwar sind Männer bei Herzinfarkten häufiger vertreten, dennoch muss auch bei Frauen bei Vorliegen der einschlägigen Symptome stets an einen Herzinfarkt gedacht werden.
  • Bei einem Herzinfarkt geht es zwar um Minuten, dennoch dürfen Maßnahmen nicht überhastet werden.
  • Die schriftliche Patientenverfügung wird beachtet, insbesondere bei einer Reanimation.

Ziele:

  • Ein Herzinfarkt wird schnell und korrekt erkannt.
  • Bis zum Eintreffen des Notarztes wird der Bewohner korrekt versorgt.
  • Der Bewohner überlebt. Die Schäden der Herzmuskulatur werden durch einen zeitnahen Therapiebeginn minimiert.
  • Die Schmerzbelastung wird minimiert.
  • Eine Panik des Bewohners wird vermieden.

Vorbereitung:

allgemeine Maßnahmen

  • Die richtigen Maßnahmen nach einem Herzinfarkt werden regelmäßig im Rahmen der Erste-Hilfe-Ausbildung thematisiert.
  • Wir halten stets aktuelle Fachliteratur zu diesem Thema bereit.

Risikofaktoren

Je mehr Risikofaktoren vorliegen, um so wahrscheinlicher ist es, dass der Bewohner einen Herzinfarkt erleidet:

  • Übergewicht
  • zu hohe Blutfettwerte
  • Bewegungsmangel
  • Bluthochdruck
  • Nikotinkonsum
  • Diabetes mellitus
  • genetische Disposition für Sklerose
  • emotionaler Stress

achten auf Symptome

Wir achten auf Symptome, die auf einen Herzinfarkt schließen lassen. Diese ähneln dem Beschwerdebild eines Angina-pectoris-Anfalls. Die Symptome sind aber ausgeprägter, dauern länger als 15 Minuten und bessern sich auch nach einer Applikation von Nitroglycerin nicht.

  • Der Bewohner klagt über Schmerzen, insbesondere:
    • plötzliche, sehr heftige Schmerzen im Brustraum (Dieser sog. "Vernichtungsschmerz" tritt in zwei Dritteln der Fälle auf.)
    • ausstrahlende Schmerzen in die Arme, den Bauch, zwischen die Schulterblätter oder in den Unterkiefer
    • Schmerzen, die länger als 15 Minuten anhalten
    • Schmerzen, die deutlich stärker sind als bei vorangegangenen Angina-pectoris-Anfällen
    • Schmerzen, die sich trotz Verabreichung der Bedarfsmedikation (etwa Nitroglyzerinspray) nicht bessern.
    • Schmerzen, die sich auch bei körperlicher Entlastung nicht bessern.
(Hinweis: Es ist wichtig, den Bewohner möglichst umfassend zu befragen. Also: Wo hat er Schmerzen? Seit wann treten die Beschwerden auf? Sind die Schmerzen stärker bei Belastung oder im Liegen?)
  • Bei jedem fünften Betroffenen, vor allem bei Diabetikern, sehr alten Menschen und Frauen, kann der Infarkt auch "stumm" auftreten, also annähernd beschwerdefrei. "Verdächtige" Symptome sind in diesem Fall Luftnot und Herzrhythmusstörungen.
  • Bei Frauen treten oft atypische Beschwerden auf, etwa Oberbauchschmerzen.
  • Es gibt weitere Symptome, etwa:
    • Engegefühl
    • Todesangst
    • Unruhe
    • Übelkeit und Erbrechen
    • blasse oder fahl-graue Gesichtsfarbe
    • kalter und klebriger Schweiß im Gesicht, zumeist auf der Stirn oder über der Oberlippe
    • verzerrter Gesichtsausdruck
    • Atemnot, die ein Hinsetzen oder Hinlegen erzwingt
    • plötzlicher Kreislaufzusammenbruch, häufig mit Bewusstlosigkeit und kardiogenem Schock
    • Verwirrtheitszustände (als Folge der Minderdurchblutung des Hirns)

Durchführung:

Maßnahmen

  • Die Pflegekraft löst über die Rufanlage Alarm aus und ruft weitere Kollegen herbei.
  • Eine Pflegekraft alarmiert den Notarzt.
  • Eine Pflegekraft bleibt permanent beim Bewohner. Der Bewohner wird (soweit möglich) beruhigt.
(Hinweis: Wenn nur eine Pflegekraft vor Ort ist, muss diese den Notruf schnellstmöglich absetzen. Es darf in der Hektik aber nicht dazu kommen, dass wichtige Informationen nicht an die Notrufstelle übermittelt werden.)
  • Sofern in der Einrichtung ein Defibrilator vorhanden ist, wird dessen Einsatz vorbereitet.
  • Bei Herz-Kreislauf-Stillstand wird der Bewohner sofort reanimiert. Die Reanimation wird fortgesetzt bis der Notarzt eingetroffen ist oder das Herz des Bewohners wieder schlägt.
  • Der Bewohner wird ins Bett gebracht und mit erhöhtem Oberkörper gelagert. Bei einem Schock wird nur leicht erhöht gelagert. (Hinweis: Eine Kopftieflagerung ist zu vermeiden. Sie würde den Sauerstoffbedarf des Herzens zusätzlich steigern.)
  • Einengende Kleidung wird gelockert oder entfernt.
  • Die Vitaldaten werden ermittelt, insbesondere Puls, Blutdruck, Atmung und Bewusstseinslage.
  • Die Pflegekraft sorgt für Frischluftzufuhr. Ggf. wird ein Fenster geöffnet.
  • Verschiedene Maßnahmen erfolgen nur nach vorheriger ärztlicher Anweisung:
    • Verabreichung von Sauerstoff; i.d.R. zwei bis vier Liter pro Minute
    • Applikation von ein bis zwei Hüben Nitro-Spray unter die Zunge; dieses insbesondere ab einem diastolischen Blutdruckwert über 100 mmHg
  • Bei einem kardiogenen Schock und bei einem systolischen Blutdruck unter 100mmHg sind Nitropräparate kontraindiziert.
  • Alle Maßnahmen und Medikamentengaben werden (ggf. formlos) dokumentiert.

Zusammenstellen der Informationen

Direkt nach dem Notruf stellt eine Pflegekraft alle Informationen zusammen, die für die weitere Behandlung des Bewohners relevant sein könnten, insbesondere:

  • Liegen Informationen über eine zurückliegende Schädigung des Herzens vor? Hat der Bewohner in der Vergangenheit bereits einen Herzinfarkt erlitten?
  • Ist der Bewohner in den letzten Stunden gestürzt? Erhielt er unlängst eine i.m.-Injektion? Kam es in den letzten Stunden zu anderen Ereignissen, die eine Muskelschädigung ausgelöst haben könnten? (Hinweis: Muskelschäden können die Ergebnisse einer Blutuntersuchung verfälschen. s.u.)
  • Welche Grunderkrankungen liegen vor? Etwa: Diabetes mellitus.
  • Der Personalausweis, die KV-Karte, der Allergiepass usw. werden eingepackt.
  • Liegt eine Patientenverfügung vor? Dieses insbesondere hinsichtlich der Durchführung von Herz-Lungen-Wiederbelebungen.
  • Falls Zeit bleibt: Alle weiteren im Standard "Krankenhauseinweisung" genannten Daten werden gesammelt.

weitere Maßnahmen

  • Ein Bewohner, der möglicherweise einen Herzinfarkt erlitten hat, erhält keine i.m.-Injektionen durch Pflegekräfte. Bei einer nachfolgenden Lysetherapie (Auflösung von Thromben) kann es zu nicht kontrollierbaren und lebensbedrohlichen Blutungen kommen. Außerdem könnten die durch die Spritze verursachten Zellschäden die Blutuntersuchung des CK-Wertes (Kreatinphosphokinase) verfälschen. Dieser Test ist unverzichtbarer Bestandteil der Diagnostik.
  • Bei Ankunft des Rettungstransportwagens und des Notarztes wird der Arzt ausführlich eingewiesen.
  • Die Dokumente werden übergeben.
  • Alle weiteren im Standard "Krankenhauseinweisung" beschriebenen Maßnahmen werden umgesetzt.
  • Ggf. begleitet eine Pflegekraft, bevorzugt die Bezugspflegekraft, den Bewohner mit in das Krankenhaus.

Nachbereitung:

nach Abfahrt des Bewohners im Rettungstransportwagen

  • Das Ereignis wird sorgfältig dokumentiert.
  • Die Pflegedienstleitung und die Heimleitung werden (sofern noch nicht geschehen) informiert.
  • Ggf. werden die Angehörigen informiert.

Prognose

  • Die Prognose ist abhängig vom Lebensalter, vorhandenen Grunderkrankungen sowie dem Zeitpunkt der ärztlichen Therapie. Die Sterblichkeit steigt im ungünstigen Fall auf über 50 Prozent. Die meisten Todesfälle ereignen sich, bevor der Bewohner das Krankenhaus erreicht hat.
  • Jeder dritte Bewohner mit einem überstandenen Herzinfarkt erleidet später einen erneuten Infarkt. Mit jedem Ereignis sinken die Überlebenschancen deutlich.
  • Ein Infarkt stellt für den Betroffenen einen tief gehenden Einschnitt im Leben dar. Es ist damit zu rechnen, dass sich das Verhalten des Bewohners verändert. Insbesondere sind Depressionen möglich.
  • Nach einem überstandenen Herzinfarkt ist die Umstellung der Lebensgewohnheiten entscheidend. Dazu zählen Stress, Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, Bewegungsmangel, Hypertonie zu reduzieren und das Rauchen aufzugeben.
  • Wird ein Herzinfarkt überlebt, bildet sich im betroffenen Muskelbereich des Herzens eine Narbe aus. Das Herz ist danach nur noch eingeschränkt leistungsfähig.
  • Es besteht langfristig das Risiko eines Herzwandaneurysmas. Es bildet sich unter dem hohen Druck in der linken Kammer eine Aussackung der Herzwand.

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • Vitaldatenblatt
  • Medikamentenblatt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte