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Standard "Pflege
von Senioren mit chronischer Herzinsuffizienz / Herzmuskelschwäche"
Ein "schwaches Herz" war noch vor wenigen
Jahrzehnten Schicksal, der naturgegebene Preis für ein hohes
Lebensalter. Mittlerweile lässt sich der Verfall der
Herzleistung und der Lebensqualität mit Medikamenten und guter
Pflege spürbar verlangsamen. Unser Muster fasst Vorsorge,
Therapie und Notfallmaßnahmen in einem Standard zusammen.
Standard "Pflege von Senioren mit chronischer
Herzinsuffizienz / Herzmuskelschwäche"
Definition:
-
Chronische Herzinsuffizienz
bezeichnet das Unvermögen des Herzens, Blut mit
ausreichender Kraft durch das Gefäßsystem zu
befördern. Der Organismus wird in der Folge nicht
mehr ausreichend versorgt. Die körperliche und
mentale Leistungsfähigkeit ist reduziert.
-
Der häufigste Grund für eine
Krankenhauseinweisung ist bei über 65-Jährigen die
Herzinsuffizienz.
-
Chronische Herzinsuffizienz
ist keine eigenständige Krankheit, sondern die
Bezeichnung für ein Syndrom, also einen
Symptomenkomplex. Sie kann durch verschiedene
Grunderkrankungen verursacht werden. Die wichtigsten
Ursachen sind:
-
Kardiomyopathie
(Erkrankungen des Herzmuskels); Myokarditis
(entzündliche Erkrankungen des Herzmuskels)
-
angeborene oder erworbene
Herzfehler
-
arterielle oder pulmonale
Hypertonie
-
Herzrhythmusstörungen
-
koronare Herzkrankheit
-
Bei der Behandlung
betroffener Senioren gibt es zwei
Behandlungsstrategien: Zunächst wird das auslösende
Grundleiden identifiziert und behandelt, also etwa
ein Herzklappenfehler oder verengte Herzkranzgefäße.
Gleichzeitig gilt es, den Herzmuskel zu entlasten
und zu stärken. Die Herzinsuffizienz ist dann
kompensiert und die Beschwerden lassen nach.
-
Die Schwere der
Herzinsuffizienz wird in vier Stufen unterteilt:
-
Stadium 1: Der Bewohner
verfügt über eine normale Leistungskraft,
lediglich per Elektrokardiogramm oder
Echokardiogramm sind Abweichungen festzustellen.
-
Stadium 2: Die
Leistungsfähigkeit ist leicht eingeschränkt.
Spaziergänge bis zu fünf Kilometer sind möglich.
Bei stärkeren körperlichen Belastungen hingegen
treten Beschwerden auf, etwa beim Treppensteigen
oder Tragen größerer Lasten.
-
Stadium 3: Der Bewohner
ist in seinem Leistungsvermögen deutlich
begrenzt und meistert nur noch leichte
Tätigkeiten, wie etwa langsames Gehen auf ebenem
Untergrund.
-
Stadium 4: Schon im
Ruhezustand kommt es zu Beschwerden.
-
Die Medizin unterscheidet
zudem zwischen der latenten und der klinisch
manifesten Herzinsuffizienz. Eine latente oder
kompensierte Herzinsuffizienz liegt vor, wenn der
Bewohner erst unter körperlicher Belastung
Beschwerden verspürt. Atemnot, Ödeme und Zyanose
sind Anzeichen für eine manifeste oder
dekompensierte Herzinsuffizienz. Die Schwere der
Herzinsuffizienz kann im Laufe der Zeit zu- oder
abnehmen.
-
Je nach Schädigung der
rechten oder linken Herzkammer unterscheidet man
zwischen einer Rechts- oder Linksherzinsuffizienz.
Falls beide Herzkammern betroffen sind, handelt es
sich um eine Globalinsuffizienz.
Grundsätze:
-
Wir begreifen die
Herzinsuffizienz als eine ernstzunehmende Krankheit,
die behandelt werden kann und sollte. Die
Herzinsuffizienz ist nicht bloß ein "schwaches
Herz". Dennoch ist eine komplette Heilung nicht
möglich. Daher muss der Bewohner damit leben, dass
z.T. erhebliche Einbußen in der Lebensqualität
unvermeidbar sind.
-
Der oftmals schleichende
Verlauf der Krankheit darf nicht dazu führen, dass
die Herzinsuffizienz übersehen wird.
-
Wir nehmen Schmerzäußerungen
ernst und reagieren darauf umgehend.
-
Wir arbeiten eng mit dem
Hausarzt zusammen und besprechen sorgfältig jede
Maßnahme. Ohne Zustimmung des Arztes werden
insbesondere keine Medikamente abgesetzt.
-
Wenn sich der
Gesundheitszustand eines Bewohners verschlechtert,
wird umgehend der Arzt / Notarzt gerufen.
Ziele:
-
Die Herzinsuffizienz sollte
so früh wie möglich korrekt erkannt und medizinisch
behandelt werden.
-
Schmerzen werden reduziert.
-
Risikofaktoren werden
vermieden.
-
Die Aktivität des Bewohners
soll der Leistungsfähigkeit seines Herzens
entsprechen. Es gilt, eine Überforderung ebenso zu
vermeiden wie eine Unterforderung.
-
Die seelischen
Beeinträchtigungen werden ernst genommen,
insbesondere die Ängste des Bewohners vor einem
Herzversagen oder Ersticken.
-
Sekundärerkrankungen werden
bekämpft.
-
Typische Komplikationen
werden vermieden, insbesondere
-
Herzrhythmusstörungen
-
Lungenödem
("Rückwärtsversagen")
-
kardiogener Schock
("Vorwärtsversagen")
-
venöse Thrombosen und
Lungenembolie
-
kardiale Thrombenbildung
mit dem Risiko von arteriellen Embolien (etwa
ischämischer Schlaganfall)
Vorbereitung:
Wir achten auf Symptome, die auf eine
Linksherzinsuffizienz hindeuten:
-
Atemnot (Dyspnoe), die sich
bei Flachlagerung verschlimmert. Dazu zählen:
-
Belastungsdyspnoe
-
Ruhedyspnoe
-
Orthopnoe (höchste
Atemnot, die nur in aufrechter Haltung sowie
unter Verwendung der Atemhilfsmuskulatur
überwunden werden kann
-
Asthma cardiale, also
plötzlich und häufig nachts auftretende Atemnot,
die von einem Krampf der Bronchialmuskeln
begleitet werden kann.
-
Konzentrations- und
Gedächtnisschwächen sowie ggf. Angst und
Verwirrtheitszustände
-
Zyanose
-
Rasselgeräusche im Brustkorb
verbunden mit anhaltendem Husten mit weißlichem
Auswurf; im weiteren Verlauf ggf. Lungenödem
Wir achten auf Symptome, die auf eine
Rechtsherzinsuffizienz hindeuten:
-
prall gefüllte (gestaute)
Halsvenen bei liegenden Bewohnern
-
eingeschränkte Nieren- und
Leberfunktion, Schwellung der Leber
-
Ödeme:
-
bei mobilen Bewohnern:
Ödeme im Bereich der Fußknöchel und
Unterschenkel, die vor allem am Abend auftreten
-
bei immobilen Bewohnern:
Ödeme im Bereich des Kreuzbeines oder am
gesamten Körperstamm
-
Ödeme geben unter Druck
leicht nach. An der Druckstelle bleibt temporär
eine Vertiefung zurück.
-
in extremen Fällen:
Bauchwassersucht (Aszites) und Ikterus
-
Abnahme der Harnmenge (sog.
"Stauungsniere")
-
nächtliches Wasserlassen (als
Folge der Rückbildung der Ödeme)
-
Ausscheidung von Proteinen im
Harn (Nachweis durch Trichloressigsäure-Fällung
sowie Streifentests)
-
Magen-Darmstörungen,
insbesondere nachlassender Appetit, Übelkeit,
Völlegefühl sowie Obstipation.
Wir achten auf Symptome, die
gleichermaßen auf eine Rechts- und Linksherzinsuffizienz
hindeuten:
-
allgemeine
Leistungsminderung, Müdigkeits- und Schwächegefühl
-
ggf. Hypertonie
-
Herzrhythmusstörung mit einem
Anstieg der Herzfrequenz
-
Zyanose, insbesondere an den
Lippen und Fingernägeln
-
verminderte Harnausscheidung
(weniger als 300 bis 500 ml am Tag)
-
Gewichtsschwankungen:
-
Gewichtszunahme durch
Bildung von Ödemen
-
Gewichtsabnahme durch
Minderung des Appetits
-
Kopfschmerzen
-
Ohrensausen
-
Schwindelgefühle
-
ggf. Pleuraergüsse (abnorme
Flüssigkeitsansammlung in der Pleurahöhle, dem
schmalen Spalt zwischen den Pleurablättern)
-
kalte Hände und Füße
-
Bewohner äußert vermehrt den
Wunsch, das Fenster zu öffnen, damit er besser Luft
bekommt.
weitere Maßnahmen:
Wir halten folgende Materialien
bereit:
-
Herzbett, Rückenstützen und
Matratzenkeile
-
Sauerstoffgerät, das
regelmäßig gewartet wird
-
Wir regen eine angemessene
Bedarfsmedikation an, etwa Nitropräparate
Maßnahmen zur genauen Diagnose einer
Herzinsuffizienz:
Wenn verschiedene Symptome auf eine
Herzinsuffizienz hindeuten, sorgen wir für eine
fundierte medizinische Diagnostik. Etwa:
-
Ruhe- und Belastungs-EKG
-
Röntgen-Thorax in zwei Ebenen
-
Echokardiografie
(Untersuchung des Herzens mittels Ultraschall)
-
Kardio-MRT und CT
-
Untersuchung per Herzkatheter
Durchführung:
allgemeine Maßnahmen:
-
Wir erfassen regelmäßig die
Vitaldaten des Bewohners, insbesondere Atmung, Puls
und Blutdruck. Die Frequenz der Messungen ist
abhängig von der Schwere der Herzinsuffizienz. Im
Stadium 1 und 2 werden die Werte alle 12 Stunden
ermittelt, im Stadium 3 und 4 im Abstand von 8
Stunden außer nachts.
-
Wir messen täglich den
Bauchumfang mit einem Maßband, da sich im Bauchraum
erhebliche Flüssigkeitsmengen ansammeln können
(Aszites).
-
Die Bewusstseinslage des
Bewohners wird regelmäßig ermittelt. Wir prüfen, ob
der Bewohner unter Konzentrationsstörungen,
Gedächtnisschwäche, Angstzuständen oder akuter
Verwirrtheit leidet. Wir klären, ob der Bewohner zur
Person, zur Situation sowie zeitlich und örtlich
orientiert ist. Bei Störungen prüfen wir, welche
Auslöser dafür in Frage kommen, etwa:
-
die schlechte
Auswurfleistung des Herzens
-
eine durch die
Diuretikatherapie ausgelöste Exsikkose
-
eine mögliche
Digitalisüberdosierung
-
Im Dialog mit dem Bewohner
thematisieren wir ggf. dessen Ängste und das
fehlende Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.
-
Wir planen gemeinsam mit dem
Bewohner, welche Tätigkeiten er allein oder mit
unserer Unterstützung durchführen kann.
-
Um die Kräfte des Bewohners
zu schonen, bieten wir ihm auch am Tag Möglichkeiten
zur Entspannung und zum Schlafen. Ggf. werden
Pflegetätigkeiten verschoben. So kann z.B. die
Körperpflege erst nach dem Frühstück eingeplant
werden.
-
Wir raten dem Bewohner, keine
größeren Lasten zu heben oder zu tragen; also
maximal 5 bis 10 Kilogramm. Einkäufe sollte der
Bewohner mit einer Tragekarre erledigen.
-
Wir raten dem Bewohner
dringend dazu, das Rauchen aufzugeben oder zu
reduzieren.
-
Falls eine Herzoperation zur
Beseitigung eines Herzfehlers erforderlich ist,
suchen wir den Dialog mit dem Bewohner. Wir stehen
ihm jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung und
nehmen Ängste ernst.
-
Eine Hypertonie wird
konsequent therapiert. Basis dafür ist der Standard
"Pflege von Senioren mit Hypertonie".
-
Bei Infekten muss der Zustand
des Bewohners engmaschig überwacht werden. Die
zusätzliche körperliche Belastung kann zu einer
Dekompensation führen.
Mobilisierung des Bewohners:
-
Wir besprechen mit dem
Bewohner den Ablauf der Mobilisierung. Wir fragen,
ob es im Anschluss an die letzte Maßnahme zu
Schmerzen o.Ä. kam.
-
Wir prüfen und fragen, ob der
Bewohner jetzt weitgehend beschwerdefrei ist. Wenn
der Bewohner Schmerzen verspürt oder während der
Mobilisierung entwickelt, werden die Maßnahmen
abgebrochen. Ggf. wird für die nächste Mobilisierung
das Niveau herabgesetzt.
-
Bei der Mobilisierung ist die
Atmung des Bewohners ein entscheidender Indikator
für die Belastungsgrenze. Wenn eine Dyspnoe
auftritt, wird die Maßnahme sofort unterbrochen und
der Bewohner erhält eine Erholungspause.
-
Der Bewohner wird dazu
angeleitet, seine körperlichen Belastungsgrenzen
bewusst wahrzunehmen.
-
Beim Aufstehen kann Bewohnern
schnell schwindelig werden ("schwarz vor Augen").
Die Sturzgefahr ist deutlich erhöht. Daher
assistiert die Pflegekraft beim Aufstehen und bleibt
in jedem Fall beim Bewohner, bis er sich an die
Lageveränderung gewöhnt hat. Zudem bringen wir an
exponierten Stellen Haltegriffe an und stellen
Stühle auf.
-
Vor und nach jeder
Mobilisierung werden die Vitaldaten erfasst und
dokumentiert.
-
Eine vollständige
Immobilisierung, also strenge Bettruhe, ist nur bei
einer sehr schweren Herzinsuffizienz notwendig. In
der Regel sind leichte Mobilisierungsmaßnahmen
möglich und im Rahmen der Dekubitus- und
Thromboseprophylaxe auch dringend erforderlich.
Körperpflege
-
Im Bett sollten die Beine,
der Rücken, das Gesäß und die Genitalien gesäubert
werden. Die weiteren Körperregionen kann der
Bewohner unter Anleitung mit Unterstützung vor dem
Waschbecken i.d.R. selbst waschen. Der Bewohner
erhält falls notwendig Pausen, um sich zu erholen.
-
Ein Vollbad darf nur von
kurzer Dauer sein. Das Wasser sollte nur bis zum
Bauchnabel reichen. Der Bewohner darf dabei nicht
unbeobachtet bleiben.
Ernährung des Bewohners und Kontrolle
des Flüssigkeitshaushaltes
-
Der Bewohner erhält falls
notwendig leicht verdauliche Speisen. Statt drei
großer Mahlzeiten werden ihm ggf. fünf oder mehr
kleinere Mahlzeiten angeboten.
-
Bei Appetitlosigkeit können
Angehörige dem Bewohner sein Lieblingsessen
zubereiten und in die Einrichtung bringen.
-
Die Kalorienzufuhr wird
reguliert, um eine Normalisierung des
Körpergewichtes zu erreichen. Bei Übergewicht erhält
der Bewohner kalorienarme Mischkost.
-
Der Bewohner sollte auf
Alkohol verzichten. Schwarzer Tee und Kaffee sollten
nur nach ärztlicher Erlaubnis konsumiert werden.
-
Wir verzichten auf blähende
Nahrungsmittel, etwa Hülsenfrüchte oder Kohlgemüse.
-
Bei schwerer Herzinsuffizienz
und deutlicher Ödembildung ist eine Reduzierung des
Kochsalzkonsums auf 3g/Tag sinnvoll. Ansonsten
sollte ein Richtwert von 6g/Tag nicht überschritten
werden.
-
Soweit eine
Trinkmengenbeschränkung ärztlich angeordnet wurde,
machen wir im Dialog dem Bewohner die Dringlichkeit
dieser Maßnahme klar. Wenn eine kardiale
Dekompensation vorliegt, sollte die
Flüssigkeitszufuhr inklusive Infusionstherapie ein
Volumen von 1 bis 1,5 Liter pro Tag nicht
überschreiten. Ggf. führen wir eine durststillende
Mundpflege durch. Bei eigenmächtiger Überschreitung
der Trinkmenge wird der Bewohner darauf angesprochen
und der Hausarzt informiert.
-
Wenn die Diuretika-Gabe zu
Kaliumausschwemmungen führt, bieten wir dem Bewohner
verstärkt kaliumreiches Obst und Gemüse an.
-
Der Bewohner wird einmal
täglich nach dem Toilettengang und vor dem Frühstück
gewogen. Eine Gewichtszunahme von mindestens 1,5
Kilogramm an einem Tag oder mindestens 2,5 Kilogramm
binnen einer Woche werden dem behandelndem Arzt
unverzüglich mitgeteilt.
-
Wir führen eine Ein- und
Ausfuhrbilanzierung.
-
Wir achten auf eine
Gewichtszunahme bei einer gleichzeitigen Reduzierung
der Urinproduktion. Dieses kann bei ausgeprägten
Ödemen auf eine unzureichende Diuretikatherapie oder
ein kardial bedingtes Nachlassen der Nierenfunktion
hinweisen.
-
Der Körper des Bewohners wird
engmaschig auf sich entwickelnde Ödeme untersucht.
Diese bilden sich anfänglich an den Knöcheln aus und
werden zumeist am Abend besonders spürbar. In der
Nacht werden sie über die gesteigerte Ausscheidung
wieder ausgespült.
-
Bei bettlägerigen Bewohnern
bilden sich Sakralödeme, auf die geachtet werden
muss.
Ausscheidung
-
Wir rechnen stets damit, dass
sich die gastrointestinalen Beschwerden verstärken,
dieses insbesondere wenn der Bewohner immobil ist,
einer Trinkmengenbeschränkung unterliegt oder sich
faser- und ballaststoffarm ernährt. Diese Faktoren
verzögern die Darmpassage und können eine akute
Obstipation auslösen.
-
Bei einer akuten Obstipation
nutzen wir motilitätsbeeinflussende Präparate wie
etwa Bisacodyl ("Dulcolax") oder Natriumpicosulfat
("Laxoberal"). Alternativ erhält der Bewohner einen
Darmeinlauf.
-
Der Einsatz von natürlichen
Ballaststoffen wie etwa Flohsamen, Leinsamen oder
Weizenkleie wird bei dieser Patientengruppe kritisch
hinterfragt. Diese Stoffe wirken nur zeitverzögert.
In Kombination mit einer Trinkmengenbeschränkung
bleibt die abführende Wirkung zumeist komplett aus.
Die bei der Verdauung auftretenden Gase führen bei
vielen Bewohnern überdies zu Völlegefühl und
Blähungen.
Lagerung des Bewohners:
-
Wir prüfen, inwieweit das
Fortschreiten der Herzinsuffizienz eine
Flachlagerung unmöglich macht. Die Flachlagerung
löst eine Verlagerung des Blutvolumens vom
Körperkreislauf in den Lungenkreislauf und somit
Atemnot aus. Wenn diese eintritt, werden der
Oberkörper und der Kniebereich höher gelagert.
-
Wir wählen aus, welche
Lagerungsmethode sinnvoll ist. Möglich ist die
Nutzung von Rückenstützen und Matratzenkeilen.
Sinnvoll kann auch die Lagerung auf einem Herzbett
sein. Also einem Pflegebett mit einem zweifach
verstellbaren Fußteil.
-
Eine rechtsseitige Lagerung
ist einer linksseitigen vorzuziehen, um die
Herzbelastung zu minimieren.
medizinische Therapie:
Wir sorgen in Absprache mit dem
Hausarzt für eine moderne medikamentöse Versorgung.
-
Wir leiten den Bewohner zu
einer regelmäßigen Einnahme der Medikamente an. Er
soll insbesondere keine Arzneimittel eigenmächtig
absetzen.
-
Wir bitten den Bewohner, die
Pflegekraft zu informieren, wenn er unerwartete
Nebenwirkungen verspürt.
Digitalis, also Wirkstoffe, die die
Kraft und die Geschwindigkeit der
Herzmuskelkontraktionen verbessern sollen. Wirkungen:
-
Rückbildung eines
pathologisch vergrößerten Herzens
-
Reduzierung der Tachykardie
-
Absenkung des venösen
Blutdrucks
-
Anstieg der Harnmenge und
Rückbildung der Ödeme in der Körperperipherie
-
Rückgang der Atemprobleme
-
Rückbildung der
Belastungsdyspnoe
Nebenwirkungen und Risiken:
-
geringe therapeutische
Breite, die Medikamente können leicht überdosiert
werden.
-
Wechselwirkungen mit Abführ-
und Entwässerungsmitteln (oftmals Wirkungssteigerung
der Digitalis)
-
Nicht anzuwenden bei
Hyperkaliämie, Hypokaliämie, Hyperkalzämie,
Kammertachykardie sowie obstruktiver Kardiomyopathie
-
Abfall der Herzfrequenz unter
60/min (Bradykardie)
-
Herzrhythmusstörungen
-
gehäufte Herzaktionen
außerhalb des regulären Grundrhythmus
(Extrasystolen)
-
Doppelschlägigkeit, jeder
Systole folgt über längere Zeit regelmäßig eine
Extrasystole (Bigeminie)
-
in seltenen Fällen
Kammerflimmern
-
Sehstörungen, insbesondere
Farbsehen
-
Störungen des
Magen-Darm-Bereiches, insbesondere Übelkeit,
Durchfall und Appetitlosigkeit
-
Kopfschmerzen, Benommenheit,
Schwindel
-
Verwirrtheit und Reizbarkeit
Diuretika. Arzneimittel, die eine
verstärkte Ausscheidung von Wasser bewirken und
Stauungssymptome lindern. Wirkung:
-
Ödeme bilden sich zurück
-
Senkung des Blutdrucks
Nebenwirkungen und Risiken:
-
Muskelschwäche, Verlust von
Leistungskraft
-
Apathie oder gesteigerte
Aggressivität
-
Durst, trockener Mund,
Exsikkosegefahr
-
Wadenkrämpfe
-
Herzrhythmusstörungen, wenn
zuviel Kalium ausgeschwemmt wurde
-
Azidose (Störung im
Säure-Basen-Haushalt)
-
erhöhter Harndrang auch in
der Nacht.
-
Bei Blasenschwäche ist eine
verstärkte Inkontinenzversorgung notwendig.
-
Gleichgewichtsstörungen,
insbesondere beim Gehen
-
Verwirrtheit
-
Steigerung des
Thromboserisikos
-
bei Diabetikern häufigere
Kontrolle des Blutzuckerspiegels notwendig
-
Störung der Darmpassage
infolge einer Darmlähmung
Maßnahmen:
-
Wir beobachten und
dokumentieren, welche Reaktionen der Bewohner auf
die Diuretikagabe zeigt. Wir prüfen insbesondere,
wie häufig der Bewohner Urin lässt und inwieweit er
durch gehäufte Toilettengänge körperlich und
psychisch belastet wird.
-
Es ist stets damit zu
rechnen, dass Bewohner auf den erhöhten Harndrang
eigenmächtig reagieren. Dieses etwa mit einer
Reduzierung des Trinkkonsums oder mit einem
eigenmächtigen Absetzen der Diuretika. Wir suchen
daher stets den Dialog mit dem Bewohner und leiten
diesen zu einem krankheitskonformen Verhalten an.
-
Ggf. erhält der Bewohner
spezielle Inkontinenzeinlagen als Wäscheschutz oder
einen Toilettenstuhl in Bettnähe.
-
Wir prüfen, ob der Bewohner
einen Dauerkatheter erhalten sollte. Kriterien dafür
sind:
-
Schweregrad der
Herzinsuffizienz
-
verbliebene
Funktionsfähigkeit der Nieren
-
Auswirkungen auf die
Lebensqualität
-
Notwendigkeit einer
exakten Bilanzierung der Urinausscheidung
(Hinweis: Eine zu späte
Verabreichung der Diuretika wird die Nachtruhe
beeinträchtigen. Bewohner ohne Blasenverweilkatheter
werden mehrfach Harndrang verspüren. Die zusätzlichen
Toilettengänge erhöhen das Sturzrisiko.)
ACE-Hemmer, also Hemmstoffe des
Angiotensin-converting-Enzyms. Wirkung:
-
Blutdrucksenkung sowie
Senkung der Vor- und Nachlast des Herzens
Nebenwirkungen und Risiken:
-
Einsatz i.d.R. erst ab dem 2.
Stadium sinnvoll
-
starker Blutdruckabfall
-
zeitweilig Einschränkung der
Nierenfunktion
Prophylaxen:
Wir führen regelmäßig verschiedene
Prophylaxen aus und halten uns dabei an die jeweiligen
Standards.
-
Thromboseprophylaxe. Wir
führen mit dem Bewohner leichte Bewegungsübungen
durch. Soweit verordnet erfolgt eine
Low-Dose-Heparinisierung. Wenn der Bewohner kardial
stabil ist, aber an Beinödemen leidet, können die
Beine für einige Stunden pro Tag gewickelt werden.
Dieses beschleunigt die Ödemausschwemmung. Der
Kompressionsverband muss entfernt werden, wenn
Stauungszeichen auftreten, also etwa gestaute
Halsvenen oder Atemnot. Medizinische
Thromboseprophylaxestrümpfe ("MTS") können bei
massiven Ödemen zumeist nicht eingesetzt werden, da
der korrekte Sitz nicht mehr sichergestellt werden
kann und somit Einschnürungen und venöse Stauungen
auftreten können.
-
Obstipationsprophylaxe
-
Dekubitusprophylaxe unter
Berücksichtigung einer ggf. erforderlichen strengen
Bettruhe. Die Seitenlagerung auf schiefer Ebene wird
zumeist gut akzeptiert. Ggf. prüfen wir die
Notwendigkeit einer Weich- oder Superweichlagerung.
-
Pneumonieprophylaxe,
insbesondere wenn der Bewohner bereits unter flacher
beschleunigter Atmung leidet.
Kontrakturenprophylaxe i.d.R. nur bei komplett
immobilen Bewohnern.
Verhalten bei leichter und mäßiger
Atemnot
-
Wir versuchen die Tätigkeiten
zu identifizieren, die eine Belastungsdyspnoe
auslösen.
-
Wir prüfen, ob die Atemnot
ein Ausmaß annimmt, die das Rufen des Notarztes
erzwingt. Etwa:
-
Wenn eine Ruhedyspnoe
vorliegt, gehen wir von einer dekompensierten
Linksherzinsuffizienz aus.
-
Wenn die Dyspnoe vor
allem nachts auftritt, kann Asthma cardiale
vorliegen. Diese Symptomatik kann auf ein sich
entwickelndes Lungenödem hinweisen.
-
Husten (egal ob
hartnäckig und trocken oder mit weißlichem
Auswurf) kann auf eine Stauungsbronchitis
hindeuten.
-
Wir prüfen die Beschaffenheit
des Auswurfs. Wenn dieser schaumig ist,
fleischfarbig ist oder sich darin Blutbeimengungen
befinden, kann dieses auf ein Lungenödem hinweisen.
Auch bläuliche Verfärbungen von Haut und
Schleimhäuten (Zyanose) weisen auf einen gestörten
Gasaustausch hin.
Notfallmaßnamen bei schwerer Atemnot
als Folge von Herzinsuffizienz:
-
Der Oberkörper des Bewohners
wird in seinem Bett höher gelagert während die Beine
tiefer gelagert werden.
-
Eine Pflegekraft alarmiert
den Notarzt. Eine zweite Pflegekraft bleibt beim
Bewohner und wirkt beruhigend auf ihn ein.
-
Die Vitalwerte und der
Bewusstseinszustand werden permanent ermittelt.
-
Bei Bewusstlosigkeit wird der
Bewohner in eine stabile Seitenlage gebracht.
-
Der Bewohner wird mit einer
Decke vor Auskühlung geschützt.
-
Wir prüfen den Einsatz von
Nitropräparaten als Spray oder Kapseln.
Voraussetzungen:
-
Es wurde als
individuelles Bedarfsmedikament vom Arzt
verschrieben.
-
Der systolische Blutdruck
liegt über 100mmHg.
-
Dem Bewohner wird per
Atemmaske Sauerstoff angeboten. Der
Sauerstofffluss wird auf 2,5 bis 3,5 l/Min.
gestellt. Die Atemmaske wird vor die Nase
gehalten, ohne vollständig auf das Gesicht
gedrückt zu werden. Ggf. kann der Bewohner die
Atemmaske selbständig halten.
-
Die Ankunft des Notarztes
wird abgewartet.
-
In den folgenden Tagen achten
wir verstärkt auf gesundheitliche Schädigungen:
-
Die Vitaldaten werden
engmaschiger ermittelt.
-
Die Lagerung immobiler
Bewohner wird intensiviert, da eine erhöhte
Dekubitus-Gefahr besteht.
-
Die Beine werden
gewickelt, um die Thrombosegefahr zu minimieren.
zusätzliche Notfallmaßnahmen bei
Lungenödemen:
-
Wir achten auf Symptome, die
auf ein Lungenödem hinweisen können:
-
starker Husten mit
schaumig-blutigem Auswurf
-
sehr lautes Rasseln und
Brodeln in der Lunge, das auch ohne Stethoskop
wahrnehmbar ist (sog. "Distanzrasseln)
-
akute Atemnot und
Erstickungspanik
-
Schweißausbruch,
Herzrasen, Zyanose
-
Der Notarzt wird alarmiert.
-
Der Bewohner wird in die
Herzbettlagerung gebracht, die Arme werden hoch
gelagert, etwa durch ein Kissen. Damit wird der
venöse Rückfluss verlangsamt und das Herz entlastet.
-
Dem Bewohner wird per
Atemmaske Sauerstoff angeboten. Der Sauerstofffluss
wird auf 10 l/Min. gestellt. Wir kompensieren damit
die reduzierte Sauerstoffaufnahme in den Alveolen
als Folge der Flüssigkeitsansammlung. Zudem lindern
wir die subjektive Atemnot des Bewohners.
-
Eine Pflegekraft bleibt stets
beim Bewohner und beruhigt diesen.
-
Die Vitalwerte werden
engmaschig ermittelt und dokumentiert.
-
Ggf. saugen wir das
Bronchialsekret ab.
-
Die Krankenhauseinweisung
wird vorbereitet.
Nachbereitung:
Prognose
-
Die Prognose für eine
unbehandelte Herzinsuffizienz ist schlecht. Binnen
12 Monaten sterben 10 Prozent aller Bewohner mit
Stadium 2. In den Stadien 3 und 4 beträgt die
Sterblichkeit 25 bzw. 50 Prozent.
-
Eine medikamentöse Therapie,
insbesondere mit ACE-Hemmern, senkt die Letalität um
40 Prozent.
weitere Maßnahmen
-
Die Pflegeplanung wird
regelmäßig aktualisiert und auf Umsetzbarkeit
kontrolliert.
-
Alle Beobachtungen werden im
Berichtsblatt dokumentiert.
-
Alle relevanten Veränderungen
werden umgehend dem Hausarzt mitgeteilt.
Dokumente:
-
Berichtsblatt
-
Fragen an den Arzt /
ärztliche Verordnungen
-
Vitaldatenblatt
-
Pflegenachweis
-
Flüssigkeitsbilanzierung /
Trinkprotokoll
-
Mobilisierungs- und
Bewegungsplan
-
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
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