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Standard "Pflege
von Senioren mit Hypotonie"
Senioren mit erniedrigtem Blutdruck leiden
doppelt. Erstens unter ständiger Kraftlosigkeit, Müdigkeit und
der Angst vor dem nächsten Blackout. Zweitens unter mangelndem
Verständnis ihrer Mitmenschen, die angesichts der "traumhaften"
Blutdruckwerte dem Betroffenen das Kranksein absprechen.
Standard "Pflege von Senioren
mit Hypotonie"
Definition:
Bei einer Hypotonie ist
der Blutdruck soweit herabgesetzt, dass die Versorgung des Körpers mit
Sauerstoff beeinträchtigt ist.
Als
Grenzwerte gelten
-
beim Mann: systolischer Druck von weniger als
110 mmHg und diastolischer Druck von unter 60 mmHg
-
bei der Frau: systolischer Druck von weniger
als 100 mmHg und diastolischer Druck von unter 60 mmHg
Anhand der Ursache wird die Hypotonie in
verschiedene Formen eingeteilt:
-
Bei der primären oder essenziellen Hypotonie
ist die Ursache unbekannt. Betroffen sind häufig junge Frauen mit
einem geringen Körpergewicht. Häufige Symptome sind Kollapsneigung,
starkes Schwitzen, kalte Extremitäten, schneller Puls und
Herzklopfen sowie Neigung zur Unterzuckerung.
-
Bei der sekundären Hypotonie ist die
Blutdruckerniedrigung die Folge von anderen Erkrankungen, etwa
Herzinsuffizienz, Herzinfarkt, Aortenstenose,
Nebennierenrindeninsuffizienz, Fieber oder Hypovolämie.
-
Die orthostatische Hypotonie tritt auf etwa
beim Übergang vom Liegen oder Hocken zum Stehen. Es kommt zu einer
Blutverschiebung in die untere Körperhälfte. Das Blut "versackt" und
dem Betroffenen wird "schwarz vor Augen". Zusätzlich können
Ohrensausen und Schwindel auftreten.
Grundsätze:
-
Wir akzeptieren, dass jeder Bewohner seinen
"Wohlfühlblutdruck" hat. Ein Bewohner, der sich trotz Hypotonie
körperlich wohl fühlt, benötigt keine medikamentöse Behandlung.
-
Wenn sich keine Ursache für die Hypotonie
bestimmen lässt, stehen Maßnahmen zur Verbesserung des Wohlbefindens
im Mittelpunkt.
Ziele:
-
Die Ursache der Hypotonie wird geklärt.
-
Der Bewohner bleibt körperlich mobil.
-
Die Lebensqualität des Bewohners wird
erhalten.
-
Der Bewohner fühlt sich sicher.
-
Der Bewohner erhält die notwendige
Unterstützung.
Vorbereitung:
Informationssammlung
Wir stellen alle relevanten
Informationen zusammen. Diese werden dem behandelnden Hausarzt zur
Verfügung gestellt.
-
Seit wann ist die Hypotonie bekannt?
-
Wurde der Bewohner wegen der Hypotonie in der
Vergangenheit bereits ärztlich behandelt? Welche Medikamente wurden
ihm verschrieben?
-
Welche Strategien hat der Bewohner im Laufe
seines Lebens entwickelt, um mit der Hypotonie umzugehen?
-
Können eingenommene Medikamente Ursache der
Hypotonie sein, etwa Diuretika oder Psychopharmaka?
Bestimmung der Auswirkungen
Wir ermitteln, welche Auswirkungen
die Hypotonie auf die Lebensqualität des Bewohners hat.
-
Klagt der Bewohner über ein permanentes
Kältegefühl?
-
Sind die Gliedmaßen des Bewohners kalt?
-
Ist die Haut des Bewohners blass?
-
Ist die Leistungsfähigkeit des Bewohners
eingeschränkt?
-
Ist der Bewohner häufig müde? Ist sein
Schlafbedürfnis erhöht?
-
Ist die Nachtruhe durch die Hypotonie
gestört?
-
Klagt der Bewohner über Übelkeit?
-
Ist das Sehvermögen des Bewohners
eingeschränkt?
-
Ist der Bewohner unruhig?
-
Leidet der Bewohner unter
Konzentrationsschwäche?
-
Leidet der Bewohner unter
Bewusstseinseintrübungen?
-
Leidet der Bewohner unter einem
Schwindelgefühl?
-
Zeigt der Bewohner depressive Verstimmungen?
-
Ist dem Bewohner häufig "schwarz vor Augen"?
-
Klagt der Bewohner über Stiche oder über ein
Beklemmungsgefühl im Brustkorb?
Ressourcen
Wir stellen zusammen, welche
Ressourcen der Bewohner nutzen kann, um die Folgen der Hypotonie zu
minimieren.
-
Der Bewohner hat Strategien entwickelt, um
die Auswirkungen der Hypotonie erträglicher zu machen.
-
Der Bewohner erhält wirksame Arzneien gegen
die Hypotonie und ihre Auswirkungen. Er ist medikamentös gut
eingestellt.
-
Der Bewohner ist in der Lage, seinen
Blutdruck eigenständig zu ermitteln und die Messergebnisse zu
dokumentieren.
-
Der Bewohner wird nicht bewusstlos.
-
Der Bewohner ist ansonsten in einem guten
Allgemeinzustand.
-
Es gibt keine weiteren Erkrankungen.
Durchführung:
Schellong-Test
Der Schellong-Test ist eine Prüfung
zur Beurteilung funktioneller Kreislaufstörungen:
-
Der Bewohner liegt für zehn Minuten auf dem
Rücken. Puls und Blutdruck werden engmaschig überwacht.
-
Nun steht der Bewohner rasch auf und bleibt
zehn Minuten stehen. Falls möglich sollte sich der Bewohner nicht
festhalten.
-
Alle ein bis zwei Minuten werden nun Puls und
Blutdruck ermittelt. Die Ergebnisse werden in einem dafür
vorbereiteten Diagramm eingetragen.
-
Nun legt sich der Bewohner wieder auf den
Rücken. Er bleibt liegen, bis die Ausgangwerte wieder erreicht sind.
allgemeine Maßnahmen
-
Wir animieren den Bewohner, an unseren
Gymnastikstunden teilzunehmen.
-
Der Bewohner sollte die Beine hoch lagern.
-
In vielen Fällen fühlen sich Bewohner morgens
wohler, wenn das Kopfelement ihres Bettes in der Nacht um 20°
aufgestellt war.
-
Der Bewohner sollte ein plötzliches Aufstehen
aus dem Bett vermeiden und ggf. per Klingel eine Pflegekraft
herbeirufen. Generell sollte er erst einige Minuten auf dem Bettrand
sitzen.
-
Ggf. sollte der Bewohner vor dem Wechsel aus
der Liegeposition in die Horizontale Beingymnastik durchführen.
-
Der Bewohner soll längeres Stehen (vor allem
in der Sonne) vermeiden.
-
Viele betroffene Bewohner brauchen morgens
länger, um "in Gang zu kommen". Sie sind nach dem Aufstehen mitunter
schlecht gelaunt oder wirken depressiv. Dieses muss bei der Planung
der morgendlichen Pflegemaßnahmen berücksichtigt werden.
-
Wir achten auf Gangunsicherheiten. Ggf.
intensivieren wir die Sturzprophylaxe.
-
Falls der Bewohner dieses toleriert, sollte
er Wechselduschen oder Wassertreten durchführen.
-
Der Bewohner erhält Bürstenmassagen.
-
Der Bewohner soll viel Flüssigkeit zu sich
nehmen, sofern dieses nicht durch eine Herzerkrankung
kontraindiziert ist.
-
Ggf. sollte der Bewohner mehr Salz zu sich
nehmen. (Hinweis: Dieses ist kontraindiziert bei Herzinsuffizienz.)
-
Ggf. erhält der Bewohner zusätzlichen
Sauerstoff, etwa über eine Sauerstoff-Nasensonde.
-
Vor anstrengenden Pflegemaßnahmen wie Duschen
oder Baden werden die Vitalwerte ermittelt.
-
Der Bewohner sollte sich beim Waschen
hinsetzen. Falls ihm schwindelig wird, sollte er das Waschen
abbrechen und nach einer Pause fortsetzen.
-
Bei längerem Stehen sollte der Bewohner auf
den Zehen wippen, die Bauchpresse einsetzen oder andere
Muskelbewegungen ausführen.
-
Ggf. sollte der Bewohner Kompressionsstrümpfe
tragen, sofern dieses nicht aufgrund einer anderen Erkrankung
kontraindiziert ist. Damit kann ein Versacken des Blutes vermieden
werden.
medikamentöse Behandlung
Nur in Ausnahmefällen ist eine
medikamentöse Behandlung erforderlich. Wir nutzen:
-
Dihydroergotamin
-
Sympathomimetika
Hinweis: Für Sympathomimetika existieren viele
Kontraindikationen, etwa Hypertonie, schwere Hyperthyreose,
Engwinkelglaukom, Blasenentleerungsstörungen und schwere Nieren- und
Herzerkrankungen.
Notfall: Kollaps nach
orthostatischer Hypotonie
In vielen Fällen führt z.B. längeres
Stehen bei orthostatischer Hypotonie zu einem Kollaps. Symptome dafür
sind:
-
Zyanose
-
kalter, klebriger Schweiß auf der Haut
-
Tachykardie
Folgende Erstmaßnahmen sind einzuleiten:
-
Der Bewohner wird auf dem Rücken in sein Bett
gelegt.
-
Die Beine werden hoch gelagert. Dieses erhöht
den Blutfluss. (Hinweis: Eine solche Lagerung ist kontraindiziert
bei Herzkranken!)
-
Wenn der Bewohner bewusstlos ist aber noch
atmet, wird er in die stabile Seitenlage gebracht. Falls die Atmung
aussetzt, werden Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet.
-
Die Vitalzeichen werden wiederholt
kontrolliert, insbesondere der Puls und an beiden Armen der
Blutdruck.
-
Wenn der Bewohner an Diabetes oder
Alkoholismus leidet, wird der Blutzucker ermittelt. Die Symptome der
vermeintlichen Hypotonie könnten tatsächlich von einer
Unterzuckerung hervorgerufen werden.
-
Der Arzt / Notarzt wird gerufen, wenn sich
keine schnelle und umfassende Besserung einstellt.
-
Soweit eine Bedarfsmedikation besteht, wird
nun das verordnete Medikament verabreicht.
Nachbereitung:
-
Alle Beobachtungen werden im Berichtsblatt
dokumentiert.
-
Alle relevanten Veränderungen werden umgehend
dem Hausarzt mitgeteilt.
-
Die Pflegeplanung wird regelmäßig
aktualisiert und auf Umsetzbarkeit kontrolliert.
Dokumente:
-
Berichtsblatt
-
Fragen an den Arzt / ärztliche Verordnungen
-
Vitaldatenblatt
-
Pflegenachweis
-
Flüssigkeitsbilanzierung / Trinkprotokoll
-
Mobilisierungs- und Bewegungsplan
-
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
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