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Standard "Kolostoma-Irrigation"
Gesunde
(sprich kontinente) Menschen können sich kaum vorstellen, welcher
Verlust an Lebensqualität mit einem künstlichen Darmausgang verbunden
ist. Die regelmäßige Spülung des Darmes ermöglicht es Betroffenen,
zumindest für 24 Stunden ein normales Leben zu führen.
Standard "Kolostoma-Irrigation"
Definition:
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Die Irrigation ist eine Spülung des Dickdarms.
Durch das Einführen von lauwarmem Wasser kann das gesamte Kolon
entleert werden. Dem Stomaträger ermöglicht diese Maßnahme eine
Kontinenz von mindestens 24 Stunden. Zudem wird der Bewohner für rund
einen Tag weitgehend von Blähungen befreit. In dieser Zeit wird das
Stoma nur mit einer Kappe verschlossen. Für viele Betroffene bedeutet
die Irrigation daher eine weitgehende Normalisierung des Lebens.
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Die Maßnahme ist nur bei einer endständigen Sigmoidostomie möglich, wenn also der größte Teil des Dickdarms noch vorhanden ist.
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Dieser Standard beschreibt das Vorgehen bei
mobilen Senioren. Eine Irrigation kann aber auch bei immobilen Senioren
durchgeführt werden.
Grundsätz
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Eine Irrigation ist ein massiver Eingriff in
die Intimsphäre jedes Bewohners, der Unbehagen und insbesondere bei
dementiell erkrankten Bewohnern auch Aggressionen hervorrufen kann.
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Die Maßnahme wird nur dann durchgeführt, wenn der Bewohner zustimmt.
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Ein taktvoller Umgang mit dem Bewohner ist selbstverständlich.
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Eine Irrigation darf nur nach ärztlicher Anordnung stattfinden.
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Nach Möglichkeit sollte der Bewohner eine Irrigation selbständig durchführen.
Ziele:
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Die Lebensqualität von Stomaträgern wird verbessert.
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Eine komplette Darmentleerung wird erreicht.
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Der Bewohner ist für mindestens 24 Stunden kontinent.
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Für einen Zeitraum von 24 Stunden sollten keine Darmgase auftreten.
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In dieser Zeit kann das Stoma mit einer Stomakappe verschlossen werden.
Vorbereitung:
Planung
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Der genaue Zeitpunkt für die Maßnahme wird im Dialog mit dem Bewohner festgelegt.
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Die Irrigation sollte täglich und stets zur gleichen Tageszeit stattfinden. Zumeist ist morgens der übliche Zeitpunkt.
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Ein Abweichen vom festen Zeitplan ist zu vermeiden, da der Darm durch die Kontinuität entsprechend "trainiert" wird.
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Eine Irrigation außer der Reihe, etwa vor einem Theaterbesuch, ist
nicht erfolgversprechend. Eine längere kontinente Zeit wird damit
zumeist nicht erreicht.
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Es wird ausreichend Zeit für die Maßnahme eingeplant. Hektik kann zu
Verkrampfungen der Bauchmuskulatur führen. Es sollte mit 45 bis 60
Minuten gerechnet werden.
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Die Irrigation kann durchgeführt werden, sobald das Stoma eingeheilt
ist und der Bewohner in einem angemessenen Allgemeinzustand ist.
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Der Bewohner wird zusätzlich in den Versorgungswechsel per Beutel
eingewiesen. Damit stellen wir sicher, dass der Bewohner auch mit
Ausnahmesituationen (etwa Durchfall) sicher umgehend kann.
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Wir suchen den Dialog mit dem Hausarzt. Gemeinsam werden die Parameter
für die Maßnahme geklärt, wie etwa die Menge der einzuführenden
Flüssigkeit.
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Das Maß an Unterstützung wird schrittweise reduziert. Nach
entsprechender Anleitung soll der Bewohner die Maßnahme letztlich
eigentständig durchführen.
Indikation / Kontraindikation
Wir führen eine Irrigation unter folgenden Bedingungen durch:
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Der Bewohner wünscht die Maßnahme.
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Er ist in einem zufrieden stellenden Allgemeinzustand.
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Eine entsprechende ärztliche Anordnung liegt vor.
Wir führen unter folgenden Bedingungen keine Irrigation durch:
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Diarrhöe
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entzündlichen Darmerkrankungen
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während und direkt nach einer Bestrahlungstherapie
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großer Stomabruch
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Verengung des Stoma
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belastende Allgemeinerkrankungen wie etwa Herzinsuffizienz, Hypotonie oder Niereninsuffizienz
notwendiges Material
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Irrigationsset, bestehend aus einem
Wasserbehälter (Irrigator), Ableitungsschlauch mit Rollenklemme, 2
weiche Konen, Trägerplatte mit Gürtel, Spülbeutel
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höhenverstellbarer Infusionsständer
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rund 1500 ml körperwarmes Wasser (15 bis 18 ml pro Kilogramm Körpergewicht)
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Einmalhandschuhe, ggf. weitere Schutzkleidung
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Irrigationsbeutel in unterschiedlichen Längen
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ggf. Reinigungsbürste
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Reinigungsmaterial
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Stomakappe oder Minibeutel
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geeignetes Gleitmittel wie etwa Vaseline
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ggf. Hautschutzmittel
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Abwurfbehälter
weitere Maßnahmen
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Der Bewohner wird über die anstehende Maßnahme informiert und um Zustimmung gebeten.
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Das Zimmer wird ggf. gelüftet und danach auf eine angenehme Raumtemperatur beheizt.
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Ein von beiden Seiten freier Zugang zum Bett wird ermöglicht.
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Der Bewohner wird - soweit möglich - auf die
Toilette begleitet. Alternativ kann die Maßnahme auf dem Nachtstuhl
oder im Stehen durchgeführt werden.
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Die Pflegekraft überprüft noch einmal die Temperatur der Spüllösung.
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Alle Pflegekräfte, die nicht unmittelbar für
die Durchführung notwendig sind, sollten gehen. Dazu zählen
insbesondere Praktikanten, Bufdis usw.
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Es werden Maßnahmen zur Wahrung der Intimsphäre
getroffen (die Zimmertür wird geschlossen und verschlossen, etwaige
Mitbewohner werden kurz vor die Tür gebeten usw.)
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Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
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Wir stellen sicher, dass sich der Bewohner in
der Zeit des Ausscheidens sinnvoll beschäftigen kann. Wir legen also
z.B. ein Buch, eine Zeitung, ein Radio usw. bereit.
Durchführung:
Vorbereitung des Stoma
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Die Stomaversorgung wird abgenommen und im Abwurfbehälter entsorgt.
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Wir verwenden für das Ablösen falls möglich kein Lösungsmittel, da dieses die Haut austrocknet und entfettet.
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Das Stoma wird mit einem feuchten Tuch gesäubert, nicht mit Desinfektionsmittel. Die Säuberung geschieht von außen nach innen.
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Der Irrigationsbeutel wird auf dem Gürtel
befestigt ("geknipst"). Bei mobilen Senioren hängt der Beutel nach
unten in Richtung Füße. Bei immobilen Senioren hängt der Beutel zur
Seite auf dem Bett heraus.
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Danach wird der Gürtel passend auf das Stoma anlegt.
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Die Verschlussklappe oder -klammer am unteren
Ende des Beutels wird verschlossen (sofern der Bewohner den Beutel
nicht gleich in die Toilette hängt.)
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Der Irrigator und der Schlauch werden mit der
Spüllösung gefüllt und auf ca. 50 cm über der Schulter des Bewohners
aufgehängt. Die Pflegekraft stellt sicher, dass das Wasser handwarm
ist. Eineinhalb bis zwei Liter sind i.d.R. ausreichend. Die Pflegekraft
beachtet die am Beutel aufgedruckte Skala.
Prüfung des Stomas
Vor der
ersten Irrigation muss der Darm ausgetastet werden. Der Verlauf kann
variieren, etwa nach oben oder unten verlaufen. Diese Information
entscheidet darüber, wie tief der Konus eingeführt werden kann und ob
ggf. Drehungen notwendig sind. Nur so wird sichergestellt, dass das
Wasser in den Darm eingeführt wird und nicht direkt in den Spülbeutel
zurückläuft. Nur bei korrekter Durchführung der Maßnahmen ist der
Bewohner in den folgenden 24 Stunden kontinent.
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Die Pflegekraft steift einen Fingerling über den Zeigefinger.
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Der Fingerling wird mit einem geeigneten Gleitmittel eingefettet.
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Über die obere Beutelöffnung führt die Pflegekraft den Finger in das Stoma ein und ertastet den Darmverlauf.
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Der Fingerling wird entsorgt und der Handschuh gewechselt.
Einbringen des Wassers
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Das Schlauchsystem wird angeschlossen und mit Wasser gefüllt. Die Pflegekraft stellt sicher, dass der Schlauch luftleer ist.
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Der Konus wird eingefettet und von der oberen
offenen Seite des Irrigationsbeutels eingeführt. Mit einer leichten
Drehung kann der Konus so eingestellt werden, dass er fest mit der
Schleimhaut verbunden ist. Er darf nicht vollständig eingeführt werden
und muss noch zu sehen sein.
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Die Pflegekraft stellt per Rollenklemme die Fließgeschwindigkeit ein.
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Zum Einspülen werden rund 100 bis 200 ml
Flüssigkeit in das Stoma eingebracht. Damit wird zunächst harter Stuhl
gelöst. Der Konus wird entfernt, damit die Flüssigkeit auslaufen kann.
Sobald sich der erste Stuhl entleert hat, kann der Konus wieder
eingeführt werden. Anmerkung: Das Einspülen kann ggf. entfallen, wenn
sich die Flüssigkeit bereits beim ersten Versuch komplett einbringen
lässt.
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Die Restmenge fließt nun in den folgenden 10
Minuten ein. Der Konus wird per Hand im Stoma fixiert. Danach verbleibt
der Konus noch zwei bis drei Minuten im Stoma. Die Flüssigkeit soll
nicht sofort wieder ausgeschieden werden.
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Der Konus wird entfernt. Der Beutel wird auch
oben verschlossen. Damit wird verhindert, dass der verflüssigte Stuhl
nach oben entweicht.
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Wenn die Pflegekraft im Sitzen abführt, kann
das untere Ende des Beutels in einen Abwurfbehälter gelegt werden. Der
Abwurfbehälter ist mit einem Müllbeutel ausgekleidet.
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Die Handschuhe werden entsorgt. Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
Darmentleerung und Abschluss
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Die Darmentleerung beginnt. Innerhalb von rund 45 Minuten wird auch der letzte Stuhl ausgeschieden.
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Die Entleerung geschieht zumeist in zwei bis drei größeren Schüben.
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Abdomenmassagen im Uhrzeigersinn können die Ausscheidung beschleunigen.
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In der Zeit können weitere Pflegemaßnahmen durchgeführt werden wie etwa die restliche Morgentoilette.
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Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch und zieht Einmalhandschuhe an.
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Die Ausscheidung wird überprüft. Kriterien sind:
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Farbe
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Beschaffenheit
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Menge
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Gasbildung
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Nach Ende der Ausscheidung wird der Beutel in
die Toilette entleert. Dafür wird die untere Halteklammer gelöst.
Alternativ kann der Bewohner das untere Beutelende gleich in die
Toilette hängen lassen.
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Der Spülbeutel wird nach einer Spülung verworfen. Es ist zur einmaligen Nutzung vorgesehen.
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Das Stoma wird gesäubert und auf Wunsch mit einer Hautcreme gepflegt.
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Das Stoma wird mit einem Beutel oder einer Stomaverschlusskappe versorgt.
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Die Kleidung des Bewohners wird gerichtet.
Komplikationen
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Da Wasser über die Darmwand resorbiert und über
die Nieren ausgeschieden wird, ist es möglich, dass die über das Stoma
ausgeschiedene Flüssigkeitsmenge vergleichsweise gering ist. Wenn das
Herz und die Nieren des Bewohners gesund sind, ist dieses zumeist
gefahrlos.
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Zu kaltes Wasser oder ein zu hoher Wasserdruck
können Krämpfe auslösen. In diesem Fall wird der Durchflussregler
geschlossen und der Bewohner beruhigt. Die Wassertemperatur wird
korrigiert bzw. die Spülflüssigkeit niedriger gehängt.
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Bei unerwarteten plötzlichen Schmerzen kann
eine Darmwandverletzung vorliegen, insbesondere beim Einführen des
Konus. In einem solchen Fall ist sofort der Hausarzt zu verständigen.
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Wenn der Rückfluss der Flüssigkeit zu gering
ist, kann dieses auch daran liegen, dass die Entleerungszeit des Darmes
nicht zum Zeitpunkt der Spülung passt. In solchen Fällen kann die
Irrigation auf einen anderen Tageszeitpunkt verschoben werden.
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Wenn sich die Flüssigkeit nicht einbringen
lässt, sollte erneut die Lage des Darms überprüft werden. Zudem wird
der Bewohner aufgefordert, die Bauchdecke zu entspannen.
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Bei einem Rückfluss von Ausscheidungen in das
Spülsystem sollte die Fließgeschwindigkeit reduziert werden. Ggf. muss
die Irrigation zeitweilig unterbrochen werden. Der Wassermenge sollte
genug Zeit gegeben werden, um sich im Darm zu verteilen.
Nachbereitung:
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Der Konus wird grob gesäubert. Danach erfolgt eine Desinfektion.
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Beim Wasserbehälter reicht es, diesen zu spülen und zu trocknen.
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Die Irrigationssets werden ggf. nachbestellt. Sie werden zumeist vom Arzt verschrieben und von der Krankenkasse bezahlt.
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Der Bewohner wird nach seinem Befinden befragt.
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Der Bewohner wird aufgefordert, sich wieder zu bekleiden. Ggf. erhält er dabei Unterstützung.
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Der Bewohner wird bequem gelagert.
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Die Klingel wird in Reichweite des Bewohners abgelegt.
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Ggf. wird das Zimmer gelüftet.
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Die Arbeitsmaterialien werden entsorgt, bzw. gereinigt und desinfiziert.
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Die Pflegekraft zieht die Schutzkleidung aus und führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
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Die Maßnahme und alle weiteren Informationen werden dokumentiert.
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Der Hausarzt wird über krankhafte Veränderungen informiert.
Dokumente:
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Berichtsblatt
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Leistungsnachweis medizinische Behandlungspflege
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Fragen an den Arzt
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Pflegeplanung
Verantwortlichkeit / Qualifikation:
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