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Standard "transurethrale Katheterisierung von Frauen"

Die Katheterisierung zählt sicherlich zu den kompliziertesten pflegerischen Eingriffen. Die Anforderungen an Hygiene und Geschicklichkeit sind sehr hoch, der Spielraum für Fehler ist denkbar gering. Wir haben unseren Standard deutlich erweitert und aufwändig illustriert.


Standard "transurethrale Katheterisierung von Frauen"


Definition:

  • Viele Krankheiten der Nieren und der ableitenden Organe erfordern eine zeitweilige oder dauerhafte künstliche Ableitung des Harns nach außen. Die transurethrale Harnableitung mittels Katheter zählt zu den ärztlichen Tätigkeiten, die nur unter fest definierten Voraussetzungen an Pflegekräfte delegiert werden dürfen.
  • In diesem Standard wird die transurethrale Katheterisierung beschrieben, also die Harnableitung durch einen Schlauch, der in die Harnröhre eingeführt wird. Diese Durchführung ist von der suprapubischen Katheterisierung zu unterscheiden, bei der ein Schlauch durch die punktierte Bauchdecke in die Harnblase geführt wird.
  • Schon kleine Nachlässigkeiten bei der Durchführung der Katheterisierung können zu Komplikationen führen, etwa Infektionen bei Hygienemängeln. Daher sollte die Indikation stets kritisch hinterfragt werden. Ab einer voraussichtlichen Einsatzdauer von mehr als fünf Tagen ist i.d.R. eine suprapubische Drainage die bessere Alternative.
  • Es gibt verschiedene Arten von Katheterisierungen:
    • Die Einmalkatheterisierung setzen wir ein, um die Harnblase bei akutem Harnverhalt zu entleeren oder den Restharn zu bestimmen.
    • Die Dauerkatheterisierung erlaubt eine Entleerung der Blase für einen längeren Zeitraum.
    • Unter einer intermittierenden Katheterisierung versteht man eine regelmäßige Blasenentleerung (3 bis 5 Mal pro Tag), die häufig vom Betroffenen selbst durchgeführt wird.

Grundsätze:

  • Die Maßnahme wird nur dann durchgeführt, wenn die Bewohnerin zustimmt.
  • Ein Blasenkatheter darf nur auf ärztliche Anweisung gelegt oder entfernt werden.
  • Der beste Weg, um Komplikationen bei der Katheterisierung zu vermeiden besteht darin, die Katheterisierung selbst zu vermeiden, wenn es eine Alternative dazu gibt.
  • Ein transurethraler Blasenverweilkatheter bringt ein hohes Infektionsrisiko mit sich und ist ein gravierender Eingriff in die Intimsphäre. Es ist daher stets das letzte Mittel. Wir werden immer versuchen, eine Alternative zu finden.
  • Ein Blasenverweilkatheter sollte nur so kurz wie möglich verwendet werden.

Ziele:

  • Die Würde der Bewohnerin bleibt gewahrt.
  • Die Lebensqualität wird verbessert.
  • Die Schmerzbelastung wird auf ein Minimum reduziert.
  • Ein freier Harnabfluss wird gewährleistet.
  • Die Harnausscheidung wird überwacht und Krankheiten schnell und sicher erkannt.
  • Die Gewinnung kontaminationsfreier Urinproben ist sichergestellt.
  • Durch konsequente Umsetzung hygienischer Standards wird eine Verschleppung pathogener Keime von der Harnröhrenmündung in die Blase und somit eine Infektion der Blase und der Niere verhindert.
  • Eine Verletzung oder eine Entzündung der Harnröhrenschleimhaut wird vermieden.

Vorbereitung:

Allgemeines

  • Unsere Pflegekräfte werden regelmäßig zur medizinischen Behandlungspflege fortgebildet.
  • Die Qualität der Katheterisierung wird regelmäßig per Pflegevisite überwacht.

Indikation

Die Indikation für eine transurethrale Katheterisierung besteht bei:

  • Harnverhaltung, also der Unfähigkeit, die gefüllte Harnblase spontan zu entleeren. Betroffen sind etwa Patienten mit Multipler Sklerose.
  • chronischer Restharn, also eine Blasenentleerungsstörung, die dazu führt, dass nach Miktion in der Harnblase eine relevante Urinmenge zurückbleibt.
  • Bestimmung des Restharns, der nach einer Miktion in der Blase verblieben ist
  • Blasenspülung bei Blasenblutung
  • Blaseninstillation, also das therapeutische Einleiten von Flüssigkeit in die Harnblase
(Hinweis: Blasenspülungen und ähnliche Maßnahmen sind riskant, da das notwendige Maß an Hygiene in der stationären und vor allem in der ambulanten Altenpflege kaum sichergestellt werden kann.)
  • Anurie, also eine Harnausscheidung unter 100ml pro Tag
  • Kontrolle des Urins, etwa mittels bakteriologischer Untersuchung

Kontraindikation

Keine Indikation besteht bei:

  • Inkontinenz, da diese i.d.R. mit alternativen Methoden angemessen versorgt werden kann. (Hinweis: Eine Katheterisierung kann als Reservemaßnahme genutzt werden, wenn alle nichtinvasiven Techniken zur Inkontinenzversorgung fehlschlagen.)
  • Bestehende oder vermutete Verletzung oder Verengung der Harnröhre, etwa als Folge von
    • Adipositas
    • zurückliegende Kindsgeburt
    • Fehlbildungen oder andere krankhafte Veränderungen von Organen im Beckenbereich
  • Oftmals wird eine Katheterisierung durch einen unzureichenden Zugang zum Intimbereich verhindert. Etwa, wenn die Bewohnerin unter Arthritis oder Kontrakturen leidet, die das Anstellen der Beine verhindern.
  • Die Maßnahme wird nicht durchgeführt, wenn die Gefahr besteht, dass demente Bewohnerinnen den Blasenverweilkatheter mutwillig entfernen.

ärztliche Anordnung:

Wir stellen sicher, dass für die Katheterisierung eine ärztliche Anordnung vorliegt. Diese umfasst:

  • Art des Katheters (Form, Länge, ggf. mit Ballon usw.)
  • Kathetergröße in Charr.
  • Material des Katheters (PVC, Latex, Silikon, Hydrogel- oder Silberbeschichtung)
  • Liegedauer des Katheters

Material bereitlegen:

  • flüssigkeitsundurchlässiges Einschlagtuch als Schutz für das Bett
  • steriles Tuch als Arbeitsunterlage für das sterile Material
  • steriles geschlitztes Lochtuch zum Abdecken der Genitalien (Größe ca. 50 * 60 cm, Vorderseite aus Zellstoff, Unterseite aus wasserabweisender Folie)
  • dreigeteilte Schale mit 6 Kugeltupfern ("Pflaumen") oder Kompressen für die Desinfektion des Genitalbereiches
  • Urinauffangschale mit einem Fassungsvermögen von mindestens 750ml
  • ggf. 2 sterile Pinzetten zur Desinfektion und für das Einführen des Katheters (ggf. aus Plastik)
  • 3 Paar sterile Handschuhe (Zahl abhängig von der Vorgehensweise)
  • Gleit- und Anästhesiemittel
  • Schleimhautdesinfektionsmittel für die Desinfektion der Harnröhrenöffnung
  • ggf. steriles Gefäß für die bakteriologische Untersuchung
  • sterile 10-ml-Spritze mit steriler Glycerin-Wasserlösung. als Blockungsflüssigkeit für den Ballon bei Blasenverweilkathetern
  • zwei sterile Katheter (Einmal- bzw. Ballonkatheter nach ärztlicher Anweisung mit 12 bis 14 Charr.; einer als Ersatz)
  • Schere zum Öffnen der Verpackungen
  • kleines Kissen
  • geschlossenes, steriles Harnableitungssystem mit Vorrichtung zum Aufhängen
  • Material zur Durchführung einer Intimtoilette (laut Standard)
(Viele dieser Materialien sind auch als Katheterisierungsset erhältlich.)

Organisation:

  • Die Katheterisierung wird soweit möglich von zwei Pflegekräften durchgeführt: eine Pflegefachkraft und eine assistierende Pflegehilfskraft. Wenn die Maßnahme nur von einer Pflegefachkraft durchgeführt werden soll, so muss diese weiblich sein, um Vorwürfen sexuellen Missbrauchs zu begegnen.
  • Die Heimbewohnerin wird über die anstehende Maßnahme informiert. Ihre Fragen werden umfassend beantwortet. Die Bewohnerin wird um Zustimmung gebeten. (Hinweis: Demente Senioren reagieren häufig ablehnend auf die Maßnahme und leisten Widerstand in verschiedensten Abstufungen. Wenn es zu einer Katheterisierung keine Alternative gibt und Validation u.Ä. erfolglos bleibt, kann eine vorherige Applikation eines Beruhigungsmittels diskutiert werden.
  • Die Fenster werden geschlossen und die Raumluft ggf. auf eine angenehme Temperatur geheizt.
  • Das Bett wird in eine angenehme Arbeitshöhe gebracht.
  • In einem Doppelzimmer wird entweder ein Sichtschutz aufgebaut oder die Mitbewohnerin für die Zeit nach draußen gebeten.
  • Die Pflegekraft führt eine Intimtoilette durch. Das Material für die Intimtoilette wird entsorgt.

  • Die Bewohnerin wird bequem auf dem Rücken gelagert. Ggf. wird das Becken mit einem Kissen unterstützt.
  • Die Bewohnerin stellt die Beine auf und spreizt sie etwas ab.
  • Die unsterile Unterlage wird zwischen Gesäß und Bett gelegt. Sofern möglich, soll die Bewohnerin dafür das Gesäß kurz anheben.
(Hinweis: In der Praxis wird das Arbeitsmaterial häufig auf dem Bett zwischen den angewinkelten Beinen des Bewohners aufgebaut.)
  • Die Pflegekräfte führen eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Die Pflegekraft kann nun unter aseptischen Bedingungen das Katheterset öffnen und auf der desinfizierten Arbeitsfläche ausbreiten.
  • Der kurze Teil der perforierten Katheterhülle wird abgetrennt.
(Hinweis: Es ist oft auch üblich, den Katheter schon jetzt komplett aus der Verpackung zu entnehmen.)

  • Das Schlitztuch wird vorsichtig entnommen (ohne die sterilen Flächen oder die anderen sterilen Materialien zu berühren) über den Intimbereich gelegt.
  • Die Urinauffangschale wird zwischen den Beinen platziert.
  • Das Material wird griffbereit in die Nähe gelegt.
  • Die Tupfer werden mit der antiseptischen Lösung getränkt.

Durchführung:

Reinigung:

  • Die Pflegekraft zieht sterile Handschuhe an. Über die Arbeitshand der durchführenden Pflegekraft wird ein zweiter steriler Handschuh gelegt.
  • Das Schlitztuch wird über den Genitalbereich so gelegt, dass die Vulva sichtbar ist.
  • Die Pflegekraft verbindet den Katheter auf der sterilen Arbeitsfläche mit dem Harnableitungssystem.
  • Die Pflegekraft überprüft ggf. den Katheterballon mit der Spritze mit der sterilen Glycerin-Wasserlösung auf Dichtigkeit.

  • Mit den ersten beiden Tupfern werden die großen Schamlippen desinfiziert. Es wird jeweils nur einmal in Richtung von der Schambeinfuge zum Anus gewischt. Die Einwirkzeit wird jeweils abgewartet.
  • Die großen Schamlippen werden mit einer Hand gespreizt. (Wichtig: Diese Hand ist nicht mehr keimfrei. Sie darf mit sterilem Material nicht mehr in Kontakt kommen.)
  • Mit zwei weiteren Tupfern werden die kleinen Schamlippen in gleicher Wischrichtung desinfiziert.
  • Die Harnröhre wird mit dem fünften Tupfer von oben nach unten desinfiziert.
  • Der sechste Tupfer wird vor die Öffnung der Vagina gelegt.
(Hinweis: Der Abwurfbehälter sollte so positioniert sein, dass die Pflegekraft beim Entsorgen von Material nicht den "Luftraum" oberhalb des sterilen Materials durchqueren muss.)

Einführen des Katheters:

  • Der zweite zusätzliche Handschuh wird von der Arbeitshand abgezogen.

  • Das sterile Gleitmittel wird tropfenweise in die Harnröhrenöffnung eingebracht, um die Verletzungsgefahr zu senken. (Hinweis: Es kann sinnvoll sein, eine kleine Menge Gleitmittel auf die Arbeitsfläche zu tropfen und die Katheterspitze darin zu wälzen.)
  • Die Pflegehilfskraft reicht den Katheter in der restlichen Verpackung an die durchführende Pflegekraft weiter.

  • Diese führt den Katheter in die Harnröhre ein, etwa 5-6 cm bis Urin fließt.
  • Wenn der Katheter in Kontakt mit der Vagina oder einer anderen nicht desinfizierten Hautfläche kommt, wird dieser verworfen und ersetzt.
  • Wenn ein Widerstand spürbar wird, versucht die Pflegekraft diesen mit einer Drehbewegung ohne Krafteinsatz zu überwinden. Gelingt dieses nicht, so wird die Katheterisierung abgebrochen und der Hausarzt informiert. In keinem Fall wird der Katheter mit Gewalt in der Harnröhre bewegt.
(Hinweis: Oftmals wird das Einführen erleichtert, wenn der Bewohner aufgefordert wird, unmittelbar vorher tief einzuatmen und sich zu entspannen.)

Vorgehen bei Einmalkathetern:

  • Sobald der Harnfluss einsetzt, wird der Katheter nicht weiter eingeführt.
  • Der Urin wird in die Auffangschale abgelassen.
  • Falls eine Laboruntersuchung notwendig ist, werden zunächst 500ml abgelassen und dann die Probe entnommen.
  • Um die Entleerung zu fördern, kann die Pflegekraft von außen leichten Druck auf die Harnblase ausüben und diese massieren.
  • Bei Harnverhalt sollte der Urin in Einzelmengen zu je 500ml abgelassen werden. Zwischen den Abflussvorgängen wird eine Pause von 30 Minuten gemacht, während derer der Katheter abgeklemmt wird.
  • Der Katheter wird unmittelbar nach Abschluss der Maßnahme mit dem sterilen Daumen verschlossen und vorsichtig herausgezogen und verworfen.

Vorgehen bei Blasenverweilkathetern:

  • Der Katheter wird eingeführt, bis der Urinfluss beginnt. Danach wird der Katheter weitere zwei Zentimeter eingeführt.
  • Mittels Spritze wird die Glycerin-Wasserlösung in die dafür vorgesehene Katheteröffnung eingespritzt, der Ballon gefüllt und der Katheter geblockt.
Hinweis: In keinem Fall wird der Ballon gefüllt, bevor der Harnfluss eingesetzt hat. Durch eine Blockung in der Harnröhre kann es zu Verletzungen der Harnröhre kommen. Es ist daher sinnvoll, während des langsamen Blockens den orientierten Bewohner nach etwaigen Beschwerden zu befragen.)
  • Der Katheter wird ohne Kraftaufwand einige Millimeter zurückgezogen.
(Hinweis: Ein nur teilweise gefüllter Blockungsballon kann bei einem versehentlichen Zug am Katheter durch die Harnröhre gezogen werden und diese schädigen.)
  • Die Schlauchklemme wird geöffnet.
(Hinweis: Es gibt spezielle Befestigungssysteme, die eine sichere Fixierung des Katheters erlauben. Mittels einer Klebefläche wird eine Basisplatte auf die Haut aufgebracht, an der der Schlaucht festgeklippt wird.)
  • Die Handschuhe werden ausgezogen und verworfen.
  • Das System wird so am Bett befestigt, dass ein Gefälle zur Blase besteht. Ein Abknicken des Schlauches wird vermieden.

Entfernen des Blasenverweilkatheters:

  • Lagerung und Hygienemaßnahmen s.o.
  • Die Abblockflüssigkeit wird mittels einer Spritze abgesaugt und verworfen. (Es ist wichtig, dass die gesamte Flüssigkeit, die zuvor eingeführt wurde, nun wieder abgesaugt wird. Die Menge sollte in der Dokumentation vermerkt sein.)
  • Die Pflegekraft nimmt Zellstoff in eine Hand und zieht mit der anderen Hand den Katheter vorsichtig heraus.
  • Mit Zellstoff umwickelt die Pflegekraft dann die Katheterspitze, stülpt den Handschuh darüber und verwirft das komplette Harnableitungssystem. Ggf. wird dieses zuvor entleert.
  • Wenn das Herausziehen ohne Kraftaufwand nicht möglich ist, wird die Maßnahme abgebrochen und der Hausarzt informiert. Wir nehmen keine weiteren Manipulationen vor.
  • Die Pflegekraft achtet auch auf Inkrustationen, also Ablagerung etwa von Kalksalzen.
  • Es folgen eine Intimwäsche und die Materialentsorgung.
  • Wenn der Bewohner innerhalb von 6 bis 8 Stunden nach Entfernung des Katheters nicht eigenständig Wasser lässt, wird ggf. der Hausarzt informiert.

Nachbereitung:

Organisation:

  • Das benötigte Material wird verworfen.
  • Bei der Bewohnerin wird eine Intimreinigung durchgeführt.
  • Die Bewohnerin wird bequem gelagert und nach dem Befinden befragt.
  • Das Bett wird in die Ausgangsposition gebracht.
  • Die Pflegekräfte führen eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Alle Beobachtungen und insbesondere die Urinmenge werden dokumentiert. Ggf. wird der Hausarzt informiert.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung der Bewohnerin aktualisiert. Die Notwendigkeit einer Katheterisierung wird kritisch hinterfragt. Die Maßnahme wird stets so schnell wie möglich beendet.

Beobachtung des harnableitenden Systems:

Wir achten auf krankhafte Veränderungen und rufen ggf. umgehend den Hausarzt.

  • Blutungen
  • weißlich-gelblicher Ausfluss
  • weiße Beläge im Genitalbereich
  • übler Harngeruch
  • Farbveränderungen des Harns
  • Beimengungen im Harn

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • Leistungsnachweis medizinische Behandlungspflege
  • Fragen an den Arzt

Verantwortlichkeit:

  • Pflegefachkraft
  • Pflegehilfskraft als Assistenz