pqsg mobil
Start Index Impressum
Diese Seiten wurden für Smartphones optimiert. Für die PC-Version klicken Sie bitte hier.

Standard "Anwendung von Kondomurinalen"

Kondomurinale wirken rein optisch etwas abschreckend, sind aber aus der modernen Inkontinenzversorgung nicht mehr wegzudenken. Und so lassen sich die meisten Senioren auch davon überzeugen, diese Plastiktütchen über ihr bestes Stück zu ziehen. Zumal die Alternativen kaum verlockender sind: Inkontinenzhosen und Blasenkatheter.


Standard "Anwendung von Kondomurinalen"


Definition:

  • Ein Kondomurinal (auch "Urinalkondom") wird wie ein herkömmliches Kondom über den Penis gezogen. Dort fängt es den ausgeschiedenen Urin auf und leitet diesen in einen Ablaufbeutel ("Urinal") weiter.
  • Am Tag kann ein mobiler Bewohner den Beutel mittels Holster am Bein tragen.
  • Das Urinalsystem kann zur Nachtruhe mit einem Auffangbeutel ("Bettbeutel") verbunden werden, der am Bett befestigt ist. Dieses verbessert i.d.R. die Schlafqualität. 
  • Die meisten Kondomurinale sind mit einer Rücklaufsperre ausgestattet. Dadurch wird ein dauernder Hautkontakt mit dem Urin vermieden. Insbesondere sinkt das Risiko von Hautreizungen und Hautentzündungen.
  • Je nach Hersteller ist das Kondomurinal selbsthaftend oder wird mittels Klebestreifen am Penis befestigt.
  • Vor allem die leichte und unauffällige Anwendung machen das Kondomurinal zu einem wirksamen Hilfsmittel bei Inkontinenz.
  • Vorteilhaft ist auch der geringe Zeitbedarf für ein solches System. Dieses insbesondere im Vergleich zur Nutzung von Vorlagen, die binnen weniger Stunden immer wieder gewechselt werden müssen.
  • Wenn ein Urinalkondom undicht ist, ist dieses zumeist auf zwei Ursachen zurückzuführen. Die Größe wurde falsch gewählt oder beim Anlegen kam es zu einem Fehler. Materialfehler sind sehr selten.
(Hinweis: Dieser Standard muss an die bei Ihnen verwendeten Modelle angepasst werden. Je nach Hersteller und Modell kann die Anlegetechnik deutlich abweichen.)

Grundsätze:

  • Die Nutzung eines Kondomurinals ist kein invasiver Eingriff und somit - wann immer möglich - dem transurethralen Blasenkatheter vorzuziehen. Dieser ist ohnehin kein geeignetes Mittel zur langfristigen Behandlung von Inkontinenz.
  • Die Nutzung von Hilfsmitteln wie einem Kondomurinal darf niemals die einzige Maßnahme bei Inkontinenz sein. Es ist wichtig, dass zunächst alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um eine Inkontinenz zu vermeiden, etwa durch Toilettentraining.

Ziele:

  • Die Würde des Bewohners bleibt gewahrt.
  • Die Lebensqualität wird verbessert.
  • Ein freier Harnabfluss wird gewährleistet.
  • Die Harnausscheidung wird überwacht und Krankheiten schnell und sicher erkannt.

Vorbereitung:

Indikation / Kontraindikation

  • Die Nutzung eines Kondomurinals ist sinnvoll bei allen Formen der Inkontinenz, also insbesondere bei Reflexinkontinenz, Stressinkontinenz sowie Überlaufinkontinenz. Die Nutzung ist bei mobilen Senioren ebenso möglich wie bei immobilen Menschen.
  • Wir verwenden Kondomurinale z.B. bei Bewohnern,
    • die nur nachts inkontinent sind
    • die unter kognitiven Einschränkungen leiden, etwa Demenz
    • die unter neurologischen Einschränkungen leiden, die eine kontrollierte Blasenentleerung verhindern, etwa Apoplexie (Schlaganfall)
  • nicht sinnvoll ist die Anwendung bei Bewohnern mit
    • einem sehr kleinen Penis
    • einem stark zurückgezogenen Penis
    • (In diesen Fällen werden externe Urinableiter mit selbstklebender Basisplatte genutzt. Das Thema muss mit dem gebotenen Taktgefühl angesprochen werden. Auch im Seniorenalter werden es die meisten Männer nicht gerne hören, dass ihr Penis zu klein ist.)

Material

  • Wir ermitteln, welche Größe für den Bewohner angemessen ist. Es gibt Modelle mit einem Durchmesser zwischen 20 bis 40 mm.
  • Die korrekte Größe wird ermittelt, indem wir den Umfang des Penis an der Peniswurzel messen. Dieses kann etwa mit einer Schablone erfolgen, die viele Hersteller von Kondomurinalen kostenfrei mitliefern.
  • Alternativ können Kondomurinale in verschiedenen Größen zum Bewohner mitgenommen werden und die beste Größe einfach durch Ausprobieren bestimmt werden.
  • Die Länge muss entsprechend der Anatomie gewählt werden. Wir messen die Länge des Penis mit einem Maßband. Ist das Kondomurinal zu lang, kann es sich an der Spitze verdrehen. Ist es zu kurz, wird es den Penis etwa bei einer Erektion nicht aufnehmen.
  • Wir prüfen, welche Befestigungsmethode im individuellen Fall angemessen ist. Bei einem mäßig zurückgezogenen Penis ist ein Haftstreifen dem selbstklebenden Material vorzuziehen.
  • Die Spitze sollte verstärkt sein. Dieses verhindert ein Abknicken.
  • Wenn der Bewohner unter einer Latexallergie leidet, sollte ein latexfreies Modell aus synthetischem Material gewählt werden. (Wegen der zunehmenden Latexallergien raten viele Mediziner inzwischen dazu, gleich Silikon-Kondomurinale zu nutzen.)
  • Die Länge des Ableitungsschlauches sollte variabel wählbar sein.
  • Die Bänder, die den Beinbeutel am Unter-/Oberschenkel fixieren, sollten so breit sein, dass die Extremität nicht abgeschnürt wird. Eine rutschsichere Schicht verbessert den Halt zusätzlich.
  • Beinbeutel mit Mehrkammersystem haben den Vorteil, dass sie nicht ballonartig auftragen und zudem bei Bewegungen nicht "glucksen".
  • Das System muss mit einem Ablaufventil und einer Rückflusssperre ausgestattet sein.

allgemeine Maßnahmen

  • Bewohner, die ein Kondomurinal tragen, müssen in der Intimregion rasiert sein. Insbesondere die Haare an der Peniswurzel müssen entfernt werden. Dieses kann etwa mittels Einmalrasierer erfolgen. Um die Verletzungsgefahr zu reduzieren, nutzen wir alternativ einen Elektrorasierer.
  • Wenn keine Rasur erfolgt, können die Haare mit dem Urinalkondom verkleben. Es steigt das Risiko von Hautentzündungen an den Haarbälgen ("Follikulitis").
  • Anders als bei jungen Männern ist die Intimrasur für die meisten Senioren völlig ungewohnt. Es besteht daher ggf. entsprechender Aufklärungsbedarf über die Notwendigkeit der Maßnahme.
  • Der Heimbewohner wird über die anstehende Maßnahme informiert (unabhängig von der Kommunikationsfähigkeit). Seine Fragen werden umfassend beantwortet. Der Bewohner wird um Zustimmung gebeten.
  • Die Fenster werden geschlossen und die Raumluft ggf. auf eine angenehme Temperatur geheizt.
  • Das Bett wird in eine angenehme Arbeitshöhe gebracht.
  • Die Arbeitsfläche, etwa ein Tablett, wird desinfiziert. Das Material wird griffbereit in die Nähe gelegt.
  • In einem Doppelzimmer wird entweder ein Sichtschutz aufgebaut oder der Mitbewohner für die Zeit nach draußen gebeten.
  • Die Pflegekraft zieht den Schutzkittel an.
  • Die Pflegekraft führt eine Händedesinfektion durch und legt die unsterilen Handschuhe an.
  • Eine Wasser abweisende Unterlage wird zwischen Gesäß und Bett gelegt.
  • Die Pflegekraft führt eine Intimtoilette durch. Der Penis wird mit einer pH-neutralen Seife gewaschen. Wir nutzen kein Öl, da dieses die Haftfähigkeit des Kondomurinals beeinträchtigen könnte. Aus dem gleichen Grund sollten auch keine Lotionen oder Cremes in diesem Bereich genutzt werden.
  • Das Material für die Intimtoilette wird entsorgt.
  • Der Bewohner wird bequem auf dem Rücken gelagert.

Durchführung:

Anlegen des Kondomurinals

  • Der Intimbereich muss vor dem Anlegen komplett trocken sein.
  • Das Kondomurinal wird an die Eichel angelegt und dann vorsichtig über den Penis abgerollt. Falls Falten auftreten, werden diese mit der Hand geglättet.
  • Wenn ein Kondom viele Falten wirft, ist dieses ein Hinweis, dass das Kondom zu groß gewählt wurde.
  • Wenn ein Beinbeutel genutzt wird, kann in der Nacht am Ablassventil ein zusätzlicher Bettbeutel angeschlossen werden.
  • Wir stellen sicher, dass das Kondom vollständig abgerollt wurde. Ansonsten könnte der verbleibende Wulst das Glied abschnüren.
  • Die Vorhaut wird beim Anlegen nicht zurückgezogen. Es droht ansonsten eine Paraphimose.
  • Wenn Haftstreifen verwendet werden, sollten diese spiralförmig angelegt werden. Bei einer ringförmigen Nutzung besteht die Gefahr, dass das Glied abgeschnürt wird. Die Abstände dürfen aber auch nicht so groß sein, dass der Urin entweichen kann.
  • Zwischen der Penisspitze und dem Ablaufstutzen sollte ein Zentimeter Platz gelassen werden. Dieser Abstand wird benötigt, um den Harnstrahl abzufangen, falls das Wasserlassen schwallartig erfolgt.
  • Das Holster für den Beinbeutel wird am Oberschenkel befestigt. Bei Rollstuhlfahrern wird der Unterschenkel gewählt.
  • Die Haut an der Auflagestelle des Holsters wird mit einem Baumwollvlies vor Reibung geschützt.

Ablegen des Kondomurinals

  • Ein Kondomurinal kann bis zu 24 Stunden getragen werden. Danach wird es vorsichtig vom Penis abgerollt.
  • Wir vermeiden es, starken Zug auf das Kondom auszuüben, da dieses die Haut reizen könnte.
  • Der Wechsel erfolgt morgens im Rahmen der allgemeinen Körperpflege.
  • Beinbeutel können über einen Zeitraum von bis zu zwei (oder drei) Tagen genutzt werden.

Nachbereitung:

Organisation:

  • Das benötigte Material wird verworfen.
  • Der Bewohner wird bequem gelagert und nach dem Befinden befragt.
  • Das Bett wird in die Ausgangsposition gebracht.
  • Die Klingel wird in Reichweite des Bewohners abgelegt.
  • Die Pflegekraft führt eine hygienische Händedesinfektion durch.
  • Der Bewohner wird aufgefordert, mindestens zwei Liter Wasser pro Tag zu trinken (Achtung: ggf. Trinkmengenbeschränkung beachten).
  • Alle Beobachtungen und insbesondere die Urinmengen sowie die Urinfarbe und der Uringeruch werden dokumentiert. Wichtige weitere Parameter sind:
    • Datum
    • Schmerzäußerungen des Bewohners
    • Bei relevanten Beobachtungen wird der Hausarzt informiert.
    • Ggf. wird die Pflegeplanung des Bewohners aktualisiert.

Beobachtung des harnableitenden Systems:

Wir achten auf krankhafte Veränderungen und rufen ggf. umgehend den Hausarzt: Blutungen

  • weißlich-gelblicher Ausfluss
  • weiße Beläge im Genitalbereich
  • übler Harngeruch
  • Farbveränderungen des Harns
  • Beimengungen im Harn

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • Leistungsnachweis medizinische Behandlungspflege
  • Fragen an den Arzt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte