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Praxistipps zur
Einstufung: Häufig gestellte Fragen unserer Leser
Manch MDK-Gutachter verteidigt verbissen seine Pflegestufen. Daher ist es wichtig, die Spielräume der Begutachtungsrichtlinie konsequent auszunutzen. Denn mit ein wenig Kreativität lassen sich fast immer die entscheidenden Pflegeminuten für die Höherstufung finden.
Wie gehe ich mit einem Hilfebedarf um, der nur zwei- bis
dreimal in der Woche anfällt? Ist dieser anrechenbar und
wenn ja, wie errechne ich die Minuten?
Ja, dieser
Hilfebedarf ist anrechenbar, sofern er mindestens einmal
pro Woche und auf Dauer (mindestens 6 Monate) anfällt.
Ein Beispiel:
Ein dementer
Bewohner schmiert einmal pro Woche mit Kot und
verschmutzt sich dabei von den Sohlen bis zu den
Haarspitzen. Jetzt wird der Hilfebedarf errechnet:
Wir haben eine Bewohnerin, die möchte, dass wir ihr
jeden Tag die Haare waschen. Ist das anrechenbar auf die
Pflegeminuten für die Einstufung?
Nein, das ist
nicht anrechenbar. Die Forderung ist unrealistisch und
übersteigt das Notwendige. Dazu heißt es an mehreren
Stellen in der Begutachtungsrichtlinie:
Vor einigen Wochen hatten wir einen Gutachter im Haus,
der zu einem Einstufungstermin kam. In der besagten
Woche hatten wir bedingt durch eine Krankheitswelle im
Frühdienst einen Personalengpass. Es ging etwas
chaotisch auf unserem Wohnbereich zu. Dass blieb dem
Gutachter leider auch nicht verborgen. Als wir im
Gespräch über die einzelnen Hilfeleistungen und die
Pflegeminuten bei der bettlägerigen Bewohnerin
diskutierten, brachte er das Argument vor, er könne
eigentlich nicht die vollen Minuten anrechnen. Bei der
Personalstärke hätte ich gar nicht die Möglichkeit, die
Bewohnerin volle 25 Minuten im Bett komplett zu waschen,
wenn noch acht andere Bewohner auf mich warten würden.
Jetzt meine Frage: Darf der Gutachter überhaupt
Pflegeminuten abziehen, nur weil wir an diesem Tag
ausnahmsweise nicht die volle Personalstärke hatten?
Nein. Der
Gutachter hat nicht das Recht, einfach Pflegeminuten zu
kürzen. Nur weil er glaubt, aufgrund der personellen
Besetzung würde die Pflegekraft nicht die vollen Minuten
ausschöpfen können. In der Begutachtung muss der
Gutachter mit Hilfe der Zeitorientierungswerte die
individuell benötigte Zeit jeweils für jede einzelne
definierte Verrichtung ermitteln. Und ob die
Personalstärke dafür auf dem Wohnbereich reicht oder
nicht, ist irrelevant. Es geht nur darum, ob der
Bewohner das Recht auf eine Pflegestufe hat oder nicht.
In der
Begutachtungsrichtlinie heißt es dazu:
Ich verstehe nicht, warum die Gutachterin in ihrem
Formular beim Punkt "Baden" nur 4 Minuten berechnet hat.
Ich schaffe das niemals in 4 Minuten. Ist das rechtens?
Ja, das ist korrekt. Die Gutachterin hat mit den 4
Minuten den täglichen Hilfebedarf beim Baden gemeint.
Wenn Sie 25 Minuten durch 7 Wochentage teilen, kommen
Sie auf 3,5 Minuten. Die Gutachterin muss auf volle 4
Minuten runden. So erhält sie den täglichen Hilfebedarf.
Wenn zwei Pflegekräfte bei einer Verrichtung des
täglichen Lebens benötigt werden, wird der Minutenwert
automatisch verdoppelt. Stimmt das?
Ja, das ist
richtig. Wenn plausibel dargelegt wird, warum eine
zweite Pflegekraft notwendig ist, wird der Minutenwert
verdoppelt. Das kommt in der Regel vor bei Bewohnern /
Patienten, bei denen ein Erschwernisfaktor vorliegt. Ein
Beispiel: Ein Bewohner wiegt über 80 kg und hat so
starke Kontrakturen, dass die Transfers nicht mit einem
Lifter durchgeführt werden können, sondern nur mit zwei
Pflegekräften möglich sind.
In der
Begutachtungsrichtlinie heißt dazu:
Ich habe mich sehr geärgert. Bei meiner letzten
Einstufung hat ein Gutachter bei einem Bewohner die
Hilfe beim Stuhlgang nur mit 6 Minuten inklusive
Intimhygiene und Toilettenspülung gewertet. Dabei dauert
es bei dem Bewohner wesentlich länger. Ich begleite ihn
hin und zurück, ich helfe ihn an- und auszukleiden
(Unterkörper) usw. Was habe ich falsch gemacht?
Die Kunst des
Einstufungsgesprächs liegt darin, dem Gutachter Schritt
für Schritt jede einzelne Verrichtung darzulegen und
schriftlich nachweisen zu können. Sie haben den
Hilfebedarf wahrscheinlich zu verkürzt dargestellt. Der
Gutachter hat in dieser Situation nicht nachgehakt und
sich die Pflegedokumentation nicht angeschaut. Führen
Sie den Hilfebedarf eines Bewohners / Patienten immer
detailliert auf.
Beispiel:
In unserem ambulanten Pflegedienst hat eine Patientin
Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse erhoben.
Daraufhin kam ein paar Wochen später der gleiche
Gutachter noch einmal. Ist das richtig so? Denn wie soll
er plötzlich zu einem anderen Ergebnis kommen?
Ihre Bedenken sind
richtig. Der Erstgutachter bekommt das Gutachten samt
Widerspruch noch einmal vorgelegt und überprüft am
Schreibtisch erneut. Wenn er zum gleichen Ergebnis
kommt, wird ein Zweitgutachten in die Wege geleitet.
Daher heißt es
auch in der Begutachtungsrichtlinie:
Ein Bewohner in unserer Pflegeeinrichtung hat sich in
seinem Gesamtzustand so verschlechtert, dass er dringend
höher gestuft werden muss. Wir erbringen jetzt schon
einen Monat die Leistungen der höheren Stufe, aber der
Bewohner weigert sich beharrlich, einen
Höherstufungsantrag zu stellen. Was können wir machen?
Laut dem SGB XI §
87a Abs. 2 darf in diesem Fall der Heimträger den
Bewohner schriftlich auffordern, bei der Pflegekasse
einen Höherstufungsantrag zu stellen. Die Aufforderung
muss begründet werden und gleichzeitig an die
Pflegekasse und ggf. bei Sozialhilfeempfängern dem
zuständigen Sozialamt zugeschickt werden. Weigert sich
der Bewohner weiterhin, den Antrag zu stellen, kann das
Heim ab dem ersten Tag des zweiten Monats nach der
Aufforderung vorläufig den Pflegesatz der höheren
Pflegestufe berechnen.
Lehnt dann aber
der MDK eine Höherstufung ab, muss das Heim den zu viel
bezahlten Betrag mit einer 5% Verzinsung zurück
überweisen.
In einem solchen
Fall muss gut überlegt werden, ob die Höherstufung
wirklich berechtigt ist. Und die Einstufung an sich muss
sehr gut vorbereitet werden, um dabei nicht "baden zu
gehen".
Ich habe mich neulich mit einem Gutachter angelegt, weil
der die Anlage von Kompressionsbinden im Bereich An- und
Auskleiden nicht als krankheitsspezifische Maßnahme
werten wollte. Er argumentierte, nur
Kompressionsstrümpfe könnten angerechnet werden. Stimmt
das?
Teils ja, teils
nein.
Erst einmal ist es
unerheblich, ob es sich um Kompressionsverbände oder
Kompressionsstrümpfe handelt, die Wirkung ist die
gleiche. In den Begutachtungsrichtlinien werden die
Kompressionsstrümpfe ab Kompressionsklasse 2 (Druck auf
die Venen ca. 30 mmHg) als beispielhafte Aufzählung für
eine krankheitsspezifische Maßnahme genannt. Also kann
davon ausgegangen werden, dass auch Kompressionsverbände
ab Kompressionsklasse 2 darunter fallen.
Kompressionsverbände oder -Strümpfe der
Kompressionsklasse 1 fallen nicht unter die
kranheitsspezifischen Maßnahmen.
Weiterhin besagt
die Begutachtungsrichtlinie:
Kann der Gutachter die Uhrzeit am Tag der Begutachtung einfach beliebig bestimmen?
Nein. Sie sollten sich unbedingt überlegen, zu welcher Uhrzeit der
Gutachter ins Haus kommen soll. Und dann nehmen Sie am besten
telefonischen Kontakt zu dem Gutachter auf und versuchen
sich auf eine Uhrzeit zu einigen. Der Zeitpunkt einer Begutachtung ist
nicht unwichtig, da bei vielen Krankheitsbildern der Hilfebdarf am Tag
stark schwanken kann.
Ein Beispiel:
Ein Bewohner mit
Multipler
Sklerose ist morgens in der Lage ohne Hilfe aus dem Bett aufzustehen
und unter Anleitung die Grundpflege zu erledigen. Aber im Laufe des
Tages ermüdet der Bewohner zusehends und braucht dann schon beim Gehen
Unterstützung und auch bei allen weiteren Maßnahmen personelle Hilfe.
Es wäre also ungünstig, wenn der Gutachter morgens zur Einstufung käme.
Es wäre dann schwieriger den höheren Pflegebedarf vom Nachmittag und
Abend plausibel darzustellen.
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