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Praxistipps zur Einstufung: Häufig gestellte Fragen unserer Leser

Manch MDK-Gutachter verteidigt verbissen seine Pflegestufen. Daher ist es wichtig, die Spielräume der Begutachtungsrichtlinie konsequent auszunutzen. Denn mit ein wenig Kreativität lassen sich fast immer die entscheidenden Pflegeminuten für die Höherstufung finden.


Wie gehe ich mit einem Hilfebedarf um, der nur zwei- bis dreimal in der Woche anfällt? Ist dieser anrechenbar und wenn ja, wie errechne ich die Minuten?



Ja, dieser Hilfebedarf ist anrechenbar, sofern er mindestens einmal pro Woche und auf Dauer (mindestens 6 Monate) anfällt. Ein Beispiel: Ein dementer Bewohner schmiert einmal pro Woche mit Kot und verschmutzt sich dabei von den Sohlen bis zu den Haarspitzen. Jetzt wird der Hilfebedarf errechnet:

  • Bewohner hin und zurück in das Bad begleiten: 2 Minuten
  • Bewohner komplett entkleiden: 4 bis 6 Minuten
  • Bewohner duschen und Haare waschen: 25 Minuten
  • Vorlage erneuern: 1 Minute
  • Bewohner komplett ankleiden: 8 bis 10 Minuten
Macht eine Gesamtminutenzahl ausgehend von den unteren Minutenwerten von einmal wöchentlich 40 Minuten. Dieser Wert wird nun durch sieben Wochentage geteilt: ergibt einen täglichen Hilfebedarf von 5,7 Minuten, der laut Begutachtungsrichtlinie auf volle 6 Minuten gerundet werden darf. Würde der Hilfebedarf zweimal in der Woche anfallen, so würde der errechnete tägliche Hilfebedarf von 6 Minuten x 2 auf 12 Minuten steigen.

Wir haben eine Bewohnerin, die möchte, dass wir ihr jeden Tag die Haare waschen. Ist das anrechenbar auf die Pflegeminuten für die Einstufung?


Nein, das ist nicht anrechenbar. Die Forderung ist unrealistisch und übersteigt das Notwendige. Dazu heißt es an mehreren Stellen in der Begutachtungsrichtlinie:

  • "Was den Rahmen des Notwendigen übersteigt, kann in der Pflegeversicherung nicht berücksichtigt werden (vgl. § 29 Abs. 1 SGB XI). Weder können der von einem Antragsteller geltend gemachte Anspruch auf eine besonders aufwendige pflegerische Betreuung (Wunsch nach überversorgender Pflege) noch eine tatsächlich über das Maß des Notwendigen hinaus erbrachte Pflege (Überversorgung) berücksichtigt werden." Seite 43
  • "Unrealistische, weil nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht mehr nachvollziehbare und nicht krankheitsbedingte Lebensgewohnheiten sind nicht zu berücksichtigen." Seite 49
  • "Ein ein- bis zweimaliges Haarewaschen pro Woche entspricht dem heutigen Hygienestandard. Maßgebend ist die medizinische bzw. pflegerische Notwendigkeit." Seite 67
Da hilft nur eins: Reden Sie mit der Bewohnerin und machen Sie ihr verständlich, dass diese Leistung nicht erbracht werden kann vom Haus. Eine Ausnahme wäre es, wenn eine medizinische Indikation für ein tägliches Haare waschen vorliegen würde.

Vor einigen Wochen hatten wir einen Gutachter im Haus, der zu einem Einstufungstermin kam. In der besagten Woche hatten wir bedingt durch eine Krankheitswelle im Frühdienst einen Personalengpass. Es ging etwas chaotisch auf unserem Wohnbereich zu. Dass blieb dem Gutachter leider auch nicht verborgen. Als wir im Gespräch über die einzelnen Hilfeleistungen und die Pflegeminuten bei der bettlägerigen Bewohnerin diskutierten, brachte er das Argument vor, er könne eigentlich nicht die vollen Minuten anrechnen. Bei der Personalstärke hätte ich gar nicht die Möglichkeit, die Bewohnerin volle 25 Minuten im Bett komplett zu waschen, wenn noch acht andere Bewohner auf mich warten würden. Jetzt meine Frage: Darf der Gutachter überhaupt Pflegeminuten abziehen, nur weil wir an diesem Tag ausnahmsweise nicht die volle Personalstärke hatten?


Nein. Der Gutachter hat nicht das Recht, einfach Pflegeminuten zu kürzen. Nur weil er glaubt, aufgrund der personellen Besetzung würde die Pflegekraft nicht die vollen Minuten ausschöpfen können. In der Begutachtung muss der Gutachter mit Hilfe der Zeitorientierungswerte die individuell benötigte Zeit jeweils für jede einzelne definierte Verrichtung ermitteln. Und ob die Personalstärke dafür auf dem Wohnbereich reicht oder nicht, ist irrelevant. Es geht nur darum, ob der Bewohner das Recht auf eine Pflegestufe hat oder nicht. In der Begutachtungsrichtlinie heißt es dazu:

  • "Die Zeitorientierungswerte enthalten keine Vorgaben für die personelle Besetzung von ambulanten, teil- oder vollstationären Pflegeeinrichtungen und lassen keine Rückschlüsse hierauf zu. Sie haben nur für die Feststellung der Leistungsvoraussetzungen nach dem SGB XI Bedeutung." Seite 113

Ich verstehe nicht, warum die Gutachterin in ihrem Formular beim Punkt "Baden" nur 4 Minuten berechnet hat. Ich schaffe das niemals in 4 Minuten. Ist das rechtens?


Ja, das ist korrekt. Die Gutachterin hat mit den 4 Minuten den täglichen Hilfebedarf beim Baden gemeint. Wenn Sie 25 Minuten durch 7 Wochentage teilen, kommen Sie auf 3,5 Minuten. Die Gutachterin muss auf volle 4 Minuten runden. So erhält sie den täglichen Hilfebedarf.


Wenn zwei Pflegekräfte bei einer Verrichtung des täglichen Lebens benötigt werden, wird der Minutenwert automatisch verdoppelt. Stimmt das?


Ja, das ist richtig. Wenn plausibel dargelegt wird, warum eine zweite Pflegekraft notwendig ist, wird der Minutenwert verdoppelt. Das kommt in der Regel vor bei Bewohnern / Patienten, bei denen ein Erschwernisfaktor vorliegt. Ein Beispiel: Ein Bewohner wiegt über 80 kg und hat so starke Kontrakturen, dass die Transfers nicht mit einem Lifter durchgeführt werden können, sondern nur mit zwei Pflegekräften möglich sind. In der Begutachtungsrichtlinie heißt dazu:

  • "Bei unvermeidbarem zeitgleichem Einsatz zweier Pflegekräfte/Pflegepersonen ist der Zeitaufwand beider Pflegepersonen zu addieren." Seite: 49
Etwas anderes ist es, wenn z.B. eine zweite Pflegekraft zum rückenschonenden Umlagern dazu geholt wird, ohne dass beim Patienten / Bewohner ein Erschwernisfaktor vorliegt. Dann kann lediglich nur der Zeitaufwand einer Pflegeperson gewertet werden. In dem Fall werden die Minuten gewertet, die eine Person zum Umlagern benötigen würde.

Ich habe mich sehr geärgert. Bei meiner letzten Einstufung hat ein Gutachter bei einem Bewohner die Hilfe beim Stuhlgang nur mit 6 Minuten inklusive Intimhygiene und Toilettenspülung gewertet. Dabei dauert es bei dem Bewohner wesentlich länger. Ich begleite ihn hin und zurück, ich helfe ihn an- und auszukleiden (Unterkörper) usw. Was habe ich falsch gemacht?


Die Kunst des Einstufungsgesprächs liegt darin, dem Gutachter Schritt für Schritt jede einzelne Verrichtung darzulegen und schriftlich nachweisen zu können. Sie haben den Hilfebedarf wahrscheinlich zu verkürzt dargestellt. Der Gutachter hat in dieser Situation nicht nachgehakt und sich die Pflegedokumentation nicht angeschaut. Führen Sie den Hilfebedarf eines Bewohners / Patienten immer detailliert auf. Beispiel:

  • Begleitung zur Toilette (gehen): 1 Minute
  • Hilfe beim Herunterziehen der Hose und der Unterhose: 1 Minute
  • Hilfe beim Hinsetzen: 1 Minute
  • Hilfe bei der Intimhygiene und bei der Betätigung der Toilettenspülung: 6 Minuten
  • Hilfe beim Wechseln der Vorlage: 2 Minuten
  • Hilfe beim Aufstehen: 1 Minute
  • Hilfe beim Raufziehen der Hose und der Unterhose: 1 Minute
  • Begleitung zurück ins Zimmer: 1 Minute
  • Anzahl der Gesamtminuten: 14 Minuten
Je nachdem welche Form der Hilfeleistung hier in diesem Fall von der Pflegekraft erbracht wird (Anleitung, Beaufsichtigung, Unterstützung oder teilweise Übernahme), muss der Gutachter die Minuten anteilig berechnen. Bei einer (auch in der Pflegedokumentation) begründeten Anleitsituation bzw. einer aktivierenden Pflege oder bei Erschwernisfaktoren können sogar noch mehr Minuten anfallen, als das bei einer vollständigen Übernahme der Fall wäre.

In unserem ambulanten Pflegedienst hat eine Patientin Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegekasse erhoben. Daraufhin kam ein paar Wochen später der gleiche Gutachter noch einmal. Ist das richtig so? Denn wie soll er plötzlich zu einem anderen Ergebnis kommen?


Ihre Bedenken sind richtig. Der Erstgutachter bekommt das Gutachten samt Widerspruch noch einmal vorgelegt und überprüft am Schreibtisch erneut. Wenn er zum gleichen Ergebnis kommt, wird ein Zweitgutachten in die Wege geleitet. Daher heißt es auch in der Begutachtungsrichtlinie:

  • "Revidieren die Erstgutachter ihre Entscheidung nicht, ist das Zweitgutachten nach den unter Punkt C 2.2.1 "Festlegung der den Besuch durchführenden Person/- en" beschriebenen Kriterien von einem anderen Arzt und/oder einer anderen Pflegefachkraft zu erstellen." Seite 24

Ein Bewohner in unserer Pflegeeinrichtung hat sich in seinem Gesamtzustand so verschlechtert, dass er dringend höher gestuft werden muss. Wir erbringen jetzt schon einen Monat die Leistungen der höheren Stufe, aber der Bewohner weigert sich beharrlich, einen Höherstufungsantrag zu stellen. Was können wir machen?


Laut dem SGB XI § 87a Abs. 2 darf in diesem Fall der Heimträger den Bewohner schriftlich auffordern, bei der Pflegekasse einen Höherstufungsantrag zu stellen. Die Aufforderung muss begründet werden und gleichzeitig an die Pflegekasse und ggf. bei Sozialhilfeempfängern dem zuständigen Sozialamt zugeschickt werden. Weigert sich der Bewohner weiterhin, den Antrag zu stellen, kann das Heim ab dem ersten Tag des zweiten Monats nach der Aufforderung vorläufig den Pflegesatz der höheren Pflegestufe berechnen. Lehnt dann aber der MDK eine Höherstufung ab, muss das Heim den zu viel bezahlten Betrag mit einer 5% Verzinsung zurück überweisen. In einem solchen Fall muss gut überlegt werden, ob die Höherstufung wirklich berechtigt ist. Und die Einstufung an sich muss sehr gut vorbereitet werden, um dabei nicht "baden zu gehen".


Ich habe mich neulich mit einem Gutachter angelegt, weil der die Anlage von Kompressionsbinden im Bereich An- und Auskleiden nicht als krankheitsspezifische Maßnahme werten wollte. Er argumentierte, nur Kompressionsstrümpfe könnten angerechnet werden. Stimmt das?


Teils ja, teils nein. Erst einmal ist es unerheblich, ob es sich um Kompressionsverbände oder Kompressionsstrümpfe handelt, die Wirkung ist die gleiche. In den Begutachtungsrichtlinien werden die Kompressionsstrümpfe ab Kompressionsklasse 2 (Druck auf die Venen ca. 30 mmHg) als beispielhafte Aufzählung für eine krankheitsspezifische Maßnahme genannt. Also kann davon ausgegangen werden, dass auch Kompressionsverbände ab Kompressionsklasse 2 darunter fallen. Kompressionsverbände oder -Strümpfe der Kompressionsklasse 1 fallen nicht unter die kranheitsspezifischen Maßnahmen. Weiterhin besagt die Begutachtungsrichtlinie:

  • "Wenn im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem An- und Auskleiden z. B. das An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpfen ab Kompressionsklasse 2 notwendig ist, handelt es sich um eine verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahme. Diese ist zusätzlich zu dem beim An- und Auskleiden bestehenden Hilfebedarf zu berücksichtigen. Dieser Hilfebedarf ist auch dann im Zusammenhang mit dem An- und Auskleiden zu bewerten und zu dokumentieren, wenn die Kompressionsstrümpfe ab Kompressionsklasse 2 - wie pflegefachlich geboten - unmittelbar vor dem Aufstehen angezogen werden." Seite 72
Sie sollten also klären, zu welcher Klasse die Kompressionsverbände ihres Patienten oder Bewohners gehören. Die Kompressionsstrümpfe oder -Verbände müssen morgens zwingend vor dem Aufstehen des Bewohners aus dem Bett im Zusammenhang mit dem Ankleiden angezogen werden. Folglich muss auch die Zeit, die dafür benötigt wird, auf den Zeitwert des Ankleidens aufgeschlagen werden. Also sollten Sie als Pflegekraft eine Woche lang ermitteln, wie viel Minuten morgens das Wickeln der Beine in Anspruch nimmt. Daraus errechnen Sie einen Mittelwert und dokumentieren diesen in der Pflegedokumentation- und Planung. Das Gleiche machen Sie für den Abend und das Abwickeln. Pflegefachlich ist das Anlegen von Kompressionsstrümpfen oder -Verbänden vor dem Aufstehen notwendig, da die Beine nur im entstauten Zustand durch das Liegen gewickelt werden dürfen. Dadurch ist die Verknüpfung der behandlungspflegerischen Maßnahme mit der anrechenbaren Verrichtung des An- und Auskleidens zwingend miteinander verbunden und Sie haben eine krankheitsspezifische Maßnahme. ?? Meine Kollegin möchte bei den MDK Gutachtern einen guten Eindruck von unseren Bewohnern und dem Haus hinterlassen. Deshalb gibt sie sich am Tag der Begutachtung große Mühe mit dem jeweiligen Bewohner, dass er besonders gut gepflegt aussieht. Meiner Meinung nach ist das nicht richtig. Der Gutachter kann sich so kein Bild vom Bewohner im Alltag machen. Oder? Ja, das ist richtig. Am sinnvollsten ist es, den Bewohner so zu zeigen wie er ist. Ansonsten kann es schwierig werden, dem Gutachter den Hilfebedarf zu verdeutlichen. Ein Beispiel:  ........... 

Kann der Gutachter die Uhrzeit am Tag der Begutachtung einfach beliebig bestimmen?


Nein. Sie sollten sich unbedingt überlegen, zu welcher Uhrzeit der Gutachter ins Haus kommen soll. Und dann nehmen Sie am besten telefonischen Kontakt zu dem Gutachter auf und versuchen sich auf eine Uhrzeit zu einigen. Der Zeitpunkt einer Begutachtung ist nicht unwichtig, da bei vielen Krankheitsbildern der Hilfebdarf am Tag stark schwanken kann. Ein Beispiel: Ein Bewohner mit Multipler Sklerose ist morgens in der Lage ohne Hilfe aus dem Bett aufzustehen und unter Anleitung die Grundpflege zu erledigen. Aber im Laufe des Tages ermüdet der Bewohner zusehends und braucht dann schon beim Gehen Unterstützung und auch bei allen weiteren Maßnahmen personelle Hilfe. Es wäre also ungünstig, wenn der Gutachter morgens zur Einstufung käme. Es wäre dann schwieriger den höheren Pflegebedarf vom Nachmittag und Abend plausibel darzustellen.