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Standard "Umgang mit Medizinprodukten" (stationäre Pflege)

Vom Lifter über das elektrische Pflegebett bis zum Ultraschallvernebeler: All diese Geräte fallen unter das Medizinproduktegesetz und die dazu passende Verordnung. Während die Verbände über die Berliner Reglementierungswut schimpfen, bleibt Pflegeheimen wie ambulanten Diensten nichts anderes übrig, als die Vorgaben tunlichst genau umzusetzen. Der Gesetzgeber hat das Werk mit ungewöhnlich scharfen Strafandrohungen versehen.


Standard "Umgang mit Medizinprodukten" (stationäre Pflege)


Definition:

  • Zur Versorgung unserer Bewohner nutzen wir jeden Tag viele verschiedene technische Geräte und Hilfsmittel. Wie alle technischen Geräte können auch bei Medizinprodukten Fehler auftreten. Die Produkte können z.B. bereits "ab Werk" defekt sein. Oder die Mängel treten erst während der Nutzung auf. Ein anderes Beispiel: Die Betriebsanleitung ist lückenhaft oder so kompliziert formuliert, dass das Gerät nicht korrekt bedient werden kann.
  • Während jedoch ein defekter Fernseher oder eine kaputte Waschmaschine in den meisten Fällen nur ein Ärgernis darstellen, haben defekte Medizinprodukte oftmals erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit oder sogar auf das Leben eines Bewohners. Dieses etwa dann, wenn eine Absaugpumpe versagt oder eine Wechseldruckmatratze defekt ist. Ein besonders hohes Risiko geht von Produkten aus, die über längere Zeit nicht oder falsch funktionieren, ohne dass dieses von uns bemerkt wird.
  • Um solche Gefährdungen auf ein Minimum zu reduzieren, hat der Gesetzgeber das Medizinproduktegesetz (MPG) sowie die Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV) erlassen. Diese Vorgaben sollen die Bewohner und Dritte vor Gefahren durch Produktfehler oder durch unsachgemäße Anwendung schützen.
  • Verstöße werden mit bis zu fünf Jahren Haft geahndet.
Rechtliche Definition
  • Medizinprodukte sind Produkte mit medizinischer Zweckbestimmung, die vom Hersteller für die Anwendung beim Menschen bestimmt sind. Dazu gehören Implantate, Produkte zur Injektion, Infusion, Transfusion und Dialyse, humanmedizinische Instrumente, Software, Katheter, Herzschrittmacher, Dentalprodukte, Verbandstoffe, Sehhilfen, Röntgengeräte, Kondome, ärztliche Instrumente, Labordiagnostika, Produkte zur Empfängnisregelung sowie In-vitro-Diagnostika.
  • Medizinprodukte sind auch Produkte, die einen Stoff oder Zubereitungen aus Stoffen enthalten oder mit solchen beschichtet sind, die bei gesonderter Verwendung als Arzneimittel oder Bestandteil eines Arzneimittels (einschließlich Plasmaderivate) angesehen werden und in Ergänzung zu den Funktionen des Produktes eine Wirkung auf den menschlichen Körper entfalten können.
  • Anders als bei Arzneimitteln, die pharmakologisch, immunologisch oder metabolisch wirken, wird die bestimmungsgemäße Hauptwirkung bei Medizinprodukten primär auf physikalischem Weg erreicht.
rechtliche Einordnung:
  • Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen aktiven und passiven Medizinprodukten. Aktive Medizinprodukte haben eine eigene Energiequelle, also Akkus oder Netzanschluss. Dazu zählen etwa Pflegebetten, Vernebler, Infusionsgeräte, Blutdruckmessgeräte, Blutzuckermessgeräte, digitale Fieberthermomether oder Absaugpumpen.
  • Nicht aktive Medizinprodukte benötigen keine Energie zum Funktionieren; also etwa Verbandsstoffe.

Grundsätze:

  • Bei der Anwendung von Medizinprodukten darf es keine Kompromisse auf Kosten der Sicherheit geben.

Ziele:

  • Jede Pflegekraft ist in der Lage, die in unserem Hause genutzten Medizinprodukte sicher zu handhaben.
  • Schäden an Medizinprodukten werden zeitnah erkannt und beseitigt.
  • Die Gesundheit und das Leben unserer Bewohner werden geschützt.
  • Unsere Einrichtung und deren Mitarbeiter werden vor strafrechtlichen Sanktionen und zivilrechtlichen Ansprüchen geschützt.

Vorbereitung:

Organisation

  • Der korrekte Umgang mit Medizinprodukten ist Bestandteil der Einarbeitung neuer Mitarbeiter.
  • Jeder Mitarbeiter wird darüber belehrt, dass er für Fehler straf- und zivilrechtlich haftbar gemacht werden kann.

Medizinproduktebeauftragter

In der Einrichtung wird eine Pflegefachkraft zum "Beauftragten für Medizinprodukte" benannt. Er hat folgende Aufgaben:

  • Er ist bei der Erstinbetriebnahme jedes (größeren) Gerätes anwesend. Er lässt sich vom Vertreiber entsprechend einweisen.
  • Der Medizinproduktebeauftragte führt die erste Funktionsprüfung durch. Damit wird sichergestellt, dass während des Transports keine Schäden am Medizinprodukt entstanden sind.
  • Der Medizinproduktebeauftragte achtet darauf, dass die Betriebsanleitung in deutscher Sprache verfasst und leicht verständlich ist.
  • Er füllt das Inbetriebnahme- und Übergabeprotokoll aus.
  • Die Betriebsanleitungen aller beschafften Geräte werden vom Beauftragten gesammelt. Dieser legt wohnbereichsbezogen einen Ordner an, in dem sich das Bestandsverzeichnis und die Betriebsanleitungen aller auf dem Wohnbereich befindlichen Medizinprodukte abgelegt sind. (Alternativ kann eine Anleitung auch direkt beim Gerät gelagert werden. Dort jedoch kann das Dokument leicht verschmutzen und kontaminiert[!] werden.)
  • Er organisiert die notwendigen Schulungen und Einweisungen an den Geräten. Die Durchführung übernimmt entweder der Hersteller / Vertreiber oder der Beauftragte, wenn er dazu befähigt wurde. Sämtliche Schulungen und Einweisungen werden schriftlich festgehalten mit Datum und Namen sowohl des Einweisers als auch der teilnehmenden Mitarbeiter.
  • Bei relevanten Modifikationen, etwa in der Software eines Infusionsgerätes, muss die die Schulung ggf. komplett neu durchgeführt werden.
  • Der Beauftragte arbeitet auch neu eingestellte Kollegen entsprechend ein.
  • Er sorgt in Zusammenarbeit mit der Haustechnik weiterhin dafür, dass die vorgeschriebenen Wartungen und sicherheitstechnischen Kontrollen der Medizinprodukte sach- und fristgerecht durchgeführt und dokumentiert werden.
  • Der Beauftragte sorgt dafür, dass fehlerhafte Medizinprodukte aus dem Verkehr gezogen werden und einer autorisierten Person zur Reparatur überlassen werden. Darüber hinaus wird in der Dokumentation schriftlich festgehalten, welches Medizinprodukt defekt ist und welchen Defekt es aufweist.
  • Medizinprodukte werden bevorzugt vom Lieferanten repariert. Ist dieses nicht möglich, geben wir diesen Auftrag an eine andere kompetente Werkstatt. Bevor wir einen Auftrag zur Instandhaltung unserer Medizinprodukte erteilen, lassen wir uns vom Auftragnehmer schriftlich bestätigen, dass er die rechtlichen Voraussetzungen dafür erfüllt.
  • Bevor ein Gerät zur Reparatur verschickt wird, sollte es desinfiziert werden.

Durchführung:

Bestandsverzeichnis

  • Wir führen für aktive Medizinprodukte ein Bestandsverzeichnis. Dort werden Art und Anzahl aller Medizinprodukte vermerkt, die in unserem Haus für die Anwendung am Bewohner bereitgestellt werden (Hinweis: Die einfachste Lösung ist eine Excel-Tabelle.).
  • Ein Bestandsverzeichnisses dient insbesondere dazu, uns selbst, Prüfern und der Aufsichtsbehörden bei Stör- und Schadensfällen mit Medizinprodukten einen schnellen Überblick über wichtige Daten sowie den Standort des Medizinprodukts zu ermöglichen.
  • Wir erfassen folgende Daten:
    • Gerätebezeichnung
    • Typenbezeichnung
    • Seriennummer
    • Jahr der Beschaffung
    • Name und Anschrift des Verantwortlichen nach MPG § 5 (gemeint ist damit i.d.R. der Hersteller oder sein Bevollmächtigter)
    • Kennnummer der CE-Kennzeichnung
    • Standort und betriebliche Zuordnung,
    • betriebliche Identifikationsnummer (soweit vorhanden)
    • Wartungsintervall, also die Frist für sicherheitstechnische Kontrollen. (Hinweis: Diese ist i.d.R. in der Gebrauchsanleitung vermerkt. Ansonsten gilt eine Zeitspanne von maximal zwei Jahren.)
  • Wir listen auch solche Medizinprodukte auf, die uns leihweise zur Verfügung gestellt wurden; also etwa von der Krankenversicherung oder vom Bewohner. Voraussetzung ist, dass wir diese nutzen.
  • Nicht aufgenommen werden solche Geräte, die sich im Eigentum des Bewohners befinden und auch nur von diesem genutzt werden; etwa das private Blutdruckmessgerät.
  • Mundpflegemittel (elektrische Zahnbürsten u.Ä.) sind ebenfalls ausgenommen.
  • Ein Medizinproduktebuch ist nur selten notwendig, etwa dann, wenn Beatmungsgeräte, Infusionspumpen, Reizstromgeräte (auch Tensgeräte) oder Defibrillatoren genutzt werden.

Qualifikation

  • Unsere Mitarbeiter dürfen ein Medizinprodukt nur dann anwenden, wenn sie über die notwendigen Kenntnisse verfügen. Dafür ist es insbesondere notwendig, dass Pflegekräfte vom Hersteller oder vom Vertreiber, deren Beauftragten oder vom Medizinproduktebeauftragten in die richtige Handhabung eingewiesen wurden.
  • Jede Pflegekraft muss die Betriebsanleitung sorgfältig lesen, bevor sie das Gerät erstmalig anwendet.

Weiteres

  • Mitarbeiter dürfen keine defekten Medizinprodukte beim Bewohner anwenden, auch wenn der Bewohner dieses verlangt.
  • Vor jeder Nutzung muss die Pflegekraft das Medizinprodukt auf Funktionsfähigkeit überprüfen. Als defekt gelten dabei auch solche Geräte, die äußerlich beschädigt sind, aber dennoch funktionieren; wenn also die Kunststoffhülle nach einem Sturz deutlich eingedellt ist oder der Netzstecker beschädigt wurde.
  • Eine Nutzung ist auch verboten, wenn die Prüfplaketten abgelaufen sind oder das Gerät falsch zusammengebaut wurde.
  • Die Pflegekraft informiert den Medizinproduktebeauftragten über die Situation.

Nachbereitung:

Meldung von Vorkommnissen

  • "Vorkommnisse" im Sinne der Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MSPV) müssen gemeldet werden. Dazu zählen z.B. Funktionsstörungen, ein kompletter Ausfall des Geräts aber auch fehlerhafte Gebrauchsanweisungen.
  • Voraussetzung ist, dass ein solches Vorkommnis den Tod des Bewohners oder eine Gesundheitsverschlechterung verursacht hat oder fast verursacht hätte.
  • Solche Ereignisse werden der zuständigen Behörde gemeldet; entweder dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder dem Paul-Ehrlich-Institut.

Dokumente:

  • Bestandsverzeichnis aller Medizinprodukte in der Einrichtung mit allen dazugehörigen Betriebsanleitungen
  • Checkliste "Wartung des Medizinproduktes"
  • Checkliste "Fehlermeldung eines Medizinproduktes"
  • Einweisungs- und Schulungsnachweise
  • Pflegedokumentation

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegefachkraft "Beauftragter für Medizinprodukte"
  • deren Stellvertreter
  • Pflegedienstleitung
  • Hausmeister