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Standard "Pflege
von Senioren mit Morbus Crohn"
Morbus Crohn, einst eine Krankheit der
20-Jährigen, gewinnt zunehmend auch in der Altenpflege an
Bedeutung. Da immer häufiger auch Senioren betroffen sind,
zeigen wir Ihnen, wie die Versorgung standardisiert werden
sollte.
Standard "Pflege von Senioren mit
Morbus Crohn"
Definition:
Morbus Crohn ist eine chronische
Entzündung aller Schichten der Darmwand.
Zu Beginn der Erkrankung
bilden sich zunächst flache Schleimhautgeschwüre. Im weiteren Verlauf
entzündet sich die gesamte Darmwand. Es kommt oftmals zu Abszessen und
Fisteln (Verbindungen) zu anderen Darmabschnitten oder Organen.
Die Ursachen der Erkrankung sind unklar. Diskutiert werden neben
genetischen Auslösern auch bakterielle Infektionen oder der Kontakt mit
körperfremden Stoffen.
-
Zumeist tritt die Erkrankung erstmals
zwischen dem 20. und dem 30. Lebensjahr auf. Ein zweiter
Erkrankungsgipfel liegt um das 60. Lebensjahr. Insgesamt steigt in allen
Industrienationen die Anzahl der Erkrankten.
Grundsätze:
Morbus Crohn ist (anders als oft
behauptet) nicht die Folge einer psychischen Störung. Dieser Trugschluss
setzt unsere Bewohner ggf. unter Druck, da diese annehmen müssen, die
Erkrankung selbst verschuldet zu haben.
Vor allem in Phasen von
permanentem Durchfall kann die Versorgung von betroffenen Patienten auch
für Pflegekräfte sehr belastend sein.
Wir müssen stets darauf
achten, dass wir den Bewohner weder über- noch unterfordern. Dieses ist
insbesondere bei Morbus Crohn schwierig abzuschätzen, da die Schübe in
unterschiedlicher Intensität verlaufen und der daraus erwachsene
Pflegebedarf schwankt.
Ziele:
Die Faktoren, die den Krankheitsverlauf
beeinflussen, werden erkannt. Durch eine konsequente Vermeidung werden
die Beschwerden gelindert.
Hautschäden als Folge von permanentem
Kontakt mit Stuhl werden vermieden.
Das soziale Leben des Bewohners
wird möglichst wenig durch die Erkrankung beeinträchtigt.
Der
Bewohner hat einen normalen BMI, insbesondere wird Untergewicht
vermieden.
Das Selbstwertgefühl und der Lebenswille des Bewohners
werden gestärkt.
Vorbereitung:
Symptome
Wir achten auf
Symptome, die für eine sich entwickelnde Erkrankung sprechen. Wenn es
hinreichende Anzeichen gibt, wird der Bewohner einem Arzt vorgestellt.
Der Bewohner
klagt über krampfartige Bauchschmerzen. Häufig ist der rechte
Unterbauch betroffen.
Beim Abtasten
der Bauchregion spüren Pflegekräfte eine Verdickung des Darmes.
Oftmals verhindert aber ein heftiger Druckschmerz die Inspektion.
Es kommt zu
chronischen Durchfällen, die aber nur selten blutig sind.
Der Bewohner
bemerkt Luftblasen beim Wasserlassen. Es handelt sich dabei um
Darmgase, die durch Fisteln in die Harnblase eintreten. Auf gleichem
Weg können auch Darmbakterien in die Harnwege gelangen, die dann zu
entsprechenden Infektionen führen.
Der
Bewohner reduziert die Nahrungsaufnahme aus Angst vor Schmerzen nach
der Mahlzeit. Da zusätzlich die Nährstoffresorption eingeschränkt
ist, kommt es zu einem kontinuierlichen Gewichtsverlust.
Beim Bewohner
treten Hautveränderungen auf, insbesondere rot-blaue,
druckempfindliche Flecken vor allem an den Schienbeinen ("Erythema
nodosum"). Zudem bilden sich Aphten (Schädigungen der Schleimhaut
des Zahnfleisches) aus.
Die Augen sind
von Entzündungen betroffen.
Die Gelenke
zeigen arthritische Veränderungen.
Der Bewohner
ermüdet leicht.
In akuten
Phasen leiden Betroffene unter erhöhter Körpertemperatur im
subfebrilen Bereich. Fieber tritt eher selten auf.
Bei der
Intimpflege bemerken Pflegekräfte Fistelausgänge in der Analregion.
Häufig tritt über die Fisteln auch Darminhalt unkontrolliert aus,
der dann zur Verschmutzung der Wäsche führt.
In seltenen
Fällen setzt die Krankheit akut im terminalen Ileum ein. Das
Symptombild ähnelt dann einer Appendizitis.
Durchführung:
Ernährung
Wir suchen den
Kontakt mit dem behandelnden Arzt und ggf. einer Ernährungsberaterin.
Gemeinsam stellen wir einen Diätplan auf.
Wir stellen
sicher, dass die Speisen den Kalorienbedarf des Bewohners decken,
also 30 bis 35 kcal pro Kilogramm Körpergewicht. Wir beachten, dass
Morbus Crohn den Energiebedarf steigert, insbesondere bei einem
akuten Schub. Der Wert steigt dann auf 40 bis 45 kcal.
Auch der
Eiweißbedarf steigt während eines Schubes auf 1,2 bis 1,5 g pro
Kilogramm Körpergewicht.
Gewichtsverluste während eines Schubes sollten in den Zwischenphasen
wieder ausgeglichen werden.
Flüssigkeitsverluste als Folge des Durchfalls werden durch
entsprechende Einfuhren kompensiert. Viele Betroffene vertragen
weder Früchtetees noch Zitrusfruchtsäfte.
Wir empfehlen
dem Bewohner, Multivitaminpräparate zu sich zu nehmen. Er beugt
damit Mangelzuständen als Folge der gestörten Resorption vor.
Wenn der
Bewohner unter Fettstühlen leidet, sollte er Speisen zu sich nehmen,
die viele mittelkettige Triglyzeride enthalten. Diese werden vom
Körper schnell abgebaut.
Fast jeder
dritte Erkrankte leidet auch unter einer Laktoseunverträglichkeit.
Nach dem Genuss von Milchprodukten kommt es zu Bauchschmerzen. Der
Bewohner sollte solche Lebensmittel meiden.
Wenn Stenosen
bekannt sind, sollte der Bewohner ballaststoffarme Kost zu sich
nehmen.
In akuten und
schweren Krankheitsschüben erhält der Bewohner ballaststoffreiche
Flüssignahrung. Alternativ wird er parenteral ernährt, also mittels
Infusionstherapie.
Nach einem akuten
Schub wird die Ernährung vorsichtig wieder aufgebaut.
Zu Beginn
erhält der Bewohner eine niedermolekulare Elementardiät (sog.
"Astronautenkost"). Diese kann entweder getrunken oder mittels Sonde
eingegeben werden.
Später kann
der Bewohner gut verträgliche Nahrungsmittel mit vielen
Kohlenhydraten zu sich nehmen, also etwa Reis. Dieser kann mit
verschiedenen Gewürzen geschmacklich optimiert werden. Auch
Zwieback, Brühe und Haferschleim sind in dieser Phase sinnvoll.
Als nächstes
erhält der Bewohner Weißbrot, Teigwaren und Kartoffeln. Das Fleisch
sollte mager sein. Auch Eier werden zumeist gut vertragen. Das
Gemüse wird zunächst noch passiert und fettarm zubereitet. Später
wird es lediglich sehr weich gekocht. Rohes Gemüse sowie Salate
sollte der Bewohner zunächst meiden.
Erst danach
sollte der Bewohner wieder Fette wie etwa Butter zu sich nehmen. Der
Bewohner erhält eine leichte Vollkost ohne Zucker.
Faserreiche
Nahrung sollte der Bewohner ggf. dauerhaft vermeiden.
Ernährung bei
Kurzdarmsyndrom (also nach chirurgischer Darmverkürzung):
Anfangs wird
der Bewohner vollständig parenteral ernährt, später erfolgt die
Ernährung per Sonde. Erst danach erfolgt eine langsame Umstellung
auf orale Ernährung.
Zumeist müssen
betroffene Bewohner zwei bis drei Liter Flüssigkeit zu sich nehmen.
Viele Senioren haben jedoch Angst vor Durchfall und reduzieren diese
Trinkmenge. Im Dialog mit dem Bewohner verdeutlichen wir ihm dann,
welche Folgen und Risiken sich daraus ergeben.
Die täglich zu
konsumierende Nahrungsmenge wird auf sechs bis acht Mahlzeiten über
den Tag verteilt. Fett ist erlaubt, soweit es der Bewohner verträgt.
Milchprodukte sind auf ein Minimum zu begrenzen.
Das Risiko,
Gallen- und / oder Nierensteine zu entwickeln, steigt bei Morbus Crohn um den Faktor
70. Der Bewohner soll daher oxalatreiche Speisen wie Rhabarber,
Erdbeeren, Spinat und Bohnen meiden oder nur in kleinen Mengen
konsumieren.
Die orale
Zufuhr von Multivitaminpräparaten ist bei Kurzdarmsyndrom i.d.R.
sinnlos, da keine Resorption der Stoffe erfolgen kann. Die
lebenswichtigen Vitamine und Mineralstoffe werden i.d.R. per
Injektion appliziert. Dieses gilt auch für Zink, Magnesium und für
Eisen.
Beobachtung
Die Vitaldaten
des Bewohners werden regelmäßig überprüft, insbesondere die
Körpertemperatur und Schmerzen als Indikatoren für einen akuten
Krankheitsschub.
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Die
Ausscheidung des Bewohners wird überwacht. Alternativ wird der
Bewohner angeleitet, Abweichungen beim Stuhlgang eigenständig in
einem sog. "Stuhltagebuch" zu dokumentieren. Relevant sind etwa
Stuhlbeschaffenheit
Blutbeimengungen
Wir führen
gemeinsam mit dem Bewohner ein Ernährungstagebuch. Dadurch versuchen
wir individuelle Unverträglichkeiten zu ermitteln, um diese
zukünftig in der Ernährung zu vermeiden.
Wir prüfen,
welche Wirkungen und Nebenwirkungen als Folge der
Medikamentenapplikationen auftreten.
Körperpflege
In der
Akutphase kann es zu 30 Stuhlentleerungen pro Tag kommen. Eine
entsprechend sorgfältige Versorgung der Analregion ist erforderlich.
Der Bewohner
erhält Fettsalbe, um den Analbereich einzucremen.
Der Bewohner
sollte feuchtes Toilettenpapier nutzen, um den Analbereich nicht
unnötig zu reizen.
Der Bewohner
erhält ggf. Vorlagen zum Wäscheschutz.
Versorgung während eines akuten Schubes
Wenn ein
Bewohner über Schmerzen klagt, erhält er feuchtwarme Wickel sowie
rhythmische Einreibungen mit Kümmel. Dabei wird die Bauchdecke dem
Uhrzeigersinn folgend eingerieben und massiert. Dadurch wird auch
die Darmbewegung unterstützt.
Eine
untergelegte Knierolle entlastet die Bauchdecke.
Wir sorgen
dafür, dass der Bewohner ausreichend Ruhe erhält. Wir bitten auch
Angehörige, bei Besuchen auf den Zustand des Bewohners Rücksicht zu
nehmen.
Wenn der
Bewohner sehr geschwächt ist, sollte er nur in Begleitung durch eine
Pflegekraft aufstehen.
Wir stellen
sicher, dass der Bewohner bei Durchfall schnell eine freie Toilette
erreichen kann. Ggf. stellen wir einen Nachtstuhl bereit.
In der akuten
Phase sind viele Betroffene immobil. Daher müssen die entsprechenden
Prophylaxemaßnahmen intensiviert werden, um das Auftreten von
Dekubitus, Pneumonie oder Kontrakturen zu vermeiden.
alternative Behandlungsmethoden
Es gibt
verschiedene Therapieformen, deren Wirksamkeit zweifelhaft ist. Da viele
Präparate sehr kostspielig sind, hinterfragen wir im Dialog mit dem
Bewohner, ob die Beschaffung auf eigene Kosten sinnvoll ist.
Probiotische
Keime sollen die Darmflora beeinflussen und damit das Immunsystem
stärken. Dieser Effekt ist nicht belegt.
Omega-3-Fettsäuren sollen die Beschwerden lindern. Diese Annahme ist
allerdings umstritten.
Weiteres
Wir raten dem
Bewohner dringend, das Rauchen einzustellen oder doch zumindest
deutlich zu reduzieren. Nikotin führt dazu, dass die Schübe häufiger
und intensiver auftreten. Zudem wird die Wirksamkeit der Medikamente
reduziert.
Die Erkrankung
und die Einschränkungen der Lebensqualität sind häufig für den
Betroffenen seelisch sehr belastend. Wir stehen dem Bewohner
jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung. Ggf. stellen wir den
Kontakt zu Selbsthilfegruppen oder zu kirchlichen Seelsorgern her.
Ggf. initiieren wir mit dem behandelnden Hausarzt eine Überweisung
an einen Psychologen.
Wir prüfen, ob
wir Faktoren erkennen können, die das Krankheitsgeschehen
beeinflussen. Wir nutzen dafür insbesondere das vom Bewohner
geführte Stuhltagebuch.
Wenn der
Bewohner regelmäßig kortisonhaltige Medikamente erhält, sollte er
regelmäßig einem Augenarzt vorgestellt werden.
Wenn beim
Bewohner ein Stoma angelegt werden muss, wird er in den richtigen
Umgang damit eingewiesen.
Fisteln und
Abszesse werden nach ärztlicher Vorgabe versorgt. Der
Krankheitsverlauf wird ggf. in einer Fotodokumentation festgehalten.
Bewohner mit
Morbus Crohn haben i.d.R. Anspruch auf einen
Schwerbehindertenausweis.
Wir ermuntern
den Bewohner, soziale Kontakte weiterhin zu pflegen und sich nicht
abzukapseln.
Nachbereitung:
Prognose
Die Krankheit
ist nicht heilbar.
Mit
zunehmendem Lebensalter schwächt sich häufig die Symptomatik ab.
Tritt die Krankheit erstmals im fortgeschrittenen Lebensalter auf,
verläuft sie i.d.R. insgesamt milder.
Die
Lebenserwartung wird durch Morbus Crohn nicht verkürzt, sofern
Komplikationen durch eine konsequente ärztliche Behandlung vermieden
werden
Weiteres
Alle Maßnahmen
und relevanten Beobachtungen werden dokumentiert. Ggf. wird der
behandelnde Hausarzt zeitnah über Veränderungen informiert.
Die
Pflegeplanung wird regelmäßig aktualisiert.
Dokumente:
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Berichtsblatt
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Leistungsnachweis
-
ärztliches Verordnungsblatt
-
Kommunikationsblatt mit dem Arzt
-
Pflegeplanung
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
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