pqsg mobil
Start Index Impressum
Diese Seiten wurden für Smartphones optimiert. Für die PC-Version klicken Sie bitte hier.

Standard "Pflege von Senioren mit Mykosen (Pilzerkrankungen)"

Für junge und gesunde Menschen sind Pilzinfektionen eine lästige aber zumeist nur vorübergehende Erkrankung. Mit steigender Pflegebedürftigkeit jedoch werden Mykosen zu einer realen Gesundheitsgefährdung. Die Infektion lässt sich nur dann verlässlich eindämmen, wenn alle Mitarbeiter die hygienischen und pflegerischen Vorgaben sorgfältig beachten.


Standard "Pflege von Senioren mit Mykosen (Pilzerkrankungen)"


Definition:

Pilze kommen überall in der Umwelt vor. Viele Pilzarten siedeln auf der menschlichen Haut und Schleimhaut, ohne dass dieses zu Krankheitssymptomen führen würde. Bei nahezu allen Mykosen (Pilzerkrankungen) handelt es sich um opportunistische Infektionen. Diese können also nur dann entstehen, wenn der menschliche Körper durch andere Erkrankungen geschwächt ist oder eine entsprechende Disposition besteht. Senioren sind besonders gefährdet, da in dieser Altersgruppe gehäuft eine Multimorbidität vorliegt. Die in der Altenpflege vorkommenden Pilzerkrankungen werden anhand der "D-H-S-Klassifikation" eingeteilt:

  • Dermatophyten (zählen zu den Fadenpilzen): Infektionen betreffen die menschliche Haut sowie deren Anhangsgebilde, also insbesondere die Finger- und Zehennägel.
  • Hefen (Sprosspilze) führen zu Erkrankungen der Haut und der Schleimhäute. Wenn die Immunabwehr des Erkrankten bereits geschwächt ist, kann der Pilz auch die inneren Organe befallen und eine Pilzsepsis (Fungämie) auslösen. In den allermeisten Fällen (90 Prozent) einer Hefepilzinfektion handelt es sich um "Candida albicans", gleichzeitig ist dieses der Auslöser von Soorerkrankungen. "Candida tropicalis" und "Candida krusei" treten deutlich seltener auf.
  • Schimmelpilze (zählen zu den Fadenpilzen) greifen häufig die inneren Organe an. Sie können u.a. Meningitis, Pneumonie oder Bronchitis auslösen.
Ideale Lebensbedingungen finden Pilze in feucht-warmen Körperhöhlen sowie auf Schleimhäuten. Auch Haare und Nägel können befallen werden. Für unsere Einrichtung sind vor allem folgende Mykosen relevant:
  • Tinea pedis ist eine Dermatophyteninfektion der Fußhaut. Im feuchtwarmen Milieu der Zehenzwischenräume finden die Pilze einen idealen Lebensraum. Auch die Fußsohlen und die Fußkanten können betroffen sein.
  • Tinea unguium ist eine Pilzinfektion der Nagelplatte. Sie beginnt häufig als Fußpilz und breitet sich dann auf die Zehennägel aus. Auslösen können die Infektion auch Verletzungen sowie Durchblutungsstörungen infolge von zu engen Schuhen. Betroffen sind von Tinea unguium vor allem Diabetiker.
  • Candida albicans: Zumeist sind der Mund, die Achselhöhlen, die Leisten oder der Genitalbereich betroffen. Als Ursachen kommen mangelnde Körperhygiene, Diabetes mellitus oder Antibiotikaeinnahme in Betracht.

Grundsätze:

  • Eine Pilzinfektion heilt nicht von selbst ab und verschlimmert sich mit der Zeit. Eine Behandlung ist daher unabdingbar.
  • Geduld und Disziplin sind bei der Behandlung einer Pilzerkrankung wichtige Faktoren. Nur eine konsequent ggf. über viele Monate durchgeführte Therapie wird die Infektion dauerhaft beseitigen.
  • Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Haus- bzw. Hautarzt zusammen. Dessen Anweisungen werden sorgfältig befolgt.
  • Pilzinfektionen sind weit mehr als harmlose Hauterkrankungen. Für unsere teils gesundheitlich stark beeinträchtigten Bewohner können diese Infektionen lebensbedrohlich sein. Daher nehmen wir jede Mykose stets ernst.
  • Pilze sind überall in der Umwelt zu finden, also auch in unserer Einrichtung. Eine vollständige Abtötung aller Pilze in den Wohnbereichen lässt sich mit realistischem Aufwand nicht erreichen. Ob ein Bewohner an einer Pilzinfektion erkrankt, ist primär davon abhängig, ob es infektionsfördernde Primärerkrankungen gibt.

Ziele:

  • Die Pilzinfektion soll sich nicht ausbreiten, sondern wirksam therapiert werden.
  • Der Bewohner soll sich wohlfühlen und insbesondere keine Schmerzen oder Juckreiz erleiden.
  • Der Bewohner soll über seinen Gesundheitszustand informiert sein. Er soll Maßnahmen kennen, mit denen er den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann.
  • Eine Systemmykose, also eine Pilzerkrankung innerer Organe, muss verhindert werden. Septische Verlaufsformen insbesondere bei Befall des ZNS verlaufen häufig tödlich.

Vorbereitung:

Überwachung von Risikopatienten:

Verschiedene Krankheitsbilder fördern Pilzinfektionen. Wir überwachen bei den Betroffenen den Hautzustand besonders intensiv bei:

  • Tumorerkrankungen
  • Diabetes mellitus
  • HIV
  • Therapie mit Zytostatika sowie Glukokortikoid- oder Immunsuppressiva.
  • Mangel- oder Fehlernährung
  • Antibiotikabehandlung, die eine Zerstörung der natürlichen Bakterienbesiedlung zur Folge hat
  • Nutzung von Blasendauerkathetern
Überwachungsmaßnahmen:
  • Bei gefährdeten Senioren werden insbesondere die Hautfalten, die Finger- und die Zehenzwischenräume überwacht. Dieses erfolgt routinemäßig z.B. im Rahmen der Ganzwaschung.

Symptombeobachtung:

Wir achten auf Symptome, die auf eine Mykose hindeuten. Ggf. wird umgehend eine ärztliche Untersuchung veranlasst:

  • Tinea Pedis:
    • Rötung und Schuppung der Haut
    • aufgequollene weißliche Hornschichten
    • Bildung von Fissuren und Rhagaden
    • Aufweichen und Abschälen der Haut
    • extremer Juckreiz
  •  Mundsoor:
    • Schleimhäute sind gerötet und mit weißlichen Belägen überzogen. Diese lassen sich abwischen.
    • Nahrungsaufnahme bereitet Schmerzen.
  • Speiseröhrensoor:
    • Schmerzen beim Schlucken von Nahrungsmitteln
    • Schmerzen hinter dem Brustbein
  • Vaginalsoor:
    • Scheidenausfluss
    • Jucken
  • Tinea unguium:
    • Verfärbung der Nagelseiten
    • Verdickung des Nagelbettes
    • brüchige Nagelplatte
    • Verformung der Nagelplatte
    • Ablösung des Nagels
  • Atemwegs-Candidose
    • Husten
    • Auswurf
  • Candidose-Infektion der Harnröhre und der Harnblase:
    • Brennen beim Wasserlassen
    • Juckreiz
    • häufiger Harndrang
  • Candidose-Infektion des Darms:
    • Durchfall
    • Darmblutungen
  • Systemmykose:
    • Fieber
    • Reizhusten mit Atembeschwerden
Außerdem:
  • Wenn Pflegekräfte ein Ekzem feststellen, ist immer daran zu denken, dass eine Pilzinfektion leicht damit verwechselt werden kann.

Sammlung von Informationen:

Wir sammeln relevante Informationen und stellen diese ggf. dem Hausarzt zur Verfügung:

  • Wann wurde die Infektion festgestellt?
  • Wie oft erkrankte der Bewohner in letzter Zeit an Pilzinfektionen? Wie wurden diese therapiert?
  • Therapiert sich der Bewohner selbst?

weitere Maßnahmen:

  • Wir setzen alle Maßnahmen zur Soorprophylaxe um.

Durchführung:

medikamentöse Behandlung:

Wir behandeln Mykosen abhängig vom Krankheitsbild mit zwei Strategien:

  • Die Therapie lokaler Infektionsherde erfolgt zumeist mit Antimykotika, die als Salbe aufgetragen werden. Da diese nicht resorbiert werden, sind Nebenwirkungen sehr selten. Nach sechs Wochen Behandlung ist i.d.R. eine pilzfreie Regeneration der Epidermis erfolgt.
  • Bei oraler oder intravenöser Applikation sind immer schwere Nebenwirkungen zu befürchten, etwa Allergien sowie schwere Lebererkrankungen. Zudem ist die Anwendungsdauer deutlich erhöht. Oftmals müssen diese Antimykotika über Wochen oder gar Monate verabreicht werden.
außerdem:
  • Wir sorgen dafür, dass die verschriebenen Medikamente über den gesamten verschriebenen Zeitraum verabreicht werden. Jedes eigenmächtige Absetzen erhöht das Risiko einer erneuten Erkrankung.
  • Bei einer Infektion im Intimbereich werden ggf. vorhandene Sexualpartner ebenfalls behandelt.
  • Ggf. prüfen wir den prophylaktischen Einsatz von antimykotischen Cremes.

Pflegemaßnahmen:

  • Die infizierten Körperregionen werden stets zuletzt mit Einmalhandschuhen gewaschen und abgetrocknet.
  • Waschwasser, Waschschüssel und Handtücher werden nach jedem Kontakt mit infizierter Haut ausgewechselt.
  • Waschschüsseln werden nach jedem Gebrauch desinfiziert.
  • Alle Flächen in der Umgebung des Bewohners werden regelmäßig desinfiziert. Dieses schließt alle Flächen ein, die kontaminiert sind oder kontaminiert sein könnten. Nach Abheilung der Pilzinfektion erfolgt ggf. eine Schlussdesinfektion.
  • Alle beim Bewohner genutzten Instrumente werden nach Gebrauch in einem verschlossenen Behälter gelegt und dann regulär gereinigt und desinfiziert.
  • Körpernah getragene Kleidung (Unterwäsche) wird immer mit mindestens 60°C gewaschen. Dieses gilt auch für Bettwäsche, Waschlappen und Handtücher.
  • Kleidung, die mit infizierten Hautbereichen in Kontakt kommt, wird täglich gewechselt. Bei Fußpilz also insbesondere die Socken; bei Infektionen im Genitalbereich die Unterhose usw.
  • Essgeschirr und weitere Textilien werden wie sonst üblich gereinigt.
  • Patienten mit Mykosen an den Füßen sollten luftdurchlässiges Schuhwerk tragen. Zusätzlich sollte das Schuhwerk regelmäßig mit einem pulverförmigen Antimykotikum desinfiziert werden.
  • Infizierte oder gefährdete Regionen werden gründlich abgetrocknet. Haut-auf-Haut-Kontakt sollte vermieden werden.
  • Bei oralen Mykosen wird der Bewohner über die Bedeutung einer angemessenen Mundpflege informiert.
  • Wenn die Pflegekraft in Kontakt mit infizierter Haut, Sekreten, Stuhl oder Urin kommen könnte, sollte sie vorher einen Schutzkittel und Einmalhandschuhe anziehen. Das Tragen von Mund- und Nasenschutz ist zumeist nicht notwendig.
  • Bewohner mit Mykosen sollten mit möglichst wenig Zucker ernährt werden, da dieser das Candida-Wachstum fördert.
  • Der Bewohner darf bis zur erfolgreichen Ausheilung der Infektion keine öffentlichen Bäder besuchen.
  • Eine Unterbringung im Einzelzimmer ist nur dann notwendig, wenn der Befall sehr großflächig ist.
  • Eine langfristig erfolgreiche Therapie ist nur dann möglich, wenn fördernde Grunderkrankungen wirksam therapiert werden sowie Übertragungswege unterbrochen werden.
  • Der Bewohner soll ausreichend schlafen und sich vitaminreich ernähren. Dadurch wird die Immunabwehr gestärkt.

Pflegemaßnahmen bei Soor:

  • Der Mundzustand wird zweimal täglich überprüft.
  • Die Zähne und das Gebiss werden nach jeder Mahlzeit gereinigt. Sinnvoll ist die Nutzung von Einmalzahnbürsten.
  • Alle zwei Stunden sollte der Bewohner seinen Mund mit Myrrhentinktur ausspülen.
  • Die Lippen werden mit einem geeigneten Mittel gepflegt, etwa Panthenol-Creme.
  • Die oberste Schicht des Pilzes wird erst dann vorsichtig abgelöst, wenn dieses leicht und problemlos möglich ist. Dann wird das Antimykotikum aufgetragen. Die Wirkung wird überprüft.
  • Der Bewohner sollte viel trinken.

Pflegemaßnahmen bei Fingernagelpilz:

  • Der Bewohner erhält ein orales Antimykotikum, dessen Wirkstoff sich im Laufe von rund 18 Monaten im nachwachsenden Fingernagel ablagert. Wir stellen sicher, dass der Bewohner das Medikament regelmäßig einnimmt.
  • Ggf. wird der betroffene Fingernagel regelmäßig mit einem Nagellack behandelt, der ein Antimykotikum enthält.

weitere Maßnahmen:

  • Wenn Mykosen gehäuft auftreten, werden alle auf den Wohnbereichen lebenden Fell tragenden Haustiere tierärztlich untersucht.
  • Außerdem überprüft die Hygienebeauftragte regelmäßig die Personalhygiene (z.B. Händedesinfektion, Tragen von Einmalhandschuhen) in Form einer Pflegevisite.

Nachbereitung:

  • Wenn es gehäuft zu Pilzinfektionen in der Einrichtung kommt, besteht Meldepflicht gemäß Infektionsschutzgesetz.
  • Der Verlauf der Infektion wird genau dokumentiert. Wichtige Faktoren für eine korrekte Beschreibung sind:
    • Wo befindet sich die Infektion?
    • Wie groß ist die Ausdehnung?
    • Wann wurde sie entdeckt?
    • Ist eine Rötung sichtbar?
    • Gibt es Pusteln oder Rhagaden?
    • Klagt der Bewohner über Juckreiz oder Schmerzen? Wo schmerzt es?
    • Hat der Bewohner insbesondere Schmerzen beim Harndrang? Tritt der Harndrang ungewöhnlich häufig auf?
    • Hat der Bewohner Schmerzen in der Nierengegend?
    • Leidet der Bewohner unter Durchfall?
    • Gibt es Blutungen?
    • Hat der Bewohner Fieber?
    • Gibt es Anzeichen für eine Sepsis, z.B. Fieber?
    • Ist am Fuß eine Hornhautverdickung sichtbar?
    • Sind die Nägel verfärbt oder verformt?

Dokumente:

  • Leistungsnachweis
  • Berichtsblatt
  • Wunddokumentation
  • ärztliches Verordnungsblatt
  • Kommunikationsblatt mit dem Arzt
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte