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Standard "Pflege von Senioren mit Nierensteinen / Harnsteinen"

Mehr trinken? Weniger Fleisch? Übergewicht abbauen? Die Bereitschaft, einen ungesunden Lebenswandel zu korrigieren, ist im Alter nicht sonderlich ausgeprägt. Nach dem ersten (unter heftigen Koliken) abgegangenen Nierenstein ändert mancher seine Meinung. Pflegekräfte müssen daher zweigleisig fahren: Schmerzen lindern und Ursachen für die Steinbildung bekämpfen.


Standard "Pflege von Senioren mit Nierensteinen / Harnsteinen"


Definition:

  • Harnsteine können in den Nieren, in den Harnleitern oder in der Harnblase entstehen.
  • Im Harn ist eine Vielzahl verschiedener Substanzen gelöst. Wenn die Konzentration dieser Stoffe zu stark ansteigt ("Übersättigung"), bilden einige davon Kristalle. Durch weitere Ablagerungen wachsen diese Kristalle zu Steinen. Deren Größe ist variabel. Es gibt Steine, die lediglich den Umfang eines Reiskorns oder einer Erbse erreichen. Ausgusssteine oder Korallensteine können das ganze Nierenbecken ausfüllen.
  • Fünf Prozent der mitteleuropäischen Bevölkerung leiden unter Steinbildung in den ableitenden Harnwegen. 20 Prozent aller urologischen Krankheitsbilder werden durch Steinbildung ausgelöst. Stoffwechselerkrankungen, rezidivierende Harnwegsinfektionen sowie Harnabflussstörungen begünstigen diese Entwicklung.
  • Sieben von zehn Steinen bestehen aus Kalziumoxalat oder Kalziumphosphat und werden Kalziumsteine genannt. Mit 10 bis 15 Prozent folgen die Uratsteine ("Harnsäuresteine").
  • Kleine Steine passen in den Harnleiter und wandern in Richtung Blase. Dabei reizen sie das Nierenbecken und die Harnleiterinnenwand. Es kann zu kleinen Blutungen kommen, die den Harn rot färben.
  • Größere Steine können die Harnleiter ganz oder teilweise verschließen. Wenn sich die Steine im Harnleiter verklemmen, erfahren Betroffene massive Schmerzen. Die Harnleiter und das Nierenbecken können sich als Folge des Harnstaus weiten.
  • Unbehandelt führt ein Steinleiden zu Entzündungen, Infektionen sowie zum Funktionsausfall der betroffenen Niere.

Grundsätze:

  • Harnsteine sind nur das Symptom einer Krankheit, nicht aber deren Ursache. Die isolierte Bekämpfung der Harnsteine löst das Problem nicht.
  • Die Auslöser der Harnsteinbildung liegen zum Großteil in den ungesunden Lebensgewohnheiten des Bewohners begründet. Wenn der Bewohner also kooperiert, können in den meisten Fällen weitere Harnsteine vermieden werden.
  • Methoden der Pflanzenheilkunde sowie andere alternative Heilmethoden können die konventionelle Therapie nur ergänzen, aber nicht ersetzen.

Ziele:

  • Der Bewohner wird von seinen Schmerzen befreit.
  • Der aktuell Schmerz auslösende Stein geht ab.
  • Der Bewohner ändert seine Lebensgewohnheiten, um in Zukunft die Harnsteinbildung zu vermindern.
  • Die Harnausscheidung bleibt intakt.
  • Eine Schädigung der Nieren wird vermieden.

Vorbereitung:

Risikofaktoren

Um die individuelle Gefährdung eines Bewohners zu bestimmen, klären wir, welche Risikofaktoren zutreffen. Diese Informationen geben wir an den behandelnden Hausarzt weiter (sofern dieser über die Daten nicht bereits verfügt). Bei ungesunder Lebensweise soll der Arzt auf den Bewohner korrigierend einwirken.

  • genetische Disposition für Steinbildung (Harnsteine beim Vater, der Mutter usw.)
  • männliches Geschlecht (statistisch erhöhte Gefährdung)
  • wenig körperliche Bewegung oder Immobilität
  • Übergewicht
  • gesteigerter Konsum von Nahrungsmitteln mit hohem Kalziumanteil wie etwa Fleisch, Milch oder Milchprodukten
  • gesteigerter Konsum von Alkohol, Kaffee oder schwarzem Tee
  • anhaltender Schmerzmittelmissbrauch
  • Stoffwechselkrankheiten
  • hohe Schweißsekretion, etwa permanent oder als Folge von sommerlichen Temperaturen
  • vergrößerte Prostata
  • zurückliegende Operationen oder verheilte Entzündungen im Bereich der Harn ableitenden Systeme
  • bekannte Überfunktion der Nebenschilddrüse
  • Knochentumore
  • häufige Harnwegsinfektionen
  • Dehydratation, daraus resultierend vermindertes Harnvolumen
  • Gicht
  • Leukämie
  • fortgeschrittene Osteoporose
  • Störungen der Blutgerinnung (relevant wg. der Blutungsgefahr durch den Stein)

Symptome

  • Wir achten auf Symptome, die auf Harnsteine hindeuten. Falls es relevante Anzeichen gibt, drängen wir auf eine rasche ärztliche Untersuchung, etwa per Sonografie, per Röntgen oder per CT. Alle weiteren Maßnahmen werden sorgfältig mit dem behandelnden Hausarzt abgesprochen. In der Praxis sind die Schmerzen oft so heftig, dass eine sofortige Krankenhauseinweisung unvermeidlich ist.
  • allgemeine Symptome:
    • sichtbare oder im Labor nachweisbare Blutbeimengungen im Urin
    • Anurie (Harnausscheidung unter 100 ml in 24 h) als Folge einer Verstellung des Abflusses durch Harnsteine
    • Leitsymptom des Nierensteinleidens ist eine oftmals unerträgliche Schmerzbelastung ("Nierenkoliken"). Diese tritt auf, wenn ein Stein im Harnleiter eingeklemmt wird.
    • plötzliche und unerträgliche Schmerzen im Nierenbereich, häufig wellenförmig und krampfartig; Dauer schwankt zwischen Minuten bis hin zu Tagen
    • Schmerzen strahlen aus in die Genitalien, zur Harnblase und in den Rücken
    • gekrümmte Körperhaltung
    • Harndrang, ggf. schmerzhaftes Urintröpfeln
    • Druckschmerzen im Nierenbereich
    • starke Schmerzen beim Beklopfen der zwölften Rippe
    • Kopfschmerzen
    • Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen
    • gesteigerter Bewegungsdrang
    • Störungen der Darmfunktion, Störung der Darmpassage
  • Hinweis: Bei chronischem Steinleiden kann die Symptomatik über Jahre hinweg ausbleiben oder sich auf einen leichten Druck in der Nierengegend beschränken.

Durchführung:

Pflegemaßnahmen

  • Wenn der Bewohner häufig unter starken Schmerzen leidet, bitten wir den Arzt um die Verschreibung eines wirksamen Schmerzmittels. Infrage kommen Pethidin und Metamizol aber keine Acetylsalizylsäure. Häufig sind auch krampflösende Medikamente notwendig.
  • Wenn der Bewohner unter einer starken Übelkeit leidet, ist häufig eine orale Medikamentenaufnahme nicht möglich. In diesem Fall prüfen wir, ob eine intravenöse Wirkstoffgabe erforderlich ist.
  • Verschiedene Arzneimittel verändern den Säuregrad des Urins, um eine Steinbildung zu hemmen. Der Urin-pH-Wert sollte zwischen 6,4 und 6,7 liegen.
  • Ggf. wird der Bewohner in einer angenehmen Körperlage gelagert. Wenn der Bewohner über eine längere Zeit immobil sein sollte, sind die entsprechenden Prophylaxemaßnahmen zu intensivieren; etwa Dekubitusprophylaxe, Pneumonieprophylaxe usw.
  • Wir beachten, dass die Situation für den Bewohner auch emotional belastend ist. Wir stehen daher stets für ein Gespräch zur Verfügung.
  • Sofern keine Kontraindikation besteht, sollte der Bewohner mindestens zweieinhalb Liter Flüssigkeit pro Tag zu sich nehmen. Die Flüssigkeitszufuhr sollte gleichmäßig über den Tag verteilt sein. Falls erforderlich kann der Bewohner auch nachts Wasser trinken. Der Bewohner wird dadurch ggf. nächtlichen Harndrang spüren. Wenn er allein nicht sicher die Toilette erreichen kann, sollte er nach der Nachtwache klingeln oder eine Urinflasche verwenden.
  • Sofern der Bewohner dazu körperlich in der Lage ist, sollte er hüpfen oder Treppensteigen. Mitunter kann es dadurch zu einem spontanen Steinabgang kommen. Wichtig: Eine Pflegekraft sollte stets in der unmittelbaren Nähe bleiben, da ein erhöhtes Sturzrisiko besteht.
  • Der Bewohner sollte sich im Rahmen seiner körperlichen Fähigkeiten sportlich betätigen, also insbesondere an unserer Gymnastikgruppe teilnehmen.
  • In vielen Fällen wirkt eine lokale Wärmebehandlung schmerzlindernd, etwa eine Wärmflasche oder ein Kirschkernkissen.
  • Die Körpertemperatur wird engmaschig überwacht. Eine Harnwegsinfektion muss rechtzeitig erkannt werden. Wenn es hinreichende Anzeichen für eine Harnwegsinfektion gibt, sollte der Bewohner zeitnah dem behandelnden Arzt vorgestellt werden. Dieser wird ggf. Antibiotika verschreiben, um eine Urosepsis zu vermeiden.
  • Bei hohen Trinkmengen ist auch eine regelmäßige Kontrolle des Blutdrucks und der Atmung erforderlich.
  • Der Bewohner wird dabei unterstützt, seinen BMI zu normalisieren, insbesondere also Gewicht abzubauen.

Pflege vor und nach einer ESWL

  • Bei einer extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie (ESWL) werden Schockwellen so gebündelt, dass sie die Steine zertrümmern. Die Behandlung findet häufig ambulant statt.
  • Am Tag vor der ESWL darf der Bewohner keine blähenden Nahrungsmittel und Getränke zu sich nehmen, etwa Linsen, Kohl, Obstsäfte, Bier oder Mineralwasser mit Kohlensäureanreicherung.
  • Ggf. muss der Bewohner ein entblähendes Medikament zu sich nehmen.
  • Im persönlichen Gespräch versuchen wir, dem Bewohner die Angst vor dem Eingriff zu nehmen.
  • In den ersten drei bis vier Stunden nach der ESWL darf der Bewohner ggf. nichts essen.
  • Die Urinausscheidung des Bewohners wird in den folgenden Tagen besonders gründlich überprüft. Wichtig sind insbesondere Blutbeimengungen. Es ist damit zu rechnen, dass die Fragmente des zertrümmerten Steins über den Harn abgehen.
  • In den Tagen nach der Entlassung ist besonders strikt auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten. Diese liegt bei rund 3 Litern pro Tag, sofern keine Kontraindikationen vorliegen.
(Hinweis: Die genauen Vorgaben können je nach individueller Verfassung und Therapie variieren.)

Urinkontrolle

  • Der Standard "Beobachtung der Urinausscheidung" wird konsequent durchgeführt.
  • Der Bewohner wird befragt, ob er den Abgang eines Steins wahrgenommen hat, etwa durch das typische "Pling!" beim Wasserlassen.
  • Soweit ärztlich angeordnet wird der Urin gesiebt und nach Steinen und anderen Ablagerungen durchsucht. Dann sind die Fragmente für eine Analyse aufzubewahren. Wir nutzen dafür spezielle Filterpapiere, in deren korrekte Nutzung der Bewohner eingewiesen wird. Durch eine Untersuchung der Bruchstücke kann die chemische Zusammensetzung bestimmt werden. Anhand dieser Analyse kann schließlich eine Diät geplant werden, die ein Wiederauftreten des Steinleidens verhindert oder verzögert.
  • Ggf. wird Mittelstrahlurin für eine Laboruntersuchung gewonnen. Wir ermitteln insbesondere den pH-Wert sowie die Harnkonzentration. Das spezifische Gewicht sollte unter 1.010 liegen.
  • Ggf. ist ein "24-Std.-Sammelurin" notwendig.

Diät

  • Abhängig von der chemischen Zusammensetzung der Harnsteine empfehlen wir dem Bewohner die Einhaltung einer bestimmten Diät. Die Umsetzung der Vorgaben geschieht in enger Zusammenarbeit mit dem Arzt und der Hauswirtschaft.
  • Ggf. sollten Kakaoprodukte, schwarzer Tee, Mangold, Rote Beete, Spinat und Rhabarber vermieden werden. Auch eine Konsumreduktion von Fleisch, Innereien, Heringen, Pilzen, Hülsenfrüchten, Most, Bier und Kaffee kann sinnvoll sein. Der Bewohner soll den Alkoholkonsum reduzieren. Ggf. ist der Genuss von Milch und von Milchprodukten einzuschränken.
  • Mineralwasser und Kräutertees sind ideal. Heilwasser wird wegen des ungewohnten Geschmacks häufig nicht toleriert. Je nach Steinart sind verschiedene Mineralwasser nicht geeignet. Ggf. kritische Parameter sind der Gehalt an Kalium, Magnesium und Natrium.
  • Wichtig bei der Wahl des richtigen Mineralwassers ist, welche Produkte den Harn ansäuern oder alkalischer machen.
  • Bei einigen Bewohnern kann es zweckdienlich sein, die Flüssigkeitsaufnahme in einen Wettbewerb ("Trinkmeisterschaft") einzubinden.
  • Ggf. sollte der Bewohner zusätzliche Substanzen zu sich nehmen, die die Steinbildung hemmen, etwa Magnesium. Dieses ist in magnesiumhaltigem Mineralwasser zu finden.
  • Eine kalziumarme Ernährung ist heute nicht mehr üblich, da eine Reduktion der Oxalatzufuhr wichtiger ist.

Nachbereitung:

allgemeine Maßnahmen

  • Nach dem Ende einer Kolik bereiten wir uns darauf vor, dass die Schmerzen in wenigen Stunden oder Tagen wieder auftreten können. Typischerweise treten Koliken immer dann auf, wenn der Stein eine Engstelle durchwandert. Bis zur nächsten Engstelle ist der Bewohner zumeist beschwerdefrei.
  • Bewohner, die einmal Nierenkoliken durchlebt haben, zeigen ggf. in der Folge eine fast panische Angst vor weiteren Anfällen. Mit Beratung und persönlichen Gesprächen versuchen wir, unbegründeten Befürchtungen entgegenzutreten. Zudem sollte der Bewohner ungesunde Lebensgewohnheiten ablegen.
  • Alle Maßnahmen und Beobachtungen werden genau dokumentiert.
  • Abhängig von der Kooperationsbereitschaft des Bewohners wird die Pflegeplanung angepasst.

Prognose

  • Acht von zehn Steinen gehen früher oder später spontan ab. Diese sind i.d.R. bis zu 5 mm groß. Größere Steine werden medikamentös aufgelöst, per Ultraschall zertrümmert oder operativ entfernt.
  • Ohne eine Änderung der Lebensgewohnheiten erleiden 60 Prozent aller Patienten eine erneute Steinbildung.

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • Leistungsnachweis medizinische Behandlungspflege
  • Fragen an den Arzt
  • Pflegeplanung
  • Berichtsblatt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte