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Notfallstandard "Sepsis ('Blutvergiftung')"

Allen Hygienemaßnahmen zum Trotz kann es im täglichen Umgang mit Kathetern, Drainagen und Injektionen immer kleinere Fehler geben. Ein guter Pflegestandard ermöglicht es Ihrem Team, eine Sepsis korrekt zu erkennen und schnell die notwendigen Maßnahmen einzuleiten.


Notfallstandard "Sepsis ('Blutvergiftung')"


Definition:

  • Eine Sepsis (auch "Septikämie" oder "Blutvergiftung") ist eine lebensbedrohende Allgemeininfektion mit hohem intermittierendem Fieber. Bei Erwachsenen wird es zumeist durch Schüttelfrost begleitet.
  • Eine Sepsis entsteht durch die Streuung von Keimen aus einem lokalen Infektionsherd heraus. Der Erreger wird kontinuierlich oder periodisch in die Blutbahn abgegeben. Dabei handelt es sich zumeist um Bakterien, seltener um Pilze, Viren oder Parasiten.
  • Durch den Blutstrom werden diese Keime in alle Organe des Körpers transportiert, wo sie septische Metastasen bilden können, also infektiöse Ansiedelungen. Verschiedene Keime können sich auch im Blut selbst vermehren.
  • Das Leitsymptom einer Sepsis ist ein hohes intermittierendes Fieber mit sog. "Fieberzacken". Das Fieber steigt also rasch auf hohe Werte an, sinkt dann aber innerhalb eines Tages wieder deutlich ab. Daraufhin steigt die Körpertemperatur erneut rapide an. Hinweis: Vor allem bei alten und abwehrgeschwächten Menschen kann das Fieber auch ausbleiben. Eine annähernd normale Körpertemperatur ist somit kein Ausschlusskriterium.
  • Die Hälfte aller Fälle geht vom Urogenitalsystem aus. Weitere häufige Auslöser sind Cholezystitis (Gallenblasenentzündung) oder Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut). Sepsisherde können auch Wundinfektionen, Lungenentzündungen, chronische Mandel-, Mittelohr- und Nasennebenhöhlenentzündungen sein.
  • Wichtige Sepsiserreger sind:
    • Staphylokokken (in Kathetern und Abszessen)
    • Enterokokken (in den Harnwegen und in der Lunge)
    • Escherichia coli (bei Harnwegsinfekten und bei nosokomialen Infektionen)
    • Pneumokokken
    • Streptokokken
    • Enterobakterien
    • Pseudomonas aeruginosa
    • Klebsiellen
    • Clostridien (in den Gallenwegen)
    • Candida-Hefen (bei Venenkathetern)
  • Die Sepsis wird in vier Stadien eingeteilt:
    • SIRS: ("systemic inflammatory response syndrome"), also eine systemische Entzündungsreaktion
    • Sepsis: ein systemisches Entzündungssyndrom als Folge einer Infektion
    • schwere Sepsis: eine Sepsis mit Organstörungen, etwa der Lunge, der Niere oder der Leber
    • septischer Schock: eine Sepsis mit Schock, die gravierendste Form einer Sepsis

Grundsätze:

  • Ein sofortiger Therapiebeginn ist entscheidend für das Überleben des Bewohners.
  • Schon ein begründeter Verdacht auf eine sich entwickelnde Sepsis rechtfertigt die sofortige Anforderung eines Arztes / Notarztes.

Ziele:

  • Die Bedrohung durch die Sepsis wird korrekt erkannt.
  • Der Entzündungsherd wird schnell und korrekt bestimmt.
  • Der Kreislauf des Bewohners wird stabilisiert.
  • Die Organfunktionen bleiben erhalten.

Vorbereitung:

Vermeidung einer Sepsis

  • Hygienische Standards in unserem Haus werden konsequent umgesetzt. Dazu zählen insbesondere eine lückenlose Händehygiene und aseptische Bedingungen bei Arbeiten an Kathetern, Infusionssystemen, Injektionen usw.

Risikoprüfung

Wir prüfen, ob der Bewohner einer Risikogruppe angehört. Dazu zählen verschiedene Krankheitsbilder, etwa:

  • Immunsuppression
  • Zytostatikatherapie
  • AIDS
  • Blasenverweilkatheter
  • Venenkatheter
  • Diabetes mellitus
  • Leberzirrhose
  • bösartige Tumore
  • kürzlich zurückliegender operativer Eingriff

Durchführung:

Symptome

Wir achten auf die typischen Symptome einer Sepsis:

  • hohes intermittierendes Fieber bis zu 40°C
  • Schüttelfrost
  • erhöhte Atemfrequenz bis hin zur Hyperventilation
  • gesteigerter Puls
  • abgesenkter Blutdruck
  • mangelnder Appetit, dadurch zunehmender körperlicher Verfall
  • Bewusstseinsstörungen
  • Verwirrtheit
  • Milz- und Lebervergrößerungen
  • Ödeme
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Diarrhoe
  • grau-blasse Hautfarbe
  • Petechien, also punktförmige Einblutungen in die Haut
  • Exantheme
  • weitere Krankheitszeichen, die auf den Sepsisherd schließen lassen, also z.B. Rückenschmerzen bei einer Nierenbeckenentzündung
spezielle Anzeichen eines septisch-toxischen Schocks
  • Frühstadium:
    • zunächst warme und gut durchblutete Haut
    • normaler Blutdruck
    • optisch guter Eindruck des Bewohners
    • Atmung und Herzschlag sind beschleunigt
    • hohes Fieber
  • Spätstadium:
    • Blutdruck sinkt
    • kalte Haut
    • Bewusstseinsstörungen
    • Hautblutungen

Suche nach Sepsisherden:

Wir prüfen, welche lokale Infektion als Ausgangspunkt für die Sepsis in Betracht kommt. Etwa:

  • Katheter
  • Implantate
  • OP-Wunden
  • Infektionen, vor allem im Urogenitaltrakt
  • Traumata
  • kontaminierte Infusionen und Transfusionen
  • Dekubitus
  • Pneumonie

Notfallmaßnahmen

Wenn wir hinreichende Anzeichen für eine sich entwickelnde Sepsis feststellen, wird unverzüglich der Arzt/Notarzt gerufen. Bis zu dessen Eintreffen sind verschiedene Maßnahmen erforderlich:

  • Die Vitaldaten werden engmaschig überwacht, also insbesondere Blutdruck, Puls, Atmung und Bewusstseinszustand.
  • Die Körpertemperatur wird engmaschig überwacht.
  • Der Hautzustand wird kontrolliert, wir achten insbesondere auf Blässe, Rötungen usw.
  • Der Bewohner soll Bettruhe halten.
  • Alle gemessenen Werte und Beobachtungen werden dokumentiert und dem Arzt mitgeteilt.

weitere Maßnahmen

Nach Rücksprache mit dem Arzt werden verschiedene Pflegemaßnahmen durchgeführt:

  • Venöse Zugänge, Katheter, Sonden und Drainagen werden entfernt. Gleichzeitig halten wir Material bereit, damit der Arzt diese ggf. neu legen kann. Das verbrauchte Material wird nicht entfernt, sondern für eine bakteriologische Untersuchung bereitgelegt.
  • Wenn der Bewohner unter Ödemen leidet, werden die entsprechenden Extremitäten hoch gelagert.
  • Petechien werden nicht mit einem Pflaster sondern mit Binden versorgt.
  • Hautverletzungen sollten vermieden werden.
  • Wir stellen alle relevanten Informationen für den Arzt zusammen. Insbesondere Informationen zu:
    • Blutgerinnungsstörungen
    • Allergien gegen Antibiotika
    • vorhandene oder vermutete Resistenzen gegen Antibiotika
  • Der Standard "Krankenhauseinweisung" wird umgesetzt.

Nachbereitung:

Komplikationen

Je nach Fortschritt der Sepsis können verschiedene Komplikationen auftreten:

  • eitrige Organmetastasen
  • septisch-toxischer Schock
  • multiples Organversagen, insbesondere akutes Nierenversagen oder eine Ateminsuffizienz
  • Verbrauchskoagulopathie (erworbene Blutgerinnungsstörung)
  • septische Ansiedlungen im Gehirn mit einer Vielzahl kleiner Bakterien- und Eiterherde (sog. "embolische Herdenzephalitis")

Prognose:

  • 20 bis 30 Prozent aller Sepsis-Patienten versterben innerhalb des ersten Monats nach Beginn der Erkrankung.
  • Wenn es zum septischen Schock kommt, erhöht sich die Sterblichkeit auf 40 bis 60 Prozent.

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • Vitalzeichenkontrollblatt
  • ggf. Fieberkurve
  • Trinkprotokoll / Bilanzierungsbogen
  • Durchführungsnachweis
  • Leistungsnachweis medizinische Pflege
  • Fragen an den Arzt
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte