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Standard "Pflege von Senioren mit Ödemen"

Kein Alkohol, keine Sommersonne, dafür fades Essen und Trinkmengenbeschränkung: Die Behandlung von Ödemen ist für viele Betroffene unangenehmer als die Schwellungen selbst. Manch Senior fragt sich insgeheim, ob die "dicken Beine" eine solche Quälerei wirklich wert sind.


Standard "Pflege von Senioren mit Ödemen"


Definition:

  • Ein Ödem ("Wassersucht") ist eine unphysiologische Ansammlung von Flüssigkeit in den Gewebespalten, etwa in der Haut ("Anasarka") oder in den Schleimhäuten.
  • Ödeme sind zumeist keine eigenständigen Krankheiten, sondern Symptome einer Grunderkrankung. Eine langfristige Therapie zielt daher primär nicht auf die Beseitigung der Ödeme, sondern auf eine Linderung der Grunderkrankung.
  • Ödeme sind außerdem gute Indikatoren für den Verlauf der Grunderkrankung. An ihnen kann man ablesen, inwieweit sich diese gebessert oder verschlechtert hat.
  • Ödeme können verschiedene Ursachen haben. In der Altenpflege sind vor allem diese Formen relevant:
    • Das kardiale Ödem ist ein Stauungsödem, das durch eine mangelhafte Pumpleistung des Herzens verursacht wird. Bei einer Rechtsherzinsuffizienz treten die Ödeme vor allem am Fußrücken und am Knöchel auf. Eine Linksherzinsuffizienz führt oftmals zu einem Lungenödem.
    • Das renale Ödem wird durch eine Hydrämie ausgelöst, also durch einen erhöhten Wassergehalt des Blutes und durch eine Steigerung des Blutvolumens. Grund dafür ist eine Fehlfunktion der Nieren. Die Ödeme treten zuerst im Gesicht auf, vor allem in der Gegend der Lider. Auch die Hoden, die Fußknöchel und das Schienbein können betroffen sein.
    • Ein hepatogenes Ödem tritt vor allem bei Leberzirrhose auf. Es kommt zur Aszites ("Bauchwassersucht").
    • Das kachektische Ödem ist die Folgeerscheinung von Nahrungsmangel, aber auch von konsumierenden Erkrankungen wie etwa Krebs.
    • Ödeme können zudem verursacht werden durch Allergien sowie durch Hormonstörungen (z.B. "Myxödem")
  • Chronische Ödeme stören die Versorgung des Gewebes mit Nährstoffen. Als Folge kann es zu Wundheilungsstörungen oder Entzündungen kommen.
  • Ödeme in der Lunge, im Hirn oder im Kehlkopfbereich sind lebensgefährlich.

Grundsätze:

  • Ödeme sind keine bloßen optischen Makel, sondern Symptome von oftmals gravierenden Grunderkrankungen.
  • Wir sind uns stets bewusst, dass insbesondere eine Flüssigkeitsbeschränkung die Stimmungslage des Bewohners massiv beeinträchtigen kann.
  • Wir ermutigen den Bewohner dazu, sein Verhalten dem Krankheitsbild anzupassen. Nur so besteht die Aussicht, dass sich die Ödeme zurückbilden.
  • Wir nehmen Schmerzäußerungen ernst und reagieren darauf umgehend." Jedes anhaltende Ödem, dessen Ursache nicht bekannt ist, rechtfertigt die Vorstellung des Bewohners bei seinem Hausarzt.
  • Wir arbeiten eng mit dem Hausarzt zusammen und besprechen sorgfältig jede Maßnahme. Ohne Zustimmung des Arztes werden insbesondere keine Medikamente abgesetzt.
  • Wenn sich der Gesundheitszustand eines Bewohners verschlechtert, wird umgehend der Arzt / Notarzt gerufen.

Ziele:

  • Komplikationen werden vermieden.
  • Die Schwellung wird reduziert.
  • Der Bewohner weiß, wie er durch sein eigenes Verhalten die Ödeme abklingen lassen kann. Er ist kooperativ.
  • Die Haut ist intakt.

Vorbereitung:

Wir achten auf die typischen Symptome.

  • Das Körpergewicht des Bewohners steigt innerhalb kurzer Zeit deutlich an, ohne dass dieses etwa durch eine erhöhte Nahrungszufuhr erklärt werden könnte.
  • Bei mobilen Bewohnern treten die Ödeme an den Unterschenkeln auf. Der Umfang der Beine nimmt sichtbar zu. Der Bewohner hat "dicke Beine".
  • Das Gesicht des Bewohners ist aufgequollen. Vor allem im Bereich der Lider sammelt sich die Flüssigkeit verstärkt an.
  • Bei Immobilität verlagern sich die Ödeme auf die Körperbereiche, die am tiefsten liegen, also am Rücken, um die Hüfte sowie an den Oberschenkeln.
  • Wenn im Rahmen von operativen Eingriffen auch Lymphknoten entfernt wurden, treten Ödeme auch in weiteren Körperbereichen auf, etwa am Ober- oder Unterarm.
  • Ist der geschwollene Bereich häufig gerötet und druckschmerzempfindlich, so kann ein entzündlich bedingtes Ödem vorliegen.
  • Der Bewohner berichtet über ein Brennen oder Parästhesien.
  • Der Bewohner leidet unter Nykturie, also einem vermehrten nächtlichem Wasserlassen.
(Hinweis: Ödeme an den Füßen und den Beinen lassen sich mit einem Test feststellen. Die Pflegekraft drückt vorsichtig eine kleine Delle in die Haut und zieht den Finger zurück. Bildet sich die Delle nur langsam zurück,  liegt ein Ödem vor.)

Durchführung:

Ursachenforschung

Falls der Bewohner unter Ödemen leidet, regen wir eine Vorstellung beim Hausarzt an. Für diesen stellen wir alle relevanten Informationen zusammen.

  • Ist eine Herzinsuffizienz bekannt?
  • Bewegt sich der Bewohner zu wenig? Bevorzugt er es, lange zu sitzen oder zu stehen?
  • Leidet der Bewohner unter venöser Insuffizienz? Gab es in der Vergangenheit bereits eine Beinvenenthrombose?
  • Sind akute oder chronische Nierenerkrankungen bekannt?
  • Leidet der Bewohner unter gastrointestinalen Gesundheitsstörungen? Etwa Leberschädigungen, Maldigestion (Störung der Verdauung im Magen und im Duodenum) oder Malabsorption (Störung der Resorption im Darm)?
  • Leidet der Bewohner unter Hormonstörungen?
  • Konsumiert der Bewohner Alkohol in großen Mengen?
  • Nimmt der Bewohner Medikamente ein, deren Nebenwirkungen Ödeme auslösen können? Etwa:
    • Antiphlogistika (Mittel mit entzündungshemmender Wirkung)
    • Laxanzien (Mittel zur Förderung und Erleichterung der Darmentleerung)
    • Diuretika (Arzneimittel, die eine erhöhte Ausscheidung von Wasser bewirken)
    • Antidepressiva
    • Glukokortikoide (sog. "Stresshormone")
  • Ist der Bewohner unterernährt, etwa weil er sich falsch ernährt oder die Nahrung verweigert?
  • Leidet der Bewohner unter einer Lymphabflussstörung? Diese könnte etwa von einem Tumor oder Gewebszerstörungen ausgelöst werden.
  • Leidet der Bewohner unter Allergien? Auf welche Stoffe reagiert der Bewohner allergisch?
  • Hat sich der Bewohner in den letzten Tagen oder Wochen verletzt, etwa als Folge eines Sturzes?
  • Ist die Harnausscheidung gestört?

Flüssigkeitsbilanzierung

Mittels einer Beschränkung der Flüssigkeitszufuhr wird eine Rückresorption der bislang eingelagerten Flüssigkeit angestrebt. Zudem soll eine zukünftige Flüssigkeitsansammlung vermieden werden.

  • Die Ein- und Ausfuhrmengen werden genau erfasst. Nach jeweils 24 Stunden wird eine Flüssigkeitsbilanz erstellt.
  • Die für den nächsten Tag zulässige Trinkmenge wird vom Hausarzt festgelegt. Sie liegt zumeist 500 ml über der Ausscheidungsmenge, die in den vergangenen 24 Stunden ermittelt wurde.
  • Unverzichtbar sind diätische Maßnahmen, insbesondere eine NaCl-arme Kost. Zudem sollte der Bewohner ein- oder zweimal in der Woche Obst- und Reistage einlegen.
  • Der Bewohner wird über die Zusammenhänge zwischen der Flüssigkeitszufuhr und den Ödemen informiert. Dieses soll den Kooperationswillen fördern.
  • Der Bewohner wird bei der Einhaltung der regiden Vorgaben zum Flüssigkeitskonsum unterstützt. Wenn der Mundraum ausgetrocknet ist, erhält der Bewohner Eiswürfel zum Lutschen. Zudem feuchten wir die Mundschleimhaut und die Lippen an.
  • Als zusätzliches Instrument zur Verlaufs- und Erfolgskontrolle kann der Bewohner jeden Morgen unter vergleichbaren Bedingungen gewogen werden.

Behandlungsstrategie

Im Mittelpunkt der Therapie muss stets die Linderung der Grunderkrankung stehen, da ansonsten die Ödeme immer wieder auftreten werden. Unterstützend stehen verschiedene Wirkstoffe zur Verfügung:

  • Schleifendiuretika hemmen die Salzresorption, wirken sofort und besonders stark. Sie sind anders als Thiazide auch bei Niereninsuffizienz ggf. noch wirksam.
  • Thiazide wirken mittelstark und erst nach längerem Vorlauf.
  • Aldosteronantagonisten zählen zu den kaliumsparenden Diuretika. Sie können ergänzend bei Herzinsuffizienz verabreicht werden.
  • Falls die Blutgerinnung gestört ist, kann eine Low-dose-Heparinisierung sowie niedrig dosierte Acetylsalicylsäure sinnvoll sein.

Beobachtung und Umfangsmessung

  • Der Hautzustand des geschwollenen Bereiches wird sorgfältig beobachtet. Relevant sind insbesondere Rötungen sowie kleinere Läsionen.
  • Der Umfang der geschwollenen Körperbereiche wird regelmäßig gemessen. Wir erstellen eine präzise Verlaufskontrolle.
  • Die Messstelle wird mit einem Kugelschreiber markiert, damit das Maßband immer die gleiche Position hat. Nur dann sind die Messungen miteinander vergleichbar.

Beratung des Bewohners

Der Erfolg der Behandlung ist entscheidend davon abhängig, dass der Bewohner kooperiert.

  • Der Bewohner soll seine Extremitäten so häufig wie möglich hoch lagern. Beim Fernsehen oder Musikhören bieten wir ihm einen Hocker an. Er soll zudem die Arme nicht herabhängen lassen, sondern diese etwa auf der Sessellehne ablegen.
  • Der Bewohner sollte keine einschnürenden Textilien tragen, etwa enge Strümpfe. Bewohnerinnen sollten auf enge BH-Träger verzichten.
  • Der Bewohner sollte mit seinen Kräften haushalten. Anstrengende Arbeiten und Bewegungsübungen sind zu vermeiden. Stattdessen sollte der Bewohner leichten Sport betreiben und eine Pause einlegen, wenn die Kräfte nachlassen.
  • Warme Wickel und Auflagen sollte der Bewohner generell vermeiden. Dieses gilt auch, wenn eine ödemferne Anwendung geplant ist (also etwa auf der Brust, wenn nur die Beine geschwollen sind).
  • Die Nutzung von vereisenden oder unterkühlenden Eis- oder Alkoholpackungen sollte der Bewohner vermeiden.
  • Die Nutzung einer Sauna und eines Thermalbades sollte unterbleiben. Dieses gilt auch für Wärmflaschen.
  • Im Sommer sollte der Bewohner in den heißen Tagesstunden in der Einrichtung bleiben. In keinem Fall darf er sich der direkten Mittagssonne aussetzen.

weitere Maßnahmen

  • Die auslösenden Grunderkrankungen werden konsequent behandelt. Die jeweiligen Standards (siehe unten) werden befolgt.
  • Die verschriebenen Medikamente müssen konsequent eingenommen werden. Wir wirken dahingehend auf den Bewohner ein.
  • Wir intensivieren die Maßnahmen zur Thromboseprophylaxe.

Nachbereitung:

Dokumentation

Die zentralen Parameter der Behandlung werden dokumentiert, etwa:

  • Körpergewicht
  • Hautturgor
  • Flüssigkeitsbilanzierung
  • Vitaldaten
  • Wirkung der Medikamente
  • Kooperationsbereitschaft

Dokumente:

  • Pflegedokumentation

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Mitarbeiter