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Standard "Pflege von Senioren mit einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit "

Jahrzehntelanger Zigarettenkonsum, Bewegungsmangel und Übergewicht ruinieren letztlich selbst den robustesten Körper. Nicht ohne Grund spricht der Volksmund deshalb mitleidlos vom "Raucherbein". Die Pflege von Betroffenen ist schwierig, da der Erkrankte seine Lebensgewohnheiten radikal ändern müsste.


Standard "Pflege von Senioren mit einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit"


Definition:

Bei einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) wird der arterielle Blutstrom in Becken- und Beingefäßen durch Stenosen behindert. Auslöser dieser Einengungen in den Arterien ist in neun von zehn Fällen eine Arteriosklerose der Gefäße. Rund jeder fünfte über 65-Jährige leidet an einer pAVK. Männer erkranken viermal häufiger als Frauen. Eine pAVK entwickelt sich über viele Jahre. Es werden verschiedene Stadien einer pAVK unterschieden:

    Im "Stadium I" leidet der Bewohner unter keinerlei Beschwerden oder körperlichen Einschränkungen. Die Gefäßveränderungen sind lediglich klinisch nachweisbar. In dieser Phase konzentriert sich die Pflege und medizinische Behandlung auf die Begrenzung von Risikofaktoren. Mit Gehtraining und Medikamenten kann ein Fortschreiten der Erkrankung verhindert werden. Im "Stadium IIa" leidet der Bewohner an Schmerzen, sobald er eine Wegstrecke von mehr als 200 Metern zu Fuß zurücklegt. Im "Stadium IIb" treten die Beschwerden bereits nach weniger als 200 Metern Fußweg auf. Mit Hilfe einer Operation können die Beschwerden in dieser Phase oftmals gelindert werden. Im "Stadium III" spürt der Bewohner Schmerzen, obwohl er sich nicht bewegt; er hat Ruheschmerzen. In der Nacht wird er ggf. von den Schmerzen geweckt. Im "Stadium IV" treten Nekrosen und Gangrän auf. Oftmals ist eine Amputation erforderlich, um das Leben des Bewohners zu retten.

Grundsätze:

    In den allermeisten Fällen ist eine langfristige Therapie nur dann möglich, wenn der Bewohner seine Lebens- und Ernährungsgewohnheiten grundsätzlich ändert. Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Hausarzt zusammen. Alle Anweisungen werden genau dokumentiert. Wir drängen stets auf schriftliche Instruktionen. Fragen zur Delegation ärztlicher Maßnahmen (etwa bei der Wundreinigung) werden mit dem Hausarzt diskutiert. Wir bestehen darauf, dass unsere Pflegekräfte rechtlich abgesichert sind. Wenn nicht klar ist, ob eine durchzuführende Maßnahme delegierbar ist, verweigern wir die Durchführung und lassen die Maßnahme vom Arzt durchführen. Pflegekräfte dürfen Maßnahmen zur Wundreinigung nur dann durchführen, wenn sie entsprechend qualifiziert sind und eine Einweisung durch den Hausarzt durchgeführt wurde. Wenn sich die Wunde in einem Maß verschlimmert, dass sie mit unseren pflegerischen Mitteln nicht mehr kontrolliert werden kann, wird der Bewohner in ein Krankenhaus überwiesen. Alternative Heilmethoden sind kein Ersatz für eine medizinische Behandlung.

Ziele:

    Der Bewohner hat keine Schmerzen. Ein Fortschreiten der Krankheit wird vermieden. Der Bewohner kennt Risikofaktoren und Prophylaxemaßnahmen. Die häufigsten Komplikationen werden vermieden, insbesondere die Amputation der Gliedmaße.

Vorbereitung:

allgemeine Maßnahmen

    Wir bilden unser Personal kontinuierlich zum Thema periphere arterielle Verschlusskrankheit fort. Wir halten stets aktuelle Literatur auch zum Thema periphere arterielle Verschlusskrankheit bereit.

Risikobewertung

Wir ermitteln regelmäßig das Erkrankungsrisiko jedes Bewohners. Relevant sind insbesondere:

    Hyperlipidämie (Erhöhung von Serumlipiden) Hypertonie Diabetes mellitus Nikotinmissbrauch Übergewicht Bewegungsmangel Hyperfibrinogenämie (erhöhter Fibrinogengehalt des Bluts) familiäre Vorbelastung Hyperurikämie (erhöhte Harnsäurekonzentration im Blut)

Symptome

Wir achten auf Symptome, die für das Auftreten einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit sprechen:

    Ein Bein des Bewohners fühlt sich kühl an und ist blass. Das andere wirkt normal. Wenn sich der Bewohner auf die Bettkante setzt, bleibt ein Bein länger blass als das andere. Der Bewohner zeigt ein auffälliges Gehverhalten. Er kann eine gewisse Strecke zurücklegen, bleibt dann aber aufgrund der einsetzenden Schmerzen stehen. Um dieses Verhalten zu tarnen, machen Betroffene gerne vor Schaufenstern Halt und warten dort ab, bis die Beschwerden nachlassen. Aus diesem Verhalten leitet sich auch die umgangssprachliche Bezeichnung "Schaufensterkrankheit" ab. Die Pulse sind in einem Bein nicht mehr oder kaum noch zu spüren. Es kommt vor allem an den Fußzehen zu einer Gangrän. Die Fußspitzen sind schwarz und wie mumifiziert. Es riecht nach Verwesung.

Durchführung:

Gehtraining

Durch ein tägliches Training mit einer Dauer von einer bis eineinhalb Stunden kann der Körper dazu angeregt werden, Umgehungskreisläufe zu schaffen. Die verengten Gefäße werden durch neu gebildete Arterien unterstützt.

    Der Bewohner wird aufgefordert, so weit zu gehen, bis die Schmerzen einsetzen. Nach einer Pause von drei bis fünf Minuten soll er weiterlaufen, bis er erneut Beschwerden verspürt. Der Bewohner sollte die Schmerzen nicht ignorieren und nicht trotz einsetzender Beschwerden weitergehen. Durch die Mangelversorgung mit Sauerstoff könnte Muskelgewebe absterben. Die Anzahl der Übungen wird langsam gesteigert. Erfolge sollten spätestens nach sechs Monaten sichtbar werden. Falls eine lokale pAVK-Gruppe vor Ort existiert, sollte der Bewohner an deren Koronarsport- oder Gehsportstunden teilnehmen. Wir animieren den Bewohner dazu, ein Trainings-Tagebuch zu führen. In dieses trägt er die täglich erreichte Strecke ein. Ein solches Dokument kann die Motivation steigern. Zusätzlich kann er weitere Übungen durchführen wie etwa Übungen im Zehenstand oder Rollbewegungen der Füße.
(Hinweis: Im dritten und vierten Stadium darf kein Training durchgeführt werden, da dieses den Sauerstoffverbrauch in der betroffenen Region erhöhen würde.)

medikamentöse Behandlung

Es stehen verschiedene Medikamente zur Verfügung, mit denen sich die Fließeigenschaft des Blutes steigern lässt.

  • Thrombozytenaggregationshemmer (Abk. "TAH") hemmen die Verklumpung von Thrombozyten in den arteriellen Gefäßen. Wir nutzen
      AcetylsalicylsäureoSulfinpyrazono
    •   Dipyridamol
    • Thienopyridine (Ticlopidin, Clopidogrel) Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptor-Antagonisten (Abciximab) IloprostPentoxifyllin
  •  verbessert das Flussverhalten der Erythrozyten. Dieses Mittel hat deutliche Nebenwirkungen wie etwa gastrointestinale Störungen, Kopfschmerz, Schwindel, Schlafstörungen sowie Blutdruckabfall nach parenteraler Gabe. Prostaglandine hemmen ebenfalls die Thrombozytenverklumpung, zeigen aber viele Nebenwirkungen. Etwa: Kopfschmerz, Flush, Tachykardie, Übelkeit, kolikartige Schmerzen oder Durchfall. Analgetika sollten ggf. zusätzlich verordnet werden, insbesondere um eine schmerzfreie Nachtruhe zu ermöglichen. Es werden keine hyperämisierenden Salben genutzt.

Operationen

    Ballondilatation: Mit Hilfe eines Katheters wird ein Ballon bis zur Gefäßverengung geschoben und dort aufgeblasen. Um die Weitung zu halten, kann anschließend ein Stent eingesetzt werden. Thrombendarteriektomie (Abk. "TEA", auch "Endarteriektomie", "Intimektomie" oder "Ausschälplastik" genannt): Die verstopfenden Plaques werden gemeinsam mit der anhaftenden Gefäßinnenwand ausgeschält. Dieses ist aber nur dann sinnvoll, wenn lediglich ein kurzes Stück Arterie verstopft ist. Bypassoperation: Der verengte Gefäßbereich wird durch eine künstlich geschaffene Arterie überbrückt. Dafür kann entweder körpereigenes Material (etwa aus der Beinvene) oder ein Kunststoffimplantat (aus Teflon) genutzt werden. Fibrinolyse: Die Verengung wird durch das zielgenaue Freisetzen von Medikamenten aufgelöst. Die Bruchstücke werden ggf. über einen Katheter abgesaugt. Sympathektomie: Der Sympathikus-Nervenstrang wird ganz oder teilweise durchtrennt. Dieses führt zu einer Weitstellung der kleinsten Arterien, Senkung des peripheren Widerstands und zu einer Erhöhung der Hautdurchblutung. Amputation: Wenn im Stadium IV der Blutfluss nicht ausreicht, muss die Gliedmaße teilweise oder vollständig amputiert werden. Ansonsten bilden sich umfangreiche Nekrosen.

Pflegemaßnahmen

    Der Bewohner wird aufgefordert, das Rauchen umgehend und komplett einzustellen. Die Beine werden tief gelagert. Insbesondere im Stadium drei und vier dürfen die Beine nicht hoch gelagert werden, da dieses den Gewebstod fördert. Der Bewohner wird animiert, sich regelmäßig im Bett aufzurichten, sich an die Bettkante zu setzen und die Beine aus dem Bett hängen zu lassen. Bei nächtlichen Schmerzen kann das Kopfteil höher gestellt werden. Damit wird die Durchblutung in den Beinarterien verstärkt. Der Bewohner sollte bequeme und weite Schuhe tragen. Hohe Absätze sind zu vermeiden. Die Strümpfe sollten aus Naturfasern hergestellt sein und dürfen nicht einschnüren. Der Bewohner sollte nicht barfuß laufen. Die Strümpfe werden jeden Tag gewechselt. Ein pAVK-Patient darf in keinem Fall Kompressionsstrümpfe, Kompressionsverbände oder MT-Strümpfe tragen. Die Kompression kann den Blutfluss deutlich abschwächen. Die Beine und Füße werden warm gehalten. Der Bewohner soll (außer im Sommer) dicke Wollsocken, Hausschuhe mit Schaffell oder Watte tragen. Wir beachten, dass das Temperaturempfinden des Bewohners im Bereich der Beine und Füße gestört ist. Bei der Nutzung von Wärmflaschen besteht die Gefahr von Verbrennungen. Daher darf keine lokale Wärme eingesetzt werden. Der Bewohner erhält jeden Tag warme Fußbäder, deren Dauer aber eher kurz gewählt werden sollte. Die Haut darf nicht aufweichen. Wechselbäder und warme Vollbäder sind zu unterlassen. Bürstenmassagen und Kneipp-Anwendungen können durchgeführt werden, soweit der Bewohner dieses toleriert. Wir achten auf eine sorgfältige Hautpflege. Vor allem die Zwischenräume im Bereich der Zehen müssen trocken und sauber gehalten werden. Das Schneiden der Fußnägel ist Aufgabe einer speziell weitergebildeten Fachkraft. Selbst kleinste Verletzungen sollten vom Hausarzt inspiziert werden. Der Bewohner wird aufgefordert, seine Beine regelmäßig auf Verletzungen und Entzündungen zu kontrollieren. Ein auftretender Dekubitus muss schnell erkannt und behandelt werden. Vor allem Fersendekubiti können auftreten. Ein beginnender Fußpilz muss konsequent behandelt werden. Der stetig abnehmende Aktionsradius kann das soziale Leben des Bewohners einschränken. Wir achten darauf, dass der Bewohner in der Gemeinschaft integriert bleibt.
  • Der Bewohner wird engmaschig überwacht und sein Zustand dokumentiert. Wichtige Kriterien sind:
      eigene subjektive Einschätzung der Schmerzbelastung Verabreichung und Wirkung der applizierten Medikamente Zustand etwaiger Wunden

Versorgung der Gangrän

     Die Pflege richtet sich nach dem Zustand der Wunde, also insbesondere, ob eine trockene oder ob eine feuchte Gangrän vorliegt.
  • feuchte Gangrän:
      Wir versuchen zunächst durch Antibiotika ein Aufsteigen der Infektion zu verhindern. Es drohen eine Sepsis und ein Verlust der Gliedmaße. Wir nutzen Hydrokolloid-Verbände sowie Wundsekret aufsaugende Präparate, um die feuchte Gangrän zu einer trockenen Gangrän abheilen zu lassen.
  • trockene Gangrän:
      Die Anzahl der Fußbäder wird auf zwei Anwendungen pro Woche begrenzt. Das betroffene Areal wird jeden Tag inspiziert und neu verbunden. Für den Verbandswechsel nutzen wir trockene Mullkompressen. Wir flechten Mullstreifen zwischen alle Zehen. Wir nutzen keine Pflaster, da diese die geschwächte Haut verletzen könnten. Eine trockene Gangrän wird trocken verbunden. Salbenverbände behindern ein Abheilen und sollten vermieden werden.
  • Der Zustand der Wunde wird sorgfältig dokumentiert. Wichtige Faktoren sind:
      Position der Wunde Größe und Tiefe Beschaffenheit Aussehen, Temperatur und Farbe der Extremität, auf der die Wunde zu finden ist.
  • Die Behandlung einer Gangrän ist schwierig und gelingt in vielen Fällen nicht. Dann bleibt zumeist nur die Amputation.

Notfall akuter Beinarterienverschluss

  • Wir achten auf Anzeichen für einen akuten Beinarterienverschluss als Folge einer Embolie. In diesem Fall ist eine sofortige Krankenhauseinweisung erforderlich. Symptome:
      plötzliche starke Schmerzen Hautblässe des Beines kein spürbarer Puls Bewohner hat kein Gefühl mehr im betroffenen Bein Schocksymptome

Nachbereitung:

Weiteres

  • Alle Maßnahmen werden sorgfältig dokumentiert:
      Wie äußert sich der Bewohner zu seinen Beschwerden? Welche Wirkung zeigen die Medikamente, welche Nebenwirkungen werden verzeichnet? Welche Einschränkungen treten auf?
  • Alle relevanten Veränderungen werden umgehend dem Hausarzt mitgeteilt. Die Pflegeplanung wird regelmäßig aktualisiert und auf Umsetzbarkeit kontrolliert. Ggf. aufgetretene Probleme werden im Qualitätszirkel thematisiert.

Prognose

    Die Überlebenschancen sind abhängig vom Kooperationswillen des Bewohners. Wenn dieser seine Lebensgewohnheiten anpasst und insbesondere das Rauchen einstellt, sind die Aussichten deutlich besser. Unverzichtbar sind ebenfalls die konsequente Behandlung eines Diabetes mellitus und die Reduktion des Bluthochdrucks.
  • Ansonsten ist die Prognose schlecht: Durchschnittlich versterben mehr als zwei Drittel der pAVK-Patienten an einem Herzinfarkt. Jeder zehnte Betroffene erliegt einem Schlaganfall.

Dokumente:

    ärztliches Verordnungsblatt Pflegebericht Pflegeplanung Leistungsnachweis

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

    Pflegefachkraft