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Notfallstandard "Peritonitis"

Vom entzündeten Blinddarm bis zum infizierten Eierstock: Gleich ein ganzes Bündel von Erkrankungen können zu einer Peritonitis führen. Überdies macht es das oft undeutliche Symptombild Pflegekräften nicht einfacher, die Infektion rechtzeitig zu erkennen. Und so liegt die Sterblichkeit bei bis zu 60 Prozent.


Notfallstandard "Peritonitis"


Definition:

  • Der komplette Bauchraum ist mit dem Bauchfell überzogen, einer glatten Haut. Die Leber, der Magen und der größte Teil des Darmes werden dadurch vom Peritonealraum (sog. "Bauchhöhle") abgetrennt.
  • Die Peritonitis (auch "Bauchfellentzündung") ist eine lebensbedrohliche Infektion des Bauchfells ("Peritoneum"). Auslöser ist zumeist eine bakterielle Infektion durch Pneumokokken oder Gonokokken.
  • Fast immer (95 Prozent der Fälle) ist die Infektion sekundär. Es kommt also zunächst zu einer Infektion eines anderen Organs, die dann auf das Bauchfell übergreift. Als Auslöser kommen in Betracht:
    • Appendizitis (Entzündung des Wurmfortsatzes des Blinddarms)
    • Perforation des Magens oder des Zwölffingerdarms (Duodenum)
    • Entzündung und Perforation der Gallenblase
    • Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)
  • Entzündung der weiblichen Genitalorgane, insbesondere also der Eileiter oder der Eierstöcke.
  • Oft ist die Peritonitis die Spätfolge eines operativen Eingriffs etwa am Darm.
  • Eine Peritonitis kann lokal oder diffus auftreten. Bei einer lokalen Peritonitis ist die Entzündung örtlich auf einen kleinen Abschnitt begrenzt. Wenn das komplette Bauchfell betroffen ist, spricht man von einer diffusen oder generalisierten Bauchfellentzündung. Häufig entsteht aus einer lokalen Peritonitis bei unterlassener Therapie eine diffuse Peritonitis.
  • Wird die Erkrankung nicht zeitnah behandelt, kann es zu lebensgefährlichen Komplikationen kommen.
    • Die Keime breiten sich im Körper aus. Es kommt zur Sepsis.
    • Innerhalb der Bauchhöhle bildet sich ein Abszess; die Darmschlingen verkleben.
    • Weitere Organe werden geschädigt. Insbesondere siedeln sich Erreger an den Herzklappen an.

Grundsätze:

  • Die Peritonitis ist ein chirurgischer Notfall. Die zeitnahe korrekte Einschätzung der Bedrohung entscheidet maßgeblich über die Überlebenschancen des Bewohners.
  • Wenn hinreichende Anzeichen für eine Peritonitis sprechen, wird immer ein Notarzt gerufen. Die Folgen eines oder ggf. auch mehrerer Fehlalarme wiegen weniger schwer als eine verzögerte Behandlung bei einem echten Notfall.
  • Der Notruf erfolgt auch dann, wenn der Bewohner diesen nicht wünscht, etwa weil er die Gefährdung nicht korrekt einschätzt.

Ziele:

  • Die Peritonitis wird schnell und korrekt erkannt.
  • Bis zum Eintreffen des Notarztes wird der Bewohner korrekt versorgt.
  • Lebensbedrohliche Komplikationen werden vermieden, insbesondere Schockniere, Schockleber und ein Befall der Herzklappen.

Vorbereitung:

allgemeine Maßnahmen

  • Die richtigen Maßnahmen bei Peritonitis werden regelmäßig im Rahmen der Erste-Hilfe-Ausbildung thematisiert.
  • Wir halten stets aktuelle Fachliteratur zu diesem Thema bereit.

Symptome

Wir achten auf Hinweise, die für eine sich entwickelnde Peritonitis sprechen. In der Frühphase der Erkrankung ist die Symptomatik i.d.R. nur schwach ausgeprägt. Die Entzündung bleibt daher zunächst oft unbemerkt.

  • Der Bewohner klagt über Bauchschmerzen.
  • Bei einer lokalen Peritonitis kann der Bewohner genau auf den Ursprungsort der Beschwerden zeigen.
  • Bei einer diffusen Peritonitis sind die Schmerzen räumlich nicht eingrenzbar.
  • Beim Abtasten des Bauchraumes ist oftmals eine Abwehrspannung spürbar. Vor allem bei einer diffusen Peritonitis ist die gesamte Bauchmuskulatur angespannt, der Bauch ist "bretthart".
  • Der Bewohner nimmt eine Schonhaltung ein, liegt also in gekrümmter Lage.
  • Die Bauchatmung ist schmerzbedingt reduziert.
  • Der Bewohner hat Fieber.
  • Der Allgemeinzustand verschlechtert sich.
  • Der Bewohner klagt über Übelkeit und Erbrechen.
Im fortgeschrittenen Stadium intensiviert sich das Symptombild. Bei einer Perforation beginnt der Schmerz blitzartig (sog. Perforationsschmerz).
  • Die Haut des Bewohners ist fahl.
  • Die Hände und die Stirn des Bewohners sind kalt.
  • Der Puls ist beschleunigt, der Blutdruck fällt ab.
  • Die Atmung ist gestört.
  • Eine Oligurie tritt auf (sehr geringe Harnausscheidung).
  • Es kommt zur Darmlähmung, auskultatorisch sind also keine Darmgeräusche wahrnehmbar.
  • Die Zunge ist trocken und bräunlich belegt.
  • Die Haut ist gelbrot (bei einer Entzündung durch eine perforierte Gallenblase).

Durchführung:

pflegerische Maßnahmen

  • Die Pflegekraft löst über die Rufanlage Alarm aus und ruft weitere Kollegen herbei.
  • Eine Pflegekraft alarmiert den Notarzt.
  • Eine Pflegekraft bleibt permanent beim Bewohner. Der Bewohner wird (soweit möglich) beruhigt.
  • Der Bewohner wird ins Bett gebracht.
  • Ggf. wird der Oberkörper leicht erhöht gelagert.
  • Der Bewohner erhält unter keinen Umständen ein Schmerzmittel. Wir raten ihm dringend von jeder Form der Selbstmedikation ab. Analgetika würden die ärztliche Diagnostik massiv stören. Streng kontraindiziert sind insbesondere alle Opiate.
  • Bei einem Schock werden die üblichen Maßnahmen ergriffen; insbesondere werden die Beine hochgelagert.
  • Angehörige und Betreuer werden informiert. Falls möglich sollten diese den Bewohner ins Krankenhaus begleiten.
  • Ggf. wird der Bewohner beim Erbrechen unterstützt.
  • Bei Bewusstlosigkeit wird der Bewohner in eine stabile Seitenlage gebracht.

Informationssammlung

Wir stellen für den Notarzt alle Informationen zusammen, die für die Diagnose und die Therapie relevant sein könnten:

  • Allgemeinzustand des Bewohners
    • Vitalzeichen
    • Stuhlgang und Miktion
    • Atemnot
  • Anzeichen für eine Kreislaufzentralisierung (kühle und blasse Extremitäten)
  • Umstände und Zeitpunkt des Schmerzbeginns
  • Charakter des Schmerzes
    • drückend
    • zunehmend
    • an- und abschwellend
    • gleich bleibend
    • dumpf
    • stechend
    • schneidend
    • brennend
    • ausstrahlend
    • krampfartig
    • kolikartig
    • ziehend
    • als Reaktion auf Druck
    • abhängig von Bewegung
    • abhängig von der Nahrungsaufnahme?
  • Ursprungsort des Schmerzes und Bereiche, in die er ausstrahlt
  • Übelkeit, Erbrechen
  • Aufstoßen
  • Darmgeräusche, vor allem fehlende Darmgeräusche
  • Durchfall
  • vorhergehende ähnliche Erkrankungen
  • bekannte Erkrankungen der Geschlechtsorgane
  • bekannte Herzerkrankungen
  • vorherige operative Eingriffe im Bauchraum
  • Zeitpunkt, Art und Umfang der letzten Mahlzeit
  • regelmäßig eingenommene Medikamente
  • ggf. vorangegangener Sturz

Nachbereitung:

allgemeine Maßnahmen

nach Abfahrt des Bewohners im Krankenwagen:

  • Das Ereignis wird sorgfältig dokumentiert.
  • Die Pflegedienstleitung und die Heimleitung werden (sofern noch nicht geschehen) informiert.
  • Der Verlauf der Geschehnisse von den ersten Symptomen bis zum Eintreffen des Notarztes wird im Team noch einmal besprochen. Ziel ist es, ggf. aufgetretene Versäumnisse zu finden.

Prognose

  • Im Krankenhaus wird der Bewohner zunächst stabilisiert und danach operiert. Er erhält eine massive Antibiotikatherapie. Der Bauchraum wird ggf. gespült.
  • Wird die Erkrankung frühzeitig erkannt und behandelt, sind Todesfälle selten.
  • Kommt es zu einer diffusen Peritonitis, steigt die Letalität auf 40 bis 60 Prozent an.

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • Vitaldatenblatt
  • Medikamentenblatt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Mitarbeiter