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Standard
Pflegevisite "AEDL"
Zwar fordert der medizinische Dienst
regelmäßige Pflegevisiten, über deren genaue Durchführung
schweigt er sich in der Prüfanleitung aber aus. Ein Umstand, der
viele MDK-Kontrolleure nicht davon abhält, Pflegeheime und
ambulante Dienste mit abstrusen Mängellisten zu traktieren.
Unser Standard fasst zusammen, was wirklich nötig ist - und was
nicht.
Standard
Pflegevisite "AEDL"
Definition:
Pflegevisiten sind
regelmäßige Gespräche zwischen den Pflegekräften und den Bewohnern. Die
Pflegevisite dient im Rahmen des Pflegeprozesses der Erfassung von
Pflegeproblemen und Pflegeressourcen. Zudem werden Pflegeziele
festgelegt und die Wirksamkeit der bisher durchgeführten Maßnahmen
kritisch hinterfragt.
Mittels der Pflegevisite überprüft die Pflegedienstleitung den
Pflegeprozess. Es handelt sich also um ein direktes Werkzeug der
Qualitätskontrolle (Feststellung des Ist-Zustandes) und falls notwendig
der Leistungsoptimierung (Definition des Soll-Zustandes).
Pflegevisiten bieten auch für den Bewohner viele
Vorteile:
-
Da der Bewohner in die Planung einbezogen
wird, ist zu erwarten, dass seine Kooperationsbereitschaft steigen
wird.
-
Die Beziehung zwischen Pflegekräften, vor
allem der Bezugspflegekraft, und dem Bewohner wird vertieft.
-
Der Bewohner erhält die notwendigen
Informationen, um sein Krankheitsbild und den daraus begründeten
Pflegebedarf zu verstehen.
Die Pflegevisite ist zudem eine zentrale Forderung
des MDS ("Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen
e.V."). In den Grundlagen der MDK-Qualitätsprüfungen in der stationären
Pflege schreibt er auf Seite 103:
Maßnahmen der internen Qualitätssicherung
können insbesondere sein: […]
" Pflegevisiten mit Ergebnisbesprechungen […]
und weiter auf Seite 104:
Die Pflegevisite wird als Besuch beim
Bewohner durchgeführt und dient u.a. der Erörterung des Befindens
des Pflegebedürftigen, seiner individuellen Wünsche und seiner
Zufriedenheit mit der Pflegeeinrichtung sowie der Erstellung,
kontinuierlichen Bearbeitung und Kontrolle der Pflegeplanung sowie
-dokumentation. Gleichzeitig bildet sie eine Möglichkeit, die
Qualität der Pflege zu beurteilen sowie zu optimieren und mit dem
Bewohner die Ziele und Maßnahmen zu vereinbaren. Die Pflegevisite
ist ein Planungs- und Bewertungsinstrument, das bewohner- oder
mitarbeiterorientiert durchgeführt werden kann.
Grundsätze:
-
Wir reden mit dem Bewohner und nicht über
ihn.
-
Die Pflegevisite grenzt sich deutlich von der
ärztlichen Visite ab. Schwerpunkte der Pflegevisite sind
Pflegeprobleme, Betreuungsmaßnahmen und Bedürfnisse des Bewohners.
-
Die Pflegevisite ist für uns Bestandteil
einer bewohnerorientierten und humanen Pflege.
-
Die Pflegevisite "AEDL" dient der
Informationssammlung und ist primär keine Kontrolle der Arbeit der
Pflegekräfte.
-
Der Bewohner oder ggf. sein Betreuer müssen
der Pflegevisite zustimmen.
-
Wir nehmen die Ängste und Sorgen unserer
Bewohner stets ernst.
-
Wünsche des Bewohners werden erfüllt, soweit
uns dieses möglich ist.
-
Die Pflegevisite wird sorgfältig
dokumentiert, da nur so die korrekte Durchführung etwa gegenüber dem
MDK belegt werden kann.
-
Alle teilnehmenden Mitarbeiter unterliegen
der Schweigepflicht.
Ziele:
Ziele der Einrichtung
-
Die Vorgaben des MDK zur Pflegevisite werden
umgesetzt.
-
Die Pflegeleistungsqualität wird gesichert
und verbessert.
-
Die Pflegedokumentation wird überprüft.
-
Die Pflegeplanung wird überprüft und
weiterentwickelt.
-
Der Pflegebedarf wird korrekt erfasst.
-
Der Bewohner ist stets in die angemessene
Pflegestufe eingestuft.
-
Beschwerden des Bewohners werden
entgegengenommen. Die Auslöser der Unzufriedenheit werden beseitigt.
-
Die pflegerische Vorgehensweise innerhalb des
Teams wird vereinheitlicht.
-
Lücken und Fehler in der Pflegedokumentation
werden erkannt und beseitigt.
-
Pflegemittel werden optimal genutzt und nicht
verschwendet.
Ziele der Pflegekräfte
-
Der Arbeitsaufwand, der für die Pflege und
Betreuung des Bewohners notwendig ist, wird korrekt dargestellt.
-
Abläufe werden analysiert und optimiert. Eine
Überlastung der Mitarbeiter ("Burn-Out") wird vermieden.
-
Die Fähigkeiten des Mitarbeiters werden
weiterentwickelt. Anhand der ggf. gefundenen Qualifikationslücken
wird die Fortbildungsplanung optimiert.
-
Durch die Beseitigung von Wissenslücken sinkt
dass Risiko, für Pflegefehler haftungsrechtlich in Anspruch genommen
zu werden.
-
Die täglich geleistete Arbeit wird anerkannt
und wertgeschätzt.
Ziele des Bewohners
-
Die Zufriedenheit des Bewohners wird
gesteigert.
-
Der aktuelle Pflegezustand des Bewohners wird
objektiv ermittelt.
-
Die Ressourcen des Bewohners werden korrekt
erfasst und dargestellt.
-
Der Informationsfluss zwischen dem Bewohner
und den Pflegekräften wird verbessert.
-
Der Bewohner und ggf. auch dessen Angehörige
werden an allen Entscheidungen zum Pflegeprozess beteiligt.
-
Die individuellen Bedürfnisse des Bewohners
werden berücksichtigt.
-
Pflegeprobleme werden hinterfragt.
-
Pflegefehler werden erkannt und zukünftig
vermieden.
-
Die psychische Situation des Bewohners wird
berücksichtigt. Etwaige Ängste werden abgebaut.
Vorbereitung:
allgemeine Maßnahmen
-
Die Einführung der Pflegevisite in unserer
Einrichtung wird mit Schulungen begleitet. Alle Mitarbeiter sind
über den Sinn und Zweck der Pflegevisite informiert.
-
Der Bewohner wird bereits beim Heimeinzug
darüber informiert, dass in unserem Haus Pflegevisiten durchgeführt
werden.
-
Der Bewohner, seine Angehörigen und ggf. sein
Betreuer werden eine Woche vor der anstehenden Pflegevisite über den
Termin informiert. Wir bitten um Zustimmung für die Pflegevisite.
-
Wir vereinbaren mit allen Beteiligten einen
Termin für die Pflegevisite.
Frequenz der Pflegevisite
-
Bei Bewohnern der Pflegestufe eins führen wir
die Pflegevisite halbjährlich durch.
-
Bei Bewohnern der Pflegestufen zwei und drei
führen wir die Pflegevisite im Abstand von zwei Monaten durch.
-
Zusätzlich führen wir Pflegevisiten unter
folgenden Voraussetzungen häufiger durch:
-
Einzug eines neuen Bewohners
-
Rückverlegung aus dem Krankenhaus
-
unerwartete gesundheitliche Veränderung
-
schwer kalkulierbare gesundheitliche
Risikofaktoren wie etwa Dekubitusgefahr
-
auf Wunsch der Angehörigen, des Betreuers
oder des Bewohners
Teilnehmer
-
Die Pflegevisite wird von der
Pflegedienstleitung durchgeführt. Die jeweilige Bezugspflegekraft
nimmt ebenfalls teil.
-
Im Rahmen der Ausbildung kann die Rolle der
Bezugspflegekraft auch von einer Altenpflegeschülerin wahrgenommen
werden. In diesem Fall sind auch der Mentor bzw. der Praxisanleiter
anwesend.
-
Bei komplexen Krankheitsbildern wird ggf.
auch der Hausarzt eingeladen. Bei der Terminplanung für die
Pflegevisite richten wir uns nach dessen Wünschen.
-
Falls gewünscht nehmen Angehörige und der
Betreuer an der Pflegevisite teil.
Organisation
-
Wir legen folgende Unterlagen bereit:
-
Checkliste Pflegevisite AEDL
-
Pflegedokumentation
-
Wir prüfen die Dokumente auf Vollständigkeit.
-
Die Bezugspflegekraft stellt offene Fragen
zusammen, die im Rahmen der Pflegevisite geklärt werden sollen.
Beispiel: "Ist es sinnvoll, jetzt eine Höherstufung in die
Pflegestufe 2 zu beantragen?"
-
Die Pflegedienstleitung und die
Bezugspflegekraft besprechen unter vier Augen alle Punkte, die nicht
vor dem Bewohner erörtert werden sollten (z.B. unsicherer Ausgang
einer geplanten Operation, Ablehnung durch andere Mitbewohner,
anstehende Berufung eines Betreuers usw.). Über diese nicht
anzusprechenden Themen werden auch die weiteren teilnehmenden
Pflegekräfte informiert.
-
Die Bezugspflegekraft wird mit der
Dokumentation der Pflegevisite beauftragt.
-
Für das Gespräch werden mindestens 20 Minuten
und maximal 45 Minuten eingeplant. Die Pflegevisite wird bei der
Dienstplanung berücksichtigt, damit alle Beteiligten ausreichend
Zeit haben.
-
An der Tür des Bewohnerzimmers wird ein
"Bitte nicht stören"-Schild angebracht.
-
Mobiltelefone, Pieper u. Ä. werden abgestellt
oder umgeleitet.
-
Die Pflegevisite sollte möglichst im
Bewohnerzimmer stattfinden.
-
In einem Doppelzimmer sollte der Nachbar für
diese Zeit das Zimmer verlassen (auf Wunsch des Bewohners und sofern
möglich).
Durchführung:
Dialog mit dem Bewohner
-
Der Bewohner wird begrüßt. Die
Pflegedienstleitung fasst noch einmal die Ziele der Pflegevisite
zusammen. Falls der Bewohner Fragen hat, werden diese ausführlich
beantwortet.
-
Das Gespräch sollte empathisch und in aller
Ruhe geführt werden. Störungen von außen sind zu vermeiden.
-
Bei der Pflegevisite werden Fachbegriffe
vermieden. Falls dieses in Einzelfällen nicht möglich ist, werden
diese Bezeichnungen dem Bewohner übersetzt und erklärt.
-
Der Bewohner muss während der Pflegevisite
die Gelegenheit erhalten, selbst zu Wort zu kommen. Die Pflegekräfte
nehmen sich die Zeit, um ihm zuzuhören.
-
Die Teilnehmer setzen sich so, dass sie auf
Augenhöhe mit dem Bewohner sind, also nicht von "oben herab" auf den
Bewohner blicken. Insbesondere stehen die Pflegekräfte nicht neben
dem Bett.
-
Die Teilnehmer sitzen so, dass sie dem
Bewohner die Vorderseite zuwenden.
-
Wir erfragen, wie der Bewohner seine eigene
Situation einschätzt.
-
Wir klären, wie der Bewohner die
Zusammenarbeit mit Ärzten und Therapeuten empfindet.
-
Der Bewohner wird nach seinen Wünschen
befragt. Im Dialog wird besprochen, inwieweit sich diese umsetzen
lassen.
-
Der Bewohner kann zudem Kritik üben und
Verbesserungsvorschläge anbringen. Wichtig ist auch zu erfahren, ob
der Bewohner oder seine Angehörigen in der Vergangenheit bereits
Kritik äußerten und wie mit dieser Beschwerde umgegangen wurde.
-
Explizit befragt wird der Bewohner zu seiner
Zufriedenheit mit folgenden Bereichen:
-
soziale Betreuung und Freizeitgestaltung
-
Qualität der Küche
-
Freundlichkeit des Personals
-
Sauberkeit und Hygiene
-
Bewertung unserer Verwaltung
-
Wir machen den Bewohner darauf aufmerksam,
dass er im Rahmen unseres Beschwerdemanagements Beschwerden auch
anonym vortragen kann ("Kummerbriefkasten").
-
Ggf. werden konkrete Absprachen mit dem
Bewohner zum weiteren Pflegeprozess getroffen. Wenn der Bewohner
Absprachen aus früheren Pflegevisiten konsequent befolgt hat, so
wird dieser ausdrücklich dafür gelobt.
-
Am Ende können der Bewohner und ggf. seine
Angehörigen Fragen stellen, die von den Pflegekräften richtig und
umfassend beantwortet werden.
-
Auf Wunsch des Bewohners stehen wahlweise die
Bezugspflegekraft oder die Pflegedienstleitung für ein
Vier-Augen-Gespräch zur Verfügung, etwa dann, wenn Klagen über die
Pflegesituation besprochen werden sollen.
-
Die im Protokoll Pflegevisite "AEDL"
gelisteten Punkte werden erfasst. Die Informationssammlung sollte
dabei möglichst fließend sein und nicht den Charakter eines bloßen
Abfragens haben. Idealerweise wird das Gespräch in freier Form
geführt.
-
Das Protokoll wird zunächst nur
stichwortartig ausgefüllt, damit der Gesprächsfluss nicht gestört
wird. Direkt im Anschluss an die Pflegevisite vervollständigt die
Bezugspflegekraft das Protokoll.
Beurteilung des Pflegezustandes
Anhand der Pflegedokumentation sowie
durch persönliche Inaugenscheinnahme verschafft sich die
Pflegedienstleitung einen Eindruck zum Gesundheitszustand des Bewohners.
Zentrale Kriterien sind:
-
Allgemeinzustand
-
Ernährungszustand
-
Hautzustand
-
optisches Erscheinungsbild, insbesondere der
Zustand der Finger- und Fußnägel, der Frisur, der Kleidung usw.
-
Umfang und Lokalisation etwaiger Ödeme
-
Umfang und Lokalisation etwaiger Dekubiti
-
Bewusstseinszustand
-
Stimmungslage
Beurteilung der Pflegedokumentation
Die Pflegedienstleitung nutzt die
Pflegevisite, um den Zustand der Pflegedokumentation stichprobenartig zu
überprüfen. Diese muss den Zustand des Bewohners korrekt widerspiegeln.
Relevante Punkte sind:
-
Vollständigkeit der Pflegedokumentation
-
Lesbarkeit der Eintragungen (Handschriften
einzelner Mitarbeiter können mitunter nur schwer zu "entziffern"
sein).
-
korrekte Formulierung von Zielen und
Maßnahmen sowie deren logische Verknüpfungen
-
Aktualität der Dokumentation, insbesondere
des Pflegeberichts
(Hinweis: Bei relevanten Hinweisen auf
Dokumentationsmängel kann eine Pflegevisite "Pflegedokumentation"
durchgeführt werden.)
Beurteilung der Bezugspflegekraft
Die Pflegedienstleitung nutzt die
Pflegevisite, um die Arbeit der Bezugspflegekraft stichprobenartig zu
überprüfen. Relevante Punkte sind:
-
Wie geht die Bezugspflegekraft mit dem
Bewohner um?
-
Ist der Gesprächsstil mit dem Bewohner
angemessen?
-
Gibt es eine aktivierende Pflege, die sich an
den individuellen Problemen und Ressourcen des Bewohners orientiert?
-
Werden die Pflegemaßnahmen fachgerecht
durchgeführt?
-
Werden Pflegehilfsmittel angemessen
eingesetzt?
(Hinweis: Bei relevanten Hinweisen auf mangelhafte
Pflege kann eine Pflegevisite "Überprüfung der direkten Pflege"
durchgeführt werden.)
Nachbereitung:
Anhand der Ergebnisse
der Pflegevisite wird ggf. die Pflegeplanung aktualisiert.
-
Ggf. werden weitere Pflegehilfsmittel
beschafft.
-
Die Pflegevisite und ihre Ergebnisse werden
sorgfältig dokumentiert.
-
Ggf. wird die Höherstufung des Bewohners
beantragt.
-
Ggf. wird eine Fallbesprechung im größeren
Kollegenkreis angesetzt.
-
Ggf. werden weitere Spezialisten
hinzugezogen, etwa Krankengymnasten, Ernährungsberater,
Stomatherapeuten usw.
-
Ggf. wird der Hausarzt über relevante
Ergebnisse informiert.
-
Sofern Pflegefehler auf mangelndem Fachwissen
basieren, wird der Fort- und Weiterbildungsplan aktualisiert.
-
Probleme bei der Durchführung von
Pflegevisiten werden im Qualitätszirkel diskutiert.
-
Der Termin für die nächste Pflegevisite wird
festgelegt.
Dokumente:
-
Pflegedokumentation
-
Protokoll Pflegevisite "AEDL"
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
-
Pflegefachkraft (Bezugs- oder
Bereichspflegekraft)
-
Pflegedienstleitung
(Hinweis: Der MDK empfiehlt, dass diese Aufgabe
von Mitarbeitern übernommen wird, die über organisatorische und soziale
Kompetenz verfügen. Im Umkehrschluss heißt das nichts anderes, als dass
die Bezugs- oder Bereichspflegekräfte möglichst ein Seminar zur
Gesprächsführung absolviert haben sollten.)
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