Diese Seiten wurden für Smartphones optimiert.
Für die PC-Version
klicken Sie bitte hier.
Standard "Pflege
von Senioren mit Prostatakarzinom"
Mit seinen Ansichten zum Prostatakarzinom
sorgte der Krebsarzt Julius Hackethal in den 80er Jahren für
viel Verunsicherung bei betroffenen Patienten. Viele Erkrankte
verweigern heute eine Operation, weil sie wegen eines "harmlosen
Haustierkrebses" ihre Manneskraft und Kontinenz nicht riskieren
möchten. In einem Standard haben wir den aktuellen Stand der
Medizin zur Vorsorge, Beratung und Nachsorge zusammengefasst.
Standard "Pflege
von Senioren mit Prostatakarzinom"
Definition:
-
Das Prostatakarzinom ist ein langsam
wachsendes Adenokarzinom (von Drüsen oder Schleimhautepithelien
ausgehender bösartiger Tumor). In den meisten Fällen erkranken
Männer, die älter als 50 Jahre sind. Das Prostatakarzinom ist die
häufigste Krebserkrankung des Mannes und die dritthäufigste
tumorbedingte Todesursache. Die genauen Auslöser sind noch nicht
geklärt, allerdings scheint ein hormoneller Einfluss sehr
wahrscheinlich.
-
Das Prostatakarzinom breitet sich zunächst
innerhalb der Prostata aus. Später befällt es die Bläschendrüsen und
das Beckenbindegewebe. Mitunter werden das Rektum, die Harnblase und
die Urethra geschädigt. Durch Metastasierung breitet sich der Tumor
schließlich im Skelett, in der Leber und in der Lunge aus.
Grundsätze:
-
Ein Prostatakarzinom ist kein Tabuthema.
-
Unvermittelt auftretende Rückenschmerzen, die
auf keine Therapie ansprechen, sind immer ein ernstzunehmender
Indikator für ein Prostatakarzinom.
-
Wir sind davon überzeugt, dass Operationen
nicht um jeden Preis erfolgen sollten. Wenn ein Eingriff keine
relevante Verbesserung der Lebenserwartung oder der Lebensqualität
bringt, sollte die Operation unterbleiben.
Ziele:
-
Ein Prostatakarzinom wird rechtzeitig
erkannt. Der Bewohner wird geheilt.
-
Der Bewohner erholt sich von den Folgen einer
Operation und erleidet keine Komplikationen.
-
Das Selbstwertgefühl des Bewohners bleibt
gewahrt.
Vorbereitung:
achten auf Symptome
Wir achten auf Symptome, die für ein
Prostatakarzinom sprechen. Diese treten allerdings zumeist erst in
späteren Stadien auf.
-
Blasenentleerungsstörungen, insbesondere
Dysurie (erschwerte und ggf. schmerzhafte Blasenentleerung)
-
Hämaturie (Blutspuren im Urin)
-
Kreuz- und Rückenschmerzen vergleichbar mit
einem Ischiassyndrom
-
Atemnot
Deutlich wichtiger ist, dass alle Bewohner die
kostenfreie Krebsvorsorgeuntersuchung in Anspruch nehmen. Dieses auch
dann, wenn der Bewohner bislang beschwerdefrei ist.
Durchführung:
Pflege nach einer radikalen
Prostatektomie
Wenn das Prostatakarzinom noch auf
die Prostata beschränkt ist, kann der Betroffene durch eine radikale
Prostatektomie geheilt werden. Dafür wird die komplette Prostata samt
Bläschendrüsen und Prostatakapsel entfernt.
-
In 50 Prozent der Fälle ist eine Impotenz zu
erwarten. Sofern der Bewohner sexuell noch aktiv war, kann es zu
Depressionen oder Partnerschaftsproblemen kommen. Wir stehen dem
Bewohner jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung und vermitteln
insbesondere den Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe.
-
Nach einer radikalen Prostatektomie wird
zumeist ein transurethraler Dauerkatheter gelegt, der bis zu 21 Tage
zwischen dem Harnröhrenstumpf und der Blase verbleibt. Ein
Herausrutschen sollte vermieden werden. Falls dieses doch geschieht,
wird umgehend der Arzt informiert. In keinem Fall darf die
Pflegekraft den Katheter eigenmächtig wieder einführen.
-
Darmrohre, Suppositorien und Klistiere dürfen
nicht eingesetzt werden.
-
Nach Entfernung des Katheters tritt bei
vielen Betroffenen eine zeitweilige Stressinkontinenz auf, die
entsprechend von uns versorgt wird.
-
Jeder zehnte Operierte ist nach dem Eingriff
ein Jahr oder gar bleibend inkontinent. Wir achten daher auf eine
umfassende Inkontinenzversorgung. Durch persönliche Gespräche
versuchen wir das Selbstwertgefühl des Bewohners zu stärken. Die
Durchführung von Krankengymnastik kann die Kontinenz wieder
herstellen.
-
Die Wundheilung dauert rund sechs bis acht
Wochen. Innerhalb dieser Zeit sollten starke Temperaturschwankungen
(etwa in der Sauna oder bei Wechselbädern) vermieden werden.
-
Der Bewohner darf die Bauchpresse nicht zur
Darmentleerung einsetzen. Aus diesem Grund ist oftmals die Gabe
eines leichten Abführmittels sinnvoll.
-
Der Bewohner darf keine schweren Gegenstände
anheben.
-
Schon geringste Mengen Blut können Urin
verfärben. Wir machen den Bewohner auf diesen Umstand aufmerksam,
damit er nicht in Panik verfällt. Wir fordern ihn auf, bei
entsprechenden Beobachtungen die Pflegekräfte anzusprechen.
-
Aus Angst, als Folge der Operation impotent
zu sein, führen einige Betroffene einen „Selbsttest“ durch und
onanieren. Sofern keine medizinischen Belange diesem entgegenstehen,
lassen wir ihn gewähren. Es kann dabei allerdings zu leichten
Nachblutungen kommen.
Hormontherapie
Das männliche Geschlechtshormon
Testosteron fördert das Wachstum von Prostatakarzinomen. Ein radikaler
Entzug des Hormons kann daher das Krankheitsbild deutlich verbessern.
-
Wenn beide Hoden entfernt werden (bilaterale
Orchiektomie), kommt es zu Libido- und Erektionsverlust. Viele
Betroffene berichten zudem über Hitzewallungen.
-
Die Nutzung von Antiandrogenen (hemmen
männliche Sexualhormone) bringt zahlreiche Nebenwirkungen mit sich.
-
Häufig leiden Betroffene unter Müdigkeit,
Antriebsminderung und Konzentrationsstörungen.
-
Mitunter treten auch vorübergehende
innere Unruhe oder depressive Verstimmungen auf.
-
Der Bewohner kann unter Hitzewallungen
und Schweißausbrüchen leiden.
-
Das Körpergewicht muss regelmäßig
ermittelt werden.
-
Es kann zu einer Gynäkomastie kommen,
also einer Vergrößerung der männlichen Brustdrüse.
-
Falls keine der vorherigen Therapien wirkt,
kann Estramustin verabreicht werden. Dieses unterdrückt nicht nur
das männliche Geschlechtshormon, sondern hat auch zytostatische
Wirkung. Die Nebenwirkungen sind vielfältig:
-
Zu Beginn der Behandlung können Übelkeit
und Erbrechen sowie selten Durchfall auftreten.
-
Sofern das Herz oder die Gefäße bereits
geschädigt sind, kann sich dieses Krankheitsbild verschlechtern.
-
Aufgrund der hormonellen Wirkung kann
sich vermehrt Wasser im Gewebe einlagern. Es bilden sich Ödeme.
-
Wenn der Bewohner unter Fieber,
Halsschmerzen, Juckreiz, ungewöhnlichen Blutungen oder
Blutergüssen leidet, sollte er sicherheitshalber einem Arzt
vorgestellt werden.
-
Es kommt gehäuft zu Thromboembolien.
-
Eher selten kommt es zu Kopfschmerzen,
Verwirrung, Hautauschlägen und Juckreiz.
-
Die Östrogenbehandlung wird wegen der vielen
schweren Nebenwirkungen heute nicht mehr durchgeführt.
Nachbereitung:
Prognose
-
Eine Hormontherapie muss oftmals bis zum
Lebensende fortgesetzt werden.
-
Wenn die Erkrankung in einem frühen Stadium
erkannt wird, beträgt die 10-Jahres-Überlebensrate rund 70 bis 80
Prozent.
-
Wenn der Tumor bereits metastasierte, sinkt
die durchschnittliche Lebenserwartung auf 20 Monate.
weitere Maßnahmen
-
Alle Leistungen werden dokumentiert.
-
Ggf. wird die Pflegeplanung aktualisiert.
-
Relevante Beobachtungen werden dem Hausarzt
und der Pflegedienstleitung weitergemeldet.
-
Die Ergebnisse und Erfahrungen werden
regelmäßig in Fallbesprechungen und in der Dienstübergabe
diskutiert.
Dokumente:
-
Durchführungsnachweis
-
Berichtsblatt
-
Vitalzeichenkontrollblatt
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
|