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Standard "Pflege von Senioren mit chronischem Sodbrennen / Refluxösophagitis"

Ernährung umstellen oder doch lieber die schnelle Pille nach dem Essen? Viele vom chronischen Sodbrennen geplagte Senioren vertrauen auf Medikamente aus der Fernsehwerbung. Langfristig jedoch hilft gegen Refluxösophagitis nur eine umfassende Strategie.


Standard "Pflege von Senioren mit chronischem Sodbrennen / Refluxösophagitis"


Definition:

  • Bei einem gastroösophagealen Reflux kommt es zu einem wiederholten Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre. Auslöser dafür ist zumeist ein unvollständiger Verschluss des unteren Speiseröhrensphinkters.
  • Die aggressive Magensäure fließt in die Speiseröhre und schädigt das Plattenepithel der Speiseröhrenschleimhaut. Daraus kann sich eine Entzündung entwickeln (Refluxösophagitis), die oftmals einen chronischen Verlauf nimmt.
  • Jeder zehnte Deutsche leidet unter einer Refluxösophagitis.

Grundsätze:

  • Jeder Bewohner hat das Recht, sein Leben und insbesondere auch sein Essverhalten eigenverantwortlich zu gestalten.
  • Ohne eine langfristige Umstellung der Lebensgewohnheiten wird sich die Symptomatik nicht bessern.
  • Eine Selbstmedikation mit rezeptfreien Medikamenten ist keine Alternative zu einer umfassenden ärztlichen Behandlung.

Ziele:

  • Die akuten Beschwerden klingen ab. Durch eine langfristige Strategie wird ein Wiederauftreten der Symptomatik vermieden.
  • Der Einsatz von Medikamenten sowie ein operativer Eingriff werden durch eine Umstellung der Ernährung und anderer Faktoren vermieden.
  • Häufige Komplikationen der Refluxösophagitis werden vermieden, insbesondere Blutungen aus Geschwüren, narbige Strikturen (Einengungen) der Speiseröhre sowie maligne Entartungen der chronisch entzündeten Schleimhaut.

Vorbereitung:

Wir achten auf Symptome, die für eine sich entwickelnde Refluxösophagitis sprechen:

  • Der Bewohner klagt zunächst über Magenschmerzen, Luftaufstoßen, Sodbrennen sowie ein saures Aufstoßen. Die Symptomatik ist besonders intensiv nach einer Nahrungsmittelaufnahme. Aber auch das Liegen oder Bücken verstärkt die Beschwerden.
  • Es kommt später zu Beschwerden beim Schlucken. Der Bewohner berichtet von Schmerzen, deren Ausgangspunkt hinter dem Brustbein liegt. Zu den weiteren Krankheitszeichen zählen Reizhusten, Heiserkeit, asthmaähnliche Luftnot sowie ein Zurückströmen von Nahrung aus dem Magen in die Mundhöhle (Regurgitation)

Durchführung:

Umstellung der Ernährung und des Konsums von Genussmitteln

  • Der Bewohner sollte beim Essen sitzen. Ist es nicht möglich, den Bewohner für die Mahlzeit aus dem Bett zu mobilisieren, so wird zumindest das Kopfteil hochgestellt und der Oberkörper aufgerichtet.
  • Drei Stunden vor dem Zubettgehen sollte der Bewohner keine Speisen mehr zu sich nehmen. Der Termin für das Abendessen wird ggf. angepasst.
  • Der Bewohner sollte statt der drei Hauptmahlzeiten bevorzugt fünf kleinere Mahlzeiten zu sich nehmen.
  • Lebensmittel, die die Produktion von Magensäure forcieren, werden gemieden. Dazu zählen insbesondere Kaffee, Alkohol und Süßspeisen. Stattdessen sollte der Bewohner Speisen mit einem geringen Kohlenhydrat- und Fettanteil bevorzugen. Eiweißreiche Nahrung führt zu einer gesteigerten Produktion von Gastrin. Dieses Peptidhormon löst einen erhöhten Tonus des Speiseröhrensphinkters aus.
  • Der Bewohner sollte säurehaltige Getränke meiden, etwa Obstsäfte oder Wein. Problematisch ist auch der Konsum von kohlensäurehaltigen Getränken.
  • Wir streben eine Normalisierung des BMI an. Insbesondere sollte etwaiges Übergewicht durch eine angepasste Ernährung abgebaut werden, da dadurch der Druck auf den unteren Speiseröhrensphinkter reduziert wird.
  • Der Alkoholkonsum wird auf ein Minimum reduziert.
  • Der Bewohner sollte das Rauchen einstellen oder zumindest signifikant reduzieren. Nikotin fördert die Vasokonstriktion (Gefäßverengung). In der Folge wird die Speiseröhrenschleimhaut schlechter durchblutet und ist somit anfälliger für Schädigungen durch die Magensäure.

nicht-medikamentöse Maßnahmen

  • Wir prüfen, ob natürliche Behandlungsmethoden das Sodbrennen lindern. Wir bieten dem Bewohner ein Glas verdünnte, warme Milch sowie ein Stück Weißbrot an.
  • Bei akuten Beschwerden verschaffen Heilerde und Basenpulver oftmals Linderung. Die langfristige Einnahme dieser Präparate hingegen ist nicht sinnvoll, da diese Wirkstoffe letztlich zu einer Erhöhung der Säureproduktion führen.

medikamentöse Therapie

  • Wir raten dem Bewohner von der eigenmächtigen Einnahme rezeptfreier Medikamente ab.
  • Wir stellen sicher, dass die ärztlich verordneten Medikamente regelmäßig eingenommen werden. Insbesondere bei stärkeren Beschwerden können Protonenpumpenblocker oder H2-Blocker die Symptomatik bessern.
  • Soweit nicht anders verordnet sollte der Bewohner Antazida 1 bis 2 Stunden nach der Mahlzeit sowie 1 bis 2 Stunden vor dem Zubettgehen einnehmen. Prokinetika sollten 15 bis 30 Minuten vor dem Essen eingenommen werden.
  • Wir prüfen, ob der Bewohner Medikamente einnimmt, deren Nebenwirkungen die Refluxösophagitis befördern. Dieses ist insbesondere bei Anticholinergika, Nitraten, Kalziumantagonisten sowie Theophyllin zu befürchten. Auch Pfefferminz sollte vermieden werden.
  • Wir achten darauf, dass alle Medikamente mit ausreichend Wasser eingenommen werden. Unterbleibt dieses, bleiben viele Arzneimittel "auf halber Strecke" an der Schleimhaut der Speiseröhre haften und reizen diese.

Nebenwirkungen:

Wir stellen uns auf die häufigsten Nebenwirkungen ein.

  • Protonenpumpenhemmer: Übelkeit, Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Schwindel, Blutbildveränderungen sowie Geschmacksstörungen
  • H2-Antagonisten: Übelkeit, Durchfall, Verstopfung, Kopfschmerzen und Kraftlosigkeit
  • Prokinetika: Durchfall, Bauchschmerzen, bei hohen Dosierungen ggf. ZNS-Symptome wie etwa Bewegungsstörungen sowie Unruhezustände und depressive Verstimmungen
  • Antazida: bei hoher Dosierung Durchfall oder Verstopfungen

Umstellung der Schlafgewohnheiten

  • Der Bewohner soll sich nicht unmittelbar nach einer Mahlzeit hinlegen. Wir animieren den Bewohner, sich im Rahmen seiner körperlichen Fähigkeiten zu bewegen, also etwa spazieren zu gehen.
  • Der Bewohner soll nachts mit leicht erhöhtem Oberkörper schlafen. Dafür wird das Kopfteil des Bettes um mindestens 10 bis 15 cm aufgestellt. Eine Rechtsseitenlage ist einer Linksseitenlage vorzuziehen.

weitere Maßnahmen

  • Der Bewohner soll sich nicht bücken, sondern in die Hocke gehen. Wenn der Oberkörper nach vorne kippt, fördert dieses den Übertritt von Mageninhalt in die Speiseröhre.
  • Der Bewohner sollte lockere Kleidung bevorzugen. Enge Gürtel, Korsetts u. Ä. sollten nicht genutzt werden.
  • Die Maßnahmen in Rahmen der Obstipationsprophylaxe werden intensiviert. Ein gefüllter Darm sowie das Pressen beim Stuhlgang führen zu einer Steigerung des abdominalen Drucks.
  • Soweit möglich sollte der Bewohner Stress vermeiden. Wir vermitteln dem Bewohner ggf. Entspannungstechniken wie etwa autogenes Training.
  • Chronischer Husten wird konsequent behandelt, da die Bauchpresse das Eindringen von Magensäure in die Speiseröhre fördert.

Nachbereitung:

Prognose

  • Eine Therapie mit Protonenpumpenhemmern sollte innerhalb von zwei Wochen zur Beschwerdefreiheit führen. Allerdings kommt es bei einer Vielzahl der Betroffenen zu einem Rezidiv. Daher ist es sinnvoll, durch eine niedrig dosierte Dauermedikation ein Wiederauftreten der Refluxösophagitis zu vermeiden. Alternativ kann der behandelnde Arzt eine Bedarfsmedikation vorgeben, die bei einem Rezidiv ohne erneute ärztliche Konsultation verabreicht werden kann.
  • Wenn weder die Änderung der Lebensgewohnheiten noch eine medikamentöse Therapie eine Besserung der Symptomatik bringen, ist häufig ein operativer Eingriff erforderlich; etwa eine Verengung des Mageneingangs (Fundoplicatio nach Nissen).
  • Bleibt eine schwere Refluxösophagitis unbehandelt, entwickelt sich in 10 bis 20 Prozent aller Fälle ein Barrett-Ösophagus, eine Vorstufe des Ösophaguskarzinoms.

weitere Maßnahmen

  • Alle relevanten Beobachtungen werden dokumentiert. Dazu zählen insbesondere die Reaktionen auf die medikamentösen und nicht-medikamentösen Behandlungsmaßnahmen.
  • Die Pflegeplanung wird regelmäßig an den Gesundheitszustand des Bewohners angepasst.
  • Der Zustand des Bewohners wird regelmäßig im Rahmen einer Teambesprechung thematisiert.

Dokumente:

  • Trink- und Ernährungsprotokoll
  • Ernährungsplan
  • Vitaldatenblatt (Gewicht)
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • Pflegekräfte
  • Hauswirtschaftskräfte