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Notfallstandard "Schlaganfall (apoplektischer Insult)"

Wenn ein Senior erste Symptome eines Schlaganfalles zeigt, stehen Pflegekräfte vor der Wahl: Sofort einen Notarzt rufen und riskieren, (immer mal wieder) einen Fehlalarm auszulösen? Oder abwarten, wie sich der Zustand entwickelt? Ein guter Standard verbessert die Chancen, dass trotz Hektik und Aufregung die richtige Entscheidung getroffen wird.


Notfallstandard "Schlaganfall (apoplektischer Insult)"


Definition:

In Folge einer interzerebralen Blutung oder eines thrombotischer Verschlusses kann es im Gehirn zu einer akuten Minderdurchblutung kommen. Je nach Lokalisation der Schädigung sind unterschiedliche Symptome die Folge. Etwa: Schwindelgefühle, Erbrechen, Gesichtslähmungen, Sehstörungen, Sprachstörungen, Missempfindungen oder die Lähmung einer Körperhälfte. Bedeutungsgleich sind die Begriffe Hirninfarkt, Apoplexie, apoplektischer Insult, zerebrovaskulärer Insult und zerebrale Ischämie.

  • Ein Frühwarnzeichen für einen nahenden Schlaganfall ist "TIA" (transitorische ischämische Attacke). Die Symptome ähneln denen eines Schlaganfalls. Häufig treten eine Hemiparese (inkomplette Lähmung einer Körperhälfte) sowie eine Monoparese (Lähmung einer einzelnen Extremität) auf. In vielen Fällen erleiden Betroffene flüchtige Sehstörungen, sowie Aphasie (zentrale Sprachstörung) und Apraxie (Störung von Handlungen oder Bewegungsabläufen). Die Symptome halten wenige Minuten bis 24 Stunden an.
Ohne eine entsprechende Reduktion der Risikofaktoren und eine medizinische Behandlung steigt das Risiko, dass TIA wiederholt auftritt und letztlich in einen Schlaganfall übergeht. Jedes Jahr erleiden rund 200.000 Deutsche einen Schlaganfall. Rund 20 Prozent der Betroffenen verstirbt innerhalb von vier Wochen. Bei 70 Prozent bleiben Schädigungen zurück, jeder Fünfte davon wird dauerhaft zum Pflegefall.

Grundsätze:

  • Wenn hinreichende Anzeichen für einen Schlaganfall sprechen, wird immer ein Notarzt gerufen. Die Folgen eines oder ggf. auch mehrerer Fehlalarme wiegen weniger schwer als eine verzögerte Behandlung bei einem echten Notfall.
  • Der Notruf erfolgt auch dann, wenn der Bewohner diesen nicht wünscht, etwa weil er die Gefährdung nicht korrekt einschätzt.
  • Bei einem Schlaganfall geht es zwar um Minuten, dennoch dürfen Maßnahmen nicht überhastet werden.
  • Die schriftliche Patientenverfügung wird beachtet, insbesondere bei Reanimationen.

Ziele:

  • Ein Schlaganfall wird schnell und korrekt erkannt.
  • Bis zum Eintreffen des Notarztes wird der Bewohner korrekt versorgt.
  • Der Notarzt und die Klinikärzte erhalten alle für die Behandlung notwendigen Informationen.
  • Die Folgen des Schlaganfalls werden auf ein Minimum reduziert.

Vorbereitung:

Risikoabschätzung

Wir stellen zusammen, welchen Risiken der Bewohner bislang ausgesetzt war. Je mehr Belastungsfaktoren zutreffen, umso wahrscheinlicher ist es, dass bei entsprechenden Symptomen tatsächlich ein Schlaganfall die Ursache ist.

  • hohes Lebensalter
  • Arteriosklerose
  • Hypertonie
  • Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus
  • Adipositas
  • Bewegungsmangel oder Bettlägerigkeit
  • Hyperlipidämie (Erhöhung der Blutfettwerte)
  • Rauchen
  • Blutgerinnungsstörungen
  • Herzerkrankungen (insbesondere Vorhofflimmern und Herzrhythmusstörungen)
  • kurz zurückliegende Infusionen oder Transfusionen
  • Flüssigkeitsmangel
  • mentaler Stress

Symptome bei einem Schlaganfall

Wir achten auf Symptome für einen Schlaganfall. Je mehr der hier gelisteten Krankheitszeichen auftreten, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Schlaganfalls.


physische Symptome

  • Die willkürlichen Bewegungen sind gelähmt.
  • Hemiparese (inkomplette Lähmung einer Körperhälfte)
  • Hemiplegie (vollständige Lähmung einer Körperhälfte)
  • typische "Schlaganfall-Haltung" (sichtbare Veränderungen sind zumeist auf eine Körperseite beschränkt):
    • Eine Schulter und das Becken sind nach hinten gezogen.
    • Der Rumpf ist einseitig verkürzt.
    • Der Arm ist "nach innen" gedreht.
    • Der Ellenbogen ist in Beugestellung.
    • Die Finger sind gebeugt.
    • Der Daumen wird nahe am Körper geführt.
    • Das Bein ist gestreckt.
    • Der Fuß hängt schlaff durch.
    • Der Innenrand des Fußes ist hochgezogen.
  • Die Stütz- und Gleichgewichtsreaktionen sind gestört. Der Bewohner kann weder aufrecht stehen noch sitzen.
  • Bewegungen verlaufen zur gelähmten Seite hin.
  • Das Gesicht wirkt asymmetrisch in Folge einer Gesichtsnervenlähmung.
    • Ein Mundwinkel hängt einseitig schlaff herab.
    • Die Falte zwischen Nase und Oberlippe ist einseitig verstrichen.
    • Ein Augenlid "hängt".
    • Beim Ausatmen wölbt sich eine Wange einseitig (sog "Tabakblasen".
  • Der Bewohner leidet unter Schluckstörungen bis hin zur Schlucklähmung.
  • Die Zungenmuskulatur ist gelähmt.
  • Der Bewohner ist stuhl- und urininkontinent.
  • Augen und Kopf weichen zur gelähmten Körperhälfte ab.
  • Der Bewohner klagt unvermittelt über extreme, fast betäubende Kopfschmerzen.
  • Cheyne-Stokes-Atmung (rhythmisch variierende, zu- und abnehmende Atemfrequenz. Das Atemzugvolumen sowie Atempausen sind unregelmäßig.)
  • Biot-Atmung (Kräftige Atemzüge von gleicher Tiefe werden durch unvermittelt auftretende Atempausen unterbrochen.) akutes Kreislaufversagen (Schock)

psychische Symptome

  • Verwirrungszustände, Bewusstseinseintrübung bis hin zur Bewusstlosigkeit
  • Depressionen
  • aggressives Verhalten
  • Labilität
  • Gedächtnisstörungen
  • Angst bis hin zur Panik
  • Anosognosie (Unfähigkeit, eine eigene Erkrankung bzw. die vorhandenen Funktionsausfälle zu erkennen)

neurologische Symptome

  • Das vegetative Nervensystem ist beeinträchtigt. Folgen:
    • Schwitzen
    • Blutdruck erhöht
    • Herzrhythmusstörungen
    • Blutzuckerspiegel erhöht
    • Speichelfluss aus dem Mundwinkel an der gelähmten Seite
  • Schwäche und Missempfindungen, insbesondere im Gesicht und in den Armen.
  • Aphasie (zentrale Sprachstörung)
  • Dysarthrie (Sprechstörung)
  • Aufmerksamkeitsstörungen
  • räumliche Orientierungsstörungen (Entfernungen und Größenverhältnisse werden falsch eingeschätzt. Der Bewohner ist nicht mehr in der Lage, nach Dingen zu greifen.)
  • Hemianopsie (Halbseitenblindheit mit Ausfall einer Hälfte des Gesichtsfelds)
  • Apraxie (Störung von Handlungen oder Bewegungsabläufen)
  • Neglect (halbseitige Vernachlässigung des eigenen Körpers oder der Umgebung)
  • Alexie (Unfähigkeit, den Sinn von Gelesenem bei funktionierendem Sehvermögen zu erfassen)
  • Akalkulie (Rechenstörung bei intakter Intelligenz)
  • Der Bewohner ist nicht in der Lage, Pflegekräfte, Angehörige oder Mitbewohner zu erkennen.
  • Das Erinnerungsvermögen ist eingeschränkt.
  • Das Geruchs- und Geschmacksvermögen ist ausgefallen oder stark eingeschränkt.
  • Auf einer Körperseite ist der Bewohner nicht mehr in der Lage, Berührungen, Wärme-, Kälte- oder Schmerzreize zu erspüren.

Durchführung:

Wenn der hinreichende Verdacht auf einen Schlaganfall besteht, wird umgehend gehandelt.

  • Der Bewohner wird in sein Bett gebracht.
  • Ein Bewohner bei vollem Bewusstsein wird in die Rückenlage gebracht.
  • Ein bewusstloser Bewohner wird in eine stabile Seitenlage gebracht. Die Atemwege müssen freigehalten werden.
  • Die Zahnprothese wird entfernt.
  • Der Hausarzt wird nur dann gerufen, wenn er sich in unmittelbarer Nähe befindet und (wichtig!) kein Zeitverlust entsteht. Ansonsten wird immer der Notarzt alarmiert.
  • Der Bewohner wird nicht allein gelassen. Die Pflegekräfte versuchen ihn zu beruhigen.
  • Einengende Kleidungsstücke werden geöffnet.
  • Die Vitaldaten werden ermittelt, insbesondere Blutdruck, Puls, Blutzucker und Körpertemperatur
  • Die Krankenhauseinweisung wird gemäß Standard vorbereitet.
  • Angehörige und Betreuer werden informiert. Falls möglich sollten diese den Bewohner ins Krankenhaus begleiten.
  • Der chronologische Verlauf der bisher aufgetretenen Symptome wird kurz zusammengefasst. (Etwa: "7.30 Uhr: Bewohner klagt über massive Kopfschmerzen, 7.40 Uhr: Bewohner verliert das Gleichgewicht und stürzt vom Stuhl usw.)
  • Eine Liste aller Medikamente, die der Bewohner in den letzten 48 Stunden genommen hat, wird zusammengestellt.

Nachbereitung:

  • nach Abfahrt des Bewohners im Rettungstransportwagen:
    • Das Ereignis wird sorgfältig dokumentiert.
    • Die Pflegedienstleitung und die Heimleitung werden (sofern noch nicht geschehen) informiert.
  • Der Verlauf der Geschehnisse von den ersten Symptomen bis zum Eintreffen des Notarztes wird im Team noch einmal besprochen. Ziel ist es, ggf. aufgetretene Versäumnisse zu finden.

Dokumente:

  • Berichtsblatt
  • Vitaldatenblatt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  •  alle Pflegekräfte