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Standard "Umgang
mit ‚schwierigen' und unkooperativen Senioren"
Die freundliche Oma mit der stets
gefüllten Pralinenschachtel am Pflegebett ist nur eine Seite der
Medaille. Manch Senior versteht es, mit ständigen Nörgeleien und
mangelndem Kooperationswillen seine Bezugspflegekraft an den
Rand eines Burn-out-Syndroms zu bringen.
Standard "Umgang
mit ‚schwierigen' und unkooperativen Senioren"
Definition:
-
Der alltägliche Kontakt zwischen Bewohner und
Pflegekraft unterliegt wie jede andere Beziehung einem Wechselspiel
zwischen Sympathie und Antipathie. Aufgrund des
Abhängigkeitsverhältnisses treten Spannungen hier jedoch besonders
schnell und heftig auf.
-
Bei Demenzpatienten tragen
Beziehungsstörungen zum Abbau der geistigen Fähigkeiten bei. Dieses
etwa wenn eine Pflegekraft den Bewohner in der Öffentlichkeit
kritisiert und korrigiert. Das Ausüben von Zwang sowie ein ruppiger
Umgangston können den "Rückzug in die Innenwelt" beschleunigen.
Grundsätze:
-
Pflegekräfte haben das Recht auf persönliche
Vorlieben, sie können nicht alle Bewohner mit der gleichen Sympathie
versorgen. Es ist natürlich, wenn Mitarbeiter einzelne Senioren als
sympathisch empfinden und andere als unsympathisch.
-
Gleichwohl haben alle Bewohner unabhängig
davon ein Anrecht auf eine gleichermaßen menschliche Pflege.
-
Jeder Bewohner kann seine Individualität
ausleben, sofern er damit nicht die Lebensqualität der Mitbewohner
und Pflegekräfte unangemessen einschränkt.
-
Wir deuten "schwieriges" Verhalten nicht als
bewusste gegen uns gerichtete Provokation. Vielmehr verstehen wir
diese Handlungen als Aufforderung, uns mit den Pflegeproblemen und
Pflegeressourcen des Bewohners zu beschäftigen.
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Ein Bewohner, der lediglich die Handlungen
der Pflegekräfte hinterfragt und eigene Vorschläge einbringt, ist
nicht "schwierig". Im Gegenteil wünschen wir uns von unseren
Bewohnern, dass sich diese aktiv in den Pflegeprozess einbringen.
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Wir sind uns bewusst, dass das Geschlecht des
Bewohners mitentscheidend ist bei der Frage, ob dieser einer
Pflegekraft sympathisch ist. Tendenziell werden Patienten des
eigenen Geschlechts eher abgelehnt als Patienten des anderen
Geschlechts.
Ziele:
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Konflikte zwischen Bewohnern und
Pflegekräften werden vermieden und bestehende Differenzen abgebaut.
-
Die Individualität unserer Bewohner wird
gefördert.
-
Ein Burn-Out unserer Pflegekräfte wird
vermieden.
Vorbereitung:
Prävention
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"Schwierige" Bewohner erhalten eine geschulte
und erfahrene Bezugspflegekraft. Diese sollte nach Möglichkeit nicht
wechseln.
-
Wir versuchen ein Klima zu schaffen, in dem
sich jeder Bewohner akzeptiert und angenommen fühlen darf. Wir
ermöglichen ihm ein weitgehend selbst bestimmtes Leben.
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Wir achten auf ein gutes Arbeitsklima.
Spannungen unter den Pflegekräften und insbesondere ein rauer
Umgangston können sich auf die Senioren übertragen.
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Unverzichtbar sind Rückzugsmöglichkeiten für
Bewohner, insbesondere wenn diese in einem Zweibettzimmer leben.
Dazu zählt etwa ein Garten oder eine Bibliothek.
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Dauerhafter Lärm kann Aggressionen auslösen
und wird daher vermieden. Dazu zählen Straßenlärm, Lärm aus der
Hauswirtschaft usw.
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Eine Reizüberflutung des Bewohners wird
vermieden. Insbesondere werden unnötig laufende Fernseher und Radios
ausgeschaltet.
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Wir vermeiden weitere aggressionsauslösende
Faktoren, etwa:
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unangenehme Gerüche
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Hitze, insbesondere Temperaturen über
25°C
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unbekannte Geräusche
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Unterzuckerung oder Hunger
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Atemnot
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Austrocknung
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Harnverhalt
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hoher Blutdruck
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Schilddrüsenüberfunktion
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Arzneimittel, insbesondere Nootropika,
aktivierende Antidepressiva oder Coffein-Produkte
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morgendlicher Stress, wenn der Bewohner
noch verlangsamt reagiert
-
unnötige Störungen in der Nacht
-
mangelhafte Schmerzbehandlung
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bedrohlich wirkende Pflegemaßnahmen, wie
etwa das unangekündigte Einführen von Schläuchen
Ursachenforschung
-
Wenn ein Bewohner nur mangelhaftes
Kooperationsverhalten zeigt, versuchen wir die Ursachen für dieses
Verhalten zu ergründen. Möglich sind:
-
Das unkooperative Verhalten ist eine
"Retourkutsche" für einen früheren Konflikt mit der Pflegekraft,
in dem sich der Bewohner nicht durchsetzen konnte.
-
Der Bewohner vertraut auf unzutreffende
Informationen und falsche Ratschläge zu seinem Krankheitsbild.
Diese Fehlinformationen kann er z.B. einer Zeitschrift entnommen
haben. Möglich ist auch, dass er sich mit Freunden oder
Angehörigen ausgetauscht hat.
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Der Bewohner weiß, dass er Unrecht hat,
würde aber durch ein Abrücken von seinem Standpunkt sein Gesicht
verlieren.
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Der Bewohner nimmt eine grundsätzliche
Oppositionshaltung ein. Dieses ist Teil eines in Jahrzehnten
gefestigten Charakterbildes.
-
Das Verhalten soll die wahren Ursachen
verschleiern. Ggf. versucht der Bewohner verschiedene Aspekte
geheim zu halten, die ihm peinlich sind oder vor denen er Angst
hat. Er glaubt, dass die Pflegekraft dafür kein Verständnis
zeigen würde.
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Wir prüfen, ob das "schwierige" Verhalten ein
anderes Problem überdecken soll. Etwa:
-
Depressionen
-
Streit mit Angehörigen, Mitbewohnern usw.
-
Drogen- und Alkoholabhängigkeit
-
psychische Störungen, etwa
Wahnerkrankungen
Hinterfragen der eigenen Einstellung
Wir hinterfragen, warum wir einen
Bewohner als "schwierig" empfinden. Mögliche subjektive(!) Kriterien
können sein:
-
Der Bewohner stellt viele Fragen, deren
Beantwortung viel Zeit in Anspruch nimmt.
-
Innerhalb der Gemeinschaft ist der Bewohner
isoliert, etwa weil er sich an den Heimbetrieb nicht anpassen
möchte.
-
Der Bewohner lehnt verschiedene
Pflegemaßnahmen ab, ohne dass es dafür nachvollziehbare Gründe gibt.
Er muss ständig überzeugt oder überredet werden.
-
Der Bewohner beschwert sich häufig. Er
kritisiert z.B. die Arbeit der Pflegekräfte, die Qualität der
Speisenversorgung oder die Unterbringung.
-
Der Bewohner ist misstrauisch, fürchtet etwa
bestohlen oder vergiftet zu werden.
-
Der Bewohner ist undankbar.
-
Der Bewohner zeigt eine
ängstlich-hypochondrische Grundhaltung.
Durchführung:
-
Pflegekräfte sollten es vermeiden, im
Kollegenkreis einen Bewohner grundlos als "schwierig" o. Ä. zu
bezeichnen. Sie übertragen damit ihre eigene Einschätzung auf
Kollegen, die vielleicht anfangs ein anderes Bild hatten oder sich
noch keinen eigenen Eindruck verschafft haben. Vor allem im Rahmen
der Einarbeitung neuer Mitarbeiter unterbleibt bei der Vorstellung
der Bewohner jede persönlichkeitsbezogene Wertung.
-
Gleichwohl ist es wichtig, sich im
Kollegenkreis über die eigenen Eindrücke und Empfindungen
auszutauschen. Die Pflege und Betreuung sollte innerhalb des Teams
koordiniert werden.
-
Pflegekräfte sollten eindeutig kommunizieren.
Verbal und nonverbal ausgedrückte Botschaften müssen übereinstimmen.
Beispiel: Die Pflegekraft sagt: "Es ist schön Sie zu sehen". Der
Gesichtsausdruck und die verschränkten Arme zeigen jedoch Ablehnung.
-
Die Pflegekraft sollte beim Sprechen stets
den Blickkontakt mit dem Bewohner suchen.
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Es ist hilfreich, sich in die Position des
Bewohners zu versetzen. Die Pflegekraft kann dann abschätzen, wie
dieser das Handeln erlebt.
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Unverzichtbar ist die Beobachtung der Mimik
und der Gestik des Bewohners. Hieran kann die Pflegekraft ablesen,
ob der Bewohner z.B. verärgert oder ängstlich ist.
-
Die Pflegekraft sollte stets die Biografie
des Bewohners beachten und diese in die Betreuung einfließen lassen.
Etwa: War der Bewohner im Berufsleben in leitender Position? War die
Bewohnerin Opfer von Gewalt? All das muss sich auf die Beziehung
zwischen Pflegekraft und Bewohner auswirken.
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Auch wenn der Bewohner im Unrecht ist, muss
die Pflegekraft stets einen Kompromiss suchen. Dieser sollte dem
Bewohner die Möglichkeit lassen, sein Gesicht zu wahren.
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Hilfeleistungen sollten ggf. diskret
angeboten werden, damit der Bewohner diese ohne Gesichtsverlust
annehmen kann. Dieses gilt beispielsweise für die
Inkontinenzversorgung, die nicht vor dritten thematisiert werden
sollte.
Nachbereitung:
-
Alle Beobachtungen werden genau dokumentiert.
Die Beschreibung erfolgt wertfrei. Wir achten insbesondere auf
Veränderungen im Verhalten des Bewohners.
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Wir bieten unseren Pflegekräften regelmäßig
Supervision an.
Dokumente:
Verantwortlichkeit /
Qualifikation:
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