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Standard "Pflege von Senioren mit Sensibilitätsstörungen"

Heißes Badewasser ist nur eine der vielen Gefahren, die Senioren mit Sensibilitätsstörungen drohen. Falsche oder gar fehlende Sinnesreize wirken sich auf viele Pflegebereiche aus. Wir zeigen Ihnen, wie z.B. auch die Sturz- und die Dekubitusprophylaxe implementiert werden können.


Standard "Pflege von Senioren mit Sensibilitätsstörungen"


Definition:

Sensibilitätsstörungen können verschiedene Ursachen haben:

  • Schädigung der Sinnesrezeptoren (etwa in den Fingerspitzen)
  • Störung der Weiterleitung des Reizes von den Sinnesrezeptoren in Richtung Gehirn
  • Beeinträchtigungen bei der Verarbeitung des Reizes im Gehirn
Es werden verschiedene Formen von Sensibilitätsstörungen unterschieden.
  • Hyperästhesie: Schmerz-, Temperatur- und Berührungsreize werden übersteigert intensiv wahrgenommen.
  • Hypästhesie: Sinnesreize werden nur herabgesetzt ("gedämpft") wahrgenommen.
  • Hypalgesie: Die Schmerzempfindlichkeit ist vermindert.
  • Hyperalgesie: Schmerzen werden übersteigert intensiv wahrgenommen.
  • Dysästhesie: Sinneswahrnehmungen werden zwar registriert, dann allerdings fehlerhaft verarbeitet und vom Bewusstsein wahrgenommen. So kann ein Bewohner eine leichte Berührung als schmerzhaft empfinden.
  • Parästhesie: Ohne dass ein auslösender Reiz vorliegt, verspürt der Bewohner subjektive Missempfindungen, also etwa ein Kribbeln, Taubheit, Schmerzen oder Brennen.
Gravierendste Folge der Sensibilitätsstörungen ist der Wegfall des Schutzreflexes bei Druck- oder Schmerzwahrnehmungen. Der Bewohner führt also keine druckentlastenden Bewegungen durch. Daraus resultiert ein deutlich gesteigertes Dekubitusrisiko.

Grundsätze:

  • Die Empfindungen, auch Missempfindungen, sind für den Bewohner stets real. Wir akzeptieren dieses. Insbesondere unterlassen wir alle Vorhaltungen, dass er sich die Empfindungen lediglich einbilden könnte.
  • Sensibilitätsstörungen, deren Auslöser nicht bekannt ist, sind ein ernstes Warnsignal etwa für einen Tumor oder Multiple Sklerose.

Ziele:

  • Die Ursachen für die Sensibilitätsstörungen werden gefunden.
  • Der Bewohner hat keine Schmerzen.
  • Folgeerkrankungen werden vermieden, also insbesondere Druckgeschwüre.
  • Physikalische Anwendungen können risikolos durchgeführt werden.
  • Der Bewohner entwickelt Strategien, die die Auswirkungen der Sensibilitätsstörungen auf seine Lebensqualität begrenzen.

Vorbereitung:

Sammlung von Informationen

Wir sammeln relevante Informationen und stellen diese dem Hausarzt zur Verfügung.

  • Wann wurden die Sensibilitätsstörungen erstmalig festgestellt?
  • Wie wurden die Sensibilitätsstörungen bislang behandelt? Wie erfolgreich war die Therapie?
  • Welche Strategien hat der Bewohner bislang entwickelt, um mit den Sensibilitätsstörungen umzugehen?
  • Wo treten die Sensibilitätsstörungen auf? Nur in einzelnen Extremitäten, nur in einer Körperhälfte oder im ganzen Körper?
  • Treten die Störungen dauerhaft auf oder nur vorübergehend?
  • Lässt sich die Störung (etwa das "Ameisenlaufen") einer Körperstelle genau zuordnen oder ist der Ausgangspunkt eher diffus?
  • Welche Vitaldaten hat der Bewohner, wenn die Sensibilitätsstörungen auftreten, insbesondere Puls und Blutdruck?
  • Spürt der Bewohner ein Kribbeln, "Ameisenlaufen", Taubheit, Kälte, Wärme oder Schmerzen?
  • Ist die Beweglichkeit der betroffenen Extremität eingeschränkt?
  • Rutschen dem Bewohner gehäuft Gegenstände aus der Hand, weil er beim Greifen nicht mehr das notwendige Feingefühl in den Fingerspitzen besitzt?
  • Zeigt der Bewohner Gangunsicherheiten?
  • Welche Ursachen für die Sensibilitätsstörungen kommen in Frage?
    • Leidet der Bewohner unter peripheren Nervenschädigungen?
    • Ist die Durchblutung gestört?
    • Leidet er unter Diabetes mellitus?
    • Hat der Bewohner in der Vergangenheit einen Schlaganfall erlitten?
    • Leidet der Bewohner unter Vitaminmangel?
    • Gibt es sonstige neurologische Erkrankungen?
    • Hat der Bewohner in den letzten Jahren eine tiefe Schnitt- oder Quetschwunde erlitten?
    • Nimmt der Bewohner Medikamente ein, deren Nebenwirkungen für die Sensibilitätsstörungen verantwortlich sein könnten? Dieses können etwa Schmerz- oder Schlafmittel sein.
    • Ist oder war der Bewohner Raucher?
    • Nimmt oder nahm er Drogen ein?
    • Ist oder war der Bewohner Alkoholiker?
    • Ist der Bewohner depressiv oder leidet er unter Angststörungen?

Durchführung:

allgemeine Maßnahmen

  • Der Bewohner wird über die Gefahren informiert, die von den Sensibilitätsstörungen ausgehen.
  • Die Fuß- und Nagelpflege muss besonders vorsichtig erfolgen.
  • Massagen und Einreibungen können in einigen Fällen die Symptome lindern.
  • Bei Ataxie sollte der Bewohner krankengymnastische Übungen erhalten.
  • Auslösende Grunderkrankungen werden behandelt. Wir achten auf eine präzise Einnahme der dafür verschriebenen Medikamente.
  • Insbesondere bei immobilen Bewohnern müssen alle Prophylaxen sorgfältig durchgeführt werden. Dieses gilt vor allem für die Vermeidung von Druckgeschwüren.
  • Wenn das Lage- und Bewegungsempfinden ebenfalls gestört ist, besteht ein hohes Risiko für Stürze. Die entsprechenden Vorsorgemaßnahmen müssen sorgfältig durchgeführt werden.
  • Bei dementiell erkrankten Bewohnern kann die Basale Stimulation© genutzt werden.
  • Wir beachten den Wunsch eines Bewohners, wenn er nicht (oder nicht auf eine spezielle Weise) berührt werden will.
  • Wir hören dem Bewohner zu und bagatellisieren seine Ängste nicht.
  • Wir achten darauf, dass der Bewohner an Gruppenaktivitäten teilnimmt. Dieses lenkt von den Sensibilitätsstörungen ab.
  • Der Bewohner sollte keine einschnürende Kleidung tragen. Diese könnte die Durchblutung stören.

spezielle Maßnahmen bei Taubheitsgefühl

Wenn der Bewohner unter einem Taubheitsgefühl leidet, muss er vor Schädigungen geschützt werden.

  • Im Winter wird der Bewohner vor Kälte geschützt, dieses insbesondere durch eine angemessene Bekleidung.
  • Die Wassertemperatur etwa beim Baden oder beim Duschen wird sorgfältig überprüft.
  • Physikalische Anwendungen wie etwa Wärmflaschen oder Wickel werden nur nach vorheriger ärztlicher Anordnung durchgeführt. Die Durchführung wird überwacht.
  • Wenn das Temperaturempfinden im Mund gestört ist, muss der Bewohner vor heißen Speisen und Getränken geschützt werden.
  • Die eingebende Pflegekraft muss daher die Temperatur prüfen (Getränkegläser etwa an der Innenseite des Unterarms).
  • Das Bett und der Rollstuhl des Bewohners werden regelmäßig auf harte und spitze Fremdkörper untersucht. Auf diese sollte sich der Bewohner nicht setzen.

spezielle Maßnahmen bei Missempfindungen

  • Wir prüfen, welche Bewegungen oder Pflegemaßnahmen Missempfindungen provozieren.
  • Wir berühren den Bewohner stets vorsichtig. Ggf. lassen wir die Hand einige Sekunden auf der Haut liegen und lassen den Rezeptoren Zeit, um den Reiz korrekt zu verarbeiten.
  • Es ist nicht sinnvoll, auf Berührungen zu verzichten. Dieses würde die Symptomatik langfristig nur verschlechtern.

Nachbereitung:

  • Alle Maßnahmen und Angebote werden sorgfältig dokumentiert.
  • Bei relevanten Gesundheitsveränderungen wird umgehend der Hausarzt benachrichtigt.
  • Die Pflegeplanung muss regelmäßig an die Fähigkeiten des Bewohners angepasst werden.

Dokumente:

  • Pflegebericht
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Mitarbeiter