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Standard "Störung der Beziehung zwischen Pflegebedürftigen und deren Angehörigen"

Feine Antennen braucht es bisweilen, wenn die "Chemie" zwischen pflegebedürftigen Senioren und deren Angehörigen nicht stimmt. Mal klammert sich der alte Mensch an seine desinteressierten Verwandten. Mal zeigt der klamme Enkel großes Interesse für Großmutters Geldbörse. Abwarten oder eingreifen? Und wann ja, wie? In einem Standard können Sie das Vorgehen für die häufigsten Problemfälle klären.


Standard "Störung der Beziehung zwischen Pflegebedürftigen und deren Angehörigen"


Definition

Das Verhältnis zwischen Angehörigen und Bewohnern gilt dann als gestört, wenn eine Seite durch das Verhalten der anderen Seite einen Schaden erleidet. Dieses umfasst Kränkungen, aber auch finanzielle Schädigungen oder Verletzungen der körperlichen Unversehrtheit.


Grundsätze

  • Das Verhältnis zwischen Angehörigen und Bewohnern ist eine Privatangelegenheit. Aus kleineren Konflikten ohne langfristig nachteilige Effekte auf den Bewohner halten wir uns heraus.
  • Wir versuchen stets, einen Interessenausgleich zwischen Angehörigen und Bewohnern zu erreichen. Im Zweifelsfalle aber werden wir uns stets auf die Seite des Bewohners stellen und seine Interessen vertreten.
  • Alle bewohnerbezogenen Informationen unterliegen der Schweigepflicht. Wenn allerdings das Leben, die Gesundheit oder das Vermögen unserer Bewohner bedroht werden, sind wir dazu gezwungen, die Geheimhaltung zu brechen. Unsere Berufsethik verbietet es, dem Bewohner durch Unterlassen zu schaden. Mögliche Gründe etwa für eine Anzeige bei der Polizei sind:
    • Der Bewohner wird körperlich misshandelt.
    • Die Unselbständigkeit des Bewohners wird ausgenutzt, um ihm finanziell zu schaden.
  • Gravierende Vorfälle, besonders mögliche Gewalt- oder Vermögensdelikte, werden sofort an die Pflegedienstleitung und die Heimleitung gemeldet.

Ziele

  • Zwischen Angehörigen und Bewohnern soll ein entspanntes Verhältnis herrschen.
  • Kleine Meinungsverschiedenheiten sollten Angehörige und Bewohner ohne Einmischung von Außen lösen.
  • Der Bewohner
    • ist in der Lage, eine angemessene Beziehung zu seinen Angehörigen zu pflegen.
    • macht sich bewusst, welche Faktoren die Beziehung zu seinen Angehörigen beeinflussen. Er sucht Ursachen für Probleme auch bei sich selbst
    • strebt eine angemessene Beziehung zu seinen Angehörigen an und ist bereit, Zeit und Energie für diese Aufgabe zu investieren
    • ist bereit, abgebrochene Beziehungen zu Angehörigen wieder aufzunehmen, auch wenn er dafür "über seinen eigenen Schatten springen müsste"
    • erkennt, dass beide Seiten ihre Freiräume benötigen
    • ist in der Lage, ein eigenständiges Leben zu führen, ohne auf permanente Unterstützung durch Angehörige angewiesen zu sein
    • kann es verkraften, wenn sein Wunsch nach Kontakt von Angehörigen zurückgewiesen wird
    • ist sicher vor jedweder Form der Gewalt durch Angehörige
    • kann über seine Geldmittel und Sachwerte eigenständig entscheiden

Vorbereitung

  • Bei der Einteilung von Bewohnern und Bezugspflegekräften achten wir darauf, dass Problemfälle gerecht verteilt werden.
  • Das richtige Verhalten von Pflegekräften bei Beziehungsstörungen wird regelmäßig auch mittels Rollenspielen trainiert.
  • Probleme in den Beziehungen zwischen Bewohnern und deren Angehörigen werden regelmäßig in den Fallbesprechungen thematisiert.

Durchführung

Für alle Gespräche mit Angehörigen und Bewohnern gilt:

  • Wir nehmen uns ausreichend Zeit und wählen für das Gespräch eine ruhige Umgebung. Wenn wir mit den Angehörigen heikle Themen zu besprechen haben, so wird dafür der Besprechungsraum und nicht das Bewohnerzimmer gewählt.
  • Falls notwendig vereinbaren wir frühzeitig einen Termin für das Gespräch mit den Angehörigen.
  • Handys und Festnetztelefone werden für die Dauer des Gespräches umgeleitet.
  • Wir informieren den Angehörigen umfassend über die Problematik (soweit der Bewohner dieses zuvor erlaubt hat).
  • Wir vermeiden Fachbegriffe, bzw. erklären diese auf verständliche Weise.
  • Wir vermeiden beruhigende Floskeln ("Ihr Vater ist bei uns gut aufgehoben") und Abspeisungen ("Wir verstehen von der Pflege mehr als Sie").
  • Wir stellen keine Suggestivfragen ("Sie sind doch mit der Pflege ihres Vaters zufrieden, oder?").

Der Angehörige hat ein schlechtes Gewissen, weil er den Senior in eine Pflegeeinrichtung gebracht hat, statt ihn selbst zu pflegen.

  • Wir suchen das Gespräch mit dem Angehörigen. Wir versuchen ihm vor Augen zu führen, dass die Entscheidung richtig war, den alten Menschen stationär betreuen zu lassen. Wir führen ihm vor Augen, dass die Situation vorher für beide Seiten unerträglich war. Die wichtigsten Argumente:
    • Die körperliche Belastung war enorm, etwa beim Waschen oder Betten des Seniors. Mögliche Folgen sind Erkrankungen an der Wirbelsäule.
    • Die zeitliche Belastung stieg stetig. Der Angehörige musste rund um die Uhr verfügbar sein. Insbesondere die fehlende Nachtruhe zehrte die Kräfte auf.
    • Die eigenen sozialen Kontakte verkümmern zusehends. Freunde wenden sich ab. Insbesondere dementielle Erkrankungen sollen nicht nach außen dringen; die Pflegenden isolieren sich und den Angehörigen selbst.
    • Eigene Zukunftspläne können nicht umgesetzt werden, sei es die berufliche Karriere oder das eigene persönliche Glück.
    • Der wechselnde Krankheitsverlauf zermürbt zusätzlich. Mal ist der Senior fast wieder der Alte, mal verschlechtert sich der Zustand. Der Angehörige schwankt ständig zwischen Hoffnung und Verzweifelung.
  • Wir halten den Angehörigen über den Gesundheitszustand des Bewohners auf dem Laufenden.

Der Bewohner wird von Angehörigen überbehütet.

  • Wir versuchen, den Bewohner in seiner Selbständigkeit und seinem Selbstwertgefühl zu bestärken. Wir übertragen dem Bewohner Aufgaben und Verantwortung, etwa:
    • die Verantwortung für Teile des Gartens
    • die Pflege eines Haustieres
    • die Leitung einzelner Freizeitaktivitäten
  • Wir suchen den Dialog mit dem Bewohner und seinen Angehörigen und versuchen zu vermitteln.
  • Soweit dieses von beiden Seiten gewünscht wird, bleiben wir bei den Besuchen anwesend und greifen ggf. regulierend ein.

Der Bewohner zeigt sich an einer konstruktiven Beziehung zu seinen Angehörigen nicht interessiert.

  • Wir erklären dem Bewohner, welche Folgen seine Ablehnung hat:
    • Seine Angehörigen sind frustriert und werden irgendwann den Kontakt abbrechen.
    • Er selbst wird dadurch langfristig wichtige soziale Kontakte verlieren.
  • Wir klären mit dem Bewohner, wie der nächste Besuch der Angehörigen verlaufen soll. Insbesondere regen wir den Bewohner an, sich offener und freundlicher zu verhalten. Also:
    • auf die Wortwahl zu achten
    • gegenseitigen Respekt zu zeigen
    • höflich zu sein
    • auch bei Meinungsverschiedenheiten sachlich zu bleiben
    • den anderen ausreden zu lassen und aktiv zu zuhören
    • Schuldzuweisungen zu vermeiden
  • Gemeinsam mit dem Bewohner versuchen wir zu klären, welche Erwartungen seine Angehörigen haben. Danach diskutieren wir, welche Wünsche der Bewohner erfüllen möchte und welche nicht.
  • Auf Wunsch des Bewohners unterstützen wir ihn bei der Kontaktaufnahme. Dieses umfasst:
    • Anwesendheit, wenn der Bewohner seine Angehörigen anruft
    • Hilfe beim Verfassen eines Briefes
    • Lösungswege für Konflikte herauszuarbeiten.
  • Wir suchen den Dialog mit den Angehörigen und bieten unsere Hilfe an.

Der Bewohner klammert sich an seine Angehörigen und sucht in einem Maß nach Kontakt und Zuwendung, das von den Angehörigen als übertrieben empfunden wird.  

  • Wir suchen das Gespräch mit dem Bewohner und führen ihm vor Augen, welche Folgen sein Verhalten hat. Insbesondere machen wir ihm bewusst, dass er damit langfristig das Gegenteil des Gewünschten bewirkt.
  • Wir bestärken den Bewohner darin, sein Leben eigenverantwortlich zu gestalten.
  • Wir versuchen, den Bewohner stärker in das soziale Leben innerhalb der Einrichtung zu integrieren.
  • Wir suchen gemeinsam mit dem Bewohner nach Hobbys.
  • Wir besprechen mit dem Bewohner, wie er sich beim nächsten Besuch seiner Angehörigen verhalten sollte.
  • Wir suchen den Kontakt zu den Angehörigen und bieten Hilfe an. Insbesondere versuchen wir Schuldgefühlen der Angehörigen entgegenzuwirken.

Der Bewohner sucht nach Kontakt zu den Angehörigen, wird aber von diesen abgelehnt.

  • Wir suchen den Dialog mit den Angehörigen und ergründen die Ursache für die Ablehnung.
  • Soweit die Ablehnung auf einem änderbaren Fehlverhalten des Bewohners beruht, versuchen wir dieses gemeinsam mit dem Bewohner zu korrigieren.
  • Wir versuchen, den Bewohner in seiner Selbständigkeit und seinem Selbstwertgefühl zu bestärken. Wir übertragen dem Bewohner Aufgaben und Verantwortung, etwa:
    • die Verantwortung für Teile des Gartens
    • die Pflege eines Haustieres
    • die Leitung einzelner Freizeitaktivitäten
  • ggf. regen wir eine psychologische Familientherapie an.

Ein Angehöriger bereichert sich auf Kosten eines Bewohners, bzw. es besteht ein entsprechender Verdacht.

  • Wir achten sehr genau auf alle Hinweise, die auf Diebstähle oder andere Bereicherungen hindeuten.
  • Falls wir einen Verdacht hegen, suchen wir zunächst das Gespräch mit dem Bewohner und bieten diesem Hilfe an.
  • Wir sprechen ggf. den Angehörigen an und fordern ihn auf, das Geld zurückzuzahlen bzw. die genommenen Gegenstände zurückzubringen.
  • Wenn Bewohner etwa aufgrund einer Demenz nicht in der Lage sind, ihre Interessen durchzusetzen, prüfen wir die Einsetzung eines Betreuers.
  • Wenn es der Bewohner wünscht, helfen wir ihm bei der Erstattung einer Anzeige.

Ein Bewohner wird von Angehörigen misshandelt, bzw. es besteht ein entsprechender Verdacht.

  • Wir achten sehr genau auf alle Hinweise, die auf Körperverletzungen hindeuten.
  • Falls wir einen Verdacht hegen, suchen wir zunächst das Gespräch mit dem Bewohner und bieten diesem Hilfe an.
  • Wenn Angehörige oder der Bewohner die Misshandlungen ansprechen, hören wir sorgfältig zu.
  • Wir achten auf entsprechende Hinweise durch Freunde oder Mitbewohner.
  • Bei der Entscheidung, ob wir eine Misshandlung zur Anzeige bringen, wägen wir folgende Faktoren ab:
    • Schwere der Körperverletzung (echte Schädigung oder Bagatelle)
    • Wiederholungsgefahr. Insbesondere Einsicht des Angehörigen und dessen Bereitschaft, sich ggf. psychologisch betreuen zu lassen.
    • Wunsch des Bewohners, ob Anzeige erstattet werden soll.
  • Unabhängig von einer Anzeige prüfen wir, ob ein Hausverbot gegen den Angehörigen den Schutz des Bewohners erhöhen könnte.

Nachbereitung

  • Alle relevanten Beobachtungen werden sorgfältig dokumentiert.
  • Ggf. wird die Pflegeplanung des Bewohners angepasst.
  • Wir bieten unseren Pflegekräften Supervision an.

Qualifikation

  • Pflegefachkräfte
  • Pflegehilfskräfte

Dokumente

  • Pflegebericht
  • Pflegeplanung