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Standard "Pflege von Senioren mit Tracheostoma"

Es ist ein hoher Preis, den viele pflegebedürftige Senioren für den jahrelangen Zigaretten- und Alkoholkonsum zahlen müssen. Zwar ist Kehlkopfkrebs kein "Killer" wie ein Lungenkarzinom, dennoch müssen viele Betroffene mit einem Tracheostoma leben. Der Verlust der Stimme und wichtiger Schutzfunktionen der Nase produziert eine lange Liste potentieller Pflegeprobleme.


Standard "Pflege von Senioren mit Tracheostoma"


Definition:

  • Bei Kehlkopfkrebs bildet sich ein bösartiger Tumor im Bereich des Kehlkopfes. Das Risiko steigt mit dem Erreichen des 60. Lebensjahres rapide an. Männer sind um den Faktor 15 häufiger von Kehlkopfkrebs betroffen als Frauen. Die meisten Patienten waren langjährige starke Raucher oder Alkoholkonsumenten.
  • Tumore, die im Frühstadium entdeckt werden, können zumeist per Strahlentherapie erfolgreich entfernt werden. Im späteren Verlauf ist es zumeist notwendig, immer mehr Anteile des Kehlkopfes zu entfernen und letztlich den Kehlkopf komplett herauszuschneiden. In diesem Fall muss die Luftröhre nach außen abgeleitet werden.
  • In einer Operation wird dafür das obere Luftröhrenende in eine künstlich geschaffene Körperöffnung am unteren Hals eingenäht. Zur Stabilisierung des Tracheostoma muss ein Betroffener zumindest in den ersten Wochen nach dem Eingriff eine Trachealkanüle tragen. Diese bestehen aus Silber oder Kunststoff.
  • Durch die Umgehung der Nase werden verschiedene Schutzmaßnahmen außer Funktion gesetzt. Die Luft, die durch ein Tracheostoma eingesogen wird, wird weder erwärmt, noch angefeuchtet oder gefiltert. Der Bewohner ist dadurch wesentlich anfälliger für Atemwegsinfektionen. Zudem führt die Verlagerung der Luftröhre dazu, dass Schleim und Borken das Tracheostoma bzw. die Kanüle verstopfen können. Der Bewohner bekommt dann Atemnot und ist in Lebensgefahr.

Grundsätze:

  • Bewohner mit einem Tracheostoma müssen insbesondere in den ersten Wochen nach der Operation mit besonderem Einfühlungsvermögen betreut werden.
  • Das Erlernen der Ersatzsprache ist ein mühseliger Prozess. Der Bewohner braucht dabei viel Unterstützung und Lob.
  • Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Arzt zusammen. Alle Maßnahmen werden sorgfältig mit dem Arzt besprochen.
  • Alle Anweisungen des Arztes werden genau dokumentiert. Wir drängen stets auf schriftliche Instruktionen. Mündliche Anweisungen sollten immer unter Zeugen erfolgen.

Ziele:

  • Ziele:
  • Der Bewohner führt trotz des Stomas ein möglichst normales Leben.
  • Soziale Kontakte werden beibehalten.
  • Der Bewohner wird nicht von Mitbewohnern ausgegrenzt.
  • Krankhafte Veränderungen am Stoma werden rechtzeitig erkannt.
  • Der Bewohner erlernt die Ersatzsprache und kann sich mit Pflegekräften und Mitbewohnern verständigen.

Vorbereitung:

  • Unsere Mitarbeiter werden regelmäßig zu diesem Thema fortgebildet. Aktuelle Fachliteratur ist in allen Wohnbereichen verfügbar.
  • Die Pflege von Bewohnern mit Tracheostoma wird regelmäßig in den Fallbesprechungen thematisiert.
  • Wir suchen den Kontakt zu den Krankenhäusern und streben eine enge fachliche Vernetzung an.
  • In jedem Zimmer, in dem ein betroffener Bewohner lebt, wird ein Hygrometer (Luftfeuchtigkeitsmesser) aufgestellt.
  • Erkältete Pflegekräfte tragen bei der Pflege und Betreuung von Betroffenen stets einen Mundschutz.
  • Vor allem in den ersten Wochen nach der Operation muss das Pflegeteam jederzeit auf Notfälle vorbereitet sein, wie etwa einen plötzlichen Verschluss des Stomas.
    • Wir halten stets eine zusätzliche Kanüle bereit. Diese ist eine Nummer kleiner als die üblicherweise genutzten Kanülen, damit diese im Notfall leichter eingeführt werden kann.
    • Alle Pflegekräfte üben regelmäßig den richtigen Umgang mit einer Kanüle, insbesondere das korrekte Vorgehen bei Atemnot.

Durchführung:

Kompensation der verloren gegangenen Schutzfunktionen

  • Der Bewohner sollte ein Schmutztuch vor dem Stoma tragen. Es muss regelmäßig ausgetauscht werden. Dieses Tuch dient gleichzeitig dem optischen Erscheinungsbild, kann also durchaus in einer ansprechenden Farbe gewählt werden.
  • Alternativ kann ein Lätzchen aus Diolentüll genutzt werden, das mit einem variablen Klettverschluss befestigt wird. Es gibt davon verschiedene Ausführungen, die je nach Witterung verwendet werden:
  • mit 3 bis 5 Lagen im Sommer oder in der Nacht
  • mit 10 bis 15 Stofflagen im Winter oder in Situationen, die einen höheren Schutz erfordern.
  • Der Bewohner sollte zweimal täglich inhalieren, etwa NaCl-Lösung mittels eines Verneblers. Alternativ kann abgekochtes Wasser genutzt werden.
  • Räume, in denen sich der Bewohner permanent aufhält, sollten eine Luftfeuchtigkeit von 60 bis 70 Prozent aufweisen. Ein Wert unter 50 Prozent führt zur Austrocknung der Luftröhre und zur Borkenbildung.
  • Während der Heizperiode wird die Luftfeuchtigkeit besonders engmaschig überwacht. Wir nutzen ggf. einen Luftbefeuchter.
  • Eine künstliche Nase (HME Wärme- und Feuchtigkeitsaustauscher) fängt die ausgeatmete Feuchtigkeit auf und feuchtet damit die eingeatmete Luft wieder an. Sie kann sowohl von Menschen mit einer Kanüle getragen werden, als auch von Betroffenen, die keine Kanüle mehr benötigen.
  • Bei Menschen mit einer Kanüle wird auf HME  die Innenkanüle aufgesteckt.
  • Bei den Betroffenen ohne Kanüle kann es vor die Luftröhrenöffnung geklebt werden.
  • Das HME muss permanent getragen und alle 12 bis 24 Stunden ausgewechselt werden.

Stomapflege    

  • Die Vorgaben des Standards "Reinigung des Tracheostoma / Wechsel der Außen- und Innenkanüle" werden sorgfältig umgesetzt.

Baden / Duschen

  • Der Bewohner kann trotz Tracheostoma duschen, allerdings muss strikt verhindert werden, dass Wasser in das Stoma eindringt. Daher sollte der Duschstrahl nicht direkt auf das Stoma gerichtet werden.
  • Ein spezieller Duschschutz über dem Stoma erhöht die Sicherheit.
  • Beim Baden sollte die Wanne nur zur Hälfte gefüllt werden. Zudem sollte der Bewohner in der Wanne sitzen und nicht liegen.
  • Um einen Sturz samt Eindringen von Wasser zu vermeiden, werden die Dusche und die Wanne mit rutschfesten Matten ausgestattet.
  • Beim Duschen oder Baden bleibt stets eine Pflegekraft anwesend, sofern der Bewohner nicht ausdrücklich etwas anderes wünscht.
  • Eine Trockenrasur ist bei Betroffenen nur eingeschränkt sinnvoll. Trotz eines Schutzlappens lässt sich das Einatmen von Haarteilen nur schwer verhindern. Sinnvoller ist eine Nassrasur. Hier ist darauf zu achten, dass die Klinge beim Rasieren vom Stoma weg geführt wird.

Sprechhilfe

  • Nach einer Kehlkopfentfernung kann ein Bewohner mit Hilfe einer Stimmprothese Teile seines Sprachvermögens wiedererlangen. Dafür wird chirurgisch eine Passage zwischen der Speise- und der Luftröhre geschaffen, in die dann die Prothese eingepflanzt wird. Wenn der Bewohner das Stoma mit der Hand verschließt, strömt beim Ausatmen die Luft in den Mundraum. Die produzierten Töne kann der Bewohner mit ausdauerndem Training zu Worten formen.
  • Alternativ zur Stimmprothese kann eine elektronische Sprechhilfe genutzt werden oder eine sog. Ösophagusstimme erlernt werden.
  • Der Bewohner wird ermuntert, das im Krankenhaus begonnene Sprachtraining konsequent weiterzuführen.
  • Bis zum Erlernen der Ersatzsprache können übergangsweise Schreibtafeln verwendet werden.
  • Viele Bewohner kompensieren das verlorene Sprachvermögen zumindest teilweise durch ein vergrößertes Gestik- und Mimikspektrum. Wir achten verstärkt auf diese Kommunikationsform.
  • Dem Bewohner wird ggf. eine Bezugspflegekraft zugeordnet, die Erfahrungen im Verstehen dieser eingeschränkten Sprachfunktion hat. Alle weiteren Mitarbeiter werden aufgefordert, sich intensiv um eine gute Verständigung zu bemühen.
  • Ästhetische Vorbehalte gegen die Ersatzstimme versuchen wir im Dialog mit dem Bewohner auszuräumen. Vor allem Frauen haben eine Abneigung gegen die tiefe Tonlage und verwenden stattdessen eine Flüsterstimme aus stimmlosen Sprachlauten.

Soziales

  • Der Bewohner wird ermuntert, weiterhin seinen Hobbys nachzugehen.
  • Im Dialog mit dem Bewohner versuchen wir die Unsicherheit im sozialen Kontakt abzubauen. Viele Bewohner haben die Befürchtung, dass sie in der Öffentlichkeit angestarrt werden.
  • Problematisch sind insbesondere Ängste des Bewohners vor unkontrollierbaren Hustenattacken. Diese sind häufig mit Auswurf verbunden. Gemeinsam mit dem Hausarzt suchen wir nach Wegen, diese Folgen zu begrenzen.
  • Wir empfehlen dem Bewohner, Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe aufzunehmen.
  • Auf Wunsch unterstützen wir den Bewohner bei der Beantragung eines Schwerbehindertenausweises.
  • Wir sorgen dafür, dass der Bewohner seine Ansprüche gegenüber der Krankenkasse durchsetzt. Erstattet werden insbesondere die Kosten für Kanülen, Haltebänder, elektronische Sprechhilfen, Inhaliergeräte, Absauggeräte, Schutz- und Reinigungstücher und Kompressen.

Ernährung

  • In den ersten Wochen nach der Operation wird der Betroffene durch eine Magensonde ernährt. Eine spezielle Kostform ist zumeist nicht notwendig.
  • Sobald die ersten Schluckversuche erfolgreich sind, sollte wieder auf eine orale Ernährung umgestellt werden.
  • In der ersten Zeit erhält der Bewohner breiige bis halbfeste Nahrung, da immer wieder mit Schluckproblemen zu rechnen ist.
  • Wir leiten den Bewohner zu einem gewissenhaften Kauen und Schlucken an.
  • Falls der Bewohner dauerhaft unter Schluckbeschwerden leidet, leiten wir zeitnah eine ärztliche Untersuchung ein.
  • Wir setzen alle Maßnahmen um, die im Standard "Obstipationsprophylaxe" beschrieben sind. Eine Stuhlverstopfung ist problematisch, da der Bewohner die Bauchpresse kaum nutzen kann.
  • Der Bewohner sollte keine heißen Getränke oder Speisen zu sich nehmen. Wir leiten den Bewohner dazu an, die Nahrungsmittel abkühlen zu lassen.
  • Der Verlust des Geruchsempfindens kann den Appetit des Bewohners beeinträchtigen. Wir prüfen daher stets, ob sich dieses auf den Ernährungszustand des Bewohners auswirkt.
  • Wir leiten den Bewohner dazu an, keine Speisen zu sich zu nehmen, deren Haltbarkeit zweifelhaft ist. Da er nicht riechen kann, ist er nur eingeschränkt in der Lage, verdorbene Nahrungsmittel zu erkennen.

Nachbereitung:

Allgemeines

  • Alle Maßnahmen werden sorgfältig dokumentiert.
  • Bei relevanten gesundheitlichen Veränderungen wird umgehend der Arzt gerufen.
  • Die Pflegeplanung wird stets dem aktuellen Zustand des Bewohners angepasst.

Prognose

  • Das Larynxkarzinom metastasiert erst relativ spät, nachdem es zuvor den Kehlkopf und das umliegende Gewebe befallen hat.
  • Die Ausbreitung geschieht zumeist über die Lymphknoten und nur selten über die Blutbahn.
  • Neun von zehn Patienten können gerettet werden, allerdings nicht selten um den Preis des amputierten Kehlkopfes.
  • Bei vielen Betroffenen entwickelt sich eine chronische Bronchitis, die die Sauerstoffaufnahme in der Lunge beeinträchtigt. Der Bewohner leidet an Luftnot.

Dokumente:

  • Leistungsnachweise "medizinische Pflege"
  • Pflegebericht
  • Wunddokumentation
  • Pflegeplanung

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

  • alle Pflegekräfte