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Standard "Pflege von Senioren nach einer Transplantation"

Mit dem "old for old"-Programm von Eurotransplant werden heute selbst 80-Jährige zu Transplantationsempfängern. Die Euphorie nach einer geglückten Organübertragung weicht aber nicht selten der Ernüchterung, wenn die täglichen Medikamentenberge ihre Nebenwirkungen zeigen. Dazu kommt eine Infektanfälligkeit, die den Hygieneaufwand bei vielen Pflegemaßnahmen auf die Spitze treibt.


Standard "Pflege von Senioren nach einer Transplantation"


Definition:

    Nach einer Transplantation muss die Immunabwehr des Organempfängers häufig lebenslang unterdrückt werden, um eine Abstoßungsreaktion zu verhindern. Der Betroffene leidet somit nicht nur unter den Nebenwirkungen der Medikamente, sondern auch unter einer deutlich erhöhten Anfälligkeit für Infektionskrankheiten aller Art. Viele Organtransplantationspatienten erreichen ein hohes Lebensalter und werden dann (aus verschiedensten Gründen) pflegebedürftig. Andere Senioren erhalten im Rahmen des europäischen Seniorenprogramms (ESP) von Eurotransplant auch in fortgeschrittenen Lebensphasen eine neue Niere oder ein neues Herz. Die Einschränkungen, die sich aus der medikamentösen Therapie und den Hygieneanforderungen ergeben, sind somit auch zunehmend für die Altenpflege relevant.

Grundsätze:

    Die Organtransplantation ist nicht die Lösung der Gesundheitsprobleme, sondern lediglich der Tausch von großen Einschränkungen gegen ein Bündel kleinerer Zwänge. Bei einer Nierenübertragung etwa ist der betroffene Bewohner nicht mehr auf die Dialyse angewiesen, muss dafür aber die Nebenwirkungen eines umfassenden Medikamentencocktails ertragen. Wir arbeiten eng mit dem behandelnden Arzt zusammen. Wenn hinreichende Anzeichen für eine Abstoßungsreaktion sprechen, wird immer ein Notarzt gerufen. Die Folgen eines oder ggf. auch mehrerer Fehlalarme wiegen weniger schwer als eine verzögerte Behandlung bei einem echten Notfall. Der Notruf erfolgt auch dann, wenn der Bewohner diesen nicht wünscht, etwa weil er die Gefährdung nicht korrekt einschätzt.

Ziele:

    Eine Abstoßungsreaktion wird frühzeitig erkannt. Der Bewohner wird vor vermeidbaren Infektionen geschützt. Die Lebensqualität des Bewohners wird so wenig wie möglich beeinträchtigt. Der Bewohner blickt optimistisch und mit Lebensmut auf seine Zukunft.

Vorbereitung:

Beratung und Organisation

    Wir stehen dem Bewohner jederzeit für ein Gespräch zur Verfügung. Die Erkenntnis, dass das eigene Leben "auf Kosten" eines anderen Lebens gerettet wurde, wirkt auf viele Betroffene sehr belastend. Der Bewohner muss dafür sensibilisiert werden, beim Auftreten der typischen Symptome einer Abstoßung (s.u.) sofort eine Pflegekraft zu kontaktieren. Die meisten Medikamente müssen pünktlich mit einer Abweichung von nicht mehr als 30 Minuten eingenommen werden. Wir stellen sicher, dass der Bewohner alle geplanten Arztbesuche zuverlässig wahrnimmt. Pflegekräfte, die unter einer Erkältungskrankheit leiden, werden nicht für die Versorgung eines betroffenen Bewohners eingesetzt. Dieses muss bei der Schichtplanung berücksichtigt werden. Die Maßnahmen im Rahmen der Dekubitusprophylaxe werden intensiviert. Das Auftreten einer chronischen Wunde muss verhindert werden, da immer die Gefahr einer schwer zu kontrollierenden Wundinfektion droht.

Durchführung:

Hygiene

    Es ist mit einer deutlich erhöhten Anfälligkeit für Harnwegserkrankungen zu rechnen. Daher ist eine lückenlose Intimhygiene beim Bewohner unverzichtbar. Bei Katheterisierungen ist auf eine präzise Einhaltung der Hygienevorschriften zu achten. Der Bewohner wird zu einer strikten Händehygiene angeleitet. Er sollte immer ein Fläschchen Handdesinfektionsmittel bei sich tragen und im Bedarfsfall nutzen. Ggf. sollte der Bewohner einen Mundschutz tragen. Die Zahnbürste des Bewohners wird in kürzeren Intervallen als üblich gewechselt. Wir prüfen, ob die Topfpflanzen aus dem Zimmer des Bewohners entfernt werden sollten. Alternativ sollten Hydrokulturen genutzt werden, da die Staub- und Schimmelpilzbelastung hier deutlich niedriger ist.

Überwachung

    Der Zustand des Bewohners wird penibel überwacht. Wenn es hinreichende Anzeichen für eine sich entwickelnde Abstoßungsreaktion gibt, wird umgehend der behandelnde Arzt oder ein Notarzt informiert. Häufige Symptome sind ein allgemeines Krankheitsgefühl, Abgeschlagenheit, Fieber sowie ggf. eine Reduzierung der Urinmenge. Bei Herztransplantationen ist ein dauerhaft niedriger Blutdruck ein Alarmzeichen. Der Hautzustand des Bewohners wird engmaschig inspiziert. Dieses insbesondere auch bei Grundpflegemaßnahmen wie der Körperwäsche. Wir achten auf Pilzinfektionen und Malignome. Die Haut des Bewohners sollte sorgfältig gepflegt werden, da spröde und rissige Haut als Eintrittspforte für Keime dient. Der Blutzuckerspiegel des Bewohners wird regelmäßig überwacht. Dieses insbesondere dann, wenn der Bewohner Glukokortikoide und verschiedene andere Immunsuppressiva erhält. Die Vitalwerte werden regelmäßig erfasst. Dazu zählt insbesondere auch die tägliche Temperaturmessung. Die Mundpflege erfolgt besonders vorsichtig. Wir achten auf krankhafte Veränderungen des Zahnfleisches, insbesondere auf Wucherungen. Auf der Zunge und auf der Mundschleimhaut können sich bakterielle oder virale Infekte sowie Mykosen bilden. Der Zahnarzt wird über den Status des Bewohners informiert, da alle zahnmedizinischen Eingriffe mit einem erhöhten Risiko verbunden sind.

Nebenwirkungen

    Wir bereiten uns auf die häufigsten Nebenwirkungen vor, die die Einnahme vom Immunsuppressiva mit sich bringt. Eine übliche Begleiterscheinung sind hartnäckige Obstipationen. Wir setzen daher die im entsprechenden Prophylaxestandard beschriebenen Maßnahmen sorgfältig um. Wir stellen sicher, dass der Bewohner eine angemessene Schmerzmittelversorgung erhält. Wir drängen beim behandelnden Arzt insbesondere auf eine effektive Bedarfsmedikation. Als Bedarfsmedikation sind auch Salben gegen die ggf. gehäuft auftretenden Herpes- und Hautpilzinfektionen sinnvoll. Eine Hypertonie wird medikamentös behandelt. Wir stellen sicher, dass der Bewohner die Medikamente regelmäßig einnimmt.

Ernährung

    Der Bewohner soll auf alle Speisen mit einem erhöhten Verkeimungsrisiko verzichten. Dazu zählen insbesondere rohes Fleisch, roher Fisch, Rohmilch sowie nicht ausreichend erhitztes Eigelb. Speisen, die der Bewohner zu sich nimmt, sollten ausreichend lange erhitzt werden. Insbesondere bei Nutzung einer Mikrowelle kann es hier zu Defiziten kommen. Rohkost und Obst sollten dem Bewohner nur nach vorheriger ärztlicher Erlaubnis angeboten werden. Bei Nierentransplantationen werden ggf. der Flüssigkeitskonsum und die Ausscheidung mittels Flüssigkeitsbilanzierung erfasst. Der Bewohner sollte keine Grapefruitsäfte sowie Johanniskrautprodukte zu sich nehmen, da diese die Resorption der Immunsuppressiva stören.

Freizeitaktivitäten, soziales Leben und Sexualität

    Wir raten dem Bewohner, den Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen. Wir reduzieren die Stressbelastung des Bewohners so weit wie möglich. Insbesondere soll der Bewohner den Kontakt und Umgang mit Mitbewohnern und Angehörigen meiden, wenn dieser erfahrungsgemäß zu Streit oder Niedergeschlagenheit führt. Derartige mentale Belastungen können das Immunsystem beeinträchtigen. Der Bewohner soll den Kontakt mit größeren Menschenmengen meiden. Dieses insbesondere in klassischen Infektionszeiten im Herbst und im Winter. Wir wirken auf Angehörige ein und bitten diese, den Bewohner nur dann zu besuchen, wenn sie selbst gesund sind. Der Bewohner sollte sich einmal pro Jahr gegen die Virusgrippe impfen lassen. Wir raten dem Bewohner, auf alle Freizeitaktivitäten zu verzichten, die mit einem erhöhten Risiko für Mikroverletzungen verbunden sind. Dazu zählen Gartenarbeiten ebenso wie Bastelarbeiten mit spitzen oder scharfen Werkzeugen. Eine Schwangerschaft sollte strikt vermieden werden. (relevant in der Behinderten- und Erwachsenenpflege)

Compliance bei der Einnahme der Medikamente

    Wir stellen sicher, dass der Bewohner die Medikamente regelmäßig einnimmt. Wir verdeutlichen ihm, dass er anderenfalls die Funktionsfähigkeit des Fremdorgans und somit auch sein eigenes Leben gefährdet. Bei dementiell erkrankten Bewohnern bleiben wir bei der Einnahme anwesend. Wir stellen sicher, dass die Arzneimittel korrekt eingenommen und nicht heimlich entsorgt werden. Wenn der Bewohner die Einnahme verweigert, informieren wir umgehend den behandelnden Arzt. Wir bitten auch die Angehörigen, entsprechend auf den Bewohner einzuwirken.

Nachbereitung:

    Alle relevanten Beobachtungen und Messungen werden dokumentiert und ggf. an den behandelnden Arzt weitergeleitet. Die Pflegeplanung wird regelmäßig an die sich ändernden Ressourcen und Pflegeprobleme angepasst.

Dokumente:

    Pflegeplanung Berichtsblatt Vitaldatenblatt Fragen an den Arzt

Verantwortlichkeit / Qualifikation:

    alle Mitarbeiter